Xerxes
Well-known member
Hi, da sich hier in letzter Zeit ja einiges zum Thema Schmieden getan hat, hab ich schon vor einer Weile angefangen mal ein paar Grundlagen zusammenzufassen. Es richtet sich an alle, die mit dem Schmieden von Messern/Schwertern beginnen wollen und ihr handwerk mit etwas Theoriewissen verfeinern wollen. Vielleicht hilft es ja auch dem ein oder anderen, der schon eine Weile schmiedet. Dies ist als reiner Infothread gedacht. Ich möchte es bitte vermeiden, das die einzelnen Artikel durch Diskussionen und Anmerkungen oder Kritik auseinandergerissen werden. Daher hab ich einen Diskussionsthread zu diesem eingerichtet. Diskussionsthread! Jetzt geht es los: 1 – Eine kleine Stahlkunde: Jede metallische Legierung, deren Hauptanteil Eisen ist und die einen Kohlenstoffgehalt zwischen ca. 0,02% und 2,0% hat, kann als Stahl bezeichnet werden. Wenn ein Stahl mehr als ca. 2,0% Kohlenstoff hat liegt dieser bereits im sog. ledeburitischen Bereich und wird somit als Gusseisen bezeichnet und ist so nicht mehr schmiedbar. Allerdings haben schon Stähle mit 1,6% Kohlenstoff ledeburitische Anteile und sind nicht unproblematisch zum Schmieden. Im reinsten Fall bestehen besteht Stahl also nur aus Eisen und Kohlenstoff. Moderne Stähle enthalten allerdings immer noch andere Legierungselemente. Auch die „reinen“ Kohlenstoffstähle haben gewisse Anteile Mangan und Silizium. Neben diesen Hauptelementen können noch eine ganze Reihe verschiedener Legierungselemente wie Chrom, Vanadium, Wolfram usw. beigemischt sein, die sich stark auf die physikalischen Eigenschaften des Stahls auswirken. Für Klingenstähle ist der Kohlenstoff mit Abstand das wichtigste Element. Der Kohlenstoff macht den Stahl überhaupt erst härtbar und damit für Messer/Schwerter brauchbar. Um gehärtet werden zu können, braucht ein "reiner" Kohlenstoffstahl mindestens 0,35 Massenprozent Kohlenstoff. Zum Härten später mehr. Je höher der Kohlenstoffgehalt, um so härter und verschleißfester kann ein Stahl gehärtet werden. Um so härter ein Stahl wird, um so mehr verliert er aber auch seine Zähigkeit und wird spröder. Diese Sprödigkeit kann man in etwa mit einem Feuerstein vergleichen. Dieser Stein ist einer der härtesten Steine der Welt. Bei starken Schlägen zersplittert er allerdings, ebenso, wie ein zu harter und spröder Stahl bei starker Belastung zersplittern würde. Bei Stählen spricht man dann von einer sog. Glashärte. Bei einem Kohlenstoffgehalt von 0,8% hat ein „reiner“ Kohlenstoffstahl sein sog. Eutektikum erreicht. Das bedeutet, dass er gesättigt ist. Im gehärteten Zustand ist im Idealfall der gesamte Kohlenstoff mit dem gesamten Eisen eine Verbindung eingegangen und hat das sog. Martensit gebildet. Martensit ist der Gefügezustand von Eisen und Kohlenstoff, den wir als Härte spüren (dazu später mehr). Hat ein Stahl weniger als 0,8% Kohlenstoff, so reicht der Kohlenstoffgehalt nicht für eine vollständige martensitische Umwandlung aus und im gehärteten Stahl bleiben neben dem entstandenen Martensit noch Reste von nicht gehärteten Eisen und Kohlenstoff (je nach Abkühlgeschwindigkeit kann das Ferrit, Perlit oder Bainit etc. sein. Nicht so wichtig!). Diese Kombination aus nicht gehärteten Eisen/Kohlenstoff und Martensit macht den Stahl besonders Zäh, weshalb Stähle mit zwischen 0,5% und 0,75% Kohlenstoff gerne als Federstähle verwendet werden. Solche Stähle mit weniger als 0,8% Kohlenstoff sind untereutektoide Stähle. Hat ein Stahl mehr als 0,8% Kohlenstoff, so bleibt nach der vollständigen martensitischen Umwandlung beim Härten noch überschüssiger Kohlenstoff vorhanden, der sich im Gefüge des Stahls neben dem Martensit anordnet. Dieser Kohlenstoff liegt dort nicht in Reinform sondern ist selbst eine Verbindung aus Kohlenstoff und Eisen mit erhöhtem Kohlenstoffgehalt. Mann nennt diese Art der Verbindungen, in denen sich Eisen oder Legierungselemente mit Kohlenstoff zu harten „Partikeln“ verbinden Karbide, in diesem Fall also ein Eisenkarbid, das sogenannte Zementit. Wenn Zementit im gehärteten Stahl vorliegt, macht es diesen sehr hart und verschleißfest, gleichzeitig reduziert er allerdings auch die Zähigkeit. Deshalb werden hoch-kohlenstoffhaltige Stähle z.B. für Schneidmesser und Feilen benutzt, die eine hohe Schärfe, Schnitthaltigkeit und Standzeit brauchen, die aber keinen starken mechanischen Belastungen ausgesetzt werden. Solche Stähle sind z.B. für feine Küchenmesser besonders interessant. Kohlenstoffstähle mit mehr als 0,8% Kohlenstoff nennt man übereutektoide Stähle. Neben dem Kohlenstoff haben auch die Legierungselemente gravierende Auswirkungen auf die Eigenschaften sowie die richtige Wärmebehandlung der Stähle. Wie bereits beschrieben enthalten moderne Stähle, auch reine Kohlenstoffstähle, immer geringe Anteile an Mangan und Silizium. In der Regel zwischen 0,3% und 0,5%. Besonders Mangan steigert die Durchhärtbarkeit und senkt die Umwandlungsfreudigkeit der Stähle (außerdem steigert es die Zähigkeit und Schweißbarkeit), was dazu führt, dass sich der Bereich der maximalen und minimalen Abkühlgeschwindigkeit der Stähle beim Härten verschiebt (dazu mehr beim Thema Härten). Das hat die Konsequenz, dass alle modernen Stähle die wir fürs Messermachen verwenden in Öl statt in Wasser gehärtet werden sollten. Das trifft auch auf Stähle zu, die explizit als „Wasserhärter“ ausgezeichnet sind. Diese Angaben beziehen sich in der Regel auf Probewürfel mit einer Kantenlänge von 20-25mm. Bei solchen Querschnitten wäre eine Wasserhärtung angebracht, um eine ausreichende Einhärtung zu erreichen. Bei den geringen Querschnitten, wie sie bei der Herstellung von Messern und Schwertern vorliegen, wäre eine Wasserhärtung jedoch fatal. Die Abschreckung glühender Stähle in Wasser ist um ein vielfaches schneller und schroffer als in Öl. Wenn Stähle jedoch schneller als die jeweilige maximale Abkühlgeschwindigkeit es zulässt, abgekühlt werden, neigen sie extrem zu Rissbildung. Ihr könnt mir da entweder vertrauen oder eure eigenen Versuche mit Wasserhärtung machen. Aber nehmt besser nicht eure besten Rohlinge dafür und jammert nachher nicht rum;-) Wer etwas mehr Erfahrung mit dem Härten hat, kann sich mit einer „fraktionierten“ Härtung, erst in Wasser, dann in Öl, versuchen. Dazu später mehr… Kurze Anmerkung, historische Rennstähle enthalten, anders als moderne Stähle, in der Regel neben Kohlenstoff so gut wie keine anderen Legierungselemente (von Phosphor und Schwefel mal abgesehen, die sind nochmal ne ganz eigene Sache). Das macht diese Stähle sehr „umwandlungsfreudig“ was wiederum zur Folge hat, dass diese Stähle sehr sehr schnell abgekühlt werden müssen damit sie vollständig härten. Bei solchen Stählen ist auch bei dünneren Querschnitten eine Wasserhärtung notwendig. Aber eben nicht bei modernen Stählen… Das Silizium hat einen ähnlichen Effekt wie Mangan, wobei es besonders stark die Zähigkeit und die Federeigenschaften der Stähle begünstigt. Daher wird Silizium vielen Federstählen in höheren Mengen zugesetzt. Zusätzlich hat Si als sog. Karbidbildner noch die Eigenschaft, erst bei höheren Temperaturen in Lösung zu gehen, wodurch die Härtetemperatur von siliziumlegierten Stählen in der Regel höher liegt als die von „reinen“ Kohlenstoffstählen. Was es mit diesen Karbiden und der Löslichkeit auf sich hat kommt später… Außerdem verhindert Si ab einer gewissen Konzentration die sog. Blausprödigkeit… Neben Si und Mg, die in allen modernen Stählen in geringen Mengen vorhanden sind, gibt es noch eine ganze Reihe anderer Legierungselemente. Die Wichtigsten sind Chrom, Vanadium, Wolfram, Nickel, Molybdän, Niob, Titan, Tantal, Kobalt. Auch diese Legierungselemente können mit Kohlenstoff Verbindungen eingehen und ihrerseits Karbide bilden. Das können z.B. Chromkarbide, Vanadiumkarbide, Wolframkarbide etc. sein. Dazu aber mehr unter Wärmebehandlung… Gruß Jannis