Brennnesseln zeigen ehem.Toiletten an ?

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Hallo, auf einem Handwerkermarkt habe ich einen Mann getroffen, der (ich denke privat, so genau weiß ich das aber nicht mehr) Archäologie betreibt. Und dieser sagte, dass man heutzutage an Stätten, wo früher mal Burgen (o.ä.) standen anhand von Brennnesseln sehen kann, wo früher die Aborte waren. Angeblich würden bis heute an solchen Orten diese Pflanzen sehr gut wachsen, auch wenn von der Toilette (oder Mauerwerk) nichts mehr übrig ist. Ich konnte hierzu nichts sagen und habe auch im Nachhinein jetzt nichts im Internet dazu finden können, was dies belegt. Weiß einer von Euch darüber bescheid? Es ist jetzt nicht lebenswichtig für mich, aber irgendwie treibt diese Aussage seit dem in meinem Kopf rum ?( Vielen Dank im Vorraus für Eure (hoffentlich) hilfreichen Antworten.
 
Interessante Theorie :D Ich kenne das ganz ähnlich, ich hab mal gehört, daß Brennesseln bevorzugt dort wachsen, wo mal ein Gebäude stand, also auf den Schutthaufen vergangener Häuser. Hab allerdings auch keinen Beleg dafür, auch noch nicht danach gesucht.
 
Harnstoff ist guter Dünger, jedenfalls zeigten die sattgrün wachsenden,locker 3xso schnell wachsenden Perle-Pipi-Hügel das auf dem elterlichen Rasen ( Perle war meine Dackeline). Experimente mit Harnstoff als Düngerkügelchen reichlich auf Wegen mit Unkraut verteilt, hat eine vernichtende Wirkung gehabt. Aber warum sollen ausgerechnet Brennnesseln Anzeiger dafür sein? Würden sich alle anderen Pflanzen, die durchlässigen Boden mögen, über Nährstoffe freuen? ...und WER pischert dann auf unseren Komposthügel - der ist voll davon (ich sollte über Färbeversuche nachdenken). Wobei ich mir durchaus ein Plumsklo an der Stelle vorstellen könnte. Fragen über Fragen... Was sagen die Gärtner dazu? Weiß unsere Garten-Abteilung was dazu?
 
Die Brennessel wächst an stickstoffreichen Plätzen, also überall da, wo regelmäßig hingestrullt wird/wurde ... beziehungsweise da, wo gegenüber anderen Nährstoffen ein hohes Stickstoffangebot vorliegt., wie es auf Schutt üblich ist. Da die Wurzel sehr tief gehen, ist klar, das die über dem alten Abort mehr wachsen , als anderswo ;-)... Das kann natürlich auch der Platz sein, wo die Hunde markieren o.ä. (oder im Winter die Männer am Autobahnrastplatz fix hinterm Baum verschwinden :) , oder wo in einer Hofanlage die Miste war)
 
Das ist eine interessante Theorie. Aber wo wären da auf einmal Siedlungsstätten zu finden? Überall da wo auch Brennesseln wachsen? Bestimmt nicht. Das sie stickstoffreichen Boden mögen stimmt schon, aber nicht an jeder Stelle im Wald wo die Dinger wachsen pinkeln auch Hirsche und Rehe oder befand sich eine zeitlich wie auch immer gelagerte Latrine. Oder von Parkplätzen herbeigeeilte Männer die mal eben 'ne Stange Wasser in die Ecke stellen müßen ;)
 
Stickstoff, der sich eben auch in Ausscheidungen (menschlicher und Tierischer Art) findet, ist ein guter Dünger. Und Brennnesseln zeigen tatsächlich stickstoffreiche Orte an. Deswegen wachsen in unseren meist überdüngten Gärten auch bevorzugt Brennnesseln, wenn man nichts mehr macht und das Grundstück verwildert. Ein paar Jahre bleibt dieser starke Überschuss auch im Boden, danach reguliert es sich wieder. Ich bin mir sehr sicher, dass das "Toiletten-Anzeigen allenfalls bei Grundstücken aus unserer Zeit funktioniert, zB bei einem alten Bauernhof, wo Plumpsklo, Ställe und Jauchegrube bzw. Misthaufen stark "gedüngte" Stellen waren. Nach Jahrhunderten ist aber alles vergangen und hat sich ausgeglichen.
 
