Den 'Wert' von Gegenständen zur damaligen Zeit beziffern?

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@Michael-1220 - Dein Einwurf ist interessant und im Grunde sehr berechtigt. Das hatte ich bei meiner Fragestellung in der Tat gar nicht berücksichtigt. So wie heute der Investment-Banker mit Schlips und Kragen auftreten muss, wird es auch bei den Wikis standesgemäße Konventionen gegeben haben (ja, Spekulation ohne Beleg, reine Annahme). Konkret geht es natürlich auch um meine angestrebte Darstellung. Bürger/Händler im soliden gesellschaftlichen Mittelfeld. Nicht übermäßig wohlhabend, aber finanziell gesund aufgestellt. Natürlich KANN ich mir dabei eine vergoldete High-End-Fibel aus Birka leisten - aber war das typisch für die breite Masse mit vergleichbarem Stand? Lamellengürtel aus Gotland? Joa, wäre drin, aber wäre das normal? Heute trägt gefühlt jede zweite 'einfache Darstellung' überall Brettchenborte. Hätte ich das seinerzeit auch so gemacht? Ausreißer nach oben und unten gibt es immer und überall, aber um die geht es mir nicht, sondern um den Durchschnitt, bezogen auf o.g. Darstellung.
 
Zu Ibn Fadlan: "They clothed him in trousers, leggings, boots, a qurçtaq, and a silk caftan with golden buttons, 55 and placed a silk qalansuwwah with sable on his head. They carried him inside the pavilion56 on the ship and laid him to rest on the quilt, propping him with cushions. Then they brought alcohol, fruit and herbs (ray−h¢an)57 and placed them beside him. Next they brought bread, meat and onions, which they cast in front of him, a dog, which they cut in two and which they threw onto the ship, and all of his weaponry, which they placed beside him." 55) The qurçtaq and the caftan are apparently ceremonial insignia, marks of the deceased’s honour, since they were not worn on a daily basis by the Rus. Übersetzung von James E. Montgomery Mehrfach interessant für das Thema, finde ich.
 
@nib Ich möchte Dir nicht zu nahe treten... In fast allen Deinen Kommentaren der letzten Tage hat sich mir regelmäßig der Verdacht aufgedrängt, dass Du die Menschen absichtlich falsch verstehen möchtest. Im Grunde schreibst Du jetzt genau das gleiche wie ich - nur mit einem unterschwelligen 'ich hab Recht, und alle anderen sind doof' dabei. Und ob Frau Hägg nun falsch liegt und Du richtig, oder ob es genau andersherum ist... Jeder sucht sich die Quellen selbst aus, die er für valide erachtet.
 
Schon ok. Will nicht auschließen, dass ich mal was falsch verstehe - habe umgekehrt aber lustigerweise auch oft das Gefühl, falsch verstanden zu werden. Internet halt.
 
Nib ich wollte nicht Deine Belege anzweifeln. Du hast Recht, wir wissen durch Grabfunden welche Gegenstände und Textilien die Menschen hatten. Mein Vergleich mit heutigen Bestattungsriten sollte verdeutlichen wie schwer es ist, eine Bestattung als Grundlage für den materiellen Wert von Gegenständen zu Grunde zu legen. Das Schwert ist sicherlich ein sehr persöhnlicher Besitz, etwas zu dem man eine Beziehung hat. Aber bei den Textilien fällt auf, das sich Webfehler mehren, so als ob man speziell für den Anlass noch schnell produziert hat. Das sagt uns welche Bindungen und Techniken man kann kannte, es sagt uns sehr viel, aber nicht ob zu Lebzeiten diese Dinge ständig getragen wurden oder es es eine mögliche Feiertagstracht war. Man muss in Erwägung ziehen, das ins Grab sehr Geschätzes (Schwert, oder aber liebstes Werkzeug, zB die Spindel die so besonders gut drehte) aber evtl auch Repräsentatives mitgegeben wurde. Hendrik man darf viele Dinge aber auch nicht in Gewicht oder Meter rechnen. Gerade bei den Borten. Da gibt es den handgedengelten Morgan, aber auch den massenproduzierten Dacia unter den Borten. Da kann man schlecht sagen, 1kg Borte war so viel wert wie ein Handwagen Brotlaibe. Techniken, Materialien und Aufwand varieren.
 
