Mittelalterliche Buchmalerei mit Pflanzenfarben

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faerberpflanzen

Guest
Für die mittelalterliche Buchmalerei (Miniaturen) wurden Farben aus Erden, Mineralien und Metallverbindungen wie z.B. Ocker, Lapislazuli und giftigem Grünspan oder Quecksilber- und Bleiverbindungen, Tieren wie Sepia, Cochenillelaus oder Purpurschnecke und einer Reihe von Pflanzen und Flechten hergestellt. Eine Reihe von Pflanzen fanden in der Buchmalerei Verwendung. Liste von Pflanzenfarben in der mittelalterlichen Buchmalerei
 
Das ist interessant, Eberhard. Erzähl doch mal mehr darüber. Wie kann man sich denn das vorstellen? Wurden die Pflanzen getrocknet, zermahlen und dann mit einer Flüssigkeit vermischt, um damit zu malen? Mit welcher Flüssigkeit? Öl, so wie bei der Taferlmalerei? Oder Eiklar? Oder einfach Wasser? Ach ja, kleiner Hinweis: In der Tabelle auf Deiner Homepage sind die Mohnblumen doppelt drin :cool:
 
Das ist interessant, Eberhard. Erzähl doch mal mehr darüber. Wie kann man sich denn das vorstellen? Wurden die Pflanzen getrocknet, zermahlen und dann mit einer Flüssigkeit vermischt, um damit zu malen? Mit welcher Flüssigkeit? Öl, so wie bei der Taferlmalerei? Oder Eiklar? Oder einfach Wasser?
Hallo Lena, danke für den Tabellenhinweis. Zur Herstellung der Farbe werden die Pflanzenteile augekocht. Dieser Sud wird im Allgemeinen unter Zugabe von Alaun eingekocht und kann dann unter Zugabe von etwas Wasser vermalt werden. Weitere Infos: Pflanzen-Malfarben aus der Küche Malen mit Pflanzenfarben lg Eberhard
 
Geht das dann nur auf Papier oder konnte man damit auch auf Pergament malen? Also die großen Handschriften des Mittelalters - wurden die mit Pflanzenfarben gemacht? Oder eher mit Mineralfarben? Ich könnte mir vorstellen, dass die Pflanzenfarben schneller ausbleichen - stimmt das?
 
Hallo Lena, Mit den Pflanzenfarben wurde auf Pergament und auf Papier gemalt. Die Handschriften des Mittelalters wurden mit Mineralfarben (teilweise giftig: Blei, Arsen, Antimon,..) und Pflanzenfarben gestaltet. Die Pflanzenfarben der mittelalterlichen Handschriften haben sich bis heute erhalten. Bei de Zubereitung der Pflanzenfarben spielen für die Lichtechtheit die ausgewählte Pflanze und die Zusätze eine große Rolle. lg Eberhard
 
Hallo, will mich nicht aufdrängen aber bin vom Fach. Als Kirchenmaler und Buchrestaurator verwenden wir auch heute noch die gleichen Pigmente und Bindemittel wie damals. Es wurden zum malen verschiedene Bindemittel verwendet. Zum einen wurde Tempra hergestellt. Unter zugabe von Ölen - meistens Leinöl wurde die Farbe gebunden und dadurch haftete sie sehr gut auf Pergament, auf Holz und Stein. Desweiteren gab es Kasein. Dieses wurde aus saurer Milch unter Zugabe von Kalk hergestellt. Diese Farbe wurde überwiegend auf Stein, Ausmalung von Kirchen und grundiertes Holz verwendet. Grundiert war das Holz aus mit Kreidegrund - hergestellt aus Kalk und Knochenleim. Diese Grundierung wurde auch zur Polimentvergoldung verwendet. Wer mehr über Vergoldung wissen möchte kann mich gerne fragen. Eine weitere Mischung war mit Ochsenpisse als Bindemittel. Aber die fand wenig anklang und Verwendung
 
Ah, super, noch einer vom Fach!!! Es wurde also bei den Buchmalereien mit Tempera mit Öl (??? verläuft das nicht???) oder Ochsenpisse auf Pergament gemalt? Vöööllig verwirrt. Was ist jetzt der Unterschied zu Tinte? Mit der wurde doch aber geschrieben, oder?
 
