Beutetiere der Wikinger?

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Rhonwen

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Hallo, kennt jemand Leder- oder Knochenfunde, die auf die Tiere schließen lassen, die von Wikingern gejagt wurden? Ich nehme gleich mal an, dass man alles gejagt hat, was einem vor den Bogen oder in die Netze kam. Jedenfalls wird im Haithabuer Museumskatalog gesagt, dass selbst Reiche sich um 800 nicht sicher sein konnten, am nächsten Tag satt zu werden. Da nimmt man wohl, was man kriegen kann?
 
Für den Bereich Haihabu geht man davon aus, das von den über 220.000 nach der Tierart bestimmbaren Knochen 99% von Haustieren stammen. Schweine und Rinder zu in der Masse. Auf diese beiden Tierarten entfallen über 80% der Speisereste . Aus den Knochen lässt sich auch in etwas die Anzahl der geschlachteten Tiere bestimmen : Die Anzahl der Schweine ist danach doppelt so groß wie die der Rinder, die wiederum dreimal so groß wie die der Schafe. Dazu noch Ziegen und Hühner. Natürlich wurden auch wildlebende Tiere nachgewiesen, allerdings eben nur zu einem sehr geringen Prozentsatz, das die Jagd wohl nahezu die Ausnahme war. Adler, Raben, Elstern, aber auch Biber usw. zählen zu den Fundknochen. Die jagdlichen Klassiker wie Reh, Hirsch oder Wildschwein waren nach meinen Kenntnissen eher gering vertreten. Alles Fischiges habe ich hier mal außer Acht gelassen.
 
Der Wikinger gabs viele... Wal stand auf der Speisekarte in Norwegen und Island, Wassergeflügel in Jütland etc, Lummen usw. Island, Norwegen, Shetlands?? Ansonsten war die Gegend so wildreich wie in Norddeutschland, also Jagd in "bewohnten Gebieten " aussichtslos, da kaum Wild...
 
Das meistgegessene Wildtier dürfte wohl der Hering gewesen sein. Kommt auch in den Fundberichten in Haithabu vor. Die Jagd ist wahrscheinlich eher für die Pelzbeschaffung als für die Ernährung interessant, aber da wird mal wohl eher bei den Rus fündig. Bekanntlich sind die Viecher mit den tollsten Pelzen die mit dem widerlichsten Geschmack. In Birka wurde, wenn ich mich recht erinnere, eine Borte mit Dachshaar gefunden. Angeblich kann man Dachs essen, wenn man ihn tagelang in einen Bach zum Spülen und danach tagelang in Milch einlegt, bevor man den Eigengeschmack mit Kräutern und Gewürzen zu übertönen versucht. Aus ähnlichen Gründen dürften auch Nerze, Luxe und Füchse auf Speisekarten fehlen. Am ehesten könnte ich mir noch Robben vorstellen. Die sind einfach in grossen Mengen zu jagen, weil man sie nur an Land umzingeln und totprügeln muss. Der Pelz ist dicht und ein großer Teil der Tiere besteht aus wertvollem Lampenoel. Kenne dazu keine Beleglage aus der Wikingerzeit.
 
Dachs kann man essen. Wird heute aber eher als Schinken serviert. Mir fällt auf die Schnelle noch Rentier ein. Rentier schmeckt gut und könnte im Norden Skandinaviens verarbeitet worden sein.
 
Grundsaetzlich ist es so, dass seit der Jungsteinzeit, also seit der Sesshaftwerdung des Menschen mit Viehzucht und Landwirtschaft, die Jagd nur noch eine sehr untergeordnete Rolle spielte. Das was ich mir bisher zu den Tierknochenfunden in fruehmittelalterlichen Siedlungen (nicht nur Wikinger) angesehen habe, hatte bisher immer Zahlen- und Fleischmengenmaessig Rinder an der Spitze. Fisch koennte in manchen Fundberichten unterrepraesentiert sein, da die Graeten schnell vergehen und man in der Regel nur relativ kleine Wirbel hat, die die Ausgraeber schnell uebersehen, wenn nicht gesiebt wird. Lokale Besonderheiten sind wahrscheinlich. Auf den Orkneys gibt es z.B. auch viele Funde von Wildvoegeln, die dort in den Klippen nisten. Ren duerfte es dafuer eher im noerdlichen Skandinavien gegeben haben etc. Eigentlich werden die Tierknochenfunde in jeder Grabungspublikation behandelt.
 
