Zuggewicht von Kriegsbögen

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...Was ich hauptsächlich sagen wollte ist, dass Wiki ja nicht nur skandinavische Gruppen waren - die Rus hatten auch schöne Recurvebögen...
Eher umgekehrt: Rus sind zwar (ausgewanderte) Skandinavier, zumindest ursprünglich, aber keine "Wikinger" sonder varäger, väringar... [1,2]. Dann: mich irritiert (kann man das auf Deutsch sagen? Verwundert, verwirrt...)
Kann man, genau so. Verwundert, verwirrt passt ebensogut.
die Bezeichnung "Wiki", die ich immer mal wieder (aber nur in deutschem Kontext) lese... Wiki ist doch wohl der kleine Junge aus einem Zeichentrick-Kinderfilm, in dem die "Wikinger" mit Hörnerhelmen rumlaufen und, wenn er sich an der Nase reibt, kommen Sterne raus... Dann ist [W|V]iking ja wohl keine Bezeichnung für ein Volk, sondern für eine Tätigkeit, nämlich im Västerled auf Handels/Raubzug gehen.
Dessen bin ich mir wohl bewusst (und vermutlich auch die meisten anderen, die hier rumschwirren). Wenn es an einer Stelle um Genauigkeit geht, rede ich üblicherweise auch von 'Kulturkreis/Gesellschaft/Bevölkerung des mittelalterlichen Skandinavien', von denen manche auf Raubzug ('Viking') gingen und in diesem Kontext dann als 'Vikingr' bezeichnet wurden. Im Deutschen hat sich die Bezeichnung 'Wikinger' (liebevoll abgekürzt mit "Wikis" :love: ) jedoch als Oberbegriff für die mittelalterliche Bevölkerung Skandinaviens eingebürgert - leider unabhängig davon, ob diejenigen tatsächlich im engeren Sinne 'Vikingr' waren oder nicht. Selbst hier im Forum wird der Oberbegriff "Wikinger" ja in diesem Sinne als Kategorie im Bereich "Historische Grundlagen" verwendet. Wiki(nger) ist halt etwas griffiger als "mittelalterlicher Skandinavier, der auf Raubzug fuhr - oder auch nicht". ;)
 
Was die Rüstung betrifft: zugegeben, Agincourt ist nicht nordische Eisenzeit. Das Video belegt aber, dass offenbar selbst mit diesem Bogen ein Harnisch zu diesem Zeitpunkt nicht mit einem Pfeil durchbohrt werden konnte, selbst bei diesem Zuggewicht. Ein Schild dagegen schon...
Gut, dass Todd die Videos gemacht hat, da sie die Thematik schön veranschaulichen, auch wenn das Ergebnis aus militärhistorischer Perspektive nicht wirklich neu ist. Tatsächlich ist der Langbogen keineswegs die "Superwaffe", als welche er gerne mal hochstilisiert wird (selbst einer Armbrust können die Harnische des 15. Jhd. in vielen Fällen widerstehen). Wenn man sich mal exemplarisch die drei bekanntesten Schlachten des HYW ansieht -Agoncourt, Maupertuis, Crecy- fällt auf, dass viele verschiedene Faktoren zur franz. Niederlage geführt haben und keinesfalls der Einsatz einer "Wunderwaffe". Der populärwissenschaftliche Mythos wird sich aber leider nicht mehr beseitigen lassen.
 
Das Video belegt aber, dass offenbar selbst mit diesem Bogen ein Harnisch zu diesem Zeitpunkt nicht mit einem Pfeil durchbohrt werden konnte, selbst bei diesem Zuggewicht. Ein Schild dagegen schon...
Das Video belegt nur, das ein direkt geschossener Pfeil den Harnisch nicht durchbohrt. Wie sieht es bei einem ballistischen Schuß aus? Ein ballistisch abgeschossener Pfeil hat durch die kinetische Energie mehr Durchschlagskraft als ein direkt geschossener Pfeil.
 