Jo66, Du drängst Dich überhaupt nicht auf!!! Oh, ist das mal wieder ein spannendes Thema hier :thumbsup:
 
Ich könnte hier ellenlange Vorträge schreiben. Also eines mal vorweg. man muss unterscheiden auf was geschrieben wurde. Pergament war im Mittealalter das gebräuchliste Material - aber sehr teuer. Papier kam Ende des 14 Jahrhunderts dazu und verdrängte das Pergament. Geschrieben wurde in Scriptorien (Schreibstuben der Klöster), die auch die Bücher einbanden. Anfangs einfach in Pergamenteinbände erst später kamen Holzdeckel und Ledereinbände hinzu. Es gab aber auch schon freie Werkstätten, die aber hauptsächlich juristische Texte verfassten. Dank Gutenberg und der Erfindung des Druckes mit beweglichen Lettern (für mich eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit) wurde das Buch zur "Massenware" Aber jetzt zu den Farben: Im Mittelalter wurde mit Dornrindentinte ,Gallustinte und Russtinte geschrieben. Bei den Farben muss man unterscheiden. Es gibt organische Farben und anorganische. Annorganisch wird aus zermalenen Steinen und Erden gewonnen. Organische aus Pflanzenteilen oder aus tierischen Produkten. Die Bindemittel waren unterschiedlich. Wurde in einem Buch Gold verwendet und sollte dieses Hochglänzend sein wurde vorher Bolus aufgetragen, ein fein zu mahlendes Lehmgestein. Anschliessend konnte man auf den Bolus mit Hilfe von Eiweiss das Gold auftragen und es mit einem Achat auf Hochglanz polieren. In der Buchmalerei verwendete man unterschiedlichste Bindemittel. Hauptsächlich wurde Hausenblase, Eiweiss und gummi arabicum verwendet. Hausenblase klebt sehr gut und geht eine gute Bindung ein, noch heute verwende ich es um Pergament zu verkleben. Hausenblase ist die getrocknete Schwimmblase des Störs. Sie wird ähnlich wie heute Gelantine verarbeitet, also quellen lassen aufwärmen und dadurch ergibt sich eine milchige Flüssigkeit, die man mit den Pigmenten vermischen kann. Eiweiss bzw gefiltertes Eiweiss. Auch heute male ich noch auf diese Art. Eiweiss wird aufgeschlagen. Dann lässt man es stehen und wartet bis sich die Flüssigkeit abgesetzt hat. Diese Flüssigkeit kann man gut mit den Pigmenten vermischen. Gummi arabicum: Es wird aus dem Saft der Akazie gewonnen. An der Luft werden daraus kleine Kristalle, die man in Wasser lösen kann und so ein hervorragendes Bindemittel hat. Noch Fragen - dann fragt mich. Ich bin gerne bereit mehr über meine Arbeit zu erzählen. Ausserdem biete ich auch Gruppen Führungen durch meine Werkstatt an, damit man mal sich ein Bild machen kann von der Buchbinderei des Mittelalters. Auch einige Workshops habe ich schon angeboten. Dort kann sich dann jeder sein eigenes Buch, nach Vorgaben des 14. Jahrhunderts machen. Also mit Holzdeckel und Ledereinband und natürlich handgeheftet. Werde irgendwann nach Weihnachten mal einen hier im Forum anbieten.
 
Noch Fragen - dann fragt mich. Ich bin gerne bereit mehr über meine Arbeit zu erzählen. Ausserdem biete ich auch Gruppen Führungen durch meine Werkstatt an, damit man mal sich ein Bild machen kann von der Buchbinderei des Mittelalters.
Ostbevern, garnicht weit von Dortmund, oberhalb von Telgte (mein Pferd war mal dort in der Klinik) wenn ich es mal zeitlich schaffe, käme ich gerne auf diese Möglichkeit zu.
 
Da puste ich mal den Staub vom Fred. Wenn man sich Farbe gemacht, hat, kann man die aufbewahren, oder trocknet die gleich ein, und es immer nur für den "einmaligem" Gebrauch ? So ganz allgemein gehalten ?
 
Also Ölfarben kann man für gewöhnlich eine Zeit lang aufbewahren, aber möglichst kalt und geschlossen, auch Leinöl kann ranzen. Bei Ei- und Kaseinmischungen muss man alles gleich verwenden, die werden schlecht, liegt glaubich am Protein in diesen Mischungen.
 
Danke Rotschopf. Hast Du auch schon mal was auf Leimbasis gemacht ?
 
Ich habs selbst noch nicht probiert, aber vor. Bei Ei-Tempera kann man z.B. ein wenig Weißwein dazu tun und dann dürfte es nicht schlecht werden. Es gibt ein paar Rezepte in denen Farbe eingekocht wird zu einem Klumpen, das bezieht sich aber denke nur auf Pflanzen. (Auch bei Tinte) Das kann man dann mit Wasser vermalen, also wie eine Art Malkasten. Die Farben wurden ja auch zum Teil in Muscheln angerührt und aufbewahrt. Aber ich habe dafür jetzt leider keinen Beleg zur Hand (bin gerade umgezogen) Ich denke das hängt auch stark vom Pigment ab. Ich hatte mal Eisenoxid-Pigment mit Eiweiß angerührt und fest werden lassen. Da ist nichts schlecht geworden und vermalen konnte man es auch noch. Ich hab mir vorgenommen genau das mal demnächst zu testen. Anrühren und in Muscheln aufbewahren und gucken was davon funktioniert^^
 
