Den 'Wert' von Gegenständen zur damaligen Zeit beziffern?

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Hendrik1975

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Hallo zusammen! Die Fundlage in den Gräbern spiegelt ja mit großer Wahrscheinlichkeit nur sehr unzulänglich den üblichen Alltag der Menschen wider. Bestattung also meist höherwertiger als im normalen Leben. Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte dafür, was manche Gegenstände für einen ungefähren Gegenwert hatten? Was war beispielsweise eine einfache geschmiedete Gürtelschnalle oder Fibel wert, und was deren 'schönere' Pendants, wie sie heute als Repliken verkauft werden? Was mußte man tun, um einen Meter Brettchenborte zu bekommen? Wie lange musste man schuften, um sich eine Messerscheide mit Beschlägen leisten zu können? Vergleiche wie 'ein Schwert war 12 Ochsen wert' und dergleichen gibt's viele. Aber gibt es sowas auch für Alltags-Gegenstände?
 
Hendrik das geht doch garnicht, als Beispiel nur das Schwert. Wie definierts du ein Schwert? Das "normale" Schwert ,also einer Norm entsprechend, gab es nicht auch wenn es einige ähnlich gibt. Wie muss es gestaltet sein um vergleichbar zu sein? Die idividuellen Punkte sind viel zu vielfältig und dann noch geschmacksabhängig.
 
Eine solch idealtypische Tabelle wird wohl kaum jemand allgemeinverbindlich für alle Epochen u. Regionen aufstellen können. Das scheitert schon an der nicht vorhandenen einheitlichen Währung durch die Zeiten u. Länder / Gegenden. Wenn Du so etwas suchst - schau mal in den verschiedenen Pen & Paper - Rollenspielen nach. Da haben sich Enthusiasten für das jeweilige Spielsystem schon mal Gedanken gemacht. Wenn Du es historisch nach "Wertigkeit", unabhängig vom monetären Wert, einstufen möchtest, schau für Kleidung z. B. in die verschiedenen Kleiderordnungen. Da ist nach Ständen geordnet. Im Sachsenspiegel sind nach meiner Erinnerung Beträge in damals geltender Währung genannt, um sich von begangenen Taten loszukaufen. In Publikationen wird zum FrühMi immer wieder gesagt, dass z.B. ein Perlrandbecken als Grabbeigabe ein Indiz für eine Hofherrin war, einer Wirtschafterin gab man oft eine Flachsbreche mit etc. Geschichte u. Archäologie eignen sich nach meinen Erfahrungen nicht für ein schnell verfügbares Schwarz-Weiss-Denken. Hab Geduld, such Dir Quellen, gockele vielleicht verschiedene Begriffe, und falls Du neue Erkenntnisse hast teil sie im Forum ^^
 
Regia Anglorum hat da ein praktische Zusammenstellung von Preisen aus diversen Quellen: https://regia.org/research/misc/costs.htm Natürlich alles mit Skepsis und maximal als ungefähren Anhaltspunkt zu betrachten. Und eine Frage: warum sollen Bestattungen üppiger als die Ausrüstung zu Lebzeiten gewesen sein?
 
Und eine Frage: warum sollen Bestattungen üppiger als die Ausrüstung zu Lebzeiten geweNun bin i
Nun bin ich auf dem Gebiet alles andere als ein Experte,aber ich denke wenn z.B. ein Edler beigesetzt wurde,dann gab man ihm als Grabbeigaben mit,was auch im irdischen Leben wichtig war.
 
Nib - schaut man sich heutige Bestattungen an, wird da oft über die Verhältnisse "gelebt", hauptsache man steht nicht geizig da. Sarg aus Edelholz, teure Beschläge, tolle Grabstelle, ein Meer von Blumen, ein stattlicher Leichenschmaus ... nicht immer aber in machnchen Kreisen. Nicht selten auf Pump. Das wird damals evtl auch so gewesen sein. Vor allem wenn öffentlich aufgebahrt wird.
 
@nib Weil es allgemein so angenommen wird. Zugegeben, meine Formulierung war nicht ganz korrekt. Sie hätte lauten müssen 'besser als im Alltag vielleicht üblich'. @Wolfram von der Oerz Ich weiß, es gibt auch nicht 'das eine' Auto. Natürlich ist es immer eine Spanne von - bis. Geht mir eher um eine relative Einschätzung. Zwei Bespiele, was ich meine: In Haithabu wurden im Hafen zig Schuhe gefunden. Nur wenige davon geflickt oder ausgebessert. Daraus kann man gut ableiten, dass es sich bei den (meisten) Schuhen um einen Gegenstand gehandelt hat, der nicht exorbitant teuer gewesen sein kann. Vergleichbar vielleicht heute mit einem 30-€-Treter von Deichmann, den man auch nicht zum Schuster bringt, weil es nicht lohnt. Auf der anderen Seite wurden in vielen Gräbern Alltagsmesser gefunden, die sehr stark abgenutzt waren, und die deutliche Spuren von langjährigem Nachschleifen zeigen. Ergo - ein Messer war erheblich wertvoller als ein Schuh. Um solche Relationen geht es mir bei meiner Frage, nicht um absolute (und regional / zeitlich eh völlig verschiedene) Werte.
 
