Die Sachsenspiegel und ihre Versionen

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Wilfried

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Da immer wieder behauptet wird, DER Sachsenspiegel sei ein Gesetzbuch aus dem 13.Jhdt und alles, was da in irgendeine Ausgabe stünde , wäre aus dieser Zeit mache ich mal nen neuen Faden auf. Erstmal ganz zu Anfang, Herr Eike von Repgow war Elbostfale und schrieb das Teil wahrscheinlich in Elbostfälisch( Bördeplatt, Magdeburger Platt) Überkommen sind einige Handschriften/Abschriften, die sich inhaltlich zum Teil, sprachlich aber auf jedenfall unterscheiden. Es handelt sich also bei den überkommenen Handschriften nicht um Abschriften im engeren Sinne.Jeder mag jetzt selbst vergleichen: LB Oldenburg: http://www.lb-oldenburg.de/uberlbo/bestand/ssp.htm 1336 erstellt SLUB Dresden: http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/6439/9/cache.off Raum Meißen, 1350 Sachsenspiegel-online, Raum Celle http://www.sachsenspiegel-online.de/cms/ Uni Heidelberg: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg164/ Die späteren Druckversionen in xHochdeutsch etc sind schon mehr gegliedert als diese Handschriften .. Alle beschreiben das Gewohnheitsrecht zu ihrer Zeit, es sind also redigierte Ausgaben und sind deshalb mit Vorsicht zu genießen. So man also eine Hochdeutsche Übersetzung hat, bleibt nichts anderes, als diese Stelle in den Handschriften aufzusuchen und zu überprüfen. Nur als Beispiel: erst 1356 wurde der Markgraf der Mark Brandenburg Kurfürst, Eike kann also diesen Teil im Lehnsrecht nicht geschrieben haben ....
 
Ich kenne mich mit dem Sachsenspiegel nicht aus, aber da ich gerade sehe, dass du aus Niedersachsen kommst - noch bis Sonntag ist im Kloster Wienhausen die alljährliche "Teppichwoche", wo die gestickten Wandteppiche mit persönlicher Führung zu bestaunen sind, und im Zuge dieser Woche stellt dort im Kloster ein Antiquariat viele wundervolle Nachdrucke mittelalterlicher Schriften aus, u.a. einen Nachdruck einer Sachsenspiegelversion aus dem 14. Jh., den man theoretisch sogar kaufen kann.
 
Anni, danke für den Hinweis, aber den Sachsenspiegel, der in Wolfenbüttel liegt, habe ich mit Hilfe eines Mitschölers meinem Lateinlehrer und Deutschlehrer übersetzt ;-) Der sprach einen anderen ostfälischen Dialekt... Ich bin in Braunschweig zur Schule gegangen und wohne im Kreis Wolfenbüttel... Ich gehöre also zu den Glücklichen, die jederzeit in der Bibliotheka Augusta vorbeigehen können.(falls da jemand was möchte ...) Zum Thema, viele lesen ja "Speyghel" als "Spiegel", also als Wiedergabe/Spiegelung des Bestehenden. Speyghel ist am im ostfälischen/Niederdeutschen auch der , sry, Hintern. Wie in Uhlenspeyghel, was nun definitiv nix mit Eule und Spiegel, aber alles mit Handkehrbesen = Uhle und Speyghel Hinterteil zu tun hat. Es handelt sich also um aktuelle Rückschauen auf das Recht, jedenfalls meinte wohl der Herr von Repichau das so ... Dem Namen nach hat er also gültiges, verfestigtes Recht der Sachsen aufschreiben wollen Das Kloster Wienhausen ist aber wirklich eine Reise wert ;-)
 
Die Verweise auf die verschiedenen online-Dokumente ist doch mal ein guter Anfang. Schön, dass Du auch mal was mit Belegen beiträgst. Mir ist jetzt allerdings nicht klar, worauf Du hinaus willst. Ja, die Dinger sind in der Sprache unterschiedlich aber im Inhalt im Wesentlichen gleich. Und wie Du richtig sagst, haben sie den Anspruch, das festzuhalten, was als Recht allgemein anerkannt ist. Damit unterscheiden sie sich ganz erheblich von heutigen kontinentalen oder angelsächsischen Gesetzessammlungen, die festhalten, was der Gesetzgeber oder die Judikative als Recht beschlossen hat (und was durchaus nicht allgemein bekannt sein muss).
 