Das klingt schon mal prima. Danke schön. Wo ich eigentlich hin will: Bei einigen Knochenarbeiten wird in meinen Quellen auf Farbreste hingewiesen. Es wird ausdrücklich erwähnt das es sich nicht um gefärbtes Wachs handelt, statt dessen wird nur von Farbpaste gesprochen. Mit Farben habe ich mich noch nie beschäftigt und ich dachte zuerst frage ich mal bei den Buchmalern, wie deren Farbe ist. Welche Farbe könnte auf poliertem Knochen halten ? Eine Farbe auf Leimbasis, könnte ich mir schon gut vorstellen. Erhalten haben sich schwarz, Flaschengrün, ein (heute) rostrot und zartrosa. Bisher treibt mich nur die Neugier an, nicht der Ehrgeiz mit malen anzufangen. ^^
 
puh, also is schwierig zu sagen, ich denke, die meisten leimarten halten schon länger, gerade haut- und knochenleim sind ja auf mehrfachzuckerbasis glaub ich, der müsste also immer mal wieder erhitzbar sein. Allerdings bin ich nicht sicher, wie gut der auf glatten oberflächen hält, bei uns stellten sich die leimfarben als sehr schwierig raus und blätterten auf glatten oberflächen (metall, holz, marmor etc) ab. Vollei oder ei-öl-Tempera hab ich als die beste Farbe auf fast allen oberflächen empfunden und man muss ja nicht gleich das ganze ei anrühren, sondern kann stück für stück neu anrühren von den Pigmenten. Gutes hab ich aber auch schon von Kaseinfarbe gehört, die wurde allerdings bei mir immer blättrig auch, glaube allerdings, dass es am mischungsverhältnis lag. Bei Eiweiß allein hätt ich jetz auch nicht solche Bedenken, dass es schlecht wird, und wenn mans noch vermalen kann, wie elisabeth sagt, das wär ja super. Aber bei Vollei hätt ich Bedenken.
 
Silvia, womit hast Du poliert? Saugt der Knochen noch Flüssigkeit oder nicht?? Und wenn ja , wieviel? Saugt er kaum bis garnicht, wird aber von Wasser benetzt, wäre ein Versuch der Färbung mit Tinten an einem Probestück angezeigt. Ansonsten eben Tuschen, da da zwar das Lösemittel, aber nicht die Pigmente einziehen. Fixieren eventuell, ebenfalls Probieren, mit Hautleim, aber der muß WARM sein ( einfache Gelatine ist Schweinehautleim). Diesen dann Dünn auftragen, ohne zu Wischen. Ansonsten eben Ei-Tempera (Leinöl, Ei, Wasser als Binde/Lösemittel mit aufgeschwemmten Pigmenten) oder Kaseinfarbe (Kaseinleim mit aufgeschwemmten mineralischen Pigmenten oder durch Färbepflanzen gefärbt) Man kann zwar auch Haut/Knochenleime bis auf Zimmertemperatur durch Essig? flüßig halten, aber das taugt hier sicher nicht. Die kann man allerdings mit allem einfärben, was auch Wolle färbt und was sich bis ° 60° C nicht verändert (Verarbeitungstemperatur von Hautleimen) Ist die Oberfläche Fettig, sprich , wird von Wasser nicht benetzt, geht nur Ei-Tempera, das sich das Öl dann mit der Oberfläche verbindet und anschließend verharzt (Sauerstoff + UV Strahlung) Bei allen selbstgemixten Sachen besteht aber immer die Gefahr, das der umgebende Knochen verfärbt :-( Weswegen ich bei nach dem Aufleimen von Knochenoverlays Weißleim nehme und hinterher eben die gelbliche Verfärbung durch die Öle beim Finisch in kauf nehme. Knochen, gebleicht, verhält sich jedenfalls Farben gegenüber gelegentlich anders als Rohhaut (Pergament) und Holz
 
Wilfried, es geht darum zu ergründen womit das damals gemacht wurde, nicht wie ich es heute machen könnte. Ich will ja gar nicht und es gibt auch noch kein Werkstück dazu. Danke schön Rotschopf. Du hast da schon einiges probiert, finde ich gut !
 
Da bleibt bei Farbpasten und Pflanzenfarben ??? Nur eine Art von Eitempera über. Jedenfalls bis zum 14.-15. Jhdt. Vorher gabs , nach Netzrecherche, keine Ölfarbe. Und Kaseinfarben sind nun mal alkalisch und schrumpfen mit der Zeit sehr stark Und bei Pflanzenfarben nur die, die auch pflanzliche Stoffe färben (also die mit Pigmenten drin) In der Burg Dankwarderode hängt ein Bild in Temperatechnik aus ähnlicher Zeit, Tempera auf Holz ohne die für die anderen Techniken so typischen Risse. Sehe ich mir Dein Kästchen an, so ist der Knochen nicht komplett entfettet, ausgekocht, und auch auf so was hält eben nur dauerhaft Eitempera.... Alles andere, Tuschen, Tinten ergibt keinen pastösen Farbauftrag
 

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