Buch-Hinweis: „Das Mittelalter - von Fürsten und Kaufleuten, Mönchen und Leibeigenen, Kreuzrittern und Minnesängern“

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Graf Moritz von Baernfels

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Übersetzt wurde dieses Werk des frankokanadischen Archäologen und Kunsthistorikers, Prof. Didier Méhu, von Nikola von Merveldt in Zusammenarbeit mit Annet Schütt. Es erschien als Sonderausgabe 2008 im Verlag Herder GmbH, Freiberg im Breisgau unter der ISBN-Nr.: 978-3-451-29918-6.

Ich halte das vorliegende Buch als Übersichtswerk für Mittelalterinteressierte, insbesondere für Themeneinsteiger, für durchaus gut geeignet. Es liest sich einfach und gut verständlich.

Als schade empfinde ich lediglich, dass die ausgewählten Detailthemen einige Unschärfen und sogar Unkorrektheiten aufweisen. So finden sich u.a. in der Teil-Rubrik Waffen und Rüstungen kleine Fehler oder irrtümliche Verwechslungen, welche sich nicht mit den Erkenntnissen der Mediävistik decken. Ein Beispiel: „...Panzerhemden mit angesetzten Kettenfäustlingen und Kettenkapuze, … (Anfang 15. Jahrhundert).“ Solche Ringpanzerhemden mit integrierten Fäustlingen und ebenfalls aus dem Panzerhemd hervorgehender Ringpanzerhaube sind nach den meisten Mediävisten spätestens seit dem ausgehenden 12. Jhd. belegt.
Spätestens im 15. Jhd. wurden Ring- oder meist als Kettenpanzerhemden bezeichnete Rüstungen zur „Massenware“. Sie finden sich weder in erhaltenen Artefakten noch auf Abbildungen und Darstellungen mit integrierten Panzerhandschuhen und –Hauben. Hauben und Handschuhe sind hier stets separat gehalten.
Ringpanzerhemden, wie in diesem Werk von Prof. Méhu an dieser Stelle beschrieben, finden sich bspw. in der „Maciejowski-Bibel“ dargestellt. Jener Foliant stammt aus der Mitte des 13. Jhd.. Sogar in einem anderen, bereits um 1180 entstandenem Werk, einer Enzyklopädie der damaligen Äbtissin des Klosters Hohenburg, dem s.g. „Hortus Deliciarum“, sind Gewappnete in ebensolchen Ringpanzerrüstungen wie beschrieben dargestellt. (Ich könnte noch mehr Beispiele aufführen aber es ist sicher klar, was ich meine….)

Die thematische Auswahl des Werkes hingegen erachte ich für einen Überblick als ziemlich gelungen.

So finde ich die Untergliederung in eine erläuternde „Einleitung“, die nachfolgenden Kapitel „Raum und Zeit“, „Land und Bauern“, „Stadt und Kaufleute“, „Autoritäten“ und „Wissen und Kommunikation“ mit ihren zahlreichen Unterthemen lesenswert.
Anschließend ergänzt eine Rubrik „Nachtrag und Ausblicke“ ebenfalls recht gelungen das Werk. Im Übrigen wird es durch zahlreiche Zeittafeln, zeitgenössische Darstellungen und Abbildungen, Fotos von Artefakten und diversen Zeitzeugnissen bereichert.

Es ist nach meinem Dafürhalten kaum möglich, das Mittelalter (gleiches gilt für jede andere Zeitepoche) in Gänze und tiefgreifender Betrachtung in einem einzigen Buch darzustellen. Ich bin der Überzeugung, dass es solche allgemeinen Ein– und Überblickswerke wie das hier vorgestellte Werk geben muss, welche aber meines Erachtens für ernsthaft Interessierte stets der Ergänzung durch weiterführende, detailspezifischerer Literatur bedürfen.
 

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