Kreuz mit Christusfigur - ab wann?

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Gesine

Well-known member
Registriert
01. Aug. 2015
Beiträge
323
Reaktionspunkte
166
Ort
84570 Polling
Wir haben bisher ein schlichtes Holzkreuz bei uns im Zelt gehabt. Jetzt haben wir eins bekommen mit Christusfigur. Wir würden das Teil gerne benutzen aber: Ab wann gabs das? In den Kirchen sicher schon früh, aber ich meine als privates Teil. Bzw. wer hatte überhaupt sowas zuhause? Komme da irgendwie nicht richtig weiter. Gesine
 
Ab circa 1000 AD zieht er sich aus…vorher ist er meist mit einer Tunika bekleidet und bekommt dann nur ein Lendenschurz. Dann dürfte bis ins HMA der Viernageltyp vorherrschen. Vortragekreuze sind oft nur mit gravierten Christus und nicht plastisch geformt. Es gibt da einiges an Kreuzfomren und Moden. https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuz_(Christentum). Ich fürchte nur für „Private“ Kruzifixe gibt es wenig, ausgenommen Schmuckstücke für den Hals
 
Ich kenne Kreuze aus dem Mittelalter (ab ca. 1000), die heute noch existieren, nur aus dem sakralen Raum. Vor allem sogenannte Triumphkreuze oder Vortragskreuze (s. Beitrag von Sascha). Bisher ist mir aus privaten Haushalten nichts "über den Weg gelaufen". Allenfalls aus privaten Kapellen von kleinen Burgen - was auch wieder sakraler Raum wäre. Bei Bildrecherchen habe ich bisher nicht so drauf geachtet. Die IMAREAL-Datenbank hat jedenfalls nicht einmal den Suchbegriff. Und auch unter anderen habe ich auf die Schnelle nichts gefunden. Das kaum oder keine Kreuze aus privaten Haushalten mehr existieren muss aber noch nicht heißen, dass es sie nicht gab. Kann einfach eine Frage der schlechteren "Konservierung" sein. Die "Mode" hing natürlich auch mit der Glaubenslehre der jeweiligen Zeit zusammen. Während in der frühen Zeit Christus als König am Kreuz dargestellt wurde (Christus siegt über den Tod/König der Welt) wie bei dem Triumphkreuz im Paulus-Dom zu Münster (http://www.paulusdom.de/kunst/kunstwerke/das-triumphkreuz/ Quelle: s. Link) wurde später das Leid in den Vordergrund gestellt (Christus litt für unsere Sünden) wie bei dem Pestkreuz ebenfalls im Paulus-Dom zu Münster: http://www.paulusdom.de/kunst/kunstwerke/das-pestkreuz/ (Quelle: s. Link). Übrigens ein Vortragekreuz mit Korpus. Noch zwei weitere bekannte Kreuze mit einigen begleitenden Texten: https://de.wikipedia.org/wiki/Gerokreuz (Quelle: s. Link) https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann-Ida-Kreuz (Quelle: s. Link) - Vortragekreuz mit Korpus Ich bin gespannt, was Deine Recherchen noch so ergeben.
 
Such mal nach byzantinischen Kreuzen, diese stammen teils aus dem 10. bis 12. Jahrhundert ... Aber diese gab es eher als umhänge Kreuze. Aber sie sind eine der ersten mit Christusfigur meines Wissens.
 
Diese byzantinischen Umhängekreuze heißen Enkolpion und waren beliebte Souvenirs bei Pilgern. Das besondere ist nämlich, dass die hohl sind und sich eine Reliquie darin befindet. Oder zumindest befinden soll, denn die wurden vernietet um die Reliquie nicht zu verlieren. Ab dem 12. Jahrhundert wurden die unbeliebter, weil Leute zuhause die Kreuzchen geknackt haben nur um festzustellen dass sie leer waren. Später wurden einige Enkolpien mit besonders tollen Reliquien um ein Medaillon erweitert, bis zur Form des modernen Enkolpion der orthodoxen Kirche. Auf den Kreuzen kann alles mögliche sein, ein Kruzifixus, eine Maria, Könige, Heilige... Wegen der Funktion waren sie auch für Anhänger sehr groß und schwer. Aber ob es sie auch als Wandschmuck oder Standkreuz gab? Auszuschließen wäre es nicht, wenn man mal ein besonders großes Stück eines Heiligen erwerben konnte, allerdings waren Enkolpien ja auch zum Tragen direkt auf der Haut gedacht, als magischer Schutzschild sozusagen.
 
