Funde von Kleidung mit brettchengewebten Borten?

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Xerxes

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Hi Leute, ich hab natürlich die Suche hier benutzt aber leider keinen passenden Thread gefunden. Ich suche Funde von wikingerzeitlicher Kleidung, die mit brettchengewebten Borten verziert sind. Idealer Weise Links mit Detailfotos aber auch Literaturtips sind mir willkommen... Bei den vielen Borten, die es auf Märkten zu kaufen und auf Klamotten zu sehen gibt, frag ich mich, wie realistisch das ist? Gruß Jannis
 
Jannis Borte wird gerne überbewertet. ;) Man sieht ja auch in jeder Epoche Damastklingen. Viele Borten sind in Einzugsmuster gewebt und einfach nur hübsch, viel Arbeit und Mühe, aber sind nicht authentisch. Einzugsmuster sind Muster die einfach durch unterschiedliche Kettfäden und Drehung der Brettchen entstehen, diese Technik ist noch nicht so alt. So weit ich weiß sind die belegten Muster broschiert, da wird das Muster mit dem Schussfaden gemacht. (einfach ausgedrückt) Beim Osebergschiff gibt es eine Borte, die aber auch nicht direkt an einem Kleidungsstück gefunden wurde : runter scrollen http://hakkon-aetterni.at/Kammweben-und-Brettchenweben (Quelle http://hakkon-aetterni.at/)
 
Im Prinzip ist es so, wie Silvia schon schreibt. Es gibt vor allem in Birka eine Menge Funde, vor allem broschiert. Einzugsmuster (also die üblichen 4 vor - 4 zurück) wirst du keine finden, auch der so sehr geliebte laufende Hund oder Widderhorn ist im wikingerzeitlichen Fundgut nicht vertreten und taucht erst Jahrhunderte später nachweisbar auf. Hier findest du eine schöne Sammlung von Originalen, aber Vorsicht, die gezeigten neuen Bänder sind durchaus nicht alle wikingerzeitlich, sondern zum großen Teil modernen Ursprungs. Pinterest Brettchenborten Wenn du tiefer in die Materie einsteigen willst, kommst du um entsprechende Recherche nicht drumrum. Marled
 
Mal so nebenbei gefragt: Ab wann kommen denn die Einzugsmuster nachweislich auf?
 
Ehrlich gesagt hab ich keine Ahnung, aber aus dem Bauch heraus würde ich mal vom 18./19. Jhdt ausgehen. Einfach Streifen und glatte Flächen kommen natürlich schon früher vor, aber diese typisch bunten Muster, die beim Einziehen der Fäden festgelegt werden ducrch die Verteilung der Farben auf die einzelnen Löcher kenne ich nicht aus den Zeiten davor. Aber wie gesagt, ich bin kein Experte. Ganz in waren sie in den 70er, 80ern als es mal wieder eine Ranaissance des Brettchenwebens gab. Marled
 
Hi, vielen Dank für eure Antworten, das hat mir schonmal sehr geholfen. Also liege ich mit meiner Annahme gar nicht so schlecht, dass die vielen Borten an heutiger wikingerzeitlicher Kleidung eher der Phantasie der Schöpfer entsprungen sind statt auf konkreten Funden zu basieren.
Wenn du tiefer in die Materie einsteigen willst, kommst du um entsprechende Recherche nicht drumrum.
Hmm, ich glaube nicht, dass ich mich tiefer in das Thema einarbeiten möchte. Das überlasse ich lieber Anderen:D Mir geht es eher um so ein grundsätzliches Wissen. Diesen Winter sind wieder ein paar Nähprojekte geplant und ich möchte mich möglichst genau an den Funden bzw. den Rekonstruktionsvorschlägen der Fachleute orientieren. Nachdem was Ihr berichtet habt, werden Borten für mich eher nicht in Frage kommen! Gruß Jannis
 
Nachdem ich ja von dem Textilzeugs (Weiberkram, jawollja!) so gar nichts verstehe: :ups Wie ist denn z.B. die Borte von St. Bertille gemacht? (merowingisch, 7. Jahrhundert) Ich lese da immer nur was von "tablet woven", also brettchengewebt, und kann da als Laie natürlich weder besondere Details aus der Beschreibung herauslesen, noch aus den Bildern heraussehen.
 
Lieber Patrick, die verlinkten Borten sind nicht als Einzugsmuster zu bezeichnen. Unbestreitbar gab es Brettchenborten, aber eben nicht in dieser Technik, die zur Zeit so beliebt ist (und relativ einfach, das kriege sogar ich hin)! Selbst in den Minen der Salzbergwerke zur Eisenzeit sind Brettchenborten nachweisbar als Kleidungsschmuck, aber alle sind in aufwändigen Techniken, wie Köper, Missed hole, Stippentechnik etc. gefertigt. Marled
 
Hallo Marled, die Eingangsfrage war: "Ich suche Funde von wikingerzeitlicher Kleidung, die mit brettchengewebten Borten verziert sind. Idealer Weise Links mit Detailfotos aber auch Literaturtips sind mir willkommen..." Ich weiß nicht was als gängige Borte bezeichnet wird. Je nach Qualität habe ich von Kunstfaser-, Baumwoll- bis hin zu Woll- und Seidenborte viele Unterschiedliches gesehen. Daher fällt mir der Bezug schwer. Patric bitte, den das ist mein Name.
 
Ich weiß nicht was als gängige Borte bezeichnet wird. Je nach Qualität habe ich von Kunstfaser-, Baumwoll- bis hin zu Woll- und Seidenborte viele Unterschiedliches gesehen. Daher fällt mir der Bezug schwer.
Wir sind hier im Bereich "Historische Grundlagen", daher nehme ich an, wir unterhalten uns über brettchen- oder kammgewebte Borte aus passenden Materialien (Leinen, Wolle, Seide, vielleicht noch andere Tierhaare wie Dachs, eventuell auch Goldfäden). Für Nichtweber (wie mich) sind die unterschiedlichen Herstellungstechniken schwer durchschaubar, deshalb hat Marled eingeworfen, dass viele der heutzutage verwendeten Borten nicht in der zeitgemäßen Technik hergestellt sind. Das mag jetzt ein Unterschied sein, der denen, die kaum Ahnung davon haben (wie mir zB) nicht auffällt. Wer sich damit auskennt (wie Marled zB), dem fällt der Unterschied sehr wohl auf. Borte ist nicht gleich Borte, brettchengewebt ist nicht gleich brettchengewebt. Eine gefräste Suppenkelle ist ja auch was anderes als eine geschnitzte Suppenkelle; auch wenn beides Suppenkellen sind, ist die Herstellungstechnik ganz anders. Einem Holzwurm mag das auffallen, einem Koch vielleicht nicht. So ist das auch mit den Borten.
 
Dann stellt sich mir jetzt noch die Frage, wie dramatisch der Unterschied letzten Endes ist. Um das Beispiel mit der Suppenkelle aufzugreifen: Die gefräste Suppenkelle ist zwar anders hergestellt als die handgeschnitzte, aber das fertige Objekt ist nichts ehrenrühriges. Der Darsteller kann problemlos damit seine Suppe rühren, ohne als unhistorisch offensichtlich zu sein. Inwieweit ist denn eine dergestalt "modern" gewebte Borte nun ein darstellerisches NoGo? Was man da so sieht, auch bei dem historisch korrekten Zeugs oder gar den Originalen, ist für mich als Laie optisch nicht wirklich von den Borten, wie sie einem heutzutage auch auf Veranstaltungen, die Wert auf das große "A" legen, regelrecht nachgeworfen werden, zu unterscheiden. Zumindest nach den Bildern. Vielleicht sehe ich das anders, wenn ich so ein Original mal wirklich im Original betrachten kann. Eine Broschierung erkenne ich, wegen der leichten Erhabenheit des Musters. Aber was ist mit den anderen Techniken? Das sieht der modernen Machart eben, wie erwähnt für meine Laienaugen, verdammt ähnlich.
 
Inwieweit ist denn eine dergestalt "modern" gewebte Borte nun ein darstellerisches NoGo?
Dann, wenn der jeweilige Darsteller an sich selbst und seiner eigenen Darstellung einen noch höheren Anspruch stellt. Es geht nicht immer darum, ob man etwas modern hergestelltes "erkennt". :D
 
Und dann möchte ich noch eine Frage an die Fachleute anhängen: Die ersten Antworten haben bei mir den Eindruck erweckt, dass es zwar Funde von Borten an Kleidung gab, dieses aber eher selten vorkam. Nun werden hier immer mehr entsprechende Funde gepostet. Muss ich meine Einschätzung also revidieren? Also, dass es Borten an Kleidungsstücken gegeben hat, steht außer Frage. Aber vielleicht könnten ja die Leute, die sich mit der Materie intensiv beschäftigt haben, eine Einschätzung bezüglich der Häufigkeit machen. Oh, interessant wäre auch, ob man die Verwendung von Borten einer gesellschaftlichen Schicht zuordnen kann? Vielen Dank schonmal, Jannis
 
Borten gab es, das ist jetzt ungefähr so, als wenn wir überlegen, ob es im Thorsberger Moor schon Jeanshosen gab, denn schließlich hat man da eine Hose gefunden, die einer heutigen Jeans (bis auf die Füße) erschreckend ähnlich sieht. Für Leute die sich mit Borten überhaupt nicht auskennen, ist es schwer die Technik zu erkennen und ob es ein Muster gab oder nicht. Das finde ich bei all den Messern die es überall zu kaufen gibt, genau so schwer. Hier hilft wirklich nur, sich über Literatur einen Überblick zu verschaffen und im Zweifelsfall die Borten weg zu lassen. Es geht gar nicht so sehr um, wie wurde es hergestellt, sondern schlicht da drum, das die Muster die man mit Einzug erzielen kann, nicht vor kamen. Wenn man denn eine Borte haben möchte, würde ich im Zweifelsfall nachfragen, was es für eine Technik ist. (da ich die Techniken auch nicht kann, kann ich die auch nicht unterscheiden ) Vermutlich ist es aber wie mit allen Ausrüstungsteilen die exakt passen sollen, da hilft meist extra anfertigen lassen. Bei Schwert und Co läuft es ja auch oft darauf aus. Das Frühmittelalter ist immer noch nicht meine Baustelle, aber so generell behaupte ich das Borten Luxusgut waren. Warum ? Weil man in der Zeit in der man so eine Borte webt, gut und gerne die gleiche Menge Stoff gewoben hat. Deshalb habe ich anfangs behauptet, das Borten überbewertet werden. Borten sind auf den Märkten deshalb so präsent, weil es großen Spaß macht, sie her zu stellen, das hat einen regelrechten Suchtfaktor. :) Und natürlich auch, weil es genügend Leute gibt, die diese Borten kaufen. Die Nachfrage macht das Angebot. @Patric - schicker Avatar, :thumbup: übrigens wenn ich mich jedes Mal ärgern würde, wenn jemand meinen Namen falsch schreibt müsste ich Bluthochdruck Tabletten nehmen. ;)
 
Da viele Birkaborten mit Gold broschiert waren, schließe ich mich da Silvias Schlussfolgerungen an. Das konnte sich nicht jeder leisten! Die Borten aus dem Hochmittelalter waren auch Luxusgut: oft mit kostbaren Bortenstrecken versehen und aufwändigen Schnallen sicherlich kein Allerweltsgut, genausowenig wie die Borten aus dem klerikalen Bereich. Panzerreiter: Viele historische Borten erkennt man daran, dass die Muster sich abwechseln, bei den Einzugsmustern wiederholen sie sich ständig in kurzem Abstand. Geh doch einfach mal hier auf der Seite (Quelle: Steinmaus.de) auf Schnurbindung (=Einzugsmuster) und die anderen Techniken, da sieht man den Unterschied ganz gut. Zu deinem Löffelvergleich: wichtig ist, dass das äußere Bild des Löffels der gewählten Periode entspricht, genauso wie die Keramik in ihrem äußeren Bild passen muss. Du würdest sicherlich auch nicht auf die Idee kommen, für deine Darstellung einen der modernen Kaffeepötte zu nehmen, nur weil sie so schön bunt sind in den Farben, die dir gefallen. Marled
 

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