Bevor man über Wechselkurse nachdenkt: Über fast das ganze Mittelalter gab es keine effektive Kontrolle von Finanzströmen. Sprich: Niemand "musste"Münzen wechseln. Man konnte theoretisch mit allen Münzen überall zahlen. Wenn der andere sie annahm und man sich untereinander über den Gegenwert einig war. So ziemlich alle mir bekannte Münzfunde bestehen aus Münzen verschiedenster Herkunft, Machart und Prägezeit. Über das gesamte Mittelalter war der Materialwert wichtiger als der Nennwert. Größe, Gewicht und Material sind wichtig, Kenntnis in welchem Verhältnis welche Materialien in einer Prägung waren, war das wichtigste Werkzeug aller Finanzexperten. Sie wussten welches Geld nach Edelmetallanteil besser oder schlechter war und kannten aktuelle Änderungen bei Prägungen. Dabei orientierte man sich (ganz pragmatisch) an verbreiteten und eine Zeit lang wertstabil und zahlreich geprägten Münzen. Hier ist es irrelevant, ob diese Münzen zur Zeit der Orientierung noch geprägt oder auch nur benutzt, bzw. wegen ihrem Wert gehortet wurden. Sie sind in erster Linie Rechenwert. Im Früh- und Hochmittelalter nahm man dazu meist den karolingischen Pfennig/denarius (abgekürzt d.) aus Silber als Anker und Rechengeld. Im Spätmittelalter bildet sich der Gulden (florentinische Goldmünze - abgekürzt deshalb fl.) als Anker und Rechenwert. Das bedeutet natürlich nicht, dass man seine gemischten lokal-aktuellen Münzen irgendwo in normierte Pfennige/Gulden umtauschen lassen konnte. Es bedeutet nur, dass einem ein Geldwechsler sagen konnte, dass der Inhalt des Beutels "ungefähr acht Pfennig" wert war. Eine Strafe von 10 Pfennig konnte man mit 80 Münzen unterschiedlichster Herkunft zahlen, wenn der Annehmende die Münzen alle akzeptierte. Musste er aber nicht. Als Händler nahm man so wahrscheinlich Münzen, die man nicht kannte, schlicht nicht an. Und die genaue Einordnung einer Münze war wandelbare Einschätzung verschiedener Experten und Nutzer. Für reisende Händler war es also durchaus sinnvoll ihr fremdes Geld in Münzen zu tauschen, die man am Handelsort kannte, sonst konnten ausgemachte Handel an der Art der Zahlung scheitern. In manchen Städten wurde um mehr Sicherheit in Absprachen und Handel zu bekommen (und eigene Prägungen zu fördern), fremdes Geld "verboten". Haben konnte man es trotzdem, nur eben nicht viel damit anfangen. Münzakzeptanz war im Alltag wohl fast mehr auf Vertrauen als auf Material gebaut. Eine der großen Errungenschaften des Spätmittelalters war die Frankfurter Börse. Auf ihr wurde vor den Messen unter den großen Kaufleuten einmal ermittelt wie viel die wichtigsten Währungen derzeit im Vergleich zum Rechengeld wert waren und dass dann für die Zeit der Messe als festen Wert und Wechselkurs vorzuschreiben. So konnte man Betrüger besser fassen, das Verweigern von Geldannahme, sowie ein Überhandnehmen von eiligem Geldwechslergeschäft während der Messe verhindern und generell Geschäftssicherheit herstellen. Es war alles viel pragmatischer und unsystematischer, als man vermuten würde, aber dennoch sehr funktional. Ein dem sehr ähnliches pragmatisches System hat sich übrigens auch im Larp für die dortigen Massen an Spielwährungen entwickelt: "Eine Münze ist immer genau das Wert, was dein Gegenüber dir bereit ist für sie zu geben."