Darstellung Pruzzen im Hochmittelalter

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AnimaMala

Guest
Nach viel Recherche und nochmal viel mehr Recherche möchte ich mich nun an die Darstellung eines Pruzzen wagen. Genauer gesagt nach Möglichkeit einen Schalauer um 1200-1250, also noch vor der endgültigen Eroberung von Schalauen durch den Deutschen Orden. Da dies mein erster Schritt weg vom Fantasy hin zu einer authentischen Darstellung ist wäre ich froh wenn ihr mir helfen könnt, also zB sagen ob meine Quellen was taugen, ob es noch andere gute gibt und so weiter... Zunächst mal die wichtigsten Unterlagen die ich bereits gefunden und quergelesen habe: - Peter von Duisburg - Die Missionierung der Prußen (1280-1326) - Tomasz Nowakiewicz - Pruzzische und slawische Keramik im frühmittelalterlichen Galinden (6.-7. Jhdt.) - Theodor Hirsch - Scriptores rerum Prussicarum, Bd. 1 u. 5 ("Ordenszeit") - Radzivillchronik (Handschrift aus dem 15. Jhdt.; gibt Nestorchronik wieder --> "bessere" Version der Nestorchronik nicht gefunden) - Norbert Goßler - Der spätmittelalterliche Komplex von Unterplehnen im Berliner Bestand der Prussia-Sammlung (14. Jhdt.) - Carl Engel - Das vierstöckige Gräberfeld von Linkuhnen (6.-12. Jhdt.) - Christburger Friedensvertrag (1249) - Archäologische Schätze aus Litauen. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung ; Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg Einiges an Allgemeinwissen zu den Pruzzen ist damit glaub ich schon gegeben und auch Details wie Fiebeln & co können dadurch gut nachgestellt werden, auch wenn die Grabfunde eher fürs Frühmittelalter geeignet sind. ABER: Wie sieht es mit der generellen Bekleidung der Pruzzen aus? In den Beschreibungen liest man fast nichts und die Radzivillchronik ist glaube ich eher kritisch zu betrachten, da sie doch erst rund 200 Jahre später geschrieben wurde und hauptsächlich die Kiewer Rus behandelt. Soll man als Mann nun eine einfache Tunika und Rus-Hose tragen / als Frau ein Kleid mit Überkleid und Kopfbedeckung, sich an den Kiewer Rus, Westslawen, Balten oder so orientieren oder wie geht man so ein Dilemma für gewöhnlich an? Es gibt ja bereits unzählige Hilfestellungen, aber genau dieser Punkt - die Umsetzung von Grabfunden und Chronikabbildungen zu einer gesamten Darstellung - ist mir nach wie vor etwas schleierhaft muss ich gestehen... Danke schonmal für eure Hilfe! :D
 
Ostereuropa ist jetzt mal garnet mein Darstellerisches gebiet, aber ich könnte mir gut vorstellen das man dort auch die normale mode der zeit trug, d.h. Kittel, Bruche, Leibhemd, wendegenähte Schuhe, ggf. eine Kopfbedeckung. Rushose afaik schon garnicht, die waren imho Frühmi. Inwieweit sich die Accessoires von den Mittel- und Westeuropäichen unterschieden, kann ich dir nicht sagen aber du hast ja selbst geschrieben das man durch die von dir genannte Literatur den Fiebeln und co. gut nachstellen kann. A propro Literatur: die ist fasst alles nach bzw. vor deiner Darstellungszeit, und im späten 13ten und frühem 14ten Jahrhundert hat sich viel verändert (zumindest "hier bei uns"), ich würde das mit Vorsicht geniessen. Es gibt mehrere varianten die Recherche anzugehen, einige nehmen nur Regionale Quellen egal aus welcher zeit, ich halte es eher so das ich primär wert darauf lege das die Quellen aus meiner zeit (aber halt trotzdem möglichst regional) sind. Was auch Darstellungs-übergreifend sein sollte ist die wahl des Standes bzw. Berufes, ich bin mir ziemlich sicher das auch die Kleidung der Pruzzen sich von Stand zu Stand unterschied. Ich weiss auch nicht inwieweit man die Pruzzen mit den Slawen vergleichen kann, in der Richtung müsste sich doch mehr finden lassen? so, das war mein unqualifizierer Senf zu dem Thema, ich bin mir sicher das dir leute mit einer ähnlichen Darstellung besser helfen können, oben das war alles nur Mutmassung meiner seits... Singa
 
