Bei Labgerinnung kann man auch H-Milch nehmen. Kasein ist bis 120° hitzestabil ist und somit macht es für das Lab keinen Unterschied, ob Rohmilch oder erhitzte Milch. Säuregerinnung funktioniert über Bakterien, die ein Erhitzen nicht überleben, so dass "natürliche" Gerinnung wie bei der Dickmilch nicht möglich ist, aber man hinterher wieder Bakterien zusetzen, wie bei der Joghurtherstelung. Ich habe irgendwann mal versucht den Gerinnungprozess zu verstehen und für eine Freundin aufzuschreiben. Ursprünglich ging es um die Frage, warum man das Labkraut auskocht. Ist allerdings ein bisschen länger: Aminosäuren sind die Bausteine der Eiweiße/Proteine. Diese bestehen aus aneinandergeketteten Aminosäuren. Die meisten Proteine haben ein paar hundert Aminosäuren, es gibt aber auch welche mit mehreren tausenden. Die Aminosäureketten werden als Primärstruktur bezeichnet und sind sehr stabil. Die Ketten liegen in der Regel nicht als langgezogene Kette vor, sondern bilden abschnittsweise zum Beispiel ziehamornikagefaltete Strukturen, spiralförmige Strukturen, Schleifen, etc. Diese Strukturen werden als Sekundärstruktur bezeichnet und werden hauptsächlich durch Wasserstoff-Brückenbindungen der Seitenarme einzelner Aminosäuren gebildet. D.h. einzelne Seitenarme ziehen sich aufgrund ihrer elektrischen Teilladung gegenseitig an und bilden somit die Sekundärstrukturen. Die Anordnungen der Sekundärstrukturen innerhalb der Kette wird als Tertiarstruktur bezeichnet. Auch diese werden durch elektrische Ionenbindungen verursacht. Es gibt verschiedene Arten der Denaturierung von Proteinen, wie durch Hitze, Druck, Strahlung, Enzyme, etc. Es gibt sowohl reversible (umkehrbar) als auch irreversible (unumkehrbar) Denaturierungprozesse. Bei Hitzezufuhr wird bei manchem Proteinen die Tertiär- und Sekundärstruktur, nicht aber die Primärstruktur zerstört. Wird das Protein wieder abgekühlt, so können sich die Tertiär- und Sekundärstruktur wieder neu bilden, weil dies die energetisch günstigsten Zustände sind. Dies ist unter anderem auch bei Enzymen der Fall. Bei Erhitzung werden Enzyme inaktiv, weil Sekundär- und Tertiärstruktur verloren gehen. Bei Abkühlung bilden sich diese Strukturen neu und das Enzym ist wieder kann wieder aktiv werden. Insofern gehe ich mal davon aus, dass das auch der Fall ist für die Labenzyme. Und das beantwortet dann auch die Frage, warum man Labkraut auskochen kann, ohne das Enzym durch Hitze zu zerstören. Kälbermägen enthalten die beiden Enzyme Chymosin und Pepsin, wobei bei Anteil an Pepsin mit dem Alter der Rinder ansteigt. Chymosin dient der Verdauung von Milcheiweiß, speziell dem Kasein. Pepsin hingegen findet sich auch in den Mägen aller möglichen Säugetiere und, wenn ich es richtig verstanden habe, spaltet alle möglichen Eiweiße, nicht nur speziell das Milcheiweiß. Das würde auch erklären, warum es mit dem Alter des Rindes zunimmt. Ich habe noch nicht herausgefunden, ob beide Enzyme oder nur eins von beiden oder auch nur ähnliche wirkende Enzyme im Labkraut enthalten sind. Chymosinersatz wird mittlerweile auch synthetisch aus Schimmelpilzen hergestellt. Das Eiweiß der Kuhmilch besteht aus 80% aus Kaseinen und 20% aus Molkeeinweiß (Albumine und Globuline).Kaseine sind hitzestabil bis 120° (deswegen kann man Milch auch