Gürtel für einen Krämer des ausgehenden 12.Jahrhunderts - Leder oder Stoff?

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Pit der Schreiber

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Ich suche auf längere Zeit noch einen passenden Gürtel für meine Krämerdarstellung. Was ist passender,ein Leder- oder ein Stoffgürtel? Wen ich die Quellen richtig betrachte waren Ledergürtel allgemein in "meiner" Zeit eher ein Attribut bessergestellter Personen (Adelige und Kaufleute),während der "Mittelstand" eher Stoffgürtel trug.
 
meines wissens nach war es eher andersherum, das Ledergürtel, mit verschiedenen Verzierungs-graden, bei so ziemlich allen bis zum Niederadel beliebt waren (und vielleicht sogar an der "Alltagskleidung" von hochadeligen?), und bei den höheren schichten eher gewebte(!) Seidengürtel. Dass ist aber für das 13.jh, ich weiss nicht wie das im 12ten war. Wenn es es genau so war würde ich einen Ledergürtel mit Schnalle und Zunge, vielleicht aus Messing, nehmen.
 
Was ist passender,ein Leder- oder ein Stoffgürtel?
"Die Zeit vom 10. bis späten 12. Jhd. ist eine ausgesprochen "gürtelarme" Zeit. Nur sehr selten findet man Darstellungen von gegürteten Personen. [...] Das änderte sich erst ab dem späten 12. Jhd., als sich auf einmal in den Handschriften die Darstellungen gegürteter Personen häuften (z.B. im Hortus Deliciarum). [...] Auffällig ist, dass die Damen wie Herren durchaus die selben Gürtelformen trugen." [1] "Die Oberbekleidung wurde bei Frauen und Männern mit Gürteln zusammengehalten, bzw. gerafft. Die Gürtel dienten auch dazu, Taschen und Messer daran zu hängen, da Taschen in der Kleidung noch nicht bekannt waren. [...] Nachgewiesen sind Bindegürtel und brettchengewebte Bänder aus textilem Material sowie Ledergütel mit unterschiedlich aufwändig gearbeiteter Schnalle mit oder ohne Riemenzunge. Eine einfache Eisenschnalle mit Dorn war zeitlos und wurde über mehrere Jahrhunderte fast unverändert benutzt." [2] Meine Lektüre bezieht sich fast nur auf höhere Stände, aber ich würde sagen, dass du mit einem einfachen Ledergürtel (je nach "Liquidität" des Krämers evtl. mit schöner Schnalle, verzierter Riemenzunge und evtl. auch Punzierungen des Leders?) oder auch einem gewebten Gürtel, z.B. aus Leinen (mit einem schönen Muster/evtl. in mehreren Farben?) gut angezogen bist. Nicht zu lang, denn er sollte dich nicht bei der Arbeit behindern (und das machen überlange Gürtel defintiv, die hängen immer im Weg herum :D ). An deiner Stelle würde ich mir mal noch die Zeit nehmen und ein paar Bildquellen aus dieser Zeit sichten. Höhere Stände schmückten sich mit überlangen (bis zu den Unterschenkeln, oder in Kniehöhe hängenden) Gürteln, die reich verziert/punziert und Beschlagen waren und über aufwendig getaltete Schnallen und Bleche verfügten. Soweit ich auf dem Stand bin, waren da gewebte Seidengürtel das "Mass der Dinge", aber auch Leder war wohl möglich. [1] Rüstung Gewandung Sachkultur des deutschen Hochmittelalters, von Gösta Ditmar-Trauth, S. 102, 1999, Karfunkel Verlag [2] Praktische Alltagsgegenstände des Hochmittellters, von Stephan Wester, S. 53, 2006, Verlag Barbarsossa
 
Im Hortus delicarium liegt in einer Bild Ecke ein Gürtel der sehr nach Leder aussieht. (ich finde das Bild nicht zum verlinken ) Der Gürtel hat keine Schnalle, 2 Schlitze und 2 kurze Enden die je durch die Schlitze gezogen werden. Er ist in dieser Form gleich 2 x mal im Bild. Auf den Gustorfer Chorschranken tragen alle Figuren Kleidung die blusig über den Gürtel gezogen ist. Den eigentlichen Gürtel sieht man nicht, aber ohne Gürtel bekommt man das nicht hin: http://www.einzigartige-museen.de/wp-content/uploads/2012/10/09_Gustorfer_Chorschranken-1030x536.jpg (Quelle: http://www.einzigartige-museen.de )
 