Bei der regionalen und zeitlichen Ausrichtung wird es ohne weiträumige Analogschlüsse und großzügige Interpretation wahrscheinlich nicht gehen. Vielleicht sind kleine BEschreibungen in den Deutschordens-Reimchroniken des 14. Jahrhunderts zu finden. Ist aber eher unwahrscheinlich. Woraus könnte man Wissen über Kleidung kriegen? Normalerweise aus dem Dreiklang "zeitgenössische Abbildungen, zeitgenössische Texte, erhaltene zeitgenössische Stücke". Alles was man in der Literatur liest sollte sich im besten Fall auf Quellen aus diesem Bereich stützen. Hat man jetzt aber wie im Fall der heidnischen Pruzzen weder erhaltene Abbildungen, noch eigene Texte und auch keine erhaltenen Textilien aus der anvisierten Zeit, dann wird es eben schwierig. Mir persönlich wäre die benötigte freie Interpretation zu viel für eine Darstellung in der ich mich wohl fühle. Als sächsischer Siedler, der vom Deutschen Orden nach Livland geholt wurde, hat man zum Beispiel eine bessere Quellenbasis für die Ausstattung und kann trotzdem über die Geschichte des Baltikums erzählen.
 
Danke für die Antworten :knuddel Also summasumarum sind Pruzzen eine echte Herausforderung und werden dem "A"-Kriterium der Szene wohl mangels fehlender regionaler Funde nie ganz gerecht werden... das ist doch mal eine Challenge und Lebensaufgabe, der ich mich gerne widme :D Mal schauen was aus diesem Projekt dann wird mit der Zeit, haltet mir die Daumen :wiki4
 
Also mir hat ein Bekannter der sich sehr mit dem DO beschäftigt gesagt das ich mit Rusklamotten auch als Pruzze durchgehen kann. Belege hab ich dafür allerdings nicht nur meine persönliche Erfahrung das der Bekannte sehr auf ne korrekte Darstellung bedacht ist.
 
Nach meinem bisherigen Recherchestand ist es - extrem grob und allgemein gehalten - so, dass der höhere Stand bis hin zum "Konagis", dem Stammesführer sehr starken Einfluss von den Rus hatte... sowohl beim Schmuck als auch bei den Klamotten. Aber auch der Einfluss des Nordbaltikums ist nicht zu unterschätzen. Der "einfache" Stand hingegen orientiert sich eher am Westen und Gotland, hier sollte also zB jedenfalls eine Tunika und kein Kaftan verwendet werden. Grabfunde die dies belegen gibt es rund um die ehemalige Handelsstadt Truso. Zur weiblichen Darstellung weiß ich derzeit noch fast gar nichts. X/ Es ist generell schwierig eine ordentliche Darstellung zu machen, da die meisten Grabfunde ca. 9./10. Jahrhundert sind und die Erzählungen und Darstellungen des DO erst aus dem 13. Jahrhundert. Dazwischen gibt es quasi nichts was als Beleg durchgehen könnte... ich werde meine Darstellung also doch eher ins FrüMi ansiedeln, da es hier quellentechnisch für die Pruzzen um ein vielfaches besser bestellt ist.
 
Nachdem ich heute euer Crowdfunding-Video gesehen habe, muss ich einfach loswerden, dass ihr meiner Meinung nach schon wieder auf dem falschen Weg seid. Ja, ihr habt euch im Vergleich zu früher verbessert (ich habe euch live in Kaprun gesehen und kann mich auch noch an ein paar schreckliche Fotos auf FB erinern), aber mit "authentischer Darstellung" frühmittelalterlicher Balten hat das immer noch nichts zu tun, was ich bei euch aktuell so auf FB sehe. Wenn euch die Recherche überfordert - was in dem Fall sicher keine Schande ist, da relevante Literatur wohl kaum auf Deutsch oder Englisch verfügbar ist - möchte ich euch folgendes nahelegen: Beginnt mit einer einfachen (Bauer, Fischer,...) Haithabu-Darstellung und wenn die dann solide ist, könnt ihr langsam Richtung Baltikum "erweitern".
 

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