Das Video belegt aber, dass offenbar selbst mit diesem Bogen ein Harnisch zu diesem Zeitpunkt nicht mit einem Pfeil durchbohrt werden konnte, selbst bei diesem Zuggewicht. Ein Schild dagegen schon...
Das Video belegt nur, das ein direkt geschossener Pfeil den Harnisch nicht durchbohrt.Wie sieht es bei einem ballistischen Schuß aus? Ein ballistisch abgeschossener Pfeil hat durch die kinetische Energie mehr Durchschlagskraft als ein direkt geschossener Pfeil.
Das verstehe ich nicht: bei mir ist jeder Schuss ballistisch, weil der Pfeil einem Abschnitt der Parabel folgt.(auch wenn sie in diesem Fall sehr flach ist). Und die kinetische Energie erhält der Pfeil von der Sehne, egal wie weit das Ziel entfernt ist. Kannst du das erklären und ggf belegen?
 
Das Video belegt aber, dass offenbar selbst mit diesem Bogen ein Harnisch zu diesem Zeitpunkt nicht mit einem Pfeil durchbohrt werden konnte, selbst bei diesem Zuggewicht. Ein Schild dagegen schon...
Das Video belegt nur, das ein direkt geschossener Pfeil den Harnisch nicht durchbohrt.Wie sieht es bei einem ballistischen Schuß aus?Ein ballistisch abgeschossener Pfeil hat durch die kinetische Energie mehr Durchschlagskraft als ein direkt geschossener Pfeil.
Das verstehe ich nicht: bei mir ist jeder Schuss ballistisch, weil der Pfeil einem Abschnitt der Parabel folgt.(auch wenn sie in diesem Fall sehr flach ist). Und die kinetische Energie erhält der Pfeil von der Sehne, egal wie weit das Ziel entfernt ist.Kannst du das erklären und ggf belegen?
Klar ist jeder Schuß ballistisch aber ich meine hier nicht Minimalbereiche. Ich meine aber mit ballistischen Schuß wenn der Pfeil in einem Winkel nach oben abgeschossen wird und nicht direkt ins Ziel.
 
Beim balistischen Schuss wird auch keine Energie aus dem Nichts generiert. Die potentielle Energie am Kipppunkt wurde beim Abschuss von der Sehne mitgegeben. Eher wird durch die längere Bahn der Wirkungsgrad durch Reibungsverluste geringer sein. - Lasse mich aber gern eines besseren belehren, da meine Schulzeit so lange zurückliegt, dass es dafür bereits einige Reenactor gibt. Der Vorteil ist eher, dass ein Pferd von oben eine größere Trefferfläche bietet als von vorn und es bei ungerüsteten evtl zu Kraftverlusten führt, den Schild immer wieder hochreißen zu müssen, dass die Deckung im späteren Nahkampf nur suboptimal gehalten werden kann...
 
Direktfeuer und möglichst nahe an der "Mündung" bringt maximale kinetische Energie beim Aufschlag. Ist bei allen Waffensystemen so. Die 160lbs in Todds Test ist zudem nicht das durchschnittliche Zuggewicht von Bögen, sondern eher der obere Grenzbereich. Gerade die begrenzte Versorgungssituation und anderweitige körperliche Belastung auf Kampagne reduzieren die körperliche Maximalkraft schon erheblich. Auch die recht hohen Mary Rose Rekonstruktionen müssen nicht umbedingt repräsentativ sein. Die gefundenen Bögen können zum Teil auch schlichte Reserve sein, welche vor Einsatz noch angepasst wurden.
 