Tja Eilika, das sehe ich irgendwie genauso wie Du. Was wollte Wilfried uns jetzt damit sagen? Es gibt nur einen Sachsenspiegel Willi, einen. Meinetwegen sage ich einen Ursachsenspiegel, der im Laufe der Zeit ergänzt wurde, mehr nicht. Von Abarten mal abgesehen. Das Martin
 
Zitat von Wilrid:
Anni, danke für den Hinweis, aber den Sachsenspiegel, der in Wolfenbüttel liegt, habe ich mit Hilfe eines Mitschölers meinem Lateinlehrer und Deutschlehrer übersetzt
Ach Du warst das, aber warum kann ich Dich nirgendwo erwähnt finden??? :groehl :kopfstreichel
 
Ulrichson, das haben wir damals ja auch nicht schriftlich festgehalten, warum, es stand ja da und wer lesen kann, naja der ist im Vorteil. Waren ja auch nur ein paar Vokabeln, die er so nicht kannte, den Rest konnte er alleine ;-)
Tja Eilika, das sehe ich irgendwie genauso wie Du. Was wollte Wilfried uns jetzt damit sagen? Es gibt nur einen Sachsenspiegel Willi, einen. Meinetwegen sage ich einen Ursachsenspiegel, der im Laufe der Zeit ergänzt wurde, mehr nicht. Von Abarten mal abgesehen.
Also Martin, gibt es, dank der Abarten, von denen man absehen sollte doch unterschiedliche Ausgaben?? Aber man darf aus den Ergänzungen aus dem 16. JHDT, die man natürlich ohne Vergleiche sofort erkennt, auf den Ursachsenspiegel rückschließen? Dolles Brett, Herr von Repgow starb zwar erst nach 1233, das Kurkollegium trat 1257 erstmals zusammen, aber da hätt er als mindestens 67 jähriger das in sein Buch einarbeiten müssen ... Oder er war Hellseher. Kann natürlich sein, das wir es mit redigierten Ausgaben statt mit Abschriften zu tun haben. Und somit muß man vorsichtig sein, wenn Aussagen in einem Sachsenspiegel von den entsprechenden Gesetzen KdGs abweichen.
 
Stimmt, Wilfried, man muss bei alten Handschriften immer vorsichtig sein und das gilt natürlich auch für Abschriften von Gesetzen. Die Fragestellung ist aber immer was sich im Laufe der Zeit verändert und in welcher Reihenfolge (die einzelnen Exemplare lassen sich ja recht gut datieren), wo sind Einflüsse aus anderen ("Stammes"-)Rechten erkennbar, wo spielt römisches Recht (auch das ist ja dokumentiert) hinein ... Wobei die Einflüsse des römischen Rechts im Sachsenspiegel vergleichsweise gering sind. Sowohl das Verfahren, als auch die Erbfolgeregeln und das Lehensrecht sind originär "germanisch" (so ungenau diese Definition auch ist, in der Rechtsgeschichte dient sie nun mal der Abgrenzung zum römischen Recht). Was ich jetzt nicht verstehe ist der Einwand
da hätt er als mindestens 67 jähriger das in sein Buch einarbeiten müssen ...
Warum nicht, wenn er noch am Leben war? Das Sterbedatum ist - soweit mir bekannt - nicht gesichert. Aber vielleicht bist Du in dem Punkt ja besser informiert? Trotzdem liegt der Denkfehler woanders: Erstmal schließt niemand von Ergänzungen des 16. Jh. auf den Ursachsenspiegel zurück. Das ist eine Unterstellung Deinerseits (die insofern verwundert, weil Du aus viel späteren Erzählungen auf noch frühere Ereignisse zurückschließt, aber das ist hier nicht das Thema, also btt). Zweitens bedeutet die Tatsache, dass 1257 erstmals wieder ein Kurkollegium zusammentrat nicht, dass es nicht schon im Ursachsenspiegel diesbezügliche Regelungen gegeben hat. Die Königserhebung durch Wahl ist schließlich weitaus älter und geht auf Otto I zurück.
 
