Rennöfen im "Viking Center Ribe"

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Xerxes

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Hi Leute, heute hat hier in Kayhausen unsere Generalprobe für die Ofenreisen im Vikinger Center Ribe in der nächsten Woche stattgefunden. Da wir den Prozess im Vergleich zu unseren andere Öfen deutlich verändert haben, wollten wir vorher zumindest einen Ofen auf Reise schicken, nicht dass es dann in Dänemark unerwartete probleme gibt. Erstens haben wir diesen Ofen mit Timm's neuen Blasebälgen betrieben, dann haben wir eine deutlich kleinere Ofenform gewählt und letztlich haben wir nur eine selbstgemachte Tondüse verwendet. Unsere Schlauchkonstruktion hat erstmal geklappt, muss aber nochmal überarbeitet werden. Der Winkel vom Y-Stück ist nicht ideal. Daher knicken die Schläuche ab. Wir werden wohl noch ein Y-Stück machen müssen, dieses Mal nehmen wir vorher die Maße
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Wie wir das mit den Schläuchen machen, wissen wir noch nicht so genau. Die Balsebälge selber funktionieren super. Die Bälge blasen sich durch ihr eigenes Gewicht aus, so dass man sie nur anheben muss und einen gleichmäßigen Luftstrom und eine kontinuierliche Luftmenge erhält. Mit Gewichten auf den Bälgen kann man die Luftmenge regulieren. Wir haben es bei diesem so eingestellt, das sich ein Balg in neun Sekunden ausbläst. Da ist aber noch viel Potential. Wir sind der Meinung, dass die Bälge auch locker für einen großen Ofen reichen. Übrigens ein toller Nebeneffekt ist, dass man den Ofen sehr gut hört, weil die Bälge so schön leise sind. Der Ofen hat ein einfaches Weidengerüst und ist aus Lehm/Sand/Heu-Gemisch aufgestampft. Gebaut haben wir ihn gestern Abend und dann ein paar Stunden mit etwas Kohle befeuert und durchtrocknen lassen. Ging ohne Probleme. Insgesamt hat die Ofenreise sehr gut geklappt. Wir haben ca. alle 15 Min. 600 Gramm Holzkohle und 300 Gramm von unserem neuen Raseneisenerz zugegeben. Insgesamt haben wir in 21 Chargen ca. 6,3 Kg Erz verhüttet. Einen Schlackeanstich haben wir versucht, kam aber nichts. Die gesamte Ofenreise inkl. Vorheizen und Ausbrennen ging, wenn ich mich recht entsinne, 5-6 Stunden. Geerntet haben wir eine schön kompakte Luppe von 1950 Gramm. Also fast eine 1/3 Ausbeute. Die Luppe lag genau in der Mitte vom Ofen knapp unter Düsenhöhe. Unter der Luppe gab es einen schönen Schlackesee, an der Luppe selbst klebte allerdings kaum Schlacke. Besonders schön bei dieser Ofengröße finde ich, dass man eine handhabbare Luppe erntet und die gesamte Reise relativ schnell vonstatten geht. Ist stressfrei an 1,5 Tagen zu machen. Wenn man sehr früh anfängt, könnte man es wohl auch an einem Tag schaffen. Ach ja, diese Ofenreise ist die erste, die wir vollständig authentisch durchgeführt haben. Von der Erzsuche über die Bälge, Schläuche und Y-Stücke bis zu den Düsen und dem aufgestampften Ofen ist alles mit authentischen Techniken durchgeführt. Viel Spaß beim gucken. Hier gibt es die Bilder. Gruß Jannis
 
Ich bin sehr beeindruckt und verfluche die Tatsache das ihr so weit weg seit von mir. Ich würde soetwas sehr gerne selbst mal versuchen habe aber keinen der mir hilft und zumindest etwas Erfahrung hat. Ich würde mich über einen Bericht freuen über die Zusammensetzung der Luppe und natürlich auch darüber wie es in Ribe gleaufen ist. lg Bering
 
Super geniale Geschichte ... Wie man es eigentlich von euch beiden kennt *g*! Ich freu mich auch darauf mehr davon zu hören (und grüß den Timm mal ganz lieb von mir, auf FB bekomme höre ich gerade kaum noch was von ihm) :)!
 