Die maximale kinetische Energie hat ein Pfeil direkt nach Verlassen der Sehne. Dieser Energie wirken nun zwei Kräfte entgegen: zum einen die Reibung der Luft (plus Energieverlust durch den Drall/Drehung), die den Pfeil kontinuierlich langsamer werden lässt, und die Schwerkraft, die den Pfeil nach unten zwingt. Beim rein horizontalen Schuss fällt der Pfeil übrigens genauso schnell zu Boden, als wenn der Schütze ihn direkt fallen lassen würde. Nur - durch die kinetische Energie kommt er weiter ;-) Die Schussweite bestimmt sich nun aus der Initialgeschwindigkeit des Pfeils und der Zeit, die er bis zum Aufschlag auf dem Boden (durch die Schwerkraft) hat. Wird der Pfeil im Bogen nach oben geschossen, teilt sich die kinetische Energie in einen vertikalen und einen horizontalen Vektor auf. Dem vertikalen Vektor wirken Schwerkraft und Luftreibung entgegen, weswegen der Pfeil irgendwann (am Scheitelpunkt seiner Bahn) nicht weiter steigt, sondern nur noch vorwärts fliegt. Ab da sinkt er (Schwerkraft) immer schneller nach unten, wobei er gleichzeitig (Luftreibung) horizontal betrachtet langsamer wird. Durch den Schuss im Bogen 'gewinnt' der Pfeil einfach nur mehr Zeit, bevor die Schwerkraft ihn am Boden hat. Ergo - er kann weiter fliegen. Allerdings gewinnt der Pfeil dabei keine Energie 'aus dem Nichts'. Im Gegenteil. Er verbraucht einen Teil seiner Energie, um Höhe zu gewinnen, und beim Sinkflug bekommt er diese Energie wieder zurück (streng genommen in Summe sogar weniger, weil er durch den längeren Flug auch länger der Luftreibung ausgesetzt ist, und sich das negativ auf den horizontalen Vektor der kinetischen Energie auswirkt). Die einzige Möglichkeit, zusätzliche Energie beim Schuss dazu zu gewinnen, ist ein (m möglichst deutlich) höherer Standpunkt des Schützen gegenüber dem Ziel. Wenn also beispielsweise der Schütze auf einem sehr hohen Burgturm steht, hat der Pfeil durch die Höhendifferenz zwischen Schütze und Ziel ein Plus an potentieller (= Lage-) Energie. Diese wird nach Erreichen des Bahnscheitelpunktes in zusätzliche kinetische Energie umgewandelt. Allerdings auch hier wieder - je länger der Pfeil fliegt, desto mehr Geschwindigkeit (und damit kinetische Energie) verliert er durch Luftreibung. Der optimale Effekt mit den geringsten Reibungsverlusten ergäbe sich rechnerisch, wenn der Schütze vom Turm aus senkrecht nach unten schießen würde. Der Schuss im Bogen hat also lediglich taktische Vorteile. Der Gegner muß sich nicht nur gegen Angriffe von vorne (Infanterie und Kavallerie) verteidigen, sondern auch die Bedrohung von oben im Auge halten. Geteilte Aufmerksamkeit = weniger Aufmerksamkeit für jede einzelne Bedrohung, logisch. Zusätzlich hat ein Pfeil von schräg oben bessere Chancen, über den Schildrand ins Ziel zu gelangen. Zweiter Vorteil ist klar - Die Pfeile fliegen weiter, man kann den Feind also aus einer sichereren Distanz bekämpfen. Dritter Vorteil ist auch logisch - im Bogen geschossen können die Schützen von hinten über die Fußtruppen schießen. Wesentlich besser, als wenn sie den eigenen Leuten von hinten ins Kreuz ballern ;-) So viel zu den rein physikalischen Aspekten.
 
Hej Ulf! Die Beschreibung, wie sie Dunio, Tom24 und Hendrik1975 gegeben haben entspricht auch meinem physikalischen Verständnis. Sind wir einig? Dann fällt dein Argument, oder?
 
An den Fall "von oben" aufs Ziel feuern hab ich auch schon gedacht. Unter den Annahmen 60 m/s und 1000 grain Pfeilgewicht (=65g) kommt folgende Rechnung raus. E_Kin = 0.5 * (60m/s)² * 0,065kg = 117 Joul Höhenunterschied von 5m. E_Pot = 9.81m/s² * 5m * 0,065kg = 3 Joul Der Energiegewinn durchs "nach unten schießen" ist sehr begrenