Schwertkampf auf Holzstich um 1500

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JensGr

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Hier eine weitere Frage zu unserem Projekt „Heilung von beiderlei Glück“. Wieder ein Holzstich, der um 1520 in Augsburg zum Thema „Wettkampf“ entstanden ist. Was meint ein erfahrener Schwertkämpfer zu folgender Pose im Vordergrund: www.petrarca.pushpak.de/pic/b1k29g.jpg Das sieht zumindest gefährlich für den rechten Kämpfer aus, obwohl dieser auch mächtig zum Schlag ausholt... :ritter15
 
Das Ausholen hinter dem Rücken ist nun generell ziemlicher Blödsinn, wir wollen ja nicht Holz hacken sondern mit einem präzisen Werkzeug ansatzlos zum Gegner arbeiten. Das wirkliche Problem von Rechtsie ist aber ein komplett fehlendes Gefühl für die korrekte Mensur. Es gibt viele schöne Huten (vom Tag über dem Kopf, Schwanzhut...) die man nunmal nur in einer sehr weiten Mensur einnimmt wenn man nicht sterben will. Lernen Anfänger recht fix, wenn sie mit dem freien Arbeiten anfangen :) - das sieht dann auch ziemlich genau aus wie auf dem Bild. Was Linksie macht gefällt mir sehr gut, schön nach oben gedeckt reingehen, für den Fall dass Rechtsie doch noch draufzimmert.
 
Danke, das klingt gut! :thumbup: Meine Vermutung ist, daß dieserSchwertkampf symbolisch gemeint ist, vermutlich zwischen geistiger und körperlicherKraft, die auch im zugehörigen Text eine Rolle spielen, obwohl dort derSchwertkampf nicht explizit erwähnt wird. So erinnert mich der Linksie auchmehr an einen geübten Kämpfer und der Rechtsi an einen „Hau den Lukas“.Paßt das? :keule1 Ist die Bewegung von Linksie ein Angriff oder eine Abwehr?
 
Angriff... dabei wie oben geschrieben sauber in der Deckung bleibend. Könnte ein Zwerchhau zur mitleren Blöße sein...
 
Ich würde auch sagen, @JensGr, das passt so. Es wird ja auf Bildern selten eine Bewegung deutlich, hier wohl die Endposition. Ein schönes Beispiel für das, was meiner Meinung nach "indes" genannt werden kann. Rechtsie holt (ungeübt) zum Schlag aus und wähnt sich im "vor". Linksie wandelt sein vermeintliches "nach" mit seinem Konter indes (in nur einer "Fechtzeit") durch einen Zwerchhau (oder Twerchhau) eindeutig in ein "vor", da er sich damit gleichzeitig schützt und angreift. Es könnte gut sein, dass er zu Beginn in Alber stand, was Linksie zum Ausholen verleitete. Wenn es kein Twerchhau war, könnte es auch sein, dass er in zwei Fechtzeiten zunächst seine Hut vom Alber in den Ochs gewechselt hat (Schutz), um dann in den Leib zu stechen.
 
Noch ein paar Fragen zum Thema: Ich habe die Bilder aus dem Internet mit dem Holzstich verglichen. Kann es sein, daß auf dem Holzstich die linke und rechte Hand beider Kämpfer vertauscht wurden? Oder kämpfen so Linkshänder? Und was meint ihr: War das Wissen um solche besondere Huten damals Allgemeinwissen oder nur ausgebildeten Schwertkämpfern bekannt? Und zum dritten: Wie weit hatte damals in Europa der Schwertkampf auch eine spirituelle Dimension, ähnlich wie in den asiatischen Ländern? Ich habe gerade gelesen: In allen Traditionen gilt die Kampfkunst mit dem Schwert als die mit Abstand schwierigste und anspruchsvollste aller Disziplinen. Die Beherrschung des zweihändigen Schwertes betrachtet man dabei gemeinhin als die “Königsdisziplin”, da sie dem Kämpfer alle Fähigkeiten und Kräfte abverlangt. Das körperliche Training wird dabei zu einem Instrument für die Schulung des Geistes, um Mensch und Schwert zu einer höheren Einheit verschmelzen zu lassen. Mit einer fortgeschrittenen Mentalität, die darauf abzielt, alle körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte zu vereinen und zu einer einzigen Kraft im Dienste des höchsten Ideals zu werden, gewinnt der Schwertkampf eine wahrhaft spirituelle Dimension. Was meint ihr dazu?
 
Das mit den Händen ist mir auch aufgefallen - und bin erstmal davon ausgegangen dass das Bild aus irgendeinem Grund komplett gespiegelt ist. Zwei Linkshänder gleichzeitig scheint mir unrealistisch und für einen Fehler finde ich die restlichen Details zu präzise. Vielleicht war es eine Sache der Bildkomposition - oder er möchte dem Betrachter "den Spiegel vorhalten"? Zum Allgemeinwissen: es gab bereits ausreichend Literatur mit entsprechenden Abbildungen - man konnte sich also informieren. Oder jemanden fragen der sich auskennt, bei einer Fechtschule vorbeischauen und Skizzen machen. Es war auch nicht unüblich, selbst mal ein paar Fechtstunden genommen zu haben. Zu 3.: eher nein. Der Faktor Schulung von Körper und Geist, geistige Verfassung fürs Fechten und durch das Fechten war natürlich relevant und wird in den Büchern auch angesprochen, aber für eine "wahrhaft spirituelle Dimension" sehe ich im damaligen christilichen Europa keinen Platz. Lasse mich da aber auch gern eines besseren belehren :).
 
Zum gespiegelten Bild: Die Bilder mußten für die Holzstiche natürlich alle spiegelverkehrt gemalt werden, damit sie dann richtig gedruckt werden konnten. Aber das haben die Maler normalerweise beherrscht. Ansonsten müßte wohl auch das linke Bein vorn stehen. Schwer zu sagen, ob die vertauschten Arme eine bestimmte Symbolik haben oder nur ein Versehen sind. Seltsamerweise haben auch die Reiter im Hintergrund die Peitsche in der linken Hand... Zur spirituellen Dimension: Es ist wohl extrem schwer, die damalige Weltanschauung mit unseren heutigen Augen nachzuvollziehen. Ich denke, die Menschen hatten damals ihre Welt ganz selbstverständlich viel geistiger und lebendiger gesehen. Nicht so künstlich, wie unsere heutige Spiritualität. Deshalb wurde wohl auch nicht viel darüber geschrieben. Ein Schwert war keine tote Waffe, wie es später die Flinten wurden. Ich denke da zum Beispiel an das berühmte Ulfberth. Die enge Verbindung zwischen Waffe, Körper und Geist war den guten Kämpfern sicherlich bewußt. Und diese drei vollkommen zu vereinen finde ich schon eine sehr „wahrhafte spirituelle Dimension“, die sicherlich auch mit christlichem Hintergrund erreichbar war. (keine Belehrung ;)
 
Hm, gute Frage. Vielleicht hat der Holzschnitzer ein Bild/eine Skizze als Vorbild genommen, das nicht für den Druck vorgesehen war. Die Beine stimmen nur dann, wenn er dann auch von links kommt und keinen Schritt gemacht hat. Hm ... Die Frage nach dem Allgemeinwissen kann nur hypothetisch beantwortet werden. Sicherlich gab es Möglichkeiten, sich dieses Wissen anzueignen. Ob es zum Allgemeinwissen gehört hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Die, die sich dafür interessierten und vielleicht auch mal Übenden/Gefechten zugesehen haben, wussten es ggf. intuitiv. Unter Fechtern war es sicher allen bekannt. Daher werden solche Dinge vermutlich in Fechtbüchern eher nicht beschrieben, weil es zu banal gewesen wäre. Bei den abgebildeten Personen kann man von der Kleidung her von Söldnern ausgehen, die dieses Wissen gehabt haben sollten. Was das Spirituelle angeht, so glaube ich auch, dass man da nicht zu viel hinein interpretieren sollte. Ich meine in Bezug auf die Ritterschaft mal irgendwo gelesen zu haben, dass im Schwertkampf Körper, Geist und Seele zum Einsatz kommen sollten - aber das war es auch schon. Meiner Ansicht nach gehört das eher in die romantisierende Vor-/Darstellung des Mittelalters späterer Jahrhunderte. Woher und von wann stammt Dein Zitat? Meine Fechterfahrung lehrte mich, dass das Fechten mit dem Langen Schwert vielleicht etwas mehr Kraft benötigt, aber ich würde es sicher nicht als die "Königsdisziplin" bezeichnen. Das Fechten mit dem Langen Messer, Schwert und Buckler oder mit dem Dolch empfinde ich als wesentlich anspruchsvoller. Nicht umsonst sind die Anfängerkurse für das Lange Schwert bei uns stets gut gefüllt und bilden auch innerhalb des Vereins die weitaus größte Gruppe.
 
Naja, das Zitat „Die Beherrschung des zweihändigen Schwertes betrachtet man dabei gemeinhin als die Königsdisziplin...“, ist vielleicht wirklich nur ein Werbespruch von Hier. Müßte man nachfragen, ob sie dafür eine Quelle haben. ;) Ich selbst kenne zu diesem Thema auch nur asiatische Quellen. Deshalb hatte ich gefragt, ob euch irgendetwas in dieser Richtung bekannt ist. Klar, das Problem der fragwürdigen Historik gibt es offenbar schon immer. Das liegt wohl vor allem daran, daß die Vergangenheit wie auch die Zukunft aus Gedanken besteht. Wahrheit gibt es, wenn überhaupt, nur im Jetzt. (Das ist vermutlich auch der wesentliche Unterschied zwischen Gott und Historikern ;) Danke für eure Antworten, super Hilfe! :danke
 
Für die "Königsdisziplin" spricht m.E. dass mit dem "Langen Schwert" noch gefochten wurde, obwohl längst andere Waffen (Katzbalger/Rapier/Degen) üblich waren.
 
Allgemeinwissen würde ich zu der Zeit fast noch ausschließen - die zu der Zeit verfügbaren Manuskripte waren sicher nicht preiswert und in der Widmung meist für höhergestellte Persönlichkeiten geschrieben.. Es würde in den Texten sonst nicht davon die Rede sein, etwas nicht so zu tun, wie es die gewöhnlichen Fechter machen...Wobei sicherlich Berufskämpfern, städtischen Handwerkern, die zur Stadtverteidigung eingesetzt wurden und der restlichen Bevölkerung unterschiedliche Kenntniastände und Training vermuten müsste... In den klerekalen Bibliotheken könnte zumindest der theoretische Teil durch die Anfertigung von Abschriften bekannt gewesen sein können, wofür der Hintergrund von Lutgerus und Lecküchner als Indiz gelten könnten...
 

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