Grabfunde sagen nur aus, das es die Gegenstände gegeben hat. Rückschlüsse über den sozialen Stand eines Grabfundes sind mit sehr viel Spekulation verbunden. Beispiel: Wenn ein Dorfsuffkopp sich zu Tode gesoffen hat und als Beigabe 4 Gefäße mit Metresten gefunden wurden, könnte es dann nicht sein, das dieser mit dem Gedanke "Er soll sich mit dem Met in Wahalla auch die Birne zu kloppen" bestattet wurde? Oder war er ein Methändler? Wenn einer mit wenigen Dingen beerdigt wurde, weil die Angehörigen besseres mit den Gegenständen zu tun wussten, frei nach dem Gedanken „Soll er doch in Wahalla zurechtkommen was er jetzt hat, er hat uns ja auch nicht viel gegeben. War er dann zu Lebzeiten finanziell ein armer Mann? Wenn einer mit vielen Beigaben bestattete wurde, weil er schon zu Lebzeiten ein herzensguter Mensch zu seiner Umwelt war und das bischen hergegeben hat was er besessen hat. Und deshalb von seinen Mitmenschen mit viel Grabbeigaben verehrt wurde, frei nach dem Gedanken „Er soll wenigstes in Wahalla ein gutes Leben führen können. War er dann finanziell zu Lebzeiten ein reicher Mann? Sicher gibt es auch sehr viele standesgemäße Bestattungen, aber wer weis welche Bestattungen es denn genau waren?
 
@Hendrik1975 Bitte um Quellen zu "es wird allgemein so angenommen". Lt. Ibn Fadlan wurde das Vermögen des (wohlhabenden) Toten zu drei gleichen Teilen verwendet für:
  1. Erbe
  2. Totenkleidung (vermutlich inklusive Beigaben)
  3. Alkohol fürs Begräbnis
Klar, das beste vom besten, aber seinem Vermögen entsprechend. Sagas machen ebenfalls klar, dass man nicht mit irgendeinem Schwert, sondern mit seinem persönlichen Schwert begraben wurde. Nichts davon ist übertrieben verlässlich oder aussagekräftig, aber mir persönlich mehr Wert, als Vergleiche mit heute.
 
@Ulf - perfekt auf den Punkt gebracht. Wenn's nur nach Grabbeigaben ginge, würde in unserem heutigen Alltag auch jeder Mann im Anzug ohne Unterwäsche rum laufen, und niemand trägt Uhren, Brillen, oder Handys ;-)
 
Diese Vergleiche mit heutigen Bestattungen sagen gar nichts. Wir machen den Toten fürs Begräbnis nochmal schön, wir geben ihm nicht persönliche Gegenstände oder sonstige Beigaben mit, in dem Glauben, er würde sie ins Jenseits mitnehmen können.
 
@nib "Klar, das beste vom besten, aber seinem Vermögen entsprechend". Da müsste ich jetzt im Gegenzug auch nach einer Quelle fragen. Mit fortschreitender Christianisierung wurde zunehmend auf Grabbeigaben verzichtet. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Tote im Leben weitestgehend besitzlos war? Die Angabe von Ibn Fadlan ist auch nur relativ zu sehen. Für 1/3 des Besitzes kann man haufenweise wertlosen Plunder mit ins Grab legen, oder wenige ausgesuchte wertvolle Gegenstände. Ulf hat es treffend formuliert. Die bloße Existenz einer Grabbeigabe sagt streng genommen nichts über dessen Beziehung zum Toten aus. Siehe dazu auch die sehr kontroverse Diskussion über die Wikinger-Kriegerin... Grabbeigaben sind ein extrem spannendes Thema, führt aber jetzt gerade sehr weit von der eigentlichen Fragestellung weg...
 
@nib zu Deinem letzten Beitrag: schriftliche Quelle dazu? Klar, WIR wissen das HEUTE. Was ist in 1.000 Jahren? Wo finden die Archäologen dann diese Info? Weiß man jetzt schon, was die für Mutmaßungen über unsere Bestattungsrituale anstellen?
 