Rentiere sind in Europa aber keine Wildtiere sondern werden von den Samen in Herden gehalten. Auch wenn sich diese halbwilde Tierhaltung von der der anderen Europäer unterscheidet, sind das trotzdem Tiere mit Besitzern, die sich nicht freuen, wenn man ihnen die Lebensgrundlage klaut. Samen haben zu ihren Rentieren eine ähnliche Einstellung wie Mitteleuropäer zu ihren Bankkonten. Die Idee ein Ren zu jagen dürfte also in etwa so gut sein wie die, einem Wikinger einen silbernen Armreif wegzunehmen.
 
Die Fundlage in Haithabu ist aus meiner Sicht nicht wirklich repräsentativ für meine Fragestellung. Eine Stadt wie diese war die absolute Ausnahme; Die meisten Nordländer lebten in einzeln stehenden Gehöften. Ich glaube aber auch, dass man zur Ernährung eher das Weidevieh und Hühner genutzt hat, die waren leichter zu jagen :) Hintergedanke meiner Frage war, dass ich wissen wollte, was man aus Robben gemacht hat. Immerhin hat man Walrösser gejagt, davon gibt es Reste. Vielleicht war das ja auch eher die Beute von Menschen, die unterwegs waren. Fischer zum Beispiel. Dann wären die Knochen einfach liegen geblieben, wo man die Tiere gejagt hat.
 
Meine Unterlagen sind da sehr knapp. Ich habe lediglich vermerkt: Robbenfelle wurden zu Tauen verarbeitet. Quelle: Bericht des Ottar - aber keinen weiteren Hinweis woher ich diese Eingebung genommen habe. Mit Sicherheit aus irgendeinem Buch über Wikinger ... nicht sehr hilfreich, wie ich jetzt feststelle.
 
Ich habe mich letztens mal mit dem Thema "Wikinger und Falknerei" beschäftigt, daher hab ich noch ein bisschen Fundkatalogwissen parat. In Haithabu hat man massig Vogelknochen gefunden, hauptsächlich von Entenvögeln (Enten, Gänse) und Hühnerartigen (Fasan, Wachtel etc.). Dazu kamen Seeadler, vermutlich wegen der Federn zum Befiedern von Pfeilen. Auch diverse Greifvögel waren darunter, was vermuten lässt, dass man die Tiere zur Beizjagd oder für den Handel gehalten hat.
 
Die in diesem Tread gemachten Aussagen bezüglich Ren sind Falsch! “Zitat Rentiere sind in Europa aber keine Wildtiere sondern werden von den Samen in Herden gehalten. Auch wenn sich diese halbwilde Tierhaltung von der der anderen Europäer unterscheidet, sind das trotzdem Tiere mit Besitzern, die sich nicht freuen, wenn man ihnen die Lebensgrundlage klaut. Samen haben zu ihren Rentieren eine ähnliche Einstellung wie Mitteleuropäer zu ihren Bankkonten. Die Idee ein Ren zu jagen dürfte also in etwa so gut sein wie die, einem Wikinger einen silbernen Armreif wegzunehmen. Zitat Ende” Es gab damals wie heute hier in Norwegen tamrein (zahmes Ren) und villrein (wildes Ren). Das wilde Ren war früher in allen Gebirgstegionen Norwegens anzutreffen! Durch frühere intensive Bejagung kommt es aber heutzutage ausschliesslich nur noch im Süden von Norwegen vor, besser gesagt Hardangervidda. http://de.wikipedia.org/wiki/Hardangervidda Im Norden Norwegens dagegen gibt es, wie schon richtig erwähnt, heutzutage nur noch das von den Samen gehaltene Tamrein. Zum Abschluss zwei Videos über Villreinjagd in der Hardangervidda, wo man auch einen guten Eindruck vom Lebensraum des Villreins bekommt. http://www.youtube.com/watch?v=iYcBc90XIkc http://www.youtube.com/watch?v=GFpx7Yzl7QQ Gruss aus Norwegen Borre
 
Es gab damals wie heute hier in Norwegen tamrein (zahmes Ren) und villrein (wildes Ren). Das wilde Ren war früher in allen Gebirgstegionen Norwegens anzutreffen! Durch frühere intensive Bejagung kommt es aber heutzutage ausschliesslich nur noch im Süden von Norwegen vor, besser gesagt Hardangervidda.
Danke für die Korrektur. Ich kannte bisher nur die zahmen, die sich vor dir auf die Landstraße stellen und dich anglotzen. Manchmal ist die Wahrheit halt doch größer als der persönliche Erfahrungshorizont. Wie sieht es eigentlich mit Elch aus? Ich hatte in meinen drei Wochen Urlaub im Norden Rentiere (nur zahme) und Wölfe gesehen, aber keine Elche, die angeblich doch recht häufig sind (obwohl ich sie nicht selber gesehen habe). Tauchen die in Norwegen und Schweden in den Funden (zB bearbeitetes Geweih) auf?
 
