Fastenzeit ... und ihre Anfänge

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Sigurdur

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Als ich heute dienstlich im ( katholischen ) Amberg Oberpfalz war, saß ich so beim Kaffee in der Pause und lauschte vielen Gesprächen die sich um das Fasten drehten. Ich mache so etwas ja nicht, als zwangsgetaufter Evangelischer. Und den Verzicht bin ich als Beamter sowieso gewohnt. Jetzt dachte ich mir, warum wohl hat die Kirche das Fasten erfunden. Angeregt durch bei Beitrag Getreide im Garten habe ich folgende Theorie : Das Essen war knapp im Mittelalter, die Wintervorräte bald aufgebracht. 4 Wochen vor Ostern, liegt bekanntlich am Winterende ( grob ), war das Essen nahezu leer. Das Volk hungerte und um es ruhig zu stimmen bzw. zu halten wurde wohlmöglich diese " gottgewollte " Fastenzeit erfunden. Verzicht wurde geübt, gab eh nix mehr, und das Ganze in diesem Deckmantel Fastenzeit eingehüllt. Ist meine Theorie zu gewagt ? :wiki3
 
Dieser These würde widersprechen, dass im Judentum zu einer zeit gefastet wird, wo eigentlich Milch und Honig fließen müssen (irgendwann Anfang Herbst?).
 
So gewagt ist die Theorie gar nicht. Ich müsste allerdings bei nächster Gelegenheit meinen Bruder fragen wie das nach aktueller Kenntnis war(studierter Volkskundler, der hat über sowas mal ne Arbeit geschrieben). Ein anderes Beispiel für sowas ist aber die wilde Jagd, die Leute verschleppt die es wagen im Winter weiße Wäsche auf die Leine zu hängen. Tatsächlich sollte es die Leute nur davon abhalten draußen mit Wasser rumzuhantieren, weil man nass in der Kälte krank wird und das in der Zeit vielleicht nicht so einfach überlebt.
 
Die Fastenzeit scheint mir im landwirtschaftlichen Jahresverlauf schon ganz richtig gesetzt zu sein. Die Schlachttermine und Ernten liegen schon länger zurück (Juli bis Oktober, Gänse zu Martini Anfang November), Würste und Geselchtes hat man im Dezember gegessen, geerntet wurde noch nicht, das neue Zeug fängt grade erst zu wachsen an. Ab Februar gibt es im Stall Nachwuchs, dann geben die Muttertiere endlich wieder Milch. Bis aus der Milch Käse wird, braucht es aber noch ein bisschen. Butter, Topfen und Milch gibt es aber wieder. Fisch ist auch verfügbar. Die ersten Lämmer und Ferkel kann man dann zu Ostern schlachten. Bis Ostern sind also nur die Vorräte, die man über den Winter gebracht hat (Lagerobst wie Äpfel und Nüsse, Lagergemüse wie Kraut und Rüben) sowie Milch und Wasserbewohner verfügbar. Wenn man also sowieso schon fastet, kann man auch gleich fromm fasten. Fühlt sich gleich viel besser an.
 
