Das Christentum der Kreuzzüge

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Bei meine Studien zum Templerorden und der Kreuzzüge kommt mir immer wieder eine Frage in den Sinn. Häufig wurde es in Büchern angesprochen, doch immer nur am Rande behandelt und selbst nach einem Regalmeter an Büchern bin ich immer noch nicht schlauer geworden. Liest man zB die „Liber ad milites templi de laude novae militiae“ von Bernhard von Clairvaux und über die Urchristen bzw. das heutige Christentum, stellt sich mir die Frage: „Wie wurde aus den superfriedlichen Frühchristen, heilige Krieger und dann wieder superfriedliche Christen?“ Nach der Lektüre der „laude novae militiae“ habe ich mir eine Bibel gekauft und die Zitate vom Hl. Bernhard im Volltext nachgelesen, dann mich durch die Psalmen, Teile des AT und das komplette NT durch gelesen und bin immer noch nicht schlauer geworden. Klar ist mir das die „Laude“ den moralischen Zweifel der ersten Templer beseitigen sollte, aber da ging es um das Problem eines Mönches der auch ein Krieger ist. Lese ich zum Beispiel heutige Kommentare/Erklärungen zu Mt. 10:32-39 fehlt es mir echt schwer zu sagen was diese Erklärung mit der Bibelstelle zu tun hat. Die Theologen, Scholastiker und Mystiker der damaligen Zeit sind ja keine dumme Menschen gewesen und täten bestimmt auch noch heute zur Elite ihrer Zunft gehören und trotzdem begründen sie den „bellum sanctum“ mit den selben Schriften die heute ganz anders gelehrt werden und auch vor den Kreuzzüge ganz anders gelebt und gelehrt wurden. Die Kreuzzüge liefen weit über 200 Jahre, in allen sozialen Sichten und in allen lateinische Ländern und waren ja auch nicht nur eine Kopfgeburt von Urban II., der plötzlich die Bibel falsch gelesen hatte. Kämpfe gegen Heiden gab es ja auch schon vor dem 1. Kreuzzug oder der Reconquista und dort war es kein heiliger Krieg sondern oft ein einfacher Verteidigungskrieg. Also gebt mir bitte noch etwas geschichtliches Feedback und Infos wie diese Wandlung zum heiligen Krieg und zurück zur Friedenstaube lief. Bitte, es geht NICHT um die Frage ob die Kreuzzüge Richtig oder Falsch waren oder wer Gut oder Böse war und auch nicht ob es einen Gott gibt! Es geht um eine geschichtliche Entwicklung!
 
Wilhelm, wer waren die friedlichen Urchristen? Das waren doch fanatische Anhänger des Jesus von Nazareth, und der stand für Gewaltfreiheit und Judentum, allerdings dehnten die die Gebote auf alle Menschen aus. Dann wird das Christentum Staatsreligion in einem nicht zwingend friedliebenden Staatsgebilde und einie biegen dann die Lehren um, da das noch paßt->Kirchenväter. Nun missioniert dieser Staat ebenfalls nicht friedliebende andere Länder, aber nicht mit /durch Überzeugen, sondern mit wrtschaftlichen Vorzügen und Gewalt. Flapsig "Kopp ins Wasser, Du bist Christ..., fertig" Irgendwann bringt man über die Gesetze den Leuten vielleicht noch die 10 Gebote bei, erfindet das Fegefeuer neben dem Himmelreich, aber an der Gewalttätigkeit der Leute wird erstemal nicht gedreht. Die Bibel selbst, sprich das neue Testament kennen kaum die Priester, die Päbste eher auch nicht und die Gelehrten müssen sehen, wie sie jetzt die "öffentliche Lehre" mit den Schriften in Einklang bringen .... Wenn Du da versuchst, das ganze irgendwie logisch zu verstehen, wirste verrückt, vergiß es. Wo keine "klare Linie" ist, kannst Du auch keine finden.
 