So was wie der moderne Big-Mac-Index oder die Koku des feudalen Japan (Quelle für beide: Wikipedia.de) wäre natürlich nett, um Gegenständen Vergleichswerte zuzuordnen, aber das würde nur für zeitlich und räumlich sehr eng eingegrenzte Betrachtungen funktionieren. Wenn in diesem Jahr ein Laib Brot (um mal ein beliebiges Vergleichsobjekt zu wählen) billig zu haben war, ist er nach der nächsten Missernte mehr oder weniger unbezahlbar, und für einen Handwerker im Island des 10. Jhdt. dürfte der Wert ein ganz anderer gewesen sein als für einen St. Gallener Mönch des 15. Jhdt.. Eine Liste würde sinnvollerweise also nur für eine sehr spezielle Fragestellung (Zeit/Ort) gelten, alle anderen Zeiten/Orte bräuchten eigene Listen. Wozu sollte eine solche Liste aber auch gut sein? Um daraus abzuleiten, was ich mir für meine Darstellung leisten kann? Dann müsste man zuerst mal das verfügbare Einkommen kennen, was genau so schwierig sein dürfte. Und Preise (also die Frage, was man bezahlen kann) sind da ja auch nicht alles, gesellschaftliche Normen (was man sich leisten muss oder nicht benutzen sollte/darf) spielen da genau so eine Rolle. Da helfen andere Quellen (was hat eine vergleichbare Person nach Quellenlage benutzt/besessen?) sicherlich besser weiter.
 
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@nib "Klar, das beste vom besten, aber seinem Vermögen entsprechend". Da müsste ich jetzt im Gegenzug auch nach einer Quelle fragen. Mit fortschreitender Christianisierung wurde zunehmend auf Grabbeigaben verzichtet. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Tote im Leben weitestgehend besitzlos war?
Quelle steht eh da - Ibn Fadlan. Über meine Interpretation können wir gerne diskutieren, nachdem Du mir deine Quellen genannt hast. Sonst fehlt hier irgendwie die wissenschaftliche Basis. Keine Beigaben durch Christianisierung? E x a c t l y. Also sinnlos, unsere heutigen, christlichen Rituale auf die Wikingerzeit zu übertragen.
 
So, mein Senf dazu... Gemessen wird sowas immer an der Kaufkraft. Schwierig wenn man nicht weiß wie damals die Preise waren... Gehen wir also nicht so weit zurück. 1910 ein Glas Bier 25 Pfennig. Wow, billig. Nach der Kaufkraft umgerechnet etwa 3,00 €. Mist genauso teuer wie heute. In früheren Zeiten wird es nicht anders gewesen sein. Einkommen und Preise für Waren des täglichen Bedarfs dürften immer mehr oder weniger ausgewogen gewesen sein. Heißt also, der ganze Krempel war damals genauso billig oder teuer wie heute. Jetzt können wir noch aufdröseln nach Massenware und qualitätvollen Einzelanfertigungen, Luxusartikeln usw. Ist aber müßig.
 
@nib - Inga Hägg, Textilien und Tracht in Haithabu und Schleswig, ungefähr im Mittelteil, wo es um Gräber und Bestattungen geht. Dort schreibt sie, dass die Qualität der Textilien in den Gräbern von Haithabu regelmäßig von deutlich höherer Qualität waren als vergleichbare Stücke aus Hafen und Siedlungsgebiet. Mit dem Schluss auf entsprechende Bestattungsrituale. Dein Ibn-Zitat liegt mir im Original leider nicht vor. Aber nur aus dem von Dir beschriebenen Text geht lediglich eine Dreiteilung hervor, kein direkter Hinweis auf 'nur das beste'.
 
@Wilfried Tenneberg - Sehe ich nicht ganz so einfach, weil da diverse Faktoren mit rein spielen. Beispiel: das Alltagsmesser. Heute durch industrielle Fertigung und günstigen Stahl ein Produkt für den 1-€-Shop. In der Wikingerzeit hingegen war die Stahlerzeugung erheblich aufwändiger und damit auch deutlich wertvoller.
 
Ok, verstehe. Ich denke, dass Du oder Hägg da die falschen Schlüsse ziehen. Hafen: ausgemusterte Alltagskleidung. Gräber: "Sonntagskleidung", womöglich sogar extra für das Begräbnis angerfertig. Aber das bedeutet nicht, dass diese Personen nicht auch gute Kleidung für Feste usw. besaßen. Die Sagas suggerieren, dass man ganz bewusst zu diversen Anlässen bessere (nämlich gefärbte) Kleidung trug.
 

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