Kurzer Hinweis: die katholische Kirche kennt zwei Fastenzeiten. Einmal vor Weihnachten (war bis 1917 "Pflicht") und vor Ostern. Kurz zum Fasten im Jüdischen Bereich: Im Jüdischen gibt es diverse einzelne Fastentage, die da wären: 10. Tewet (01.01.15), Fasten Esther (04.03.15), 17. Tamus (05.06.15), Tischa Beaw (26.06.). Ich habe mal die diesjährigen Termine dazu geschrieben. Außerdem noch Jom Kippur (Versöhnungstag). Jom Kippur gilt sogar als strenger Fastentag, dass heißt das von Beginn des Festes am Abend bis zu seinem Ausgang am nächsten Abend weder Essen noch Trinken erlaubt sind; auch Körperpflege, mit Ausnahme des Benetzens der Hände und Augen mit Wasser, ist untersagt. Die einzelnen Bedeutungen der Fastentag und ihre Herkunft: Zom Gedaljia (Fasten Gedaljja) Zom Gedaljia ist ein Fastentag am 3. Tischri, dem Tag nach dem zweiten Tag Rosch Haschana . Gedalja Ben Achikam wurde, nachdem die Babylonier 586 v.u.Z. Jerusalem und den ersten Tempel zerstört und einen Großteil der Oberschicht Jehudas ins Exil geführt hatten, zum offiziellen jüdischen Statthalter für die verbliebene Bevölkerung ernannt. In den Augen mancher Juden war Gedaljia ein Verräter und wurde deshalb am 3. Tischri von seinem Rivalen Ismael Ben Netanja ermordet .(Jeremia, 41, 2). Nebukadnezar bestrafte daraufhin das jüdische Volk mit Repressalien. Zu Lebzeiten wurden die Bemühungen Gedaljias um den Wiederaufbau jüdischen Lebens nicht richtig gewürdigt, nach seinem Tod betrauerte man ihn wie einen Helden und begeht seinen Todestag mit einem Fastentag. 10. Tewet Der 10. Tewet ist ein sogenannter kleiner Fasttag zum Gedenken an den Beginn der Belagerung Jerusalems vor der Zerstörung des Tempels. Es ist ein Tag des Kaddisch-(Totengebet) für Verstorbene, deren Todestag man nicht kennt. Orthodoxe Juden, die den staatlichen Holocaust-Gedenktag (Jom Haschoa) nicht akzeptieren, gedenken am 10. Tewet der Opfer der Schoa. Fasten Esther (Taanit Esther) Im Buch Esther wird erzählt, dass die Königin Esther, bevor sie beim König den Versuch unternahm, für die Rettung ihres Volkes aktiv zu werden und sich in dieser Angelegenheit an den König zu wenden, drei Tage lang fastete und dass alle jüdischen Bewohner der Stadt Susa dasselbe taten. Zur Erinnerung daran wird der Tag vor Purim (13. Adar) als Fasttag begangen, der Fasten Esther genannt wird. (Vgl. auch Purim) 17. Tamus Die Mischna, die mündliche Lehre, berichtet, dass im Jahre 70. u. Z. die Römer die Jerusalemer Stadtmauern am 17. Tamus durchbrochen und damit die Eroberung und letztlich Zerstörung des Tempels eingeleitet haben. Mit dem 17. Tamus beginnt eine dreiwöchige Trauerzeit, die sich bis Tischa Beaw (9. Aw) erstreckt. Tischa Beaw Zu Tischa Beaw (dem neunten Tag des Monats Aw) wurden sowohl der Erste Tempel (596 v.u.Z. durch die Babylonier) als auch der Zweite Tempel (70 u.Z. durch die Römer) zerstört. Nach Jom Kippur ist Tischa Be Aw der wichtigste Fastentag im jüdischen Kalender. Im Islam ist es bekanntlich der Ramadan. Natürlich kann man jetzt die österliche Fastenzeit mit den verknappten Nahrungsmitteln in Einklang bringen - irgendwie wird es auch miteinander zusammenhängen. Eine gute Hausfrau war damals, wer seine Familie aber mit Vorräten bis Ostern versorgen konnte. Die Fastenzeit gilt aber auch um sich für Ostern zu reinigen, vorallem wenn man vorher nochmal ausgiebig dem Fasching frönte ;) Köln feiert schon seit dem 14. Jahrhundert Fastelovend ;)
 
Hier gibt es eine meiner Meinung nach recht gute Abhandlung über die Fastenzeit. http://www.oki-regensburg.de/triodion.htm Hier Hinweise auf die Bibelstellen:
Einige Hinweise aus dem NT über das Fasten: Matthäus 4, 2: das Fasten Jesu in der Wüste- ist übrigens auch Vorbild des christlichen Fastens, der österlichen Buß- und Fastenzeit. Matthäus 6, 16 f, 17,21, Mk. 9,29 Lk. 2,37.
Insgesamt dreht sichaber alles nur rund um die Spiritualität, nicht um eventuelle reale Ursachen wie z. B. Nahrungsmangel. In der Antike ist aber auch schon das Fasten bekannnt, obwohl es dort eher ums Heilfasten geht: Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente. Hippokrates von Kos (460 bis etwa 377 v. Chr.), griechischer Arzt, »Vater der Heilkunde«
 

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