Besitz im frühen Mittelalter

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Geri Sturmreyter

Guest
Hallo, Ich beschäftige mich zurzeit mit der fundamentalen Frage, wie wohl der Besitz verschiedener Personen im Frühmittelalter ausgesehen haben mag. Viele Darstellungen auf märkten und Veranstaltungen sind zwar mit viel Liebe zum Detail und auch großer Sorgfalt in Bezug auf Belegbarkeit der einzelnen Objekte zusammengestellt, jedoch bieten sie im Zusammenhang oft ein eher Unwahrscheinliches Bild. Das fängt meist schon damit an, dass ein Arbeiter oder Handwerker im Frühmittelalter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Zelt besessen haben mag. Die Behauptung dass ein einfacher Landadliger der mit einem solchen Zelt ausgerüstet sein mag, auf seinen Reisen ein 80 kg schweres Steckbett, oder eine Tafel samt Sitzbänken mitgeschleppt haben soll ist auch nicht sehr wahrscheinlich. Ferner entspricht ein Bild von 8 Bogenschützen oder Wolfsjägern in neuwertigem, ungeflickten und frisch gewaschenem Tunikas und blinkenden 1,5 Händern am Gürtel, die vor einem Feuer hocken und kostbaren Met aus verzierten Tonbechern trinken, nicht wirklich der damaligen Realität. (Ausser sie hätten gerade einen Händler reisenden Krämer überfallen) Das alles soll nun keine Kritik am Lagerleben sein, ich frage mich allerdings, wie wohl der wirkliche Besitz zum Beispiel: -eines Bauern, -eines Handwerksgesellen, -eines Jägers, -eines kleinen Krämers -oder eines (nicht reichen) Landadligen…. ….ausgesehen haben mag. Wie viel Kleidung mag er besessen haben, wie viel Vieh und welches. Welches Werkzeug oder Waffen? Möbelstücke, Luxuswahren, Nahrungsvorräte, Gegenstände des Alltags? Konnte sich ein Handwerker eine eisenbeschlagene Osebergtruhe leisten? Besaß ein Bauer Unterwäsche? Hatte ein Jäger Met im Becher (Honig war teuer und selten)? Welche Waffen konnte sich der kleine Landgraf leisten? Und…und…und Was ist eure Meinung? Und ich möchte hier wirklich EURE PERSÖNLICHE MEINUNG wissen, und nicht nur was ihr belegen könnt. Es grüßt euch der Geri
 
Zunächst solltest eingrenzen ob Du Besitz oder Eigentum meinst, denn das kann schon einen großen Unterschied ausmachen, aber ich gehe einfach mal davon aus, dass du Dich auf Eigentumm bezogen hast. Um auf Deine Frage einzugehen, sollte man sich unter Umständen auch Gedanken darüber machen ob der, bzw. die Personen die Du ansprichst sesshaft waren oder nicht. Sesshafte Personen dürften über einen umfangreicheres Eigentum verfügt haben als Reisende. Dann kommt noch die Frage dazu, wo haben diese Menschen gelebt. In stark ländlich geprägten Regionen kann ich mir Vorstellen, dass persönliches Eigentum allein schon deshalb einen geringeren Umfang hatte als in Städten, weil es manche Dinge, ggfls. Luxusgüter, einfach nicht gab. Dass eine Lagerdarstellung immer nur der Versuch ist, die damaligen Lebensumstände, unter dem heutigen Blickwinkel widerzuspiegel dürfte ganz klar sein, darüber brauch man hier wohl nicht diskutieren. Ein Handwerker - ob sesshaft oder nicht - dürfte sowohl seine Bekleidung, als auch sein Werkzeug, wie auch einige Dinge des täglichen Lebens, sein Eigen genannten haben. Bei Bauern - ggfls. auch noch Unfrei - dürfte sich das Eigentum u. U. ausschließlich auf die Kleidung bezogen haben. Um die Frage, für sich selbst beantworten zu können, sollte man sich zunächst Gedanken darüber machen, wann und wo die Person lebte, welches Angebot es gab und welchen Stand die Person hatte.
 
