Ehe unter Unfreien

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Tshael

Guest
Hallo, ich lese gerade "Frauen im Mittelalter" von Edith Ennen und bin erschrocken über folgende Textstelle: Gregor von Tours (538/539 - 594) berichtet über einen üblen Grundherrn mit dem Namen Rauching, der die unerlaubte Ehe zweier seiner Unfreien sadistisch bestrafte: "Er (Rauching) habe unter seinen Leuten damals einen Mann und ein Mädchen gehabt, die, wie dies häufig vorkommt, sich ineinander verliebt hatten. Und als sich ihr Liebesverhältnis schon zwei Jahre oder noch länger hingezogen hatte, verbanden sie sich und flüchteten zusammen in eine Kirche. Da dies Rauching erfuhr, ging er zum Priester des Ortes und verlangte, es sollten ihm seine Leute sofort wiedergegeben werden, er habe ihnen ihre Schuld verziehen. Darauf sprach der Priester zu ihm: Du weißt, welche Ehrerbietung man der Kirche Gottes weihen muß; du wirst sie also nicht zurückerhalten können, wenn du nicht dein Wort gibst, daß du ihre Verbindung bestehen läßt und überdies versprichst, sie ohne alle körperliche Strafe zu lassen. Nachdem aber jener lange unschlüssig in seinen Gedanken geschwiegen hatte, wandte er sich zu dem Priester, legte die Hände auf den Altar und schwor: Niemals sollen sie durch mich getrennt werden, sondern ich will vielmehr dafür sorgen, daß sie verbunden bleiben, denn obwohl ich es ungern sah, daß sie ohne Bewilligung von meiner Seite dies taten, ist mir doch ganz recht, daß mein Sklave nicht eines andern Sklavin und sie nicht eines anderen Sklaven genommen hat. Arglos glaubte der Priester dem Versprechen des hinterlistigen Mannes und gab ihm die Leute unter der Bedingung der Straflosigkeit heraus. Nachdem jener sie aber erhalten hatte, dankte er und ging nach Hause. Und sogleich ließ er einen Baum schlagen, die Äste abhauen, den Stamm an den Enden durch einen Keil spalten und aushöhlen, darauf drei oder vier Fuß tief die Erde ausgraben und den Kasten in die Grube senken. Darauf ließ er das Mädchen hineinlegen gleich wie eine Tote, und den Sklaven oben darauf, schloß den Deckel, füllte die Grube wieder mit Erde und begrub sie so lebendig. Ich habe meinen Schwur, sagte er dabei, nicht verletzt, daß sie in Ewigkeit nicht getrennt werden sollen. Als dies dem Priester gemeldet wurde, lief er eilig herbei; und indem er den Menschen schalt, brachte er es mit Mühe dahin, daß sie wieder aufgedeckt wurden. Den Sklaven freilich zog man noch lebendig heraus, das Mädchen fand man aber schon erstickt." Im Übrigen ein sehr interessantes Buch, aber man wird mit Informationen regelrecht erschlagen und ich zumindest kann es nur stückchenweise lesen
 
Phu, das nenn ich mal nen astreinen Exzentriker. Was hat der wohl alles erlebt um so ein Bastard zu werden? *schüttel* Lebendiges Begraben kannte ich in belegter Form bis heute nur als Strafe für Kindesmörder. Ich werd bei meinem nächsten Bibliotheksbesuch mal schauen ob ich da was von Gregor von Tours finde. Netter Beitrag, schaurig aber lehrreich. Gruss Gerry
 
Dieser Gregor von Tours war nur der Berichterstatter (Bischof von Tours, Geschichtsschreiber und Hagiograph). Dieser Rauching jedoch schien nur irgendein grausamer Grundherr gewesen zu sein, jedenfalls konnte ich beim Googeln nichts über ihn herausfinden.
 
Ziemlich brutale Bestrafung. Ich hab im Internet noch nichts finden können zu dem Thema, werde aber weiter suchen. Aber generell waren Ehen unter Unfreien doch erlaubt, oder? Der Gutsherr hat sich bei der Braut "Nur" das Recht der ersten Nacht dann herausgenommen....
 
