Ritterliche Bildung

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AvK

Guest
"Ein ritter sô gelêret was daz er an den buochen las swaz er daran geschriben vant: der was Hartman genant, dienstman was er ze Ouwe..." So beginnt die Geschichte "Der arme Heinrich" von Hartmann von Aue. Faszinierend ist diese Textstelle deswegen, da Hartmann hier explicit darauf hinweist, daß er des Lesens und Schreibens mächtig ist. Und wenn man da schon so sehr darauf hinweisen mußte... L.G Anno von Köln
 
Tja, so war das nunmal... Der Adel konnte ins Kloster gehen und Lesen und/oder Schreiben lernen (das hing keinesfalls zusammen, Schreiben war ein Handwerk), aber das hat beileibe nicht jeder gemacht, man hatte es ja oft nicht nötig, konnte sich Schreiber leisten, und natürlich auch Dichter, Schausteller, etc. die einen mit Vorlesen und Singen unterhielten. Als es in den Städten losging mit Domschulen etc. (so ab dem 13. Jh. etwa?) da muss es oft für wohlhabende Bürger oft selbstverständlicher gewesen sein eine schulische Bildung genossen zu haben und lesen zu können als es für den lieben Adel war.
 
da muss es oft für wohlhabende Bürger oft selbstverständlicher gewesen sein eine schulische Bildung genossen zu haben und lesen zu können als es für den lieben Adel war.
Oh ja, so ist es, was wäre der Kaufmann ohne die Fähigkeit des Lesens und Schreibens, bzw. wenn er auch noch rechnen konnte... Das allein machte den Bürger im gewissen Sinne sogar mächtiger als der Adel.
 
Zustimmung auf ganzer Linie :) Was jetzt aber nicht heißen soll, dass der Adel dumm und ungebildet war. Es gehörte eben wohl eher teils sogar zum Prestige nicht lesen können zu müssen. Wenn man sich aber z.B. mal den "Welhischen Gast" von Thomasin von Zerklaere anschaut findet man ein Buch, mutmaßlich geschrieben für junge Adlige, in denen populäre Bildung vermittelt wird - von höfischer Tugendlehre über die Septem Artes Liberales bis hin zu antiker Philosophie. Und das eben in einfachen Versen, denen man auch gut folgen kann, wenn man sie einfach vorgelesen bekommt.
 
Soweit ich weiß, mussten im HMA viele adlige Frauen, soweit sie Herrin einer Burg oder eines Hofes waren, die Verwaltung desselben übernehmen. Sprich: Einkauf von Waren koordinieren, "Dienstpläne" erstellen, Finanzen verwalten etc. Da sollte Lesen und rechnen, möglicherweise auch Schreiben doch auch dazugehören. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein einfacherer Landadel jedesmal einen teuren Burgvogt leisten konnte. Da Bildung bei Frauen im nichtklerikalen Bereich aber eher verpönt war, hatten die dann Hauslehrer oder wurde das Wissen immer nur von Mutter zur Tochter weiter gegeben? Im klerikalen Bereich lief das sicherlich anders. Wie sonst hätte Hildegard vob B. mit Kaisern korrespondieren können bzw. ihre Bücher geschrieben?
 
Nicht nur im Homi, für die Vorräte waren eigentlich durch alle Zeit die Frauen zuständig. Und bei 246? Pfennigen für eine Mark Silber mußte schon ein bisschen fix im Rechnen sein, auch mit 100er Übergang. Und wenn Norwegische Frauen Briefe nach Konstantinopel schicken ( in Futhark, topkapi serail), dann muß man davon ausgehen, das Hildgard und Rhoswita das Schreiben nicht erst im Kloster gelernt haben. Das adlige Männer das mit dem Schreiben nicht so hatten, gut , bei dem Stundenplan eines Knappen ist die Zeit, das zu lernen, auch sehr knapp
 