Das mit den Brennnesseln hab ich noch nie gehört, da muss ich mal meine Kollegen fragen :) Aber es gibt auf jeden Fall eine Pflanze, die (zumindest in unserer Region) zuverlässig dort wächst, wo alte Gräber sind, Grabgärten, Hügelgräber usw... Da ich die Pflanze vorher nicht kannte hab ich mir leider den Name nicht gemerkt :(
 
Natürlich gibt es auch Archäologie nach dem Mittelalter, aber die wiedergegebene These dreht sich um Burgen, welche schon wieder komplett verfallen sind und ohne weiteres kein Gebäude mehr ersichtlich ist. Von daher gehe ich auch von aus das die Zusatzdüngung des Bodens der zu einem kurzweiligen (sagen wir mal max. 100 Jahre) erhöhten Stickstoffgehalt, welcher ein bevorzugtes Brennnessel Wachstum erzeugt, im Boden nicht mehr nachweisbar ist. Sprich hat sich abgeglichen durch Verbrauch, Auswaschen usw..
 
Wie Morgan schon richtig sagte, ist das eine Gleichgewichtsfrage. Brennesseln wachsen auf stark stickstoffhaltigen Böden und verdrängen dort auch durch ihren schnellen Wuchs auch andere Pflanzen, deshalb entstehen diese "Brennesselinseln". Jedoch wird durch das Wachstum der Brennessel dem Boden auch der Stickstoff entzogen und in der Pflanze eingelagert. Wenn die Pflanze dann gefressen wird (einige Schmetterlingarten bevorzugen Nesselpflanzen) oder verrottet, verteilt sich der Stickstoff wieder. Das geht solange, bis der Stickstoffgehalt im Boden wieder Normalniveau hat und die Brennessel keine bevorzugten Wachstumsbedingungen mehr hat. Ohne weitere Stickstoffzufuhr hört das also relativ bald auf, nach einigen Jahren hat sich das dann erledigt. Die Brennessel ist also ein Regulator für die Bodenchemie, der verschwindet, solbald er seine Arbeit getan hat. Für die Neuzeitarchäologie ist sie sicherlich eine geeignete Anzeigepflanze. So lassen sich auch Überdünngungsspuren der Landwirtschaft oder Gülleentsorgung auch nach einigen Jahren noch nachvollziehen. Zu den Zeitdimensionen, die ich beobachten konnte: In dem Ort in dem ich früher wohnte, verlief ein Bach in Richtung See. Dieser Bach führte über mehere Kilometer von den umliegenden Bauern durch den ganzen Ort bis zum See und war stark Brennesselbewachsen, weil er viel Gülle mitführte, die auf die Wiesen aufgebracht wurde. Nicht primär als Dünger, sondern zur Entsorgung. Weil der See dann irgendwann mal kollabierte erfolgte eine strenge Regulierung durch das Land. Tourismus und Fische mit dem Bauch oben passt halt nicht zusammen. Es dauerte mehrere Jahre, bis sich das System wieder einrenkte. Der Brennesselbewuchs hat sich nach ca. 15 Jahren normalisiert. Bei massiveren Überkonzentrationen direkt neben den Jauchegruben oder Latrinen (die ja auch auf die Felder entsorgt worden) kann das sicherlich länger dauern, aber ich kann mir keinesfalls vorstellen, dass nach einem halben Jahrtausend die Brennessel ihre Arbeit noch nicht erledigt hätte.
 