Natürlich gibt es bei jedem Produkt eine Spanne von - bis, die auch um mehrere Zehnerpotenzen variieren kann. Das Auto ist da ein gutes Beispiel, Dacia und Bugatti sind schon sehr weit auseinander ;-) Ebenso bei der Borte. Einfache Massenware aus Sklavenarbeit, oder mit Gold und Seide aus Künstlerhand. Das alles folgt der bekannten Gauß'schen Verteilung mit wenigen Ausreißern oben und unten, und einem breiten Mittelfeld. Um genau dieses Mittelfeld geht es mir bei der Frage. Eine 'normale' Brettchenborte bekomme ich im Schnitt für 10-20 € pro Meter. Ja, gibt's auch günstiger, und ja, gibt's auch erheblich teurer. Wollstoff für die Tunika liegt im Schnitt bei 20-40 € der Meter. Auch da mit Möglichkeiten nach oben und unten. Aber der Durchschnitt ist das, was bei meiner Frage im Vordergrund steht. Und auch da wird's früher einen groben Richtwert gegeben haben, was bei einer bestimmten Darstellung in der breiten Masse üblich war.
 
Tut mir leid, falls das wieder übertrieben klugscheißerisch rüberkommt: Bei Borten ist das Problem weniger der heutige oder womögliche damalige Preis, sondern dass Borten ohne Edelmetallfäden selten (oder selten erhalten) sind und Wollborten (oft mit ahistorischen Mustern) im Reenactment überrepräsentiert sind. Wenn man Borten weglässt, macht man weniger falsch. Auch "teure" Produkte können übrigens von Sklaven gefertigt werden, btw.. Der Preis ergab sich wohl oft eher durchs Material. Dass Arbeitszeit einen Wert hat, ist ein relativ junges Konzept.
 
In der Wikingerzeit hingegen war die Stahlerzeugung erheblich aufwändiger und damit auch deutlich wertvoller.
Wo steht das? :) Wie viel kostet heute der Bau eines modernen Hochofens? Wie viel kostet die Gewinnung von Eisenerz und der Transport hierher wirklich? Ist ein 1-Euro-Messer wirklich nur einen Euro wert? Was kosten die Maschinen die die Massenproduktion angeblich so billig machen? Hätte ein Schmied damals so einen 1-Euro-Schrott überhaupt hergestellt? Fragen über Fragen. Lassen wir den billigen Massenramsch aus Fernost usw. mal außen vor. Dann bin ich immer noch der Meinung, die Kosten waren damals genau so wie heute. - Gutes Geld für gute Qualität.
 
Da wir in einer kapitalistischen und gewinnorientierten Marktwirtschaft leben, ist das 1-€-Messer sogar noch weniger wert. Aber nehmen wir ruhig ein 10-€-Messer aus dem regulären Handel. Daran verdient der Einzelhandel, der Großhandel, der Hersteller, die Transporteure dazwischen, usw. Keiner legt drauf, und damit ist auch die Mine für das Erz und auch der Hochofen kein Minusgeschäft. Und wo das steht, dass es damals aufwändiger war? Frag' mal @Xerxes, der schon öfter nach alter Methode Erz gesammelt, verhüttet und verarbeitet hat. Ist minimal aufwändiger, als sich fertigen Stahl zu kaufen und mit der Flex zu einer Klinge zu verarbeiten ;-) Bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
 
@nib Genau das meine ich :) Rein gefühlt ist vieles heute in den Darstellungen überrepräsentiert, weil es leichter (und teilweise auch wahrscheinlich günstiger) verfügbar ist. Materialwert vs. Wert der Arbeitszeit hat sich definitiv in der Neuzeit gewandelt. Bleibt der letztliche Wert am Ende dadurch gleich, oder hat der sich auch angepasst?
 