Praxistauglichkeit? Sachzwänge? Mit dem Untergang der spätantiken römischen Verwaltung musste die Kirche Verwaltungs-, Versorgungs- und Schutzaufgaben übernehmen. Kämpferische Bischöfe in der Völkerwanderungszeit und die Gottesfriedenbewegung im 10. und 11. Jh. (wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesfrieden ) sind schöne Beispiele. Wenn es kein Gewaltmonopol gibt, dann lernt man eine Position der Stärke zu schätzen. Die handelnden Akteure in der römischen Kirche des 9.-12.Jahrhunderts waren Adelige, die von der klassischen Machtstellung abgeschoben sich neue Machtbereiche erschufen. "Die Kirche" an sich war gerade dabei sich überhaupt zu formieren. Durch das erst Zusammen- dann Gegeneinanderarbeiten mit dem Kaiser und die Kirchenreform des 11.Jh.s entstand die katholische Klerus-Kirche mit einem allgemeinen Deutungsanspruch. Und der beinhaltete sich einzumischen, mitzutun und sich notfalls auch mal die Hände schmutzig zu machen. Einfluss bringt Verantwortung. Wer weltliche Adelige daran hindern will ihre Nächsten umzubringen, der muss Alternativen aufzeigen. Und wenn man dabei dem Kaiser eins auswischen kann und die theoretische Möglichkeit von Einflussgewinn übersee besteht, why not? Irgendein Kirchenvater wird schon etwas als Begründung passendes geschrieben, irgendeine Bibelstelle passend ausgelegt haben. Denk nicht "Christentum", denke "Menschen ihrer Zeit". ;)
 
Hmmm den politischen Weg zu den Kreuzzüge kann ich ja noch nachvollziehen, auch der Weg von Augustinus von Hippo und dem gerechten Krieg und Gottesfrieden. Auch ist der Begriff der Gewalt damals nicht per se Schlecht oder Böse und der Begriff gerechter Krieg ist auch ein Art von Völkerrecht. Bei den Kreuzzüge in Spanien und dem heiligen Land wurden die Grundsätze des hl. Krieges ja auch eingehalten. Bei den Kreuzzüge in Europa und Richtung Ostseeküste wurde der Begriff ja öfters sehr weit ausgereitzt oder gar vorgeschoben, wie bei den Massenvernichtungswaffen im Irak. Christen haben ja auch schon vorher gegen Heiden und auch Mauren gekämpft, aber nicht als Religionskrieg und schon gar nicht im Sinne des Gotteskriegers. Egal ob das Ziel von Urban II. Byzanz oder Jerusalem war und es eine politische Seite gab, so gab es auch eine theologische Seite. Der Kreuzzug war für die ganze Res publica christiana in erster Linie eine Pilgerfahrt und Buße. Nach dem Erfolg des 1. Zuges nach Jerusalem, war der Gedanken so stark das der Pabst den Spanier die Teilnahme verbieten musste und den Kampf in Spanien zum Kreuzzug erklären musste. Aber trotzdem muss es ja auch eine Art von theologische "Änderung" gegeben haben oder zumindest eine ganz andere Deutung von Begriffen wie heute. Aber der Weg zurück vom Gotteskrieger zur Friedenstaube ist mir echt ein Rätsel. Als Laie lese ich viele Stellen der Bibel ehr wie Urban II. oder Hl.Bernhard und kann heutige Erklärungen zu diesen Stellen kaum mit dem Wortlaut in Einklang bringen.
 
Nun missioniert dieser Staat ebenfalls nicht friedliebende andere Länder, aber nicht mit /durch Überzeugen, sondern mit wrtschaftlichen Vorzügen und Gewalt. Flapsig "Kopp ins Wasser, Du bist Christ..., fertig"
Ich beginne hier keine Debatte über die Kirche,die Ämter in derselben usw.,das wäre :eek:ff2 ,aber ein Aspekt beim Thema Missionierung ist nicht unwichtig. Es war teilweise (!) so,dass mancher Missionar so vorging wie Du es beschreibst. "Kannst Du das Vater-unser?" "Ja!" "Hiermit taufe ich Dich...!--Jetzt bist Du Christ" Andererseits gab es gerade zur Zeit der iroschottischen Mönche Missionare nicht wenige unter ihnen- zwei von ihnen waren der hl. Liudger und der h.Bonifatius- die erstmal die Sprache der Menschen lernten und deren Kultur kennenlernten und ihnen erst dann den christlichen Glauben nahebrachten. Die Christianisierung des slawischen Kulturraumes war---fatal... und da hat sich auch der Deutsche Orden nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
 