Sooo..ich leg mal einen vor, denn um den heissen Brei redet man nicht rum, sondern man löffelt ihn aus. Als hier nun Nägel mit Köppe: Ich beziehe mich jetzt mal Beispielsweise auf einen Handwerker, und zwar einen Schmiedegesellen, es könnte aber wohl auch ein Tischler sein oder ein Steinmetz sein. Er ist Anfang 30, verheiratet mit 2 oder 3 Kindern. Sesshaft in einer Stadt in Mitteldeutschland. Wo wird dieser Mann mit seine Familie gewohnt haben? -> Beispielsweise in einem grob gezimmerten Holzhäuschen außerhalb der Stadtmauern denn innerhalb der Stadtmauern wird eine Unterkunft um einiges teurer gewesen sein als außerhalb. Vielleicht hat er mit seiner Familie auch im Haus seines Schmiedemeisters gewohnt. Was hat er/seine Familie an Kleidung Besessen? -> Sicherlich eine gute Tunika/Kleid usw und eine gute Kopfbedeckung für Kirchgänge und feierliche Anlässe. Sicher hatte er auch für eine Schürze für die Arbeit /vielleicht eine gebrauchte von seinem Arbeitgeber). Dann sicher ein oder zwei ältere mehr oder weniger oft geflickte Tunikas und Hosen/Beinlinge. Außerdem eine Kopfbedeckung. Für den Winter ein schlichter Mantel aus grober Wolle mit passender Gugel. Das Schuhwerk war vielleicht aus Leder, vielleicht aber auch nur ein paar Wollumpen mit Schnüren, dazu ein paar Holztrippen. Ein Gürtel gehörte ihm wohl auch Wie viel Geld besaß er? -> Schwierige Einschätzung, aber ich vermute es hat gereicht um seine Familie mit Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Gemüse zu versorgen. Es wird wohl auch für einen kleinen Braten an Weihnachten gereicht haben. Zu trinken gabs sicher sone Art Getreidebier-Zeugs, (schon wegen der Wasserqualität). Ein ähnliches Geplörre wird heute noch in jedem Bauernhaus in Russland hergestellt. Es heist Kwass und schmeckt schlicht gesagt grauenhaft widerlich. (Habs vor Ort schon selbst getrunken) Allen "a" Fundamentalisten lege ich ans Herz das Zeugs mal nachzubrauen denn es ist eindeutig "a" und seit 989nC erstmals Urkundlich erwähnt, geht auch ganz leicht (Prosite Google) Werkzeuge und Alltagsgeräte? -> Arbeitswerkzeug wurde womöglich vom Arbeitgeber gestellt, aber wer sich Schmied nennt wird sicher auch einen eigenen Hammer besessen haben. Zu Hause sicher noch ein Messer und ein Beil, Nähzeug, Löffel, ein Mahlstein und Topf aus Keramik. Ein paar Holzteller und Tonbecher wohl auch. Um Vorräte vor Mäusen zu schützen hatte er sicherlich auch ein paar Krüge aus Keramik, denn Holz bietet keinen Schutz vor Nagern. Möbel? -> Eine Holzbank und ein grober Tisch dazu ein paar einfache Hocker. Schränke wohl eher nicht, aber ein paar Holzkisten zum Verstauen der anderen Sachen sicher schon. Außerdem bieten Holzkisten die Möglichkeit sich drauf zu setzen was wiederum Bänke und Hocker unnötig macht. Eine mit Eisen beschlagene geschnitzte Truhe hätte er wohl verkauft und dafür nützlicheres Angeschafft. Dann sicher noch ein Bett aus groben Holzbalken welches mit Strohsäcken und Reisig gepolstert war und somit ausreichend gegen Bodenkälte schützte. Wie groß es war mag ich nicht sagen aber war sicherlich Platz für die ganze Familie darin. Obendrauf lagen sicher einige Wolldecken. Waffen zur Verteidigung von Haus und Familie (auch im Mittelalter gab es Verbrecher)? Naja, er hatte ja eine Axt und ein Messer, vielleicht war er auch so Schlau sich einen spitzen langen Holzstab neben das Bett zu legen. Ob er Geld hatte ist so eine Sache, denn wer welches hat muss es auch beschützen, es ist daher anzunehmen dass er Seinen Verdienst entweder direkt in Naturalien bekommen hat, oder das Geld sofort in Gebrauchswaren investiert hat. Sollt er er Rücklagen gehabt haben, so hat er sie sicherlich irgendwo bei oder in seinem Häuschen vergraben oder aber sein Meister hat ihm einen Teil seines Verdienstes gutgeschrieben wie bei einer Bank, So wird es übrigens heute noch in einigen entlegenen Gegenden in Afrika gemacht. So, das war jetzt mal eine grobe Einschätzung zum Schmiedegesellen. Wie gesagt, es ist meine persönliche Einschätzung. Zu den anderen oben aufgeführten Personen mach ich mir dann bei Gelegenheit auch noch Gedanken und für Ergänzungen und Anregungen bin ich jederzeit dankbar. (Warscheinlich hab ich eh die Hälfte vergessen. Längere Beiträge werden immer so unübersichtlich) Es grüßt der Geri
 