So, meine Zeitmaschine ist jetzt endlich fertig. Muß nur noch den Karton mit den LC-Klamotten, die Opinels und die Steckstühle einpacken, dann geht's 1200 Jahre zurück... STIMMUNG! :evil: :evil: :evil: :evil: :evil: HELAU! :D ;) :D
 
Gut, vergleichen wir mal Äpfel mit Äpfeln. Ist aber sehr aufwendig. Lassen wir mal den ganzen "Plunder" :) wie Gürtelschnallen, Brettchenborte und Messer beiseite und widmen uns was ordentlichem. Einem Langschiff. Da das wikingeskibmuseet in Roskilde Erfahrungen en masse hat, was den originalgetreuen Nachbau betrifft, sind die Herren dort sicher kompetent genug Vergangenheit und Gegenwart zu vergleichen. Damit meine ich nicht den teuren Transport der Eichen aus Irland nach Dänemark, und auch nicht die Planung des Projektes, sondern reine Material- und Arbeitskosten von heute mit Rückschlüssen auf damals. Die Anfrage beim Museum müßtest Du, lieber @Hendrik1975 schon selber tätigen. Darin sehe ich die derzeit einzige Möglichkeit Preise und Werte zu erschließen und auf andere Dinge der Wikingerzeit zu schlußfolgern. PS: Abgesehen von Sklaven (und auch die kosteten Geld im "Unterhalt") gehe ich mit einigen Meinungen hier nicht konform, Arbeitszeit hätte keinen Wert gehabt...
 
Die Anfrage beim Museum müßtest Du, lieber @Hendrik1975 schon selber tätigen.
und da ist sie wieder die Aufforderung für "blöde" Fragen ein Museum zu belästigen. Die haben ja auch nix zu tun ausser Kärtchen abreißen und warten nur auf so was. :S Oft lässt sich nicht mal die Kaufkraft von historischen Münzen ermitteln, weil selbst die Währungen starken Schwankungen unterliegen. Ich bin mir sicher wenn wir mit Jonny´s Zeitmaschine zurückreisen, lachen die Menschen von damals sich kaputt, wie wir da ankommen, selbst wenn wir LC im Karton lassen und mit den gut recherchierten handgenähten Wollklamotten reisen. Da kommen wir Dienstags Morgens an und tragen den guten Zwirn den man nur zu Festtagen trägt, zusammen mit dem Handwerkszeug + Schwert. Das ist dann evtl so als ob man im Hochzeitsanzug, mit Werkzeugkoffer und Pfefferspray im Anschlag plötzlich auf der Baustelle steht. :thumbup: Das gibt ein großes Hallo. Dennoch machs Alles eine Nr kleiner, ohne Borten, ohne Stickereien, such Dir die Alltagsfunde heraus, also die Lappen die nicht aus Gräbern sondern aus Abfallstellen. Das wird einem Lebensbild näher kommen als eine Grabaustattung.
 
Selbst wenn man den Wert beziffern kann, was sagt das über die Person aus? Habe auch Zeugs, das "wertvoll" ist, ich aber geerbt habe. Schnäppchen erworben, mir Zeug geleistet, das eigentlich jenseits der Vernunft ist und schleife meine täglich zum abhäuten verwendeten Messer bis fast nichts mehr dran ist. Stelle beruflich "Luxusartikel" her und hab eine Sammlung wo meine Kunden auch viel Geld dafür ausgeben. Könnts mir selber wahrscheinlich nicht unbedingt leisten, wenn ichs nicht selber machen würde. Wenn man nun meinen Nachlass dann mal anschauen würde: Wär ich gut betucht gewesen oder doch nicht? Oder nehmen wir zum Beispiel die Belagerung von Parma 1248, Die ausgehungerte Bevölkerung macht einen erfolgreichen Ausfall und erbeutet riesige Schätze. Da verhökert dann ein normaler Bürger eine Reichskrone etc. Plötzlich hat xy Sachen, die er sich nie leisten könnte. Vieles wird eiligst an Händler verramscht, zu Spottpreisen..... Wert zu dem Zeitpunkt: Egal, Hauptsache man bekommt wieder was zu beissen . Wert derselben Sachen heute: Unbezahlbar. Oder Pferde gabs massig. Wert? Manche kaum was, auf der anderen Seite kenn ich eine Burg, die wurde verkauft um einen Hengst. Wert ist eine sehr schwer zu definierende Sache. Habe schon als Gerichtsgutachter den Wert von Sammlungen beziffern müssen. Da rauft man sich die Haare bis man auf etwas kommt, das einigermassen der Sache gerecht wird. Wiederbeschaffungswert? Sammlerwert ? Wert wenn mans schnell zu Geld machen will ? Was hat eine Monalisa für einen Wert? Das bisschen Leinwand und die Farbe ? Was dem Einen etwas wert ist, ist für den Nächsten Plunder. Für frühere Zeiten höchstens feststellbar: Was haben übliche Güter in dem Moment, an dem Ort für einen Handelswert. Korn, Wein und so.
 