So, nun schaffe ich es endlich den Bericht fortzusetzen. Wie bereits geschrieben, haben Timm und ich vom 01.-06.05.2012 als Darsteller im Viking Center Ribe in Dänemark agiert. Wir haben dort zusammen mit vielen anderen aktiven Reenactors die nachgebauten wikingerzeitlichen Häuser belebt und historische Handwerkstechniken nachempfunden und vorgeführt. Die Veranstaltung umfasste zum Einen das belebte wikingerzeitliche Dorf sowie einen Marktplatz auf dem diverse Händler und Handwerker ihre Zelte aufgeschlagen hatten Timm und ich haben auf dem Markt die Eisenverhüttung im Rennofen sowie das Schmieden des selbst hergestellten Eisens demonstriert. Neben uns waren diverse Handwerker vor Ort, die ihr historisches Handwerk teilweise in den festen Werkstätten des Museumsdorfs, teilweise in ihren eigenen mobilen Werkstätten demonstrierten. Eine schöne Auflistung der dargestellten Handwerke findet ihr hier: Für uns war die Veranstaltung eine gelungene Mischung aus Arbeit und Urlaub. Aber nun zum Eisen: Wir sind am Dienstagmorgen angekommen und haben noch am gleichen Tag den ersten kleinen Ofen aufgebaut. Vom Prinzip her entsprach er dem Ofen, den wir am Wochenende vorher gefahren haben. Am Abend haben wir den Ofen vorsichtig angefeuert und über Nacht durchtrocknen lassen. Den ersten Ofen haben wir dann also am Mittwoch auf Reisen geschickt und ihn mit unserem neuen Raseneisenerz bestückt. Innerhalb von ca. 6 Stunden haben wir 25 Chargen mit je ca. 600 Gramm Kohle und ca. 300 Gramm Erz zugegeben. Ungefähr zur Mitte der Ofenreise hat sich die Sackgeschwindigkeit deutlich verlangsamt, ohne dass wir den Grund finden konnten. Es war weder zu viel Schlacke im Ofen bzw. vor der Düse, noch dass wir im Ofeninnern irgendwas Auffälliges entdecken konnten. Zum Ende ernteten wir dann eine etwas kleine aber doch schön kompakte Luppe von ca. 1,5 Kg. Am Donnerstag haben wir dann unseren zweiten Ofen gebaut, am Freitag die Luppe aus dem ersten Ofen verschmiedet. Dazu haben wir uns eine mittelgroße Bodenesse mit Timm’s neuem Essenstein aus Speckstein gebaut. Die Luppe ließ sich trotz des vermutlich recht hohen Phosphorgehaltes (das Erz hat ca. 3% P2O5) von Anfang an super schmieden. Nach dem Verdichten wirkte der Stahl schon wie ein Monostahl. Beim kräftigen Ausschmieden mit dem 2Kg Handhammer gab es keine Kantenrisse. Das Eisen ist echt top! Samstag haben wir dann den zweiten Ofen gefahren. Allerdings hat uns Bjarne, der Organisator, gefragt, ob wir nicht mal das einheimische Raseneisenerz aus der Umgebung von Ribe verhütten könnten. Das hat aber gar nicht hingehauen. Wir haben die gleiche Chargenmenge und -größe zugegeben wie beim ersten Ofen. Auf den ersten Blick sah das Erz gar nicht schlecht aus, doch ist uns schon beim Rösten und Zerkleinern des Erzes aufgefallen, dass dieses scheinbar sehr viel Sand enthält. Auch die Ofenreise ging zuerst ohne Probleme. Schnelle Sackung ohne Auffälligkeiten. Doch zum Schluss haben wir nur einen großen verbackenen Klumpen Schlacke geerntet. Nach dem Herunterbrennen des Ofens konnte man den Klumpen direkt im unteren Teil des Ofens sehen. Die Schlacke wurde trotz recht hoher Temperaturen nicht flüssig. Im Innern des Klumpens waren dann doch ein paar kleine Stückchen Eisen, doch nichts was den Aufwand rechtfertigen würde. Sonntag haben wir dann noch in der Dorfschmiede einen kleinen Barren aus versch. kleinen Luppenbruchstücken geschmiedet und angefangen ihn auszuraffinieren. Nach der Abreise am gleichen Tag haben wir noch Michael, einen sehr erfahrenen dänischen Eisenmacher, besucht und ein paar schöne Anregungen für wiederverwendbare Rennöfen bekommen. Außerdem haben wir noch 40Kg sehr hochwertigen dänischen Erzes abstauben können;-) Sein Kommentar zu dem Ribeerz lautete übrigens: „Ist scheiße!“ Hier sind neue Bilder hochgeladen! Gruß Jannis
 
Wau, ich glaube schon beim Lesen und Bilderschauen, das es eine harte aber interessante arbeit war. Es ist beeindrucken wie ihr die Alten Techniken wieder zum leben erweckt und dabei auch noch Brauchbare Material raus bekommt. danke für den Bericht. LG Volker
 
Hallo Xeres, Deine Bilder und Berichte schau ich mir immer fasziniert an, die Schache bleibt für mich ein Buch mit sieben Siegeln, aber man sieht den Bildern an, wie viel Arbeit und Fachwissen drin steckt. Respekt und Danke fürs zeigen !
 

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