Wie gesagt war die frühe Form der Îsenhosen hinten geschnürt, was in vielen Abbildungen von den unterschiedlichen Malern mit dieser welligen Kante dargestellt wird. Sie bedeckten mehr als nur das Schienbein, waren aber halt noch nicht geschlossen. Der mögliche - um nicht zu sagen: Der wahrscheinliche - Grund ist der, dass Ringgeflecht sehr teuer war. Es gibt z.B. eine Statue von Roland, wo er nur einen eisernen Beinling an dem gefährdeteren Bein trägt. Bei Abbildungen ist ein gerüttelt Mass von Vorsicht angebracht. Das damalige Zielpublikum wusste die Abbildungen zu deuten und das war vermutlich das Ziel des Malers. Fehlende oder falsch dargestellte Details taten diesem Ziel keinen Abbruch. Umso wichtiger ist es, mehrere Abbildungen zu vergleichen und sie im Kontext mit dem Text bzw. Handlung zu verstehen. Wir könnten stundenlang über ein einziges Bild disputieren, ohne wirklich schlauer zu werden. Warum, z.B. trägt der linke Gekrönte nur ein Halbarmhauberk, während der Typ direkt hinter ihm, also offensichtlich ein Gefolgsmann, einen Langarmhauberk trägt? Müsste es nicht anders herum sein? Der andere Kämpfer hält die rechte Hand wie bei einem Lanzenangriff, nur dass die Lanze fehlt. Ich wünschte wirklich, wir könnten den Malerfragen, was er sich dabei gedacht hat. Vor diesem Hintergrund trägt der kniende Ritter für mich unter Anderem ebenfalls frühe, hinten geschnürte Îsenhosen und keine Beinschienen. Da sie ja tatsächlich separate Rüstungsteile sind, darf der Maler dies von mir aus graphisch darstellen. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen P.S.: Neben der kritischen Auswertung von Texten, Abbildungen und auch Funden halte ich das Experimentieren für wichtig - und interessant. Wenn Du eine These überprüfen willst, beispielsweise, ob Schuppenbeinlinge in der Praxis taugen, mach welche und erprobe sie unter DAMALS realen Einsatzbedingungen. Was aber im positiven Fall noch lange kein Beweis ist, dass es sie zu dieser oder jener Zeit wirklich gab, sondern lediglich die Möglichkeit unterstützt. P.P.S: Wegen dem Gewicht: Meine (hinten geschlossenen) eisernen Beinlinge sind ziemlich schwer, jeder bringt 4.5 kg auf die Waage, zusammen also 9 kg. Das Gewicht wird von einem separaten Ledergürtel auf die Hüften übertragen. Sie wie die Stoffbeinlinge an der Bruche fest zu binden, ist mir zu riskant. Ein Teil des Gewichts wird durch Knieriemen auf den Unterschenkel geleitet und entlastet damit den Gürtel und die Hüfte. Gleichzeitig ermöglicht der Knieriemen, dass das Ringgeflecht nicht völlig nach unten sackt und lose um den Knöchel herum hängt, sondern auch genügend loses Material um das Knie herum liegt. Sonst würde das Ringgeflecht spannen und das Beugen des Knies erheblich behindern.