Schön - das mit den Enkolpion hab ich noch nicht so genau gewußt. Danke LotlBotl. Über Reliquien und co hab ich mich schon öfter genauer informiert, aber das ist halt ein sehr weites Gebiet. Ich denk auch eher, dass die Menschen die Dinger um den Hals oder zumindest am Körper getragen haben wegen der Schutzfunktion. Ewald: die von Dir angegebenen Links sind hilfreich in der Hinsicht, dass es diese Kreuze vor uns schon gab. Und im gesamten 14. Jahrhundert wohl auch. Bleibt immer noch die Frage, wo.... Kreuze mit gravierter Figur kennen wir. Die gibts immer noch z.B. am Rosenkranz. In Kirchen und Kapellen - auch ziemlich alten (wobei da meist der Altarbereich nicht dem Baujahr der Kirchen entspricht) ist (fast) immer eine Figur am Kreuz. Die Frage ist halt wenn es im 10. - 12. Jahrhundert ,also lange vor uns, Figuren am Kreuz gab, sind die um 1320 noch dran oder wurden die Kreuze erneutert aufgrund natürlichem Verfalls und dann evtl. keine Figur oder eine dem modischen Zeitgeist entsprechende montiert? Die Bewahrung von Kulturgut war ja noch nicht wirklich angesagt im Mittelalter. Da wurde gebraucht und genutzt bis kaputt.... Unsere Überlegung ging dahin: Der Landgraf, unser Herr, in dessen Dienst "mein" Falkner steht ist mit dem damaligen Papst Johannes II. gut Freund, hat ihm eine super Reliquie zukommen lassen und unterstützt später den Erzbischof von Salzburg. Also irgendwie schon kirchlich orientiert und der Zeit entsprechend der Herr. Sein Weib die Landgräfin ist eh sehr fromm (Klostererziehung etc.). Die beiden werden sicher auch "unterwegs" das Gespräch mit Gott gesucht haben und zu diesem Zweck ihren Geistlichen samt Zubehör dabei gehabt haben. Zumindest ich als die Frau des Falkners bin ja auch eine gute fromme Frau.... Also würden wir doch sicher auch das Passende (Kreuz, Kerzen) dabei gehabt haben. Soweit unser Denkansatz. Er sollte allerdings auch wenigstens in etwa (nicht für den Touri - für uns) "richtig" sein. Auf die Idee eine Art "Altarbereich" mit Kreuz und kerzen zu gestalten sind wir eigentlich durch die großen Schauzelte gekommen die sich an belegten historischen Figuren orientieren, in denen es das eigentlich immer gibt. Nur drängt sich da halt auch die Frage auf ob das richtig ist und vor allem richtig gestaltet. Nur weils viele haben heißts ja nicht, dass es stimmt. Ich denk da jetzt mal ganz fies an die Steckstühle :D
 
Ihr müsst ein wneig auf die Form achten. Wie andere schon schrieben gab es ab 1000 schon große Kreuze (Vortrage- oder Altakreuze), auf denen hat Christus mindestens einen Lendenschurz an, eine normale Krone (keine Dornenkrone) auf und hat die Arme rechtwinklig abgestreckt. Der Kopf schaut meist gerade. Ist halt ein "gekreuzigter König". Der romanische Christus sah etwa so aus: http://alben.jubila.de/IS2002/Nordkueste/Akureyri/slides/20020724-144811.JPG Erst in späterer Zeit kommt der immer mehr leidend aussehende Jesus ans Kreuz, der meist den Blick nach rechts unten hat (von ihm aus gesehen), eine Dornenkrone und auch nur noch eine Schamwickel. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/50/Pfronten_St-Michael_Kruzifix.JPG
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wir haben bisher ein schlichtes Holzkreuz bei uns im Zelt gehabt. Jetzt haben wir eins bekommen mit Christusfigur. Wir würden das Teil gerne benutzen aber: Ab wann gabs das? In den Kirchen sicher schon früh, aber ich meine als privates Teil. Bzw. wer hatte überhaupt sowas zuhause? Komme da irgendwie nicht richtig weiter. Gesine
Ich finde, die interessante Frage, welche hier eigentlich ganz am Anfang beantwortet werden sollte, ist: Wie willst du das Kreuz "benutzen"? Zur befriedigung religiöser Bedürfnisse oder als Teil der historischen Darstellung? Wenn es - wie ich vermute - ersteres ist, würde ich dazu raten, komplett darauf zu verzichten und nicht nach lauwarmen Rechtfertigungen zu suchen, warum es womöglich und vielleicht in die Darstellung passen könnte.
 
Mara: das Teil das wir haben kommt dem auf dem zweiten Bild recht nah... Wann kann man die "spätere Zeit" anlegen? nib: wie meinst Du das mit der Befriedigung "religiöser Bedürfnisse"? Und warum lauwarme Rechtfertigung? Ich hab privat damit nicht viel am Hut, und ich habs ja versucht zu erklären warum wir überlegen das Teil zu nutzen. Für uns ist die "Geschichte" die wir darstellen halt wichtig.
 
Mara hat ja nochmal Beispiele genannt, die meinen Beitrag ergänzen. Das Pestkreuz aus dem Paulus-Dom stammt von 1350 und zeigt schon den leidenden Christus. Der gekreuzigte König ist aus der Romanik, der leidende Christus aus der Gotik - ganz grob gesagt. Sicher haben die Menschen immer wieder mal was dem Zeitgeist entsprechendes gewählt. Verrottet sind Kruzifixe eher selten, es sei denn, sie hingen draußen und waren dem Wetter ausgesetzt. Brände und Bilderstürme kommen da schon eher in Frage. Bevor ich mir so "Geschichten" ausdenken würde, würde ich doch lieber nach Quellen suchen. In Museen gibt es zahlreiche kleine "Reisealtäre" in Form von Triptychons, häufig geschnitzt oder Metallreliefs, aber auch gemalte. Falkner hatten die wohl aber kaum dabei. Kreuze zum auf den Tisch stellen kenne ich ehrlich gesagt nur aus den letzten Jahrhunderten - vor allem für den Versehgang des Pfarrers oder im "Herrgottswinkel" alter Bauernhäuser etc. Wie Du schon sagtest, nur weil es viele tun, muss es das nicht gegeben haben. Du wirst wohl an der Quellensuche nicht vorbei kommen. Ich kenne leider keine.
 

Neueste Beiträge

Oben