nun ja, es kommt eben auch auf die Tiefe der Stickstoffquelle und die Verteilung des Stickstoffs an. Jetzt denkt mal nicht an diese Brennesselwälder auf frischen Stickstoffquellen, sondern nur an gehäufteres Auftreten. Also keine Brennessel zu einige Brennessel...., und eben an eine recht tiefe und sehr volle Latrine. Das hält dann schon auch ein paar Jahrhunderte ... Und wegen der dummen Angewohnheit der Menschen, so ziemlich alles, was nicht mehr gebraucht wird, ins Klo zu schmeißen sind solche Stellen ja besonders interessant. Sind diese Wuchsstellen dann noch irgendwie rechteckig, könnte sich buddeln an verdächtigen Stellen eher lohnen als an anderen. Vor allem, wenn denn schon durch Grabungsarbeiten Schichten abgetragen sind und erst so nach 2-3 Jahren weitergemacht werden kann ....
 
Jop, also das mit dem Stickstoffzeiger ist auf jeden Fall richtig (kann man ja auch überall nachlesen). Da wo unsere Heidschnucken ihre "Kackplätze" haben, da wuchern spätestens im nächsten Jahr die Brennesseln. Ob man bei einer Ausgrabungsstätte dann eine "Toilette" oder einen Misthaufen, etc. gefunden hat, dass wird man dann wohl anderweitig beurteilen müssen.
 
Könnte denn der Mörtel des Füllmauerwerks der Wehrmauern ebenfalls was damit zu tun haben?
 
Wir haben mal an einer Führung hier im Wiehengebirge teilgenommen "Bergabu im Mittelalter". Der "Führer" (Horst Burger http://www.archaeologischer-freundeskreis-owl.de/index.php?id=62 ) erzählte uns auch davon. Er erklärte uns das auch anhand der der "Stickstoff-Theorie". Es müssen aber nicht unbedingt Toiletten an den brennesselbewachsenen Stellen gewesen sein. Oft wurde dort auch Vieh gehalten.
 
Im Endeffekt ist es dasselbe Prinzip, mittels dessen schon seit Jahrzehnten die Luftbildarchäologie immense Erfolge bei der Entdeckung ehemaliger Siedlungs -und Festungsanlagen erzielt ... Veränderungen im Wuchsverhalten zeigen öfters zuverlässig ehem. Strukturen im Boden an, woraufhin dann gezielte Grabungen vorgenommen werden können... Und wenn dort in einer Siedlung / Festung oder Burg über Jahrzehnte hinweg regelmäßig ins selbe Loch "geschissen" wurde, dann ist das schon eine ganze Menge Dünger, der sich durchaus über Jahrhunderte hinweg "halten" und das Wuchsverhalten bestimmter Pflanzen im Unterschied zum Wuchsverhalten der Pflanzen in der direkten Umgebung verändern kann... ;) :) https://www.google.de/search?q=luft...IBQ&sqi=2&ved=0CC8QsAQ&biw=1250&bih=699&dpr=1 Quelle : google Suchfunktion "Luftbildarchäologie" LG Halfdan Horntrinker
 
Gab es nicht irgendwo im Norden (Lübeck, Kiel?) eine aktuelle Ausgrabung mittelalterlicher Latrinen die auch nach vielen Jahrhunderten ... nunja, sagen wir ....rochen? Ist das nicht ein Beleg dafür, dass solche Stoffe sich nicht binnen 100 Jahren auswaschen müssen und somit durchaus wuchsrelevant sein könnten?
 
In Lübeck ist das (aktuelle Ausgrabung in der Altstadt) ... Da erzählte der Prof. das die Latrine noch immer so riecht wie Latrine eben so riecht. Allerdings liegt im Normalfall so ca 2-3 meter Erdreich über dem was da noch riecht.
 
und dabei soll man doch hauptsächlich planzliche kost zu sich genommen haben. Das soll nicht so stark riechen. Jaja die reichen Pfeffersäcke.
 
Latrinentorf ist das nicht ein hübsches Wort ?
 

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