aufkochen) im Gegensatz zu den Molkeproteinen, die beim Erhitzen zerfallen und dann die Haut auf der Milch bilden. Die einzelnen Proteinkette des Kaseins lagern sich zu sogenannten Micellen zusammen, und zwar so, dass elektrisch negativ geladene Teilkettenabschnitte nach außen zeigen und die gesamte Micelle negativ geladen wirkt. Dadurch stoßen sich die Micellen alle von einander ab und es herrscht in ein elektrostatischen Gleichgewicht. Durch die Abstoßung können die Proteine nicht mit einander verklumpen, sondern sind in der Milch gelöst. Die Labenzyme spalten einen Teil der negativ geladenen Teilkette des Kaseins ab, d.h. die oben erwähnte Primärstruktur wird zerstört, was ein irreversibler Prozess ist. Durch diese Abspaltung ist die Micelle nicht mehr negativ geladen und es bilden sich Micellenketten durch Calciumbrückenbildungen (Aggregationsbildungsphase), d.h. die Seitenarme der Kette die Calcium enthalten lagern sich an die Seitenarme der Kette mit Phosphat an. Wiederum durch Calciumbrückenbildung vernetzen sich diese Ketten (Gelbildungsphase). Es bilden sich Knoten mit unterschiedlich vielen angehenden Strängen. Diese beiden Phasen zusammen werden als Gerinnung bezeichnet. Diese Netze verdichten sich nun weiter, wahrscheinlich um einen energetisch günstigen Zustand anzunehmen. Dabei wird Molke freigesetzt. Die Molkeproteine verbleiben in der Molke. Somit verstehe ich auch, wie man aus Molke anschließend noch Käse machen kann. Allerdings macht es keinen Sinn, hier wieder Lab zu verwenden, sondern eher aufkochen und Säure (Essig) zum Ausfällen benutzen. Es gibt nun verschiedene Einflüsse, die die Gerinnung beeinflussen. - Eine höhere Zugabe von Labenzymen beschleunigen den Aggregationsvorgang. Eine schnelle Aggregation führt zu einen groben Netz mit wenig Knoten und vielen abgehenden Strängen. Dies wiederum führt festen Käsebruch. - Je höher die Temperatur, desto aktiver sind die Enzyme, desto schneller ist die Aggregationsgeschwindigkeit. Deshalb wird für Hartkäse auch eine höhere Temperatur gewählt als für Frisch- und Weichkäse. Unter 18° und über 55° sind die beiden Enzyme inaktiv, der aktivste Bereich liegt bei 45° für Chymosin und 50° für Pepsin. Aber warum wird dann Käse bei Temperaturen von etwas über dreißig Grad hergestellt? Hohe Temperaturen müssen irgendeinen Nachteil haben. Vielleicht wird er einfach zu trocken, weil der Käsebruch zu fest wird... - Das gleiche gilt für den pH-Wert, je niedriger der ist, also je sauer die Umgebung, desto aktiver die Enzyme. Die Zugabe von Joghurt/Buttermilch/etc am Anfang des Gerinnungsprozesses in vielen Rezepten wäre somit auch logisch erklärt und ist nicht nur dem Geschmack geschuldet. Der pH-Wert der Milch liegt bei 6.8. Chymosin ist am aktivsten bei 5,3-5,5 und Pepsin bei 2. Für Weichkäse wird ein Wert von 6,3 und für Hartkäse ein Wert von 6,6 gewählt. Chymosin und Pepsin spalten das Milcheiweiß an unterschiedlichen Stellen und die gespaltenen Eiweiße haben auch unterschiedlichen Geschmack. Da die beiden Enzyme in unterschiedlichen Temperatur- und Säurebereichen unterschiedlich aktiv sind, kann man durch deren Wahl das Pepsin-Chymosin-Verhältnis beieinflussen und somit auch den Geschmack des Käses beeinflussen. Dies ist natürlich nicht mehr so einfach möglich, wenn man syntetisches Lab verwendet. Der Zeitpunkt, wann man den Käsebruch schneidet, spielt wohl auch eine olle. Bei einem zu frühen Zeitpunkt, ist die Masse noch nicht stabil genug und es kommt zu Fettverlusten. Bei einem zu späten Zeitpunkt, sind die Bruchstücke zu groß und zerbrechen, was Fett- und Eiweißverlust zur Folge hat, ausserdem kann nicht genug Molke austreten, so dass der Wasergehalt im Käse zu hoch ist. Also wird man es wohl statistisch gesehen immer zum falschen Zeitpunkt schneidenHartkäse schneidet man wohl eher etwas früher und Weichkäse etwas später, damit der Wassergehalt über die Festigkeit des Käses geregelt wird. All das wäre ja ganz einfach, wären dort ein paar Faktoren, die den Käse bitter machen. Der bittere Geschmack kommt zum einen vom gelösten Calcium, dass in der Milch neben dem in den Proteinketten gebundenen frei vorhanden ist. Und zum anderen von den sogenannten Bitterpeptiden. Peptide sind kleineTeilabschnitte der Proteinkette, die durch bestimmte Enzyme (unter anderem die Enzyme der Milchsäurebakterien, aber auch Pepsin neigt zu unspezifischen Spaltungen im Gegensatz zu Chymosin ) abgespalten werden und dann teilweise bitter schmecken. Die Bitterpeptide werden häufig weiter aufgespalten, so dass der bittere Geschmack im Laufe der Reifezeit auch wieder verschwindet. Die Bildung von Bitterpeptiden wird durch einen hohen Wassergehalt oder einen reduzierten Fettgehalt im Käse verstärkt (siehe Schneiden des Bruches weiter oben). Höhere Labmengen bedingen auch mehr ungewollte Spaltungen. Höhere Temperaturen wirken sich günstig in Bezug auf Bitterkeit aus, weil ein Teil der Milchsäurebakterien inaktiv werden, ausserdem benötigt man weniger Labenzyme zum Gerinnen. Andereseits werden dann auch die Pepsine aktiver, die ja zu unspezifischen Spaltungen neigen. Somit wäre auch die obige Frage geklärt, warum man Käse nicht bei noch höheren Temperaturen herstellt! Ein niedriger pH-Wert fördert die Bitterkeit, weil die Enzyme, besonders das Pepsin, dann umso aktiver sind. Ausserdem wird auch mehr bitter schmeckendes Calcium frei. Das war die Labgerinnung, fehlt noch die Säuregerinnung. In der Milch kommt Calcium in drei verschiedenen Formen vor, als frei Calciumionen (die dann auch bitter schmecken), als Calciumphoshphat, dass sich an die Micellen anlagert und diese stabilisiert und gebunden in der Proteinkette. Durch Absenken des pH-Wertes (Milchsäurebakterien wie bei Johgurt und Dickmilch, oder Hinzugabe von Essig oder Zitronensäure), zerfällt das Calciumphosphat und die Micellen verlieren ihre Stabilität und fangen anzusammenzuklumpen, Aggregationsphase. Danach setzt dann die Gelbildungsphase wie bei der Labgerinnung ein. Da hier aber andere Proteinketten sind als bei der Labgerinnung, erhält man auch eine andere Konsistenz. Bei der Säuregerinnung spielt eine Erhitzung der Ausgangmilch eine größere Rolle als bei der Labgerinnung, wo es mehr oder weniger egal ist. Denn durch die Erhitzung werden die Molkeproteine zersetzt und können sich an die Kasei-Mizellen anlagern und ein regelmäßigeres Netz bilden, so dass es eine feinere, gleichmäßigere Konsistenz des Endprodukts gibt. Siehe unterschied Joghurt und Dickmilch. Man kann auch beide Gerinnungmethoden kombinieren, wie es bei der Quarkherstellung geschieht.