Da Bildung bei Frauen im nichtklerikalen Bereich aber eher verpönt war, hatten die dann Hauslehrer oder wurde das Wissen immer nur von Mutter zur Tochter weiter gegeben?
Eine gebildete Mutter hatt ihr Wissen mit Sicherheit an ihre Töchter weitergegeben, da nach dem alten Grundsatz " Wissen ist Macht" die Position der Frau innerhalb der Burggesellschaft damit deutlich aufgewertet wurde. Man kann es auch als Arbeitsteilung im Sinne einer Symbiose sehen: die Frau die schrieb, der Mann der hieb... ;) Es ist aber auch durchaus so gewesen, daß die Kinder vom Hofkaplan unterichtet wurden, bzw. wenn in der Nähe, sogar eine Domschule besucht wurde. Die Kirche war ja selbst daran interessiert sich den nötigen eigenen klerikalen Nachwuchs aus den adeligen Familien zu rekrutieren, denn das bedeutete : Geld und Macht.
 
@ Anno: war es nicht häufig sowieso so geregelt, dass der Erstgeborene die Knappenlaufbahn einschlug und der Zweitgeborene zum Kleriker wurde? Schwierig wurde es doch dann erst, wenn der Erstgeborene (aus welchem Grund auch immer) das Zeitlich segnete, und der Zweite vielleicht schon Gefallen an seinem schöngeistigen Leben gefunden hatte und nun auf Ritter umstellen musste. Aber Dein Thema lautete ja auch ursprünglich "Ritterliche Bildung" und nicht "Die Weisheit des Klerus"... :rolleyes:
 
Wie war das noch gleich "Ein jeder wächst mit seinen Aufgaben"... :D "Ein ritter sô gelêret was daz er an den buochen las..."
 
Ein Gedanke, den ich bei den Gesprächen um ritterliche Bildung vermisse ist folgender: Was man nicht gebraucht, das verlernt man. Wenn man als Kind vom Hofkaplan Lesen und Schreiben nebenher ein bisschen beigebracht bekommt, aber im Leben danach hervorragend ohne diese Fertigkeiten durchkommt... mein Bruder hat auf der Hauptschule auch mehrere Jahre Englisch "gelernt"... :rolleyes: Wenn man dagegen täglich einen Haushalt führen muss, dann geht das, wie Generationen analphabetische Bauern auf der ganzen Welt gezeigt haben und noch zeigen, auch hervorragend ohne reguläre Schrift. Persönliche Notizen, die nur man selbst verstehen muss, funktionieren auch ohne höhere Bildung. Erst in dem Moment wo diese Notizen zum Zweck des Handels austauschbar sein müssen wird Lesen und Schreiben plötzlich wichtig.
 
Kurzer Einwurf vom Seitenrand: Das ritterliche Ideal hat sich im Laufe des Mittelalters ziemlich geändert. Von den frühmittelalterlichen Miles bis zum Ritter des Spätmittelalters ist es ein weiter Weg und in der Zeit hat sich nicht nur die Bewaffnung geändert. Mein Gebiet ist nun das 12. Jahrhundert, in dem sich von Frankreich ausgehend ein höfisches Ritterideal durchzusetzen beginnt. Als Rittertugenden werden in dieser Zeit Reiten, Bogenschießen, Schwimmen, Faustkampf, Beizjagd mit Falken, Dichtkunst und Schach genannt. Lesen und Schreiben nicht. Wozu auch? Für Verwaltungsaufgaben und Buchhaltung war der Kämmerer zuständig und die Korrespondenz wurde über die Kanzlei oder einen Schreiber abgewickelt, d.h. man ließ sich die Post vorlesen und diktierte die Antworten. Die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben war im 12. Jahrhundert noch vor allem ein Kennzeichen des Klerus, auch wenn längst nicht alle Kleriker "Literaten" waren, d.h. über diese Fähigkeiten verfügten. Auch die bereits erwähnte Hildegard von Bingen bezeichnet sich immer wieder als "illiterata". Ob das nun eine Demutsgeste war oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis. Fakt ist aber, dass auch sie einen Schreiber hatte, dem sie ihre Schriften diktierte.
 

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