Was machte ein enteigneter Adeliger?

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Areus

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Ich beschäftige mich gerade mal wieder etwas intensiver mit der Zeit nach der Schlacht von Hastings. Die Frage kann aber auch auf jede mittelalterliche Machtübernahme bezogen werden. Oft wenn irgendwo ein Land von einem anderen Land / Herrscher übernommen wurde, wurde der dortige Adel enteignet und durch die eigenen Adeligen ersetzt. Wie hat man sich das denn vorzustellen? Wurden dann aus den enteigneten Adeligen Bettler, gingen diese ins Ausland zu Verwandten, oder was haben die dann so gemacht? Welchen Status hatte denn so ein Enteigneter Adeliger? Bürger, Bauer, Leibeigener, Geächteter? Wie lief sowas ab? Kam dann der Comte de Bordeaux zum Earl of Wessex und hat den mit Mann und Maus vor seine Burgtür gesetzt?
 
Was machte ein enteigneter Adeliger? ====> ein dummes Gesicht ! :) Also um die Zeit um Hastings kenne ich mich nicht so aus, aber ich denke das die vertrieben wurden oder auch in gefangenschaft gerieten bis hin zur zwangsarbeit.
 
Es gibt in Birka das haus der Krieger..ud das wird es wohl auch an anderen Siedlungspunkten gegebenhaben...irgendwoher müssen die ja auch das "Personal" dafür bekommen haben.
 
Gibt es nicht auch die Möglichkeit, dass die Herren dann in den Dienst eines neuen Herrn getretten sind? Oder sich als Kreuzfahrer aufgemacht haben? (passt von der Zeit her ja ganz gut mit dem ersten Kreuzzug zusammen) Oder in ein Kloster gegangen sind? (davon gab es ja auch genug und zweit oder drittgeborene wurden ja gerne mal "abgeschoben") Oder in einen Orden eintratten? (was auch nicht so abwegig ist,... 1099 ist Gründung des Johanniterordens...allerdings im heiligen Land, von daher muss man da schon mit dem Kreuzzug unterwegs gewesen sein) Oder oder oder... :)
 
Oder er wählte die Nummer der Agentur für arbeitslose Adlige :D "Hallo? Spreche ich da mit der Agentur für arbeitslose Adlige? Ich wurde kürzlich enteignet und benötige einen neuen Grafen oder Herzog als Herrn. Gerne auch in Teilzeit" :D
 
Ich denke, der Adlige hatte zumindest die Option dem neuen Lehnsherren, dem Eroberer sozusagen, seine Treue zu schwören und wurde dann dessen Lehnsmann. Im tatsächlichen Falle der "Enteignung" und des Überlebens dieser "Enteignung" wurden schon einige mögliche Konsequenzen genannt.
 
Oder er wählte die Nummer der Agentur für arbeitslose Adlige :D "Hallo? Spreche ich da mit der Agentur für arbeitslose Adlige? Ich wurde kürzlich enteignet und benötige einen neuen Grafen oder Herzog als Herrn. Gerne auch in Teilzeit" :D
"kürzlich enteignet" ist schon zu spät - 3 monate alg sperre weil nicht rechtzeitig arbeitssuchend gemeldet :zunge vllt durfte er auch als burgvogt bleiben und die burg weiter verwalten unter nem anderen herrn!
 
Ich beantworte Deine Fragen im Hinblick auf die Zeit nach der Schlacht von Hastings. Eine Antwort kann meiner Meinung nach, wie in vielen Dingen, die das Leben einem gibt, nicht einheitlich dargebracht werden. Das überstülpen des eigenen Systems auf eingenommene Länder war und ist bei jeder Übernahme aufgrund verschiedenster Faktoren anders. (Wie war der Eroberer drauf, mehr ein Diplomat oder ein Despot? Wie sehr haben sich die Eroberten gewährt?…) Erst einmal ein kleiner Exkurs, um alles weitere in der Geschichte verstehen zu können: (Nicht unbedingt wichtig für Deine Frage, aber mir fließt's grad so aus die Finger.) Für William war die Übernahme Englands keine Eroberung. Er sah die Krone Englands als sein Recht an, da diese ihm sein Verwandter, Edward der Bekenner, angeboten hatte (was allerdings weder von William selbst belegt noch von irgendjemand anderen –insbesondere Harold Godwinson –Harald II. von England- widerlegt werden konnte). Warum? Edward hat einen Teil seiner Jugend unter dem Schutz der Verwandtschaft im Exil in der Normandie verbracht und wollte dem amtierenden Herzog für diesen Schutz eben mit seiner Krone danken, da er auch keinen Erben hatte, die er sie hätte vererben können. Den angelsächsischen Adligen war diese Entscheidung ihres Königs verständlicherweise ein Dorn im Auge und das nicht nur, weil eben Harold selber den Thron wollte, sondern auch, weil die Angelsachsen einfach keine Fremden auf ihrem Land haben wollten. Als sich Harold dann auch noch „gegen“ den Willen seines Königs krönen ließ, da wurde William richtig sauer. Man darf auch nicht vergessen, dass der Herzog der Normandie gerne das wohlhabende Land, das er mit scharfem Auge von seiner Küste ja bereits sehen konnte, sein Eigen nennen wollte. Er mobilisierte also alles was ihm möglich war und schwups ging’s rüber. William war Herzog eines Landes, das feudal geführt war –Lehnswesen-. Er begann nach seiner Krönung 1066 in der Westminster Abbey sehr schnell damit auch England in diesem System der Feudalherrschaft zu organisieren. Was dem angelsächsischen Adel ebenfalls missfiel. William sah anfangs darüber hinweg, dass ihn keiner wollte und alle Entscheidungen, die er traf, mit Missgunst begleitet wurden und gab dem ortsansässigen Adel die Möglichkeit, ihm ihren Lehnseid zu leisten und somit Länder und Titel zu behalten. Einige legten tatsächlich ihre Hände in die seinen. Es gab aber genug, die sich gegen ihn auflehnten und Revolten organisierten. Jetzt reichte es unserem William und er ließ diese Revolten gnadenlos niedergeschlagen (Brandschatzung von Dörfern, Feldern, Versklavung etc). Was sich über Jahre hinzog. Der auflehnende Burgherr wurde mit Frau, Kindern, Gesinde und allen verfügbaren Mäusen vor das Burgtor gesetzt. Die freigewordenen Länder und Titel, gab William an seine normannischen und angelsächsischen Gefolgsleute. Man kann aber sagen, dass es mehr Normannen waren, die ehemals angelsächsisches Gebiet beherrschten als Angelsachsen, die ihres behielten. Was tat nun unser angelsächsische Burgherr, der sein Aufbegehren nicht mit seinem Leben bezahlt hatte, der alles verloren hatte, der sich nicht einem der Eroberer oder einem der Verräter unterwerfen wollte und aus irgendwelchen Gründen mit seiner ganzen Sippschaft (und den Mäusen) nicht in die Sklaverei verkauft wurde? Er versuchte zu erst einmal zu überleben, betteln und stehlen, erste Anzeichen des Raubrittertums. In diesen Jahren ist auch die erste der so vielen Wurzeln der Robin Hood Legende zu finden.
 
Gibt es nicht auch die Möglichkeit, dass die Herren dann in den Dienst eines neuen Herrn getretten sind?
In gewisser Weise sicher, vor allem dann, wenn der Machtanspruch des neuen Herrschers nicht unumstritten war und es noch Rivalen um den Thron gab - dann konnte man sich ja der Gegenseite anschließen und versuchen, sich das Verlorene zurück zu holen. William von Malmesbury sagt bei der Beschreibung der Schlacht von Lincoln (1141, im Thronfolgestreit zwischen Stephen und Maude, also zwei Generationen nach Wilhelm dem Eroberer), daß in der Armee des Grafen von Gloucester viele von Stephen enteignete Ritter kämpften. Ich denke mal, prinzipiell konnte ein Enteigneter zunächst zwei Dinge tun: gehen (und die Enteignung damit quasi akzeptieren) oder bleiben. Und darauf warten, daß ihn die königliche Armee mit Gewalt hinaus wilft. - Wenn die eigene Machtposition und die eigenen Burgen stark genug waren, lohnte sich durchaus der Versuch, darum zu kämpfen. (Selber Krieg wie oben: Robert von Gloucester hält z.B. seine englischen Besitzungen auch nach dem offenen Bruch mit Stephen noch, und Stephen muß vor Bristol erfolglos umkehren und kann es ihm nicht abnehmen.)
 

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