Prima nocte

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.
A

Arandis

Guest
Es gibt wohl kaum ein Thema, das teilweise so widersprüchlich diskutiert wird wie das "Recht der ersten Nacht". Alles Legende? Fakten? Belege? Wahrheit? Wer kann etwas dazu sagen?
 
Wie mit so vielem aus dieser Zeit, so verhält es sich auch mit dem Ius primae noctis. Die Wahrheit bleibt letztendlich im Dunkeln. Allerdings deutet mehr darauf hin, es sich dabei mehr oder weniger um einen Mythos handelt, zumal die Jungfräulichkeit als etwas Schützenswertes galt. Die Frau sollte jungfräulich in die Ehe gehen. Sich an dieser Jungfräulichkeit zu vergehen, stand unter harten Strafen. Dies gilt im übrigen für die vorchristlichen Zeiten ebenso wie für die christlichen. In germanischen Zeiten wurde der Jungfräulichkeit besondere Magie zugeschrieben während im Christentum durch die Mutter Gottes, Maria, die Jungfräulichkeit als gnadenvoller Zustand gepriesen wurde. Auch der Ehebruch wurde als besonders schweres Vergehen geahndet. Da die Frau im Mittelalter aber als Wesen von minderer Natur betrachtet wurde. scheint es nur logisch, daß beim Ehebruch eigentlich immer die Frau, der Mann hingegen äusserst selten bestraft wurde. Sexualität war zu dieser Zeit ohnehin ein grosses Tabu. Die katholische Kirche beschränkte die Sexualität nur auf die Ehe und damit die Ehepartner. Und auch da durfte der Geschlechtsakt nur zum Zeugen von Kindern vollzogen werden. Dieser Grundsatz gilt in der katholischen Kirche übrigens noch heute, Trotzdem wurde damals wie heute gegen diesen Grundsatz verstossen, was nur allzu verständlich ist. Vor dem Hintergrund dieser strengen Moral ist aus krichlicher Sicht ein Ius primae noctis undenkbar. Und wenn man die Allmacht, die die Kirche zu dieser Zeit noch hatte (und in manchen Gegenden der Welt heute noch hat) einmal mit einbezieht, muss man zum Schluss kommen, daß das "Recht der ersten Nacht" wohl kaum eine historische Tatsache gewesen sein kann.
 
Ich muss mich gerade mit genau dem Thema für ein Hauptseminar beschäftigen. Und bis jetzt habe ich noch keinen Beweis für eine Ausführung gefunden. Teils wird das sogar als 'Rechtsübertreibung' bezeichnet, in dem Sinne, dass die Pflicht eines Untergebenen, bei einer Hochzeit eine Abgabe an den Grundherren zu zahlen, einfach in diese Richtung übertrieben wurde. Über das Thema wird schon seit fast 200 Jahren in Fachkreisen diskutiert und immer wieder tauchen neue angebliche Beweise auf, die dann gleich wieder von Kritikern auseinandergenommen werden. Bis heute sagt man ja auch immer nur 'angebliches' Herrenrecht der ersten Nacht, weil nichts bewiesen ist. Es gibt aber auch gute Literatur zu dem Thema: 1. Jörg Wettlaufer: Das Herrenrecht der ersten Nacht. Hochzeit, Herrschaft und Heiratszins im Mittelalter und früher Neuzeit. Kiel 1999. 2. Alain Boureau: Das Recht der Ersten Nacht. Zur Geschichte einer Fiktion. Düsseldorf/Zürich 1996. 3. Wilhelm Schmidt-Bleibtreu: Jus Primae Noctis im Widerstreit der Meinungen. Bonn 1988.
 
Das gehört mit aller Wahrscheinlichkeit ins Recih der Legenden. Sicherlich gab es gewiss in der Antike oder im frühen MA sexualmagische Bräuche die nicht mit Beischlaf gleichzusetzen sind. Daher stammt wahrscheinlich noch der "Brautgroschen" in Niederdeutschen Raum, in dem der Herr einen Groschen bekommt und fröhlich mitfeiert. Im MA wäre eine prima noctis wohl auch nicht möglich gewesen; der Ritter oder Baron war darauf angewiesen, das seine LEute zufrieden waren, sonst konnte so ein hölzerner Herrensitz schon mal in der Nacht in Flammen aufgehen , auch wäre er als Ehebrecher im schlimmsten Fall wohl seiner Titel verlustig gegangen. der Waldhamster
 
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten! Das Thema ist wirklich schwer zu greifen, man hört immer wieder Gerüchte, aber mehr auch nicht. In der Fernsehdoku "Wege aus der Finsternis" war auch mal die Rede von einem "Brautgroschen", den der Bräutigam seinem Herrn zahlen sollte/musste. Ist darüber etwas bekannt?
 
Der ist vor allen in Norddt unn Niederdtschl. verbreitet gewesen. evtl. zum "freikaufen" der Braut oder als Steuer, das ist leider noch im dunkeln. Schau doch mal bei WIKI rein, da steht etwas mehr über den "Mundis". der Waldhamster
 
nur so am Rande: Der terminus technicus stammt aus dem lateinischen und heißt daher korrekt: "ius primae noctis" = der Recht der ersten Nacht auch wenn es sich um eines der beliebtesten Themen handelt, welches in den rechtshistorischen Seminaren im Jurastudium wohl immer wieder gerne diskutiert wird, sollte man - meine ich jedenfalls - versuchen den Begriff richtig zu zitieren und dazu gehört einfach der Genitiv. Nichts für ungut, wenn ich hier zu kleinlich erscheine ;) Leider sind diese Seminare bei mir schon ein bißchen zu lange her und ich kann mich da nicht mehr allzu genau dran erinnern (schöne Grüsse vom Alois Alzheimer :whistling: ). Die Beschäftigung mit der Rechtsgeschichte ist allerdings hochspannend (so wird man dabei u.a. auch feststellen können das die "Emanzipation" aus dem römischen Recht stammt und dort eigentlich nichts anderes bedeutete als eine Umschreibung für die Volljährigkeit). Vielen Dank auf jeden Fall für die Anregung werde auf jeden Fall noch mal in meinen alten Büchern und Skripten schauen, ob ich noch was zum ius primae noctis finde. Gruss Juan
 
Also die Profs, bei denen ich für mein Wahlfach studiert habe haben dieses Thema geflissentlich mit der Bemerkung umgangen, daß es zwar dieses Ius als Privis Lex des Herren gab, es jedoch in der Praxis kaum zur Anwendung gekommen sein mag. Da mich das Thema nie wirklich gereizt hat, habe ich mich nicht näher damit beschäftigt. Ich denke die Grundbesitzer hatten meistens wichtigeres zu tun und wenn sie sich nebenehelich "vergnügen" wollten, gabs für sie genug Möglichkeiten und Wege.
 
was ich trotzdem sehr komisch find ist, dass dieses thema, obwohl es ja so brisant ist, keinen artikel im DEM standartwerk über das mittelalter, dem lexma hat und auch sonst selbst im brockhaus nicht drin steht. ?(
 
Vielleicht suchst du unter dem Stichwort: Privileg/Privilegien (Privis Lex) Das sind die persönlichen Rechte, die die Herren aufgrund Ihrer Stellung als Grundbesitzer hatten und die mit dem Besitz Bestand hatten oder mit dem Besitzverlust fielen. Gruß
 
Vielen Dank für die vielen umfangreichen Antworten! Ich fasse mal zusammen: Es gab dieses Recht, aber es wurde kein Gebrauch davon gemacht? Oder, besser gesagt, es existieren keine Belege über den Gebrauch? Wie vorab gedacht, alles mehr Schein als Sein! Danke schön!
 
Wer das Recht zu etwas hat kann es gebrauchen - oder nicht. Der Rechtsinhaber hat die Freiheit der Wahl. Und im Mittelalter kann der Herr sehr wohl im Rahmen seiner Privilegien tun und lassen was er will - v.a. mit seinen Leibeigenen (in bezug auf die das ius primae noctis galt). Das ist die einzige Aussage, die ich zusammenfassend machen würde. Gruß Edit: bei den Leibeigenen "auch" mit "v.a." ersetzt. Meine Aussage war vorher nicht ganz korrekt geschrieben.
 
Zuletzt bearbeitet:

Neueste Beiträge

Oben