In einem durchgehend katholischen Europa ist Krieg und Gewalt für die Kirche nicht interessant, da sie damit als Herrschaftsgebiete überschreitende Einrichtung letztlich fast immer geschädigt wird. Das ändert sich mit der Reformation und etwas später haben wir einen dreißigjährigen Salat. Ich würde mal sagen, dass mit der Säkularisation der Kirche dann schlicht die Möglichkeiten genommen waren selbst als Kriegsteilnehmer oder aktiver Anfeuerer aufzutreten. Und nach den Weltkriegen wurde Gewalt in der westlichen Welt letztlich fast komplett geächtet. Warum sollte die Kirche als Teil dieser Gesellschaft da eine Ausnahme sein. Ich halte Pazifismus als Breitenüberzeugung für eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts. Und moderne theologisch-ethische Kommentare zu den Schriften Bernhards waren mir bisher stets ein Quelle kopfschüttelnden Schmunzelns. :rolleyes:
 
„Wie wurde aus den superfriedlichen Frühchristen, heilige Krieger und dann wieder superfriedliche Christen?“
Gar nicht. Krieg und Religion haben nichts miteinander zu tun. Kriege haben immer, nur und ausschließlich wirtschaftliche Gründe. Wenn jemand Krieg führen will, dann tut er das - unabhängig von seiner Religion. Die wirtschaftlichen Beweggründe (die ja die Existenz sichern) sind stärker als die religiösen Bedürfnisse (die man nur mit gesicherter Existenz ausleben kann). Sicherlich können Religionen und mächtige Kirchen Hemmschwellen beeinflussen, sogar Zielrichtungen vorgeben oder als moralische Stützen dienen. Kriegsursächlich sind sie jedoch nie. Salopp formuliert läuft das so ab: Papa kommt drauf, dass für den Buben kein Land zu erobern ist und zum vererben ist auch nicht genug da, weil er ja fünf Söhne hat. Den Nachbarn berauben ist nicht, weil man einen gemeinsamen König hat. Mal eben ins Nachbarland zum plündern ist allein ein bisschen weit, außerdem hat der Bischof gesagt, dass man seinen Nächsten nicht dauernd umbringen soll. Also sucht man den Übernächsten. Einen Araber zum Beispiel. Bei so einem Araber meckert weder der König noch der Bischof! Also alles paletti. Die Muselmanen sind fällig.
 
Zum Thema Theologie der Kreuzzüge im Detail kann ich nichts beitragen. Ich erinnere mich aber vage gelesen zu haben das Urban II die ganze Sache eher entglitten ist (es war nicht bei Runciman...). Er wollte ja dem Byzantinischen Kaiser "einen Gefallen" erweisen und ihm "Söldner" schicken die diesen im Kampf gegen die Rum-Seldschuken unterstützen. Das ganze war eigentlich dazu gedacht den Riss 1054 (= großes abendländisches Schisma) zu kitten. Das aus dem Ganzen eine Volksbewegung wurde war gar nicht beabsichtigt und auch der rege Zustrom von Seiten des Adels war nur bedingt erwünscht. Das es so kam hatte wirtschaftliche und soziale Gründe - stimme da der saloppen Zusammenfassung von AndiP zu. Das Religion und Krieg nix miteinander zu tun haben sehe ich anders - Religion - damit meine ich nicht den persönlichen, individuellen Glauben - ist (Bestandteil der) Politik (vor allem im Mittelalter), und von daher auch mit Kriegen in Verbindung zu bringen. Was die Ausweitung der Kreuzzüge auf den osteuropäischen Raum betrifft, so denke ich mir das wie heute beim "green washing". Alles 100% gottgefällig und CO2-neutral! oder so ähnlich halt... (ist sehr salopp formuliert, aber hoffentlich verständlich) was die "theologische Entwicklung" von den friedliebenden Ur-Christen - so es die abseits der wirklich "ersten" Generation gab - zu den Falken und Retour betrifft gebe ich zu bedenken das diese Entwicklung soweit sie nur die Kreuzzüge betrifft so im groben mal 500 Jahre umfasst (1000-15000 gerechnet) in denen sich gesellschaftlich, politisch und geistesgeschichtlich mehr als nur ein bisschen was getan hat.
 
Sorry das ich mich so spät melde. So habe jetzt noch mal die Werke von Riley-Smith, Runcimann und Sierszyn durchgelesen über den Zeitraum. Also jede reine wirtschaftliche These oder Kolonisierunggedanke oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Zweitgeborene kann man wohl getrost auf die Seite legen. Diese Thesen sind ja, wie der Begriff Kreuzzug selber, erst mit der Forschung im 18.-19.Jahrhundert aufgekommen und sind stark protestantisch-humanistisch geprägt. Sogar Runcimanns Werk spricht die Sprache seiner Zeit, wo die Deutschen wenn sie genannt werden, ehr schlecht wegkommen. Wirtschaftlich und Militärisch waren die Kreuzfahrerstaaten immer auf Hilfe aus Europa angewiesen. Von Kolonisierung kann man auch nicht sprechen da die Franken immer eine Minderheit im heiligen Land geblieben sind und eine bedeutende Besiedlung durch Zuzug aus Europa nicht stattgefunden hat. Eine Christianisierung des Landes gab es auch nicht und Machtpolitik durch den Papst bzw. Kirche sehe ich auch nicht als den Grund. Klar haben schon auf den ersten Kreuzzug einige Adlige ihre Chance genutzt und eigene Ländereien gegründet. Aber für die Masse der Teilnehmer, auch für die Adligen, war es schon immer eine sehr teure Angelegenheit und die Chance auf der Reise oder im Kampf zu sterben waren immer höher als wieder nach Hause zu kommen und politisch war die lange Abwesenheit von zu Hause auch nicht besonders gut. Machtpolitik vom Papst sehe ich auch weniger. Die Macht vom Papst war noch nicht so gefestigt wie später. Es ist noch nicht mal sicher wann der Kreuzzugsgedanke entstand und ob Urban II. wirklich Jerusalem oder Byzanz als Ziel hatte. Rom hatte ja nach dem ersten Aufruf ja einige rechtliche und theologische Probleme zu lösen. IMHO sollte man die Kreuzzüge unter dem Namen betrachten die sie damals hatten..... Pilgerfahrt. Betrachtet man die Teilnehmer des Zuges von Peter der Einsiedler und die Teilnehmer des 1. Kreuzzuges, kann man das Thema nur aus der Sicht der persönlichen Schuld und Sühne der Teilnehmer sehen. Die Teilnehmer haben das universale Ziel einer christlichen Pilgerfahrt gezeigt bekommen und da es jedem klar war das gekämpft werden muss, auch der höchstmögliche Einsatz der Busse gegeben. So wurde aus einem gerechten Krieg auch ein heiliger Krieg. Wohl bemerkt beziehe ich mich jetzt auf die Kreuzzüge in das heilige Land und später der Reconquista. Die anderen, auch wenn sie formell als Kreuzzug gelten wie zB gegen Heiden, Ketzer oder politische Gegner des Papstes, ausgenommen. Da kann man das Thema Wirtschaft, Macht usw. stärker gewichten und sogar als Hauptgrund nennen.
 
also die wirtschaftlichen Gründe würde ich nicht gänzlich streichen - vielleicht sollte man nicht von "Gründen" sprechen sondern von "Interessen"... was die Teilnehmer des ersten Kreuzzuges, genauer gesagt des Volkskreuzzuges, betrifft magst du mit der Gewichtung auf dem Aspekt der persönlichen Religiosität recht haben - aber verallgemeinern sollte man es nicht zu sehr. Was Personen wie einen Bohemund von Tarent oder seinen Neffen Tankred betrifft so denke ich nicht das es Ihnen ausschließlich um die Sühne ihrer Verfehlungen ging. (- will Ihnen Religiosität nicht absprechen, aber so ganz glauben kann ich es halt nicht.) Es hatte wohl jeder Teilnehmer sowohl persönliche-religiöse als auch weltlich-wirtschaftliche Interessen die sich vor einem politisch-gesellschaftlichen Hintergrund abspielten. Wie Rotschopf es ausdrückte: Menschen oder wie es der Japaner sagt: Alles hat eine Rückseite - auch die Rückseite... Die "eine" Erklärung wird man wohl nicht finden...
 
Mit Bohemund und Tankred hast Du ja auch die extremsten Gegenbeispiele gezogen. Ziehe Gottfried von Bouillon und Raimund von Toulouse. :) Ich denke bei Bohemund und Tankred kommt beim Handeln und beim Antrieb doch stark die normannische Herkunft zu tragen. Sowohl beim Aussehen, Bohemund muss ja ein stattlicher Nordmann gewesen sein, aber auch beim Charakter. Wir können schlecht in die Köpfe der Menschen sehen und nach 900 Jahren machen es uns die Quellen es ja auch nicht leichter. Leider sind fast nur Berichte über die Hauptpersonen überliefert worden, die uns einen verzerrten Einblick liefern. Herrscher (egal ob damals oder heute) haben nun mal auch die Charaktereigenschaften Macht und Besitz und verstärkt wird die Sache noch davon das die Hauptpersonen einer Kriegerkaste angehören. Meine These ist, da wir den restlichen 99% der Teilnehmer nicht in die Kopf sehen können, aber diese 99% hatte nie auch nur einen Hauch von Chance auf „wirtschaftlichen“ Gewinn. Für die gab es nur das Seelenheil als Ziel. Lebend an der Grabeskirche oder Tod im Kampf gegen die Feinde Christi als Busse. Christen haben vor dem 1. Kreuzzug schon oft gegen Heiden und Moslems gekämpft und sogar zur Zeit des 1. Kreuzzugs als gerechter Krieg in Spanien. IMHO brachte mit seinem Aufruf das ultimative Ziel des Seelenheils in das Spiel ein und fertig ist der heilige Krieg. Und wie selbstverständlich wird es nach nur 90 Jahren eine Angelegenheit der Kaiser und Könige.
 
aber diese 99% hatte nie auch nur einen Hauch von Chance auf „wirtschaftlichen“ Gewinn.
Das Nicht-Gewinnen der 99% ist nicht nachteilig für das 1%. Verluste der 99% Prozent sind Gewinn für das 1% (die ja in Relation reicher werden, wenn die anderen verlieren, während sie konstant bleiben). Wenn das 1% dann vielleicht noch tatsächlich wirtschaftliche Gewinne erzielen, also Realvermögen vermehren können, dann hat 1% auf jeden Fall wirtschaftlich dazugewonnen.
Für die gab es nur das Seelenheil als Ziel. Lebend an der Grabeskirche oder Tod im Kampf gegen die Feinde Christi als Busse.
Sehr gut. Wer mit Überleben oder dem Seelenheil beschäftigt ist denkt nicht an die (wirtschaftliche) Zukunft. Wer in einem fernen Land stirbt, macht Dir daheim keinen Ärger. Jeder Emporkömmling, der im Krieg stirbt, ist in der Zukunft ein Konkurrent weniger. Jeder Krieger, der im Morgenland auf der Strecke bleibt, ist ein Ritter weniger, der Dich um ein Lehen anschnorrt. Waffen, Rüstung und Reise muss sich jeder selber bezahlen. Entweder tötet er dafür auch noch Deine Feinde oder er wird selbst getötet. Beides kein Nachteil. So oder so ist entweder ein Feind oder ein potentieller zukünftiger Feind weniger. Und am Waffen- und Rüstungsverkauf hat man auch noch verdienen können. Und wenn man noch Anteile an Schiffen besitzt kassiert man da auch noch mal. ________________________________________________________ Dass die Religion im Mittelalter derart einflussreich erscheint, liegt im Übrigen nicht an der Religion an sich, sondern vielmehr daran, dass die Kirche als Institution ein Machtinstrument war, das man nur besetzen musste (ein Bub wird Herzog, der andre Bischof...). Hat hat jetzt mit Religion im eigentlichen Sinne nur sehr wenig zu tun - es ist einfach eine Funktionsstruktur, die zu Verwaltung und Machtausübung besonders geeignet ist und zudem den Vorteil hat, langlebig zu sein. Zudem ist in der Kirche ein Nachrichtendienst inkludiert (nennt sich Beichte) und ein Bewusstseinsbeeinflussungsinstrument (Predigt, Messe) und Propagandamöglichkeiten. Letztere dienen auch dazu, Geschichten über "heilige Kriege" und dergleichen zu erzählen. Da geht es aber nur darum, Leute dazu zu bringen, auf das eigene Leben nicht mehr so viel Wert zu legen und andere Leute umzubringen. Wer genau und wann diese Geschichten geschrieben oder erzählt hat, ändert an der Tatsache nichts. Es geht darum, 99% unten zu halten und selber reicher zu werden. Ob jetzt Kreuzzug, Lebensraum im Osten oder Kampf gegen Terror: Es hat immer so funktioniert und das tut es auch nach wie vor. Die Instrumente werden etwas feiner und raffinierter, aber sonst ändert sich nicht viel. Fast alle glauben, es ginge um eine tolle Sache. Viele bleiben dafür auf der Strecke. Viele tun deshalb entsetzliche Dinge. Einige wenige werden reich(er) damit. Und letzeres ist das Zentralmotiv: Reich werden.
 
Gottfried von Bouillon und Raimund von Toulouse. Ha! Ich kontere mit Balduin von Bouillon/Edessa (Balduin I.)! Auch kein Kind von Traurigkeit. :) Also ich persönlich denke das man mit einem Entweder oder Ansatz - Seelenheil versus materiellem Gewinnstreben - die Sache nicht erschließen kann. (Was nicht heißt das ich die jeweiligen Argumente als "falsch" erachte.) Das man den Leuten nicht in den Kopf schauen kann, ist klar - aber gerade deswegen sollte man die Beweggründe nicht auf einen einzigen Faktor reduzieren. Ich denke das es eher ein "sowohl als auch" war; und das nicht klar nach gesellschaftlichen Schichten getrennt. Man kann ja für sein Seelenheil und für sein wirtschaftliches Weiterkommen gleichzeitig was tun... @ AndiP: das die Religion im Mittelalter ein reines Machtinstrument war glaub ich nicht restlos. Für die Leute damals war "Gott" das durchaus eine reale Größe. Für "uns Heutige" mag das anders sein - liegen ja doch fast 1000Jahre dazwischen in denen sich weltanschauungsmäßig einiges verändert hat (z.B.: Aufklärung etc.) (Hoffe mit dieser Formulierung hier niemandes religiöse Gefühle verletzt zu haben.) Vielleich nicht unbedingt das beste Buch, aber zur Ergänzung ganz interessant: Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber von Amin Maalouf
 
Auf einer monokausaler Ursache der Kreuzzüge oder gar Beweggründe der Teilnehmer will ich ja nicht raus. Nur sollte man die religiösen Beweggründe deutlich stärker gewichten, bzw. sogar deutlich in den Vordergrund stellen. Bei einer Sicht als ein „moderner Krieg“, also Macht, Politik, Landgewinn, Wirtschaft usw., entspricht mir die Sicht eines Menschen des 21. Jahrhunderts. Wie Alex geschrieben hat, war Gott für die Leute damals eine reale Größe und damit gab es auch einen ganzen „Schwanz“ vom Seelenheil, Hölle, Busse, Himmel usw.. Für einen Europäer im Jahr 2014, nach der Reformation und Aufklärung, kaum nachzuvollziehen das dies für die Menschen damals alles wirklich war und nicht nur ein theologisches oder psychologisches Gebilde bzw. Einbildung.
 
Für einen Europäer im Jahr 2014, nach der Reformation und Aufklärung, kaum nachzuvollziehen das dies für die Menschen damals alles wirklich war und nicht nur ein theologisches oder psychologisches Gebilde bzw. Einbildung.
Nun,für mich als überzeugten Katholiken sind Himmel und Hölle auch real und wirklich vorhanden allerdings nicht in dem Sinne-- um Fragen,die kommen könnten vorwegzunehmen --,dass ich überzeugt bin,dass jemand von Gott mit "der Hölle bestraft wird" (und diese Überzeugung gab es zeitweise im europäischen Mittelalter)---aber das ist eine andere Debatte und daher hier :eek:ff2 ! Persönlich sehe ich es auf Grund meines bisherigen Wissens so,dass die beiden ersten Kreuzzüge eine religiös-politische Mischung waren. Unter Karl Martell waren die Muslime bereits auf fränkischem Gebiet zurückgedrängt worden als sie dieses erobern wollten,als der Hilferuf kam,den Christen im Heiligen Land zu helfen,nahmen viele Menschen diesen Hilferuf ernst,auch aus echter Glaubensüberzeugung,immerhin ging es darum,den Christen vor Ort wieder die heiligsten Stätten zugänglich zu machen. Etwas anderes ist die Tatsache,dass damals manche Kreuzzugsteilnehmer bereits auf dem Weg nach Palästina z.B. jüdische Gemeinden überfielen und die Gläubigen niedermetzelten (z.B. Worms oder Mainz),allerdings gegen (!) den Willen der Kirche.
 

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