Die große Frage ist doch, muss ein Krämer repräsentieren? Ich würde sagen, das kommt auf die Ware an. Die Ware des Krämers ist sogenannter Kram. Kram ist zwar heute ein Schwimpfwort für nutzloses Zeugs, war im Mittelalter aber durchaus definiert und zwar als nicht alltägliche Handelsware und ab dem 14. Jahrhundert haben sie dann feste Ladengeschäfte namens Krambuden. Kram sind also zum Beispiel Seidenstoffe aus dem Orient. Siehe dazu zum Beispiel die Carmina Burana, "Krämer gibt die Ware mir, die meine Wangen röte", Kram kaufen ist also schon ziemlich geil. Krämer arbeiten nicht körperlich. Vielleicht wenn sie von Markt zu Markt reisen und daher wandern, aber sie haben immer Gelegenheit sich umzuziehen wenn sie ihren Stand aufbauen. Die Kleidung muss also nicht unbedingt praktisch sein und sollte ordentlich aussehen. Ordentlich heißt aber nicht, dass er seine eigenen Waren tragen sollte. Er verdient Geld indem er Stoffe verkauft, nicht indem er sie selbst anzieht. Broschierte Webgürtel fände ich absolut übertrieben, diese sollten, sofern er welche besitzt, in der Auslage präsentiert und verkauft werden(Eine Art Fernhandelsgildengroßmeister wäre da eine Ausnahme, aber der steht sicher nicht mehr selbst am Markt). Ein überlanger Gürtel aus feinem Leder mit Messingschnalle, punziert oder mit einigen Beschlägen, wäre meiner Ansicht nach weit angemessener. Es sei denn, er verkauft feine Ledergürtel, dann würde ich eher einen unverzierten wählen. Im Hortus Deliciarum gibt es einen jüdischen Händler, den würde ich hier als Vorbild heranziehen. Der trägt eine lange Cotte aus vermutlich dunkel gefärbtem, feinen Wollstoff mit einem Drei-Punkte-Stickmuster und mit Borte an Bizeps und Handgelenk, darüber einen nicht gefütterten Halbkreismantel mit Borte auf der Durchmesserlinie, dazu trägt er einen weißen unbeschlagenen Gürtel. Dieser Gürtel ist vermutlich aus Leder, weil er feste Löcher hat und nicht der Dorn der Schnalle durch das Brettchengewebe geschoben wird. Daran hängt ein unverzierter, ebenfalls weißer Beutel, vermutlich ebenfalls Leder und prall gefüllt mit Geld. Sichtbare Gürtel in der Quelle sind zwar alle weiß, da es aber auch unsichtbare Gürtel gibt(zumindest wirkt es so, wenn die Kittel zwecks Beweglichkeit in selbigen gesteckt werden), gehe ich da eher von einer Besonderheit aus. Womöglich Hirschleder, da dieses aber alleine zu weich ist, eher in mehreren Lagen oder ein festerer Lederriemen in Hirschleder eingenäht. Ich denke damit fährst du ganz gut.
 
Hier das Bild was LotlBotl wohl meint:
d53e49f69dabf411294a3fe7b15214c2.jpg
Quelle: Pinterest
Im Hortus delicarium liegt in einer Bild Ecke ein Gürtel der sehr nach Leder aussieht. (ich finde das Bild nicht zum verlinken ) Der Gürtel hat keine Schnalle, 2 Schlitze und 2 kurze Enden die je durch die Schlitze gezogen werden. Er ist in dieser Form gleich 2 x mal im Bild.
http://www.scmha.fr/publications/hortus-deliciarum Link=Quelle Auf Bild PL.43 liegt links unten auf dem Boden ein solcher Gürtel, meinst Du den?
 

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