R
Roger
Guest
Seit seinem frühesten Auftreten in der Bronzezeit hat das Schwert eine Sonderstellung unter den Waffen: Sein Symbolwert wog zu jeder Zeit seinen praktischen Wert mindestens auf. Der militärische Wert des Schwertes war immer recht bescheiden, während es als Prestige- und Kultobjekt immer hoch im Kurs stand. Die Bronzezeit beginnt im Orient/Kaukasus im 3. Jt. v. Chr.; eigentliche Schwerter findet man ab dem 2. Jt. v. Chr. (Hajdusamson (Ungarn) und Mykene um 1600), in Mitteleuropa ab ca. 1100. Eiserne Schwerter ab ca. 7. Jh. (Hallstatt). Die Schwerter des frühen Mittelaltes unterscheiden sich in der Form kaum vom der Antike / der römischen Spatha: reine Hiebwaffen mit Klingen von kaum mehr als 80cm Länge, der einhändige Griff stabilisiert das Handgelenk. Der Knauf kennt eine grössere Formenvielfalt (Wikingerschwerter). Erst in normannischer Zeit (um 1000) bildet sich aus dem vorderen Teil des Griffs eine Parierstange aus (Schutz der Schwerthand bei Abwehr von Schlägen mit der Klinge). In den Wikinger-Schwertern setzt sich die Hohlkehle durch, eine Rille auf der Klingenfläche, die bei gleicher Stabilität das Gewicht (und den Metallbedarf) verringert. Damaszierte, “wurmbunte” Klingen werden in Europa relativ früh bekannt, bleiben aber wohl immer etwas Besonderes. Im 5. Jh. dankt der Ostgotenkönig Theoderich einem Warnenkönig für Schwerter, die sogar imstande sind Rüstungen zu durchschneiden, und die ich mehr noch ihres Eisens als wegen des Goldes auf ihnen preise. So glänzend ist ihre polierte Klarheit, daß sie mit genauer Deutlichkeit die Gesichter derjenigen wiederspiegeln, die auf sie schauen. So gleichmäßig verlaufen ihre Schneiden zur Spitze, daß man annehmen möchte, sie seien nicht mit Feilen hergestellt, sondern im Schmelzofen geformt. Ihre Mitte, mit schönen Vertiefungen ausgehöhlt, erscheint wie mit Würmlein gekräuselt, und hier spielen so mannigfache Schatten, daß man glauben möchte, das glänzende Metall sei mit vielen Farben verwoben. dieses Metall ist auf Eurem Schleifstein geschliffen und mit Eurem glänzenden Pulver so beharrlich poliert, bis sein stählerner Glanz ein Spiegel der Männer wird. Diese Schwerter sind Offensivwaffen, die mit einem Schild als Defensivwaffe kombiniert werden müssen. In den isländischen Sagas finden sich viele dramatische Schilderungen dieses Kampfstils: Kormakssaga (aufgeschrieben im 13. Jh.; Kapitel 10) [Holmgang: reglementierter Zweikampf mit abwechselnd geführten Schlägen, abgestecktem Kampfplatz (Fell); gekämpft wird nur bis zum ersten Blut: hier unterliegt der Herausforderer, weil er von einem Splitter am Daumen verwundet wird.] Thorgil hielt den Schild seines Bruders, und Thord Arndisarson den Schild Bersis. Bersi schlug zuerst zu und spaltete Kormaks Schild. Kormak schlug nach Bersi mit demselben Effekt. Jeder der beiden zerhackte drei Schilde des anderen. Dann war Kormak an der Reihe. Er schlug nach Bersi, der mit Hviting [seinem Schwert] parierte. Skofnung [Kormaks Schwert] trennte die Spitze von Hviting ab. Die Schwertspitze traf Kormaks Hand und er wurde am Daumen verwundet. Das Gelenk war gespalten, und Blut tropfte auf das Fell. Da traten die Leute dazwischen und beendeten den Kampf. Vom 10. bis im 13. Jh. (Hochmittelalter) dominieren die kreuzförmigen ritterlichen Schwerter. Die Knaufformen variieren zwischen einigen klassischen Typen (Pilzknauf, Paranussknauff, Pagodenknauf, etwas später Scheibenknauf). Die Klinge wird etwas länger, erreicht aber nur in seltenen Fällen einen Meter Um 1300 beginnen sich verschiedene Schwerttypen herauszubilden, die für den Rest des Mittelalters parallel bestehen bleiben. Gründe sind Fortschritte in der Panzerung, verbesserte Schmiedekunst und verschiedene Einsatzbereiche. Das Schwert entwickelt sich von einer (vorwiegend) Hieb- in eine kombinierte Hieb- und Stich- und teilweise in eine reine Stichwaffe. Spitz zulaufende Klingen können Plattenpanzer brechen und erlauben kleinere Knäufe als Gegengewicht; schmalere Birnenknäufe erlauben Greifen am Knauf (Gebrauch zu anderthalb Hand; durch den Wegfall des Schilds wird die linke Hand frei) und verlängerte Griffhölzer echtes zweihändiges Fechten. Die Tendenz zu immer grösseren Schwertern endet um 1500 in den überdimensionierten Bidenhändern der Doppelsöldner. Im ganzen Spätmittelalter bleiben aber auch kürzere Anderthalbhänder als typische Waffe des Adels in Gebrauch. Der Niedergang des Schwerts: Gegen Ende des 15. Jh. beginnt sich das ‘lange Schwert’ explosionsartig zu vergrössern: Im 16. Jh. hielten die Landsknechtregimenter Doppelsöldner, die sich als “Meister des Schwerts” ausweisen mussten und die mit grossen “Schlachtschwertern” ausgerüstet waren (bis 240cm). Hils sieht hier das “unrühmliche Ende” des langen Schwerts: In Waffen, die kaum mehr effektiv eingesetzt werden können, und nur noch Schauwert als Paradierwaffe besitzen. Fechtbücher, die auf Liechtenauers Lehre beruhen, werden noch bis ins späte 16. Jh. gedruckt, aber dann wird das Schwert als Fechtwaffe verdrängt von Rapier, Degen und Säbel, die bis im heutigen Sportfechten Verwendung finden.