Oberkleidung (Cotte und Surcot) für Adligen im 11. Jahrhundert, Hilfe beim genauen Schnitt

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Adrian von Eberstein

Guest
Hallo alle miteinander, ich möchte einen Adligen im süddeutschen Raum, in der Zeit von 1004 - 1056 darstellen. Dazu möchte ich mir eine Cotte und ein Surcot aus Wollstoff anfertigen. Ich habe auch schon einige Schnittmuster gefunden, jedoch noch keine die für meine Darstellungszeit geeignet sind (häufig für spätere Zeit). Der grundlegende Schnitt der Cotte ist mir klar, was mich verwirrt sind historische Darstellungen verschiedener Adeliger, allem vorran der Römischen Kaiser Heinrich II., Konrad II. und Heinrich III. Bei den Darstellungen meine ich zu sehen das die Cotte mal unterschiedlich lang ist, mal bis zum Knie, mal bis zur halben Höhe der Wade und tiefer. Ich selbst möchte eigentlich eine die etwas über dem Knöchel endet. Daher meine Frage welche Länge bei der Cotte in dieser Zeit üblich war oder ob es da keine genaue Festlegung gibt. Nun zum Surcot, dieses wurde ja über der Cotte getragen. Bei dieser habe ich die Frage wie lang die Ärmel sein dürfen, ich habe schon von Surcots gelesen welche die selbe Ärmellänge wie eine Cotte hatten, die meisten die ich finde sind jedoch ärmellos. Meine Vorstellung ist eines mit kurzen Ärmeln bis zur Hälfte der Oberarme. Geht das oder nur ärmellos? Sollte ich hier Quark schreiben bitte ich darum verbessert zu werden, man lernt ja bekanntlich nie aus. :) Für alle Antworten schon mal vielen Dank. :danke
 
Da Du ja die ganze Ausstattung planst, ist es sicherlich eine gute Idee, etwas Grundwissen zu erlesen. Ein schöne Buch für Anfänger ist : http://www.amazon.de/Kleidung-Mittelalter-Materialien-Konstruktion-Nähtechnik/dp/341220482X Quelle Amazon ( weil es so schön schnell geht, kaufen kann man ja im Buchladen ;) oder per Fernleihe der Bibi ausleihen ) Im Buch enthalten sind Anleitungen zur Schnitterstellung, Nähte sowie ein Katalogteil über die wichtigsten Kleidungsfunde der verschiedenen Zeiten im Mittelalter. So richtig ein Schnittmuster aus Papier, das man auf den Stoff legt, mit Näh Anleitung wirst Du nicht bekommen. Zur damaligen Zeit war die Kleidung maßgeschneidert, aber im gesuchten Zeitraum noch simpel geschnitten. Mit etwas Geschick und diesem Buch bist Du in der Lage, Kleidung nach Bildvorlagen selbst an zu fertigen.
 
Bei den Darstellungen meine ich zu sehen das die Cotte mal unterschiedlich lang ist, mal bis zum Knie, mal bis zur halben Höhe der Wade und tiefer. Ich selbst möchte eigentlich eine die etwas über dem Knöchel endet. Daher meine Frage welche Länge bei der Cotte in dieser Zeit üblich war oder ob es da keine genaue Festlegung gibt.
Mir kam es beim 11. Jahrhundert immer so vor, als würden alle "normalen" Leute (dazu zählen anscheinend auch die Ritter) knielang oder leicht überknielang tragen und vor allem Geistliche und hoher Adel länger. Ist jetzt keine genaue Festlegung, aber die knöchellange Cotte ist in meinem Kopf mit dem 12. Jh. verbunden.
Nun zum Surcot, dieses wurde ja über der Cotte getragen. Bei dieser habe ich die Frage wie lang die Ärmel sein dürfen, ich habe schon von Surcots gelesen welche die selbe Ärmellänge wie eine Cotte hatten, die meisten die ich finde sind jedoch ärmellos. Meine Vorstellung ist eines mit kurzen Ärmeln bis zur Hälfte der Oberarme. Geht das oder nur ärmellos?
Ich kann mich an keine Abbildung eines Surcot in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts erinnern. Die Cotten der Hochadeligen haben oft breite Zierstreifen am Oberarm, aber das sind meiner Erfahrung nach keine Ärmelabsätze. Eine etwas weitere Cotte, an deren Ärmeln das fein gefältelte Leinenhemd hervor spitzt, habe ich schon mal gesehen. Aber an Halbarm-/Keinarm-Surcotten kann ich mich nicht entsinnen. Die verbinde ich auch eher mit etwas späteren Zeiten. Kannst Du angeben, wo Du solche Surcotten gesehen hast? Würde mich sehr interessieren. Mein Bild des frühen 11. Jh.s ist darstellungstechnisch von Hezilo geprägt. Siehe http://www.reenactment.de/reenactment_start/reenactment_startseite/hezilo/hezilo.html
 