Ich bin mir sicher wenn wir mit Jonny´s Zeitmaschine zurückreisen, lachen die Menschen von damals sich kaputt, wie wir da ankommen, selbst wenn wir LC im Karton lassen und mit den gut recherchierten handgenähten Wollklamotten reisen.
Eigentlich wollte ich nur ein paar Gräber mit den Sachen dekorieren... :heupf1
 
@Wilfried Tenneberg - Sorry, aber bei meiner Frage geht es in erster Linie um genau diesen 'Plunder', um die benannten Alltagsgegenstände. Und eben nicht um exorbitant teures Spezialequipment einer kämpfenden Elite.
 
@Silvia - Hinsichtlich der Kleidung bin ich ganz bei Dir. Bleibt nur noch die Frage nach den Accessoires übrig. Hier wird es wahrscheinlich auf Vermutungen hinauslaufen (müssen), was - standesgemäß - gepasst haben könnte. Oder eben auch, was gesellschaftlich vielleicht gefordert war. @Falconer - im Grunde hast Du völlig Recht. Wobei es da ja schon eher um Einzelfälle und Ausnahmen geht, weniger um die Regel. Gerade für eine glaubwürdige Darstellung sollte ja alles einfach und vernünftig erklärbar sein, und nicht auf Biegen und Brechen eine halbseidene Geschichte mit Erbstücken, Raubware und Zufallsfunden zusammen geschustert werden. Deswegen wieder der Bogen zurück zur Eingangsfrage, was üblicherweise und im Normalfall gang und gäbe war. Absolute Werte kann es nicht geben, das steht außer Frage, und das weiß ich auch. Vielleicht lässt sich das alles aber in eine gewisse Relation setzen. Verglichen mit heute - ein gewöhnliches Küchenmesser ist relativ billig, ein Ferrari relativ teuer. Ist eine Messerscheide mit Beschlägen im Birka-Stil eher beim Ferrari einzuordnen, bei muss-ich-halt-mal-drei-Monate-sparen, oder gibt's die beim Händler um die Ecke auf dem Wühltisch? Gleiches bei einer durchschnittlichen Borte, und auch Gürtelschnalle.
 
Für die meisten Dinge ist das extrem schwer zu sagen. Stahl war ziemlich sicher, wie Du schon vermutet hast, viel teurer als in späteren Zeiten. Gegenstände, die nicht unbedingt aus Stahl sein müssen, waren es oft auch nicht - Kochtöpfe z.B. Buntmetall dann natürlich nochmals teurer. Baltische Messerscheiden ("Birka-Stil") waren wohl schon eher für die gehobene Mittelschicht. In Haithabu sieht man - wie bei den Textilien - gut, wie alltäglichere Scheiden aussahen. Borten aus Wolle hätte sich sicher gleich mal jemand leisten können, aber Belege für deren weite Verbreitung fehlen. Also womöglich nicht "modisch".
 
@nib - Klingt nachvollziehbar. Zumal bei den gesamten Metallfunden in Haithabu auch nur eine Charge an Messingbarren dabei war. Das impliziert schon einen gewissen Wert. Bei den Textilfunden im Hafen von Haithabu sind einige Stücke dabei, wo am Saum (lt. Inga Hägg) 'etwas abgerissen wurde'. Sie vermutet, dass es sich dabei um Verzierungen (also auch u.U. Borten) gehandelt haben könnte. Das spricht für einen zumindest erhaltungswürdigen Wert derselben. Ob bei den Hafenfunden auch Stücke mit Borte dabei waren, müsste ich noch mal nachschlagen, das habe ich ehrlich gesagt gerade nicht auf dem Schirm ;-)
 

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