Zu trinken gabs sicher sone Art Getreidebier-Zeugs, (schon wegen der Wasserqualität). Ein ähnliches Geplörre wird heute noch in jedem Bauernhaus in Russland hergestellt. Es heist Kwass und schmeckt schlicht gesagt grauenhaft widerlich. (Habs vor Ort schon selbst getrunken) Allen "a" Fundamentalisten lege ich ans Herz das Zeugs mal nachzubrauen denn es ist eindeutig "a" und seit 989nC erstmals Urkundlich erwähnt, geht auch ganz leicht (Prosite Google)
Hier redest du sicher von dem was als Dünnbier bekannt war. Aus diesem wurde dann auch die sog. Biersuppe gemacht, die übrigens bis ins 19. Jhr. üblich war und erst durch den "Morgenkaffee" verdrängt wurde.
 
Dünnbier, genau. Das Wort hatte mir gefehlt. Ich habs mal selber versucht zu brauen als mein 20 Liter Met-Fass mal nicht in Gebrauch war. Zeitaufwand wenn die Zutaten vorhanden sind war etwa ne Stunde. Gegärt hats denn knapp 3 Tage, bei 20 Grad. Bei mir ist allerdings nur Bierhefe rein gekommen, die Russen nehmen wohl Backhefe und tun heutzutage noch Zucker rein für den Geschmack und den Alkoholanteil. Mein "a" Rezept ohne Zucker war nich so lecker, allerdings ist auch vieles Gewöhnungsbedürftig. Wenn man damit aufgewachsen ist mag der saure Geschmack wohl ok gewesen sein. Huch, ich komm vom Thema ab. Schnell aufhörn oder nen anderen Tread aufmachen, falls das Thema noch nich existiert :hammel
 
Werkzeuge? -> Arbeitswerkzeug wurde womöglich vom Arbeitgeber gestellt, aber wer sich Schmied nennt wird sicher auch einen eigenen Hammer besessen haben. Das wird von Beruf zu Beruf wohl verschieden gewesen sein. Der Schmied braucht zur arbeit eine Esse und einen Amboss. Das Werkzeug wird dort alles vor ort sein. Tischler und Zimmerleute. Haben nicht immer an eine Werkstatt gebunden gearbeitet das heißt sie haben sicherlich einiges Werkzeug besessen, das man mit sich führt um beim Kunden zu arbeiten. Teures Werkzeug wird dem Meister vorbehalten sein. Und der Geselle benutzt es nur im Auftrag. Und dann hat das Werkzeug über Generationen einer Meistersippe gehört und jede Generation hat neues angeschafft (evtl. eingetauscht) bzw. selber gebaut. Maurer wie heute gab es meines Wissens damals nicht. Steinmetz Steinsetzer und jede menge Hilfsarbeiter. Diese werden sicher alle paar Jahre umgezogen sein. Von eine Burgbaustelle zu der anderen. Von einem Dombauplatz zum nächsten. Dementsprechend wird sich die Inventarliste den jeweiligen Umständen angepasst haben. Außerdem denke ich bei Großbaustellen war Werkzeug auch Eigentum des Bauherren. Denn man hat sicherlich nicht nur mit Gelernten gearbeitet sondern auch ungelernte Hilfskräte arbeiten lassen die ohne besitz waren und nur für kost und logge schufteten Alltagsgeräte? Zu Hause sicher noch ein Messer und ein Beil das war Handwerkszeug und Hausstand,
 

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