Silvia: Das Buch Kleidung im Mittelalter besitze ich bereits und habe es verschlungen :) , aber danke für den Tipp. Heidensohn: Danke für deine Meinung, ich mag persönlich die etwas längere Cotte lieber. Habe aber, wie du, immer das Gefühl das die Cotten knielang oder etwas darüber sind in dieser Zeit. Dann werde ich mich wohl daran halten müssen. Da gibt es drei Illustrationen, zum einen in der Weltenchronik von Ekkehard von Aura, in einer abbildung Konrad II. und in einem Codex den ich mal im Generallandesarchiv in Karlsruhe gesehen habe, dessen Namen ich aber nicht mehr weiß. (Ich bin von Beruf im Archiv tätig, daher habe ich selbst und über Kollegen leichter Zugang zu historischen Büchern) Ich bin mir bei jeder abbildung jeweils unschlüssig wegen des Saums am unteren Ende, es sieht für mich so aus als ob da ein Kleidungsstück über der Cotte getragen wurde. Die anderen beiden Abbildungen hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Heinri...ftsübergabe_von_Heirich_IV._an_Heinrich_V.jpg [url]https://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_II._(HRR)#/media/File:Konrad2Salsky-2.jpg[/url]
 
Du weißt aber schon, dass die von Dir bevorzugten Bilder was ganz Hochadliges darstellen - also nicht den durchschnittlich Adligen des 11. Jh.? Warum orientierst Du Dich nicht am Teppich von Bayeux? https://www.google.de/search?q=Tepp...KPsAHhxr-oBQ&ved=0CAcQ_AUoAQ&biw=1024&bih=615 Der Kitguide vom FFC ist ja nicht mehr ofiziell, wenn man dort nicht Mitglied ist, ansonsten wäre das eine gute Quelle. Aber Du kannst auf der HP vom FFC mal schauen, da findest Du einige Fotos (www.ffc1066.de)
 
Danke für den Link. In diesem Fall würde ich die Vermutung anstellen, dass hier weniger Alltagskleidung, als eine Visualisierung sakraler Königswürde das Obergewand beeinflusst. Die Form des weitärmeligen Gewandes ist anscheinend recht nahe an der einer Dalmatika (siehe Bischöfe in der Buchmalerei - dort die gleichen "Einbuchtungen" an den Seiten und die Textilien aus dem Papstgrab Clemens II. in Bamberg, übrigens genau deine Zeit). Das bedeutet nicht, dass der König solche Kleidungsstücke nicht getragen hat, oder auch nur, dass ausschließlich hohe Geistlichkeit und er es getragen haben - aber, dass es als höchst repräsentatives Kleidungsstück diente und damit wohl nicht aus Wolle, sondern Seide war und bei der Darstellung in Anschaffung erst nach der Grundausstattung kommen sollte. Ich glaube mit Könisgsabbildungen kommst du nicht weit. Gerade in ottonisch-salischer Zeit versuchen die Könige ihre Macht durch einen semi-klerikalen Charakter des Königtums zu sichern. Genauso wie Bischöfe praktisch ausschließlich in vollem liturgischen Ornat gezeigt werden, wird der König in voller Pracht gezeigt - schon der Kennzeichnung wegen. Ich würde eher auf Nebenpersonen achten. Die Tischdiener hier (http://www.manfredhiebl.de/Ekkehard-von-Aura/ekkehardi_uraugiensis_chronica.htm) dürften auch schon als Adelige ansprechbar sein. Zumindest sind sie mit verzierten Tuniken dargestellt. Oder die Beisteher bei Heinrich II. im großen Bild des ihm gewidmeten Sakramentars (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Sacramentary_of_king_Henry_II_-_throne.jpg).
 
Zu dem unteren link würde ich gerne eine Frage stellen, die (hoffentlich) auch für Adrian interessant ist. Auf der Darstellung des unteren links tragen die Beisteher eine strumpfartige Fußbekleidung. So eine Fußbekleidung ist mir auf Darstellungen schon oft aufgefallen, z.B. beim Evangeliar Ottos III Was genau ist das? Genähte Strümpfe, nadelgebundene Socken mit Verzierungen oder doch eine Art Schaftschuh? Was meint Ihr? Wenn das hier den Rahmen sprengt mach ich ein neues Thema auf...
 
Es könnte auch Sprang gewesen sein. Es gibt eine Arbeit von Dagmar Drinkler "Die Rekonstruktion eng anliegender Bekleidung aus Antike und Renaissance" (http://www.teppichfreunde-norddeuts...fen/Drinkler-Sprangtechnik-09072011-72dpi.pdf), in der sie unter anderem versucht hat, Beinbekleidung mit Sprang zu erklären. Danach wäre es möglich, auch verschiedene Muster zu arbeiten und schneller als Nadelbinden geht es alle mal. Aber ob es tatsächlich auch gemacht wurde, sei dahin gestellt, da es wie so oft an Funden mangelt.
 
Bei dem HII.-Sakramentar würde ich ganz intuitiv von Stiefeln ausgehen. Die Tischdiener im anderen Bild haben ja auch überknöchel-/mitteunterschenkel-hohe Schuhe an. Die Proportionen wirken zwar etwas seltsam, aber wenn die Tunika der Beisteher bis zum Knie geht, dann sich die Fußbekleidungs-Dingsies/Stiefel gar nicht mal so hoch. Ob das weiße nun Glanz sein soll oder Verzierung oder Verschluss, wage ich nicht zu mutmaßen.
 
Habe ich gerade gefunden: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Meister_der_Reichenauer_Schule_004.jpg Quelle:https://de.m.wikipedia.org/wiki/Evangeliar_Ottos_III._(München) "Die Gewandung der einzelnen Personen ist sorgfältig gewählt und deutlich von der des Kaisers unterschieden: Die lange Tunika ist dem Kaiser vorbehalten, den Erzbischöfen steht die mit weiten Ärmeln ausgestaltete Pontifikaldalmatik zu und schließlich den beiden Kriegern eine kurze Tunika. Des Weiteren trägt der Thronende geknöpfte Schuhe, die Geistlichen dagegen flache ausgeschnittene Sandalen und die Waffenträger halbhohe Stiefel." Quelle:https://de.m.wikipedia.org/wiki/Evangeliar_Ottos_III._(München) Also doch Schaftstiefel...
 
Danke für die vielen und aufschlussreichen Antworten. Ich werde ab sofort mehr auf die nebenstehenden Personen achten. Die besonere sakrale Ausstrahlung und die Nähe des Kaisertums zum Papsttum in jener Zeit war mir nicht so wirklich vor Augen, ich werde darauf mehr achten. Ich danke für diese neue Einsicht. :) Die Frage war sehr Interessant Luanda, sie hat meinem Problem: Welches Schuhwerk ich mir basteln soll sehr geholfen. Dankeschön :)
 

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