Das Verlies

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Auria

Well-known member
Registriert
29. März 2010
Beiträge
53
Reaktionspunkte
7
Ort
31311 Uetze
Ein Schweißtropfen fiel auf die Steine der Fensteröffnung, zersprang dort und verdunstete langsam.Die Sonne stand noch nicht ganz hoch und es würde wieder ein heißer Tag werden. Ein weiterer heißer Tag in dem Verlies hoch oben im Turm. Außer den beiden stummen Wachen vor der schweren Eichenholztür war bis zum Mittag keine Menschenseele zu erwarten. Das Wasser in der Kanne schmeckte lauwarm und abgestanden. Das Frühstück das aus mittlerweile vertrockneten Brotscheiben bestand, war nicht angerührt. Aus der Fensteröffnung konnte man das Treiben auf dem Hof beobachten. Der Küchenjunge schleppte zwei Holzeimer mit frischem Wasser vom Brunnen weg. Zwei Knaben versuchten sich im Kampf mit albernen Holzschwertern, beobachtet von mehreren Männern die sich Erfrischungen reichen ließen. Ihr Gröhlen und Lachen war bis in die einsame Zelle hoch oben im Turm zu hören. Es wurde fast unerträglich warm in dem winzigen Raum. Ein nasses Tuch im Nacken brachte nur kurz Erleichterung. Die Holzläden an dem kleinen Fenster zu schließen würde die Sonne aussperren aber auch wieder Stille und die Einsamkeit bedeuten. Die Tür knarrte und eine Küchenmagd stellte mit bedauerndem Blick, unter den strengen Augen der Wachen wortlos eine neue Kanne Wasser und eine Schale Getreidebrei mit einem winzigen Stück zerkochtem Fleisch auf den Tisch. Das Frühstück und das schale Wasser nahm sie wieder mit. Die schwere Tür fiel mit einem lauten Krachen zu und der Riegel rastete hörbar ein. Eine Weile noch hörte man die Schritte der Magd, die die lange Steintreppe nach unten ging. Dann war es wieder einsam im Turm. Die Mittagshitze hatte auch die Menschen vom Hof vertrieben und die Stille wurde unerträglich. Hinter den hohen Mauern begann der Wald und die Luft schien über die Bäume zu wabern. Die Schweißtropfen die auf die steinerne Fensteröffnung fielen vermischten sich jetzt mit Tränen. Doch auch diese waren schnell verdunstet. Plötzlich war Geschrei auf dem Hof zu hören. Das große Tor wurde geöffnet und der Graf ritt mit seinem Gefolge ein. Mittendrin sah man eine Kutsche die von 2 schweißüberströmten Rappen gezogen wurde. Eilfertig liefen Dienerinnen herbei und brachten den Ankömmlingen frisches Wasser. Der Kutscher sprang vom Bock und half einer sehr jungen Frau aus dem Gefährt. Der Graf brüllte Befehle über den Hof und sofort kamen die Stallburschen um die Pferde in die Stallungen zu führen. Besitzergreifend nahm er die fremde Frau am Arm und führte sie durch das Tor zur großen Halle.Ute drehte sich um und ließ sich auf die Holzpritsche fallen. Tränen liefen über ihre Wangen. Er hatte sich eine jüngere Frau ins Haus geholt. Sie würde hier oben vergessen werden und irgendwann zugrunde gehen. Auf die Hilfe der Kirche konnte sie nicht zählen. Der Bischof war von ihm bestochen worden. Ihre vertraute Kammerzofe Phye hatte sie nicht mehr wiedergesehen. Wahrscheinlich hatte er sie umbringen lassen um sie zum schweigen zu bringen. Niemals hätte sie es für möglich gehalten daß der Mann den sie liebte ihr so etwas antun könnte. Tagelang hatte Phye sich nicht unter Menschen getraut, aus Angst daß man sie suchen könnte. Ihr Gesicht und die Kleidung waren schmutzig da sie seit einer Woche durch den Wald lief und sich von den Wegen fernhielt. Das wenige Essen daß sie mitgenommen hatte war verspeist und ihr Magen knurrte. Der Hunger ließ sie nun die Nähe einer Siedlung suchen. Ein paar Äpfel die an einem übervollen Baum am Wegrand hingen ließ sie in ihrer Schürze verschwinden. Der Duft von frisch gebackenem Brot krampfte ihren Magen zusammen. Dort lagen einige Laibe zum abkühlen auf einem Tisch vor einer kleinen Hütte. Sie sah keine Menschenseele in der Nähe und griff schnell zu. Da knarrte eine Tür und sie lief mit gerafften Röcken fort. Erst als Phye ausser Sichtweite des Hauses war ließ sie sich völlig ausser Atem hinter ein Gebüsch fallen. Als sie wieder Luft bekam biss sie hungrig in das warme Brot. An einem kleinen Bach in der Nähe stillte sie ihren Durst.​
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danach ruhte Phye sich etwas aus und überlegte. Sie musste das Gebiet des Grafen verlassen und die Eltern ihrer Herrin verständigen. Solange sie in der Nähe der Burg war wäre sie in Gefahr von seinen Häschern gefangen zu werden. Er würde sie umbringen damit keiner erfuhr daß er seine Frau aus dem Weg räumen wollte. In einer Kammer im Turm hatte er sie eingesperrt und es war nur eine Frage der Zeit wann sie sterben musste. Eile war also geboten. Sie raffte ihre Kleider und lief weiter. __________________________________________________ Nach einem unruhigen Schlaf wachte Ute in ihrem Verlies auf. Der Kopf schmerzte ihr, und Durst plagte sie. Sie trank etwas von dem abgestandenen Wasser und merkte beim einschenken des Bechers daß etwas in dem Krug lag. Sie fischte ein Messer heraus. Es war also jemand auf der Burg der ihr helfen wollte. Schnell versteckte sie das Messer in einem Mauerspalt hinter ihrer Schlafstatt. Da knarrte die schwere Eichentür und die Küchenmagd brachte frisches Wasser und Einen Teller mit Brot und etwas Käse. Kurz sahen sie sich an und Lene die Magd zwinkerte ihr zu. Dann war sie wieder verschwunden und die Wachen zogen die Tür mit einem Knall zu. Ute bezweifelte daß Lene allein ihr zur Hilfe eilen wollte. Sie war nur eine Küchenmagd und hatte nicht viele Möglichkeiten. Da musste noch jemand anderer seine Hand im Spiel haben.
 

Neueste Beiträge

Oben