LotlBotl
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Angeregt durch die Diskussion in dem Thema um Motocross Protektoren und gewisse Diskussionen bei uns im Verein ob und in welchem Maße Schutzausrüstung verwendet werden soll, habe ich heute mal eine Trainingseinheit nach meinen Vorstellungen gehalten. Ich trainiere historischen Schwertkampf mit Schwerpunkt auf Bühnenfechten und halte nicht all zu viel von Choreographien. Ich bin der Meinung, dass wenn man seine Waffe beherrscht und man mit einem Partner arbeitet und nicht gegen einem Gegner kämpft, man viel sicherer lebt, als in einer eingeübten Schlagfolge, bei der man sich nur verzählen braucht um seinem Gegenüber eine Axt in den Schädel zu rammen(alles schon gesehen). Ich trainiere seit ich 5 bin Judo mit Wettkampforientierung, seit ca 12 Jahren Schwertkampf und vor 8 Jahren habe ich meinen ersten ernsthaften Lehrgang im historischen Fechten(damals nach Peter Koza) mitgemacht, die Trainingsstruktur habe ich vor Allem vom Judo übernommen, die Lehrmethoden und Techniken natürlich von verschiedenen Schwertkampftrainings und Fechtbüchern. Das Konzept kam bei Fortgeschrittenen und Anfängern gleichermaßen gut an, daher möchte ich das hier mal kurz vorstellen. -------------------------- Trainingsbeginn um 13 Uhr, bis 13:15 waren alle da, 13:45 hatten wir die neueste Folge Game of Thrones fertig diskutiert. Langschwerter in die Hand, wer wollte dünne Lederhandschuhe angezogen Erste Übung: Grundschläge wiederholt. Bei mir 9 mit der langen Schneide, 3 mit der kurzen Schneide, 2 Stiche. Geübt alleine durchgezogen und ins Hängen geschlagen und am Partner gestoppt(wichtig um Abstände abschätzen zu können) Zweite Übung: Flourish. Englisch für Aufblühen, keine Ahnung ob es dafür ein deutsches Wort gibt, im Endeffekt eine Art Schattenboxen oder eine freie Kata, Schläge und Blocks werden frei, flüssig und mit steigender Geschwindigkeit kombiniert. Beinarbeit nicht vergessen und ab und zu in die Grundstellung zurückkehren. Man kämpft gegen unsichtbare Angreifer. Sinn der Sache sind aufwärmen der Sehnen und Gelenke, körperliche Fitness und natürlich weiterhin saubere Ausführung der Techniken. Das heißt nicht dass man im realen Kampf auch so fuchtelig kämpfen soll, aber man neigt weniger zu fest eingeschliffenen Schlagkombinationen. Dritte Übung: Blocks. Die guten, alten 90° Blocks Schneide auf Schneide,bzw befreiende Schläge gegen die Stiche. Um Schäden an der Klinge mache ich mir primär weniger Gedanken, Überleben ist wichtiger. Vierte Übung: Ganze vier weiterführende Techniken aus gelungenen Blocks, übernommen aus diversen Fechtbüchern, Knaufschlag ins Gesicht, Entwaffnungen, Würfe, Schläge zum Hals. Das ganze langsam und schrittweise, saubere Ausführung das oberste Ziel. Dabei die Paare einzeln beobachtet und verbessert, bis die Techniken gesessen haben. Pause, dabei langsam aufrüsten. Mindestens Gambeson, gepolsterte Handschuhe und irgendwas auf den Kopf, wer wollte noch Kette drüber. Fünfte Übung: Freie Übung. Einer greift an, der andere blockt. 3-5 Schläge bis der Angreifer treffen soll. Frei, aber locker und nicht all zu schnell, dem Angreifer soll es ermöglicht werden, zu treffen. Viele schlagen statt nach dem Gegner nach seinem Schwert und wissen gar nicht wie sie dann weiter machen sollen. Dieses Spiel soll einem die Möglichkeit geben, selbst eine Lösung zu finden. Sechste Übung: Einer greift an, der andere blockt. 3.5 Schläge, bis der Verteidiger schließlich einen Konter setzt. Frei, aber nicht all zu schnell, dem Verteidiger soll die Chance gegeben werden, einen Konter zu setzen, dabei ist natürlich erwünscht, die Techniken aus Übung 4 anzuwenden. Pause, Helm auf Siebte Übung: Freier Übungskampf. Drei Treffer zum Gewinnen, trotzdem locker kämpfen und Treffer zulassen. Der Gewinner bleibt stehen, Verlierer wird ausgetauscht. Jeder hat zwei mal gekämpft. Ende, etwa 16:15. Körperlich ginge mehr, aber die Konzentration war aufgebraucht, noch mehr und es wäre fuchtelig geworden. -------------------------- Auffällig ist natürlich, dass ich aktuell sehr wenig freie Kämpfe im Konzept habe. Ich bin der Meinung, man kann keine Techniken anwenden, die man nicht gelernt hat. Zu viel Sparring(und dann auch noch mit freier Waffenwahl) hat in der Gruppe zu sehr viel Fuchtelei geführt, die bald zu Problemen führen kann, wenn man nichts dagegen unternimmt. Es muss im Allgemeinen ruhiger werden, aufrüsten halte ich für die falsche Lösung, denn damit ist nichts gewonnen, außer vielleicht dass rumfuchteln weniger gefährlich wird, sollte es exakt auf die gerüsteten Teile treffen. Und damit das jetzt nicht langweilig wird, darf jetzt diskutiert werden. Was haltet ihr davon? Was würdet ihr ändern? Wie gestaltet ihr euer Training?