Ich bin zwar nicht so firm was den Lebenslauf des Autors des Sachsenspiegels angeht, aber ich möchte dennoch eine kleine Randnotiz einwerfen. Ab 1245 - 1273 herrscht im Heiligen Römischen Reich ein Interregnum! 1257, also genau in dem Jahr in dem dieses Kurkollegium aufgetreten sein soll, kam es zur Doppelwahl. Es gab zwei Wahlorte und es gab nur einen der an beiden Teilnahm und somit das Interregnum weiter trieb und das war Ottokar von Böhmen der damit beabsichtigte, dass es zu einer erneuten Wahl kommen würde welche ihn zum König wählen sollte. Hat nicht geklappt, das Interregnum dauerte bis die Habsburgersich durchsetzten und letztendlich eigentlich sogar bis Ottokar in der Schlacht am Marchfeld erschalgen wurde (1278 ). Auf was will der Amici hinaus. Nun die Interregnum-Forschung weißt explizit darauf hin, dass der Sachsenspiegel nicht beschreibt wer eigentlich Wahlberechtigt ist sondern wer es aus Gewohnheitsrecht sein sollte. Was zwie Sachen bedeuten kann. 1. Es gab schon eine Vorversion auf welche sich die Kurfürsten berufen konnten. 2. Die Partei, welche dieses eine (von zwei unterschiedlichen) Kurkollegien abhielt wollte mit der Verifizierung des Sachsenspiegels Stärke und Rechtsanspruch demonstrieren - was schief ging. Keine der beiden Fraktionen (Cornwall - Bruder des englischen Königs vs. Alfons von Kastilien, spanischer König) setzte sich durch weil sich de facto keiner der beiden für das HRR interessierte. England hatte gerade Bürgerkrieg und Spanien ist einfach zu weit weg gewesen um sich für uns zu interessieren. Weiterführend ist aber eines zu bemerken. Die Zeit zwischen 1245 und 1273 ist keine Rechtsfreie Zeit, obwohl kein König irgendwas sinnvolles in dieser Zeit tat. Städtebünde wurden gegründet, Ratsherren gewannen an Macht. Ergo: es ist meiner Meinung nach sehr gut möglich, dass sich Repgow vor 1257 Gedanken über das Ganze gemacht hat. Mich würde übrigens interessieren wo genau dieses Kurtreffen war, damit ich weiß welche der beiden Fraktionen den Sachsenspiegel verifiziert hat. Könnte interessant sein den Sachsenspiegel auf realpolitische Intrigen hin zu untersuchen .... ;)
 
Anni, danke für den Hinweis, aber den Sachsenspiegel, der in Wolfenbüttel liegt, habe ich mit Hilfe eines Mitschölers meinem Lateinlehrer und Deutschlehrer übersetzt ;-)
Ohh....da wollte ich ja Eulen nach Athen tragen..... Da bist du aber wirklich in einer glücklichen Lage!
 
Lieber Wilfried, Auf Deinen Beitrag (Nr. 7) will ich Dir gerne antworten. Und zwar wenn es Dir recht ist, mit einem Haiku (man verzeihe mir, daß ich nicht übersetze): STANDING STILL AT DUSK LISTEN ... IN FAR DISTANCES THE SONG OF FROGLINGS! Buson Wünsche Dir ein schönes Wochenende Uli
 
Nun Amici, das wäre ne Möglichkeit ... Aber nach Ockhams Razer ist wahrscheinlicher, das die "Abschreiber" diesen Teil einfach eingefügt haben, weil es eben zu ihrer Zeit so war ... Die vorliegenden Handschriften sind ja immerhin ~ 100 jahre jünger als das Original, aber alle am Stück geschrieben. Das ist mit den Kurfürsten ist aber nur ein Beispiel, das allerdings sofort ins Auge springt.
 

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