Im Löss (oder "unter dem Pflaster" passt hier nicht mehr)

[Finlir]

Vor einiger Zeit habe ich bereits einen Thread "unter dem Pflaster" geschrieben. Nun wollte ich erneut von einer archäologischen Grabung berichten - aber nicht mehr Stadt (deshalb kein Pflaster *juhuu*) sondern Siedlung in der Aue: Löss. Im Medien-Bereich wurden zur Grabung auch schon Zeitungsberichte verlinkt: Zeiteninsel baut auf Mittelalter Nun bin ich derzeit auf dieser Grabung für die Fundverwaltung zuständig und habe in der letzten Woche die Funde aus den besagten Brunnen gewaschen - das fand ich schon beeindruckend: Komplett erhaltene Ofenkachel und einen fast komplett erhaltenen Kugeltopf. Dazu noch größere Bruchstücke von einem Krug (kann man aus mehreren Bruchstücken wieder zu einem guten Anteil zusammensetzen), einem Becherfuß, verschiedenen Wand- oder Randscherben mit Henkel oder Ausguss... Leider stelle ich ja kein MA dar, aber da könnte man direkt in Versuchung kommen den Fundkomplex aufarbeiten zu wollen und natürlich Rekos herzustellen ^^ Neben den Brunnen und vielen Mittelalter-Siedlungsspuren gibt es auch noch Vorgeschichte auf der Grabungsfläche. Da wahrscheinlich einen Übergangshorizont zwischen Bronze- und Eisenzeit. Hoffentlich bekomme ich davon in den nächsten Wochen auch noch ein paar spannende Funde in die Finger oder zumindest spannende Erkenntnisse aus den Befunden! Wie immer: Fragen willkommen. (Detail-)Fotos kann ich natürlich leider keine bieten - die Funde sind ja noch nicht publiziert...

 

[Thorben]

Habt ihr vor nach dem publizieren auch Rekonstruktionen oder zumindest Nachbildungen zu machen?

 

[Finlir]

Bei der Grabung handelt es sich formal gesehen um eine Notgrabung (also Archäologen sichten, dokumentieren und sichern die Erkenntnisse/Funde bevor ein Baununternehmen in den Boden eingreift und die Befunde zerstört). Es ist also keine Forschungsgrabung o.ä. und bisher auch nicht klar wer oder wann das Material bearbeiten/t wird. Da die Funde des Brunnens zumindest regional interessant sind, wird derzeit darüber nachgedacht diese in kleinem Rahmen (also in einem Dorfgemeischaftshaus oder sowas) auszustellen - aber all diese Arbeit wäre ehrenamtlich. Eine richtige Bearbeitung dauert Jahre und kann ja niemand kostenlos durchführen... es gibt einfach niemanden der sowas zahlen würde... Ich hoffe sehr, dass irgendwann im Rahmen des Museums (siehe Artikel) die Möglichkeit bestehen wird Repliken herzustellen - aber bisher ist das Mittelalter gar nicht im Konzept vertreten, es könnte also noch einige (viele) Jahre dauern - die Funde haben alles etwas durcheinander gebracht...

 

[Ephraim Heinrich]

Klingt toll. Schade, dass solche interessanten Funde im Sande verlaufen.

 

[Finlir]

naja, gaaanz im Sande verläuft das natürlich nicht. Dafür sind die Archäologen ja da... die Dokumentation und die Funde werden ans Landesamt weitergegeben. Dann gibt es bestimmt auch einige kleine Vorab-Veröffentlichungen z.B. in der HessenArchäologie oder Vorträge im kleinen Rahmen - wie gesagt sind das ja eher regional interessante Befunde - wir haben ja keinen Kelten-Fürsten oder sowas gefunden Vielleicht gibt es ja sogar mal die Möglichkeit die Mittelalter-Befunde an Ort und Stelle in ein Freilichtmuseum umzusetzen - aber das Projekt verlangt viiiiel Geduld und ein starkes Durchhaltevermögen (des lieben Geldes wegen)...

 

[Ephraim Heinrich]

Okay, dass stimmt schon. Aber da ich ja nicht aus der Region bin, wird mir die Sache wohl weniger leicht zugänglich sein (Anfahrtsweg und so, wird wohl nicht so groß sein das es sich lohnen wird...) Bei uns gibts dafür aber ein Nachbauprojekt eines keltischen Langhauses

 

[Finlir]

Eben. Eine MA-Grabung wird es bestmmt auch bei Dir in der Gegend irgendwo geben Und wenn Du Dir das Zeiteninsel-Projekt mal anguckst, dann haben wir in einigen Jahren hoffentlich rekonstruierte Gehöfte und Häuser aus fünf (bzw. sechs falls wirklich das MA noch dazu kommt) Zeitstellungen 8)