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AvK
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Nichts hat den mittelalterlichen Menschen so beindruckt und geängstigt, wie die Seuchenerkrankungen. Und kaum etwas hat auch in der Geschichtsschreibung so viele Spuren hinterlassen. Ich habe hier eine Begebenheit die sich im Köln des 14.Jhd., während der großen Pest-Epidemie, ereignet haben soll. Ich habe mich hier an einem lateinischen Bericht aus dem Gelenius von 1645 orientiert. Hier also die Geschichte der Richmodis von der Aducht: In Köln lebten im Jahre 1357 in der Nähe des Neumarktes (novo foro) der Patrizier Mengis von der Aducht (oder auch Adocht)und seine Frau Richmodis, aus dem Hause Lyskirchen. Zu dieser Zeit wurde Köln gerade von der Pest heimgesucht und die Zahl der Sterbenden und der Toten wuchs täglich mehr und mehr, so daß man auf lange Begräbnisrituale verzichtete und die Leichen so schnell wie möglich bestatte, um damit die Seuche zu stoppen. Auch Richmodis erkrankte, und kurze Zeit später wurde ihr Tod festgestellt. Mengis war vor Trauer erschüttert, ließ Richmodis aber gemäß des Ratsbeschluß so schnell wie möglich zur Besttattung vorbereiten. Sie wurde im Leichenhemd in den Sarg gelegt aber Mengis ließ, als Zeichen ihrer Liebe, den goldenen Ehering an ihrem Finger. Das sahen natürlich die Totengräber, und Gold ist und bleibt Gold, und sichert das Überleben des Armen. Also beschlossen die beiden in der Nacht das Grab zu öffnen und den Ring zu stehlen. Gesagt, getan, sie öffneten in der Nacht den Sarg, und bekamen den Schreck ihres Lebens, denn die vermeintliche Leiche bewegte sich plötzlich. Was war geschehen ? Richmodis war gar nicht an der Pest gestorben, sondern nur durch ein Fiber bewußtlos gewesen. Da aber alles nach Pest aussah, hatte man die vermeintliche Tote nur oberflächlich untersucht und für die schnelle Bestattung gesorgt. Richmodis jedenfalls kletterte aus dem Grab, und ging, noch im Leichenhemd, auf dem schnellsten Weg nach Hause. An der Haustür angekommen begehrte sie um Einlaß, aber wenn um Mitternacht eine weißgekleidete Gestalt an der Tür läutet und sich als die verstorbene Hausherrin ausgibt, kommt selbst der stärkste Charakter ins Schwitzen und man "vergeht vor Angst" (... timore diffugiunt...). Herr Mengis jedenfalls hielt Richmodis für einen bösen Geist, der ihn in seiner unendlichen Trauer heimsuchen wollte. Richmodis versuchte ihn vergeblich davon zu überzeugen, daß sie lebendig wäre und seine leibhaftige Ehefrau. Darauf hin sprach Mengis die verhängnisvollen Worte: "Es stecken eher meine beiden Lieblingspferde (es waren 2 Schimmel) ihre Köpfe aus diesem Turmfenster hier, als das ihr meine Richmodis seid". Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, als er auch schon ein Poltern auf der Treppe hörte, und kurz darauf schauten zwei weiße Pferdeköpfe aus dem Turmfenster. So erkannte Mengis seinen fatalen Irrtum, öffnete die Tür und beide lebten noch viele Jahre in Glück und Frieden ( ...Richmodis apud Mengim in matrimonio per plures annos fuit...,wie es bei Geleius so schön heißt) Heute noch kann man in Köln an der Stelle des alten Aducht-Hauses einen Turm bewundern, aus dem zwei Pferdeköpfe herausragen, und der an diese Geschichte erinnernt. In der Zeit der Gegenreformation war diese Legende sehr beliebt, und ich habe mal einen typischen Einblattdruck dieser Zeit angehängt, ebenso ein Bild des Turmes.
Quellen: "De admiranda sacra et civili magnitudine Coloniae“von Aegidius Gelenius, Köln 1645, fol 202 ; http://www.archeol.de/wp-content/uploads/2009/06/richmodisturm.jpg ; http://img.geocaching.com/cache/4c4d811c-c7be-4e9a-86a1-db597ccda1ba.jpg