Ziemlich brutale Bestrafung. Ich hab im Internet noch nichts finden können zu dem Thema, werde aber weiter suchen. Aber generell waren Ehen unter Unfreien doch erlaubt, oder? Der Gutsherr hat sich bei der Braut "Nur" das Recht der ersten Nacht dann herausgenommen....
Savi, das ist auch eine dieser Geschichten des MA, die nicht wirklich belegbar ist in ihrer Umsetzung ;) In der Antike ist mir lebendiges Begraben (besser gesagt Einmauern) noch von den (jungfräulichen) Priesterinnen der Vesta im Kopf. Und nachdem ich grad an keine Literatur komme, weil die irgendwo bereits in einem Umzugzugskarton rumkullert, ... was Ehen zw. Unfreien im Mittelalter betrifft, musste der Lehnsherr doch der Formalität halber zustimmen ehe die Ehe vollzogen wurde. Stimmt meine Erinnerung in dem Zusammenhang???
 
Meines Wissens gab es zwar das "Recht auf die erste Nacht", glaube aber davon gelesen zu haben, dass - man sich davon hat freukaufen können und somit - das recht zu gut wie nie genutzt wurde Kann wer nähere Angaben dazu machen ?
 
Hier wurde das Thema bereits ausführlichst ausdiskutiert: Prima nocte und hier wirds auch kurz erwähnt im Zusammenhang mit der Kirche Prima nocte Und damit wollen wir doch wieder zur Frage zurück kommen, wie weit diese Bestrafung des lebendigen Begrabens praktiziert wurde oder nur eine Legende/Geschichte ist
 
Ziemlich brutale Bestrafung.
Setze nie unser Rechtsempfinden und unsere moralischen und ethischen Vorstellungen mit denen von Menschen vor über tausendvierhundert Jahren gleich. Du wirst da auf keinen Nenner kommen.
Aber generell waren Ehen unter Unfreien doch erlaubt, oder?
Unfreie wurden rechtlich wie Sklaven behandelt. Sklaven durften heiraten aber nur, den/die ihr Herr erwählt hat. Eine freie Wahl war weder erwünscht noch gewollt noch rechtlich möglich. Heute abend schiebe ich die Belege nach.
 
Mich würde eher interessieren woher dieser "Brauch" stammt und ob er überall im christlichen Abendland bekannt und gebräuchlich war. Zum Thema Freikaufen stellt sich mir die Frage wie hoch dieses "Lösegeld" gewesen sein muss. Unfreie waren ja sicher nicht mit reicher Barschaft gesegnet, zumindest nehme ich das mal an. Wenn aber dieses freikaufen soweit ging das allgemein nicht auf dieses Recht bestanden wurde dann steht das für mich grad im Gegensatz dazu.
 
Hab grad oben verlinkten Thread nochmal angeguckt Micha, da wird das Thema "Brautgroschen" etc. auch beleuchtet!
 
Ohne es mit Quellen belegen zu können meine ich, dass Unfreie nur dann Heiraten durften, wenn der Grundherr dem zugestimmt hat und wenn der Mann in der Lage war beide zu ernähren, da ja davon auszugehen war, dass die Frau während eines Teils einer Schwangerschaft für eine gewisse Zeit künftig ausfallen wird.
 
Habs grad gesehen. Hoch Interessant das sogar der lateinische Begriff erst im 17. Jhr. geprägt wurde
 
Unfreie wurden rechtlich wie Sklaven behandelt. Sklaven durften heiraten aber nur, den/die ihr Herr erwählt hat. Eine freie Wahl war weder erwünscht noch gewollt noch rechtlich möglich. Heute abend schiebe ich die Belege nach.
Unfreie/Sklaven wurden zum einen Tieren gleichgesetzt und zum anderen wurde es einem Diebstahl gleichgesetzt, wenn sie getötet wurden (siehe "Lex Salica" eines der ältesten erhaltenen Gesetzesbücher verfasst auf Anordnung von Chlodwig I. 507–511). In dem gesamten Gesetzesbuch gibt es keinen Artikel, in dem Unrecht wie Verstümmelung oder Mord des Herrn an seinen Hörigen geahndet wurde. Der Hörige war Teil der Familie und des Munt des Herrn, es war somit das (gute) Recht des Herrn, seine Unfreien, zu züchtigen, zu vergewaltigen, zu verkaufen und zu verheiraten...
 
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So weit ich mich noch zurück erinnern kann, wurde nur unter den germanen die prima noctes vollzogen, später durch die missionierung durch christliche mönche verdammt, aber selbst im sachsenspiegel nicht unter strafe gestellt wurde. Jedem Lehensherrn war es freigestellt die ehen unter den unfreien zu genehmigen und dessen segen auszusprechen, sofern die trauung von einfachen mönchen vollzogen wurden, dadurch entstanden die verschiedenen ehearten aufgrund der verschiedenen stände in den gesellschaften im mittelalter.
 

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