Stalagmit
Well-known member
Zum Gruße, ich konnte leider zu diesem Thema im Forum per Suchfunktion nichts finden, deswegen eröffne ich einen entsprechenden neuen Beitrag. Falls es diesen doch schon gibt, tut es mir leid. Als ich gestern eine Episode der Serie Vikings sah (ich weiß - das ist nur sehr grob an wahre Tatsachen angelehnt) fiel mir schnell auf, dass dort allgemein das "Du" als Anrede genutzt wird. Aus den meisten anderen (gro)MA-Filmen/Büchern (die meist natürlich eine anderen Epoche und einem anderen Kulturkreis beschreiben - außerdem ebenfalls nicht den Anspruch haben geschichtlich korrekt zu sein, nehme ich an) ist man ja allgemein das "Ihr", "euch" gewohnt (abgesehen vom "Du" und der Anrede in der 3. Person bei Nicht-Gleichgestellten). Das brachte mich zum nachdenken über dieses Thema... Ich habe eben schonmal den passenden Artikel bei Wikipedia durchwühlt. Da steht unter anderem geschrieben (den Deutschen Sprachraum betreffend):
Für den Skandinavischen Sprachraum steht leider nur ein sehr kleiner Absatz geschrieben:Im 8. und 9. Jahrhundert wurden Fürsten und andere hohe Würdenträger von Rangniederen mit Ihr angesprochen (Ihrzen). Für hohe Würdenträger und Lehnsherren setzte sich in ganz Europa der Pluralis Majestatis durch. Im Prinzip benutzte man einfach statt der Personalpronomen des Singulars eine Pluralform, d. h. statt ich ein Wir und statt du ein Ihr. Im 17. und 18. Jahrhundert war die Anrede mit Er, das Erzen, durch Vorgesetzte und Standeshöhere üblich: „Kerl, hat Er überhaupt Pulver auf der Pfanne?“ Aber auch Bürgerkinder erzten ihre Eltern: „Ich versteh Ihn, Vater“,[1] während adelige Kinder ihre Eltern siezten. Das Erzen war im Deutschen noch bis ins 20. Jahrhundert üblich. Das gemeine Volk wurde von Klerus und Adel geduzt, während dieses die gesellschaftlich Höhergestellten mit einer Pluralform und gegebenenfalls weiteren Titeln wie „mein Herr“ anzureden hatte. Innerhalb der normalen Landbevölkerung wurde bis zum Ende des Mittelalters in der Regel jeder geduzt, der keine besondere Stellung innehatte, auch Fremde. Dies trifft man selten noch heute in verschiedenen ländlichen Regionen des deutschsprachigen Raums an, so zum Beispiel im Berner Oberland oder Teilen Tirols. (Wikipedia)
Dem Begriff "Du-Reform" gefolgt, findet man weiterhin geschrieben:Seit Anfang der 1970er hat sich das Du im Finnischen, Schwedischen, Dänischen, Norwegischen und Isländischen allgemein durchgesetzt (siehe Du-Reform). Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass im ländlichen und selbst städtischen Skandinavien förmliche Höflichkeitsformen schon zuvor oft nur gegenüber ganz wenigen Personen verwendet worden waren und sich überdies teilweise, etwa in Schweden, auch keine dem deutschen Sie entsprechende Anrede entwickelt hatte. (Wikipedia)
Soweit schonmal durchaus informativ. Nur gerade der skandinavische Kulturkreis kommt sehr knapp bzw. dem ist nichts spezielles über frühere Epochen zu entnehmen. Wie war das 700, 800, 900, 1000, usw. n.Chr. in Skandinavien? Wie sprachen die Dänen, wie die Schweden, die Norweger, wie die Isländer? Ist da irgendetwas überliefert, was diese Fragen beantworten kann? Findet sich irgendetwas aufschlussreiches auf den wenigen schriftlichen Zeugnissen (Runensteine) dieser Zeit? Bin sehr gespannt, ob jemand etwas dazu sagen kann! MfG, Stalagmit PS: Falls es einen solchen Beitrag wirklich noch nicht gibt, kann er natürlich sehr gerne dafür genutzt werden, allgemein über das Thema zu reden. Nur weil mich (erstmal) speziell Skandinavien zu der entsprechenden Zeit interessiert, heisst das nicht, dass wir hier auch über andere Epochen und Kulturen reden könnenIn den 1960er und 70er Jahren hörten die Schweden auf, ihnen nicht bekannte oder ältere bzw. in der Hierarchie höher stehende Personen in der dritten Person über Namen oder Titel anzusprechen (etwa „möchte der Herr noch etwas Tee“, im Sinne von „möchten Sie noch etwas Tee“), und gingen zum Du als allgemein gültigem Anredepronomen über. ... Anders als in Deutschland oder Frankreich hatte sich in Schweden sehr lange kein bestimmtes Personalpronomen als pronominale Anredeform herausgebildet.[1] In den bürgerlichen und höfischen Kreisen war es bis weit ins 20. Jahrhundert gebräuchlich, eine ältere oder höherstehende Person nicht mit einem Pronomen, sondern nur indirekt über deren Namen oder Titel anzureden, beispielsweise Skulle fru Carlsson vilja hjälpa mig med det?, wörtlich: „Möchte Frau Carlsson mir dabei behilflich sein?“ (Wikipedia)