Also, heute gibt es zumindest in Schweden frei lebende Elche (Beweisfotos meiner Eltern vorhanden), aber auch zahme in Älgparks (Eigene Erfahrung).
 
@Janne: Nichts für ungut, aber als ich deinen letzten Beitrag las, musste ich etwas lachen 8o , die aller meisten Elche hier in Skandinavien sind freilebend und vegetieren nicht in irgenwelchen Parks dahin. @AndiP:Tja, der Kongen av skogen (König des Waldes), wie man hier in Norwegen den Elch bezeichnet, erscheint halt nicht immer auf Bestellung :) . Meist kommt er erst zur Dämmerung aus dem Wald, wobei er auch in Nähe von menschlichen Wohnstätten kommen kann, was man auch gut an der Elchlosung erkennen kann. Mitunter habe ich ihn auch zur normalenTageszeit hier gesehen, das letzte mal nur 10 m vom Strassenrand entfernt. Manchmal sieht man lange keinen, aber dann kann es passieren, dass man mehrere kurz hintereinander sieht. Nach fast 11 Jahren hier oben ist es halt im Gegensatz zu Touristen nichts besonderes mehr, wenn man einen Elch sieht. Aber nicht immer sind diese Begegnungen hier zwischen Elch und Mensch harmlos z. B. Verkehrsunfälle http://www.youtube.com/watch?v=4CgUkrFRwcI Vor vier Jahren wäre mir am frühen Morgen auch beinahe ein ausgewachsener Elchbulle vor das Auto gesprungen, diese Vollbremsung vergesse ich nicht.... Zu den von dir angesprochenen Funden: Die Jagd auf Ren und Elch in Norwegen, beginnend bei der Steinzeit (auch Wikingerzeit), sind archäologisch belegt. Bejagt und verwertet wurde und wird wie in anderen Ländern halt auch das was die jeweilige heimische Natur so bietet. Deshalb muss ich Rhonwen recht geben :) , was auf Haithabu zutrifft, hat deswegen nicht “automatisch” seine Gültigkeit für andere Länder wie Schweden oder Norwegen, die ein anderes Artenvorkommen und Population an Wildtieren hatten und haben als Dänemark oder Norddeutschland :!: Bedingt durch die Gletscherschmelze konnten in den letzten Jahren erstmalig die Existenz von Jagdlagern, die nachweislich auch zur Wikingerzeit benutzt wurden, durch Funde in Norwegen archäologisch belegt werden. Habe hierzu schon letztes Jahr was in meinem Norwegentread eingestellt (Beiträge Nr. 117 und 130). Und ja, es wurden hier in Norwegen und Schweden Gebrauchsgegenstände gefunden die u.a.aus Elch und Ren angefertigt wurden. Da die Menschen zur Wikingerzeit ja auch andere Nahrungsquellen nutzten, hatte die Jagd sicherlich nicht mehr den Stellenwert wie früher z. B. zur Steinzeit. Aber die Leute hätten sich damals wohl kaum sich die Mühe gemacht z. B. abgelegene Gebirgsregionen in Norwegen aufzusuchen, wenn es sich dort oben nicht gelohnt hätte (ergänzend zu den anderen Tätigkeiten des Alltags) dort zu jagen! Wie hoch der Prozentsatz der damaligen Bevölkerung war, die solche Jagdtädigkeiten ausgeübt haben, ist unklar. Zusätzlich hat man dort oben auch sicher Moltebeeren gesammelt. Getrocknete Moltebeeren wurden in norwegischen Gräbern aus der Wikingerzeit gefunden. Eigentlich habe ich keinen Bock und Zeit mehr auf langwierige Übersetzungen für deutsche Foren (ist jetzt nicht abwertend gemeind, es gibt auch noch andere Bereiche des Lebens die halt mal wichtiger sind) :) . Aber ich habe da noch zwei interessante norwegische Artikel in Reserve über die Jagd in Norwegen zur Wikingerzeit und davor, falls überhaupt erwünscht, mache ich halt doch eine Ausnahme und befasse mich (soweit ich Zeit habe) demnächst damit. Hilsen Borre
 
.....kann man es essen und ist es gerade verfügbar, hat es der Wikinger gegessen. Vor allem wenn er Hunger hatte. Gilt nicht nur für Wikinger..... Ernährungsgebote, wie sie in manchen Religionen gelten sind meines Wissens nicht überliefert.
 

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