Essem
Well-known member
Im Thema Textilpanzer habe ich Wundbrand, Tetanus und Blutvergiftung als häufige Todesursache bei Verwundungen auf dem Schlachtfeld selbst bei leichteren Verletzungen genannt. Die Frage tauchte dann nach den Quellen auf. Ich habe noch mal nach gesehen und festgestellt das es als allgemein bekannt gilt das man daran damals häufig gestorben ist. Eine echte Quelle habe ich jedoch nicht. Normalerweise darf man ohne weiteres keine Schlüsse von einem Jahrhundert auf ein anderes ziehen. Bei Krankheiten darf man es eventuell doch. Ich habe ein paar Sachen zusammengetragen um zu zeigen warum man davon ausgehen muss das es im Mittelalter so gewesen ist. Noch im ersten Weltkrieg sterben mehr Soldaten an Wundbrand, Tetanus und Blutvergiftung die sie sich sich durch Verwundungen zugezogen hatten als durch direkte (tödliche) Treffer. Zwar macht Alexander Fleming 1928 die Entdeckung das ein bestimmter Schimmelpilz die entsprechenden Krankheitserreger abtöten kann, doch gelingt es ihm nicht den Wirkstoff, den er selbst Penicillin nennt, zu isolieren. Das gelingt erst amerikanischen Forschern 1939 und erst 1942 kann in den USA die Massenproduktion aufgenommen werden. In der Endphase des 2. Weltkrieges stand dann den Alliierten Penicillin für die Versorgung der eigenen Truppen zur Verfügung. Während auf deutscher und japanischer Seite die Todesrate durch Infektionen nach einer Verwundung so hoch blieb wie im ersten Weltkrieg ging sie bei den Alliierten drastisch zurück. (http://www1.wdr.de/fernsehen/wissen/quarks/sendungen/schimmel138.html) 1860 lag die Sterberate bei Amputationen in Parisern Spitälern bei 60%. Bei Operationen zur Entfernung der Eierstöcke bei Frauen im gleichen Zeitraum bei 100%. Im Krieg von 1870 / 71 starben tausende von Soldaten an Infektionen ihrer Verwundung die sie ansonsten überlebt hätten. Angehende Chirurgen erhielten den guten Rat erst zehnmal zu überlegen ob eine Operation überhaupt sinnvoll ist da die folgenden Infektionen das Todesurteil für den Patienten bedeuten kann. (Geschichte der Heilkunde: Medizin vom Mittelalter bis zum 1. Weltkrieg von Hans Baumann S. 268) Ganz allgemein wird im 16. Jahrhundert vom gefürchteten Wundbrand geschrieben wobei verschiedene Krankheiten unter diesem Begriff zusammengefasst wurden die heute eigenständige Krankheitsbilder sind und dementsprechend unterschiedlich behandelt werden. Hans von Gerlsdorf ließ 1517 das Feldtbuch der Wundtarzney drucken das den Fortschritt der Medizin und den damaligen Wissensstand widerspiegelt. Auch hier gilt das der Wundbrand in sehr vielen Fällen zum Tode bei Verwundeten führten. (Hybride, Klone und Chimären von Christoph Vallant S.59) Im Spätmittelalter hat man alle Arten der Gangränen auch als Heiliges Feuer oder Antoniusfeuer bezeichnet. Dazu gehörte der Wundbrand, der Alterswundbrand und auch die Syphilis. Antoniusfeuer bezeichnete ab dem 12. Jh. allgemein Erkrankungen wo Körpergewebe abstarb. In der Fachliteratur erscheint der Begriff Ende des 13.Jh. Anfang 14. Jh.. Vermehrt traten Erkrankungen auf die durch mit dem Pilz claviceps purpurea verseuchtem Roggen hervorgerufen wurden. Auslöser ist das vom Pilz produzierte Ergotamin das zur Verengung von der Blutgefäße führte. 1089 werden die beiden Krankheitsbilder beschrieben die auftraten: „viele, deren Inneres das heilige Feuer verzehrte, verfaulten an ihren zerfressenen Gliedern, die schwarz wie Kohle wurden. Entweder starben sie elendig, oder sie setzten ein noch elenderes Leben fort, nachdem ihre verfaulten Hände und Füße abgefallen waren. Viele wurden auch von nervösen Krämpfen gequält.“ (Chronik des Sigebert von Gembloux). Das zweite Krankheitsbild wurde auch Kribbelkrankheit oder Krampfseuche genannt die den betroffenen mit brennenden Schmerzen heimsuchte. Daher der Name Heiliges Feuer oder Antoniusfeuer. Diese Krankheit trat noch bis Mitte des 13. Jh. epidemisch auf. Durch das Mutterkorn verursachte Krankheiten gingen auch mit Halluzinationen einher die stark ausgeprägt sein konnten. Ursache war das LSD-25 das im Mutterkorn enthalten war und das eigentliche Krankheitsbild noch verschlimmerten. Es muss für die Betroffenen wie eine Heimsuchung gewesen sein. (Elisabeth Clementz S.162 – 163 in Funktions- und Strukturwandel spätmittelalterlicher Hospitäler herausgegeben von Michael Matheus) Das bekannteste Opfer von Wundbrand dürfte Richard Löwenherz sein. 1199 wurde der König von England am 25. März bei der Belagerung der Burg Chalus-Chabrol im Limousin von einem Armbrustbolzen getroffen. Die Wunde war nach heutigen Maßstäben und medizinischen Möglichkeiten nicht tödlich. Die Spitze des Bolzen konnte damals jedoch nicht entfernt werden. Es trat eine Infektion auf die sich zu Wundbrand entwickelte woran am 6. April der König verstarb. (http://www.burgerbe.de/2013/03/02/probe-von-richard-loewenherz-herz-analysiert/ http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Löwenherz) Daraus würde ich jetzt schließen das Wundbrand und Co., die erst im 20. Jh. durch die Entdeckung des Penicillin behandelbar wurden, im Mittelalter tatsächlich die Todesursache Nummer eins bei Wunden waren. Näheres dürfte sich finden bei Schaal KP; Mauff G; Pulverer G (1979): Krankenhausinfektionen im Wandel der Zeiten. 1. Erregerspektrum und Epidemiologie vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. (Das Buch habe ich leider nicht.) Falls jemand Quellen zu diesem Thema angeben kann wäre ich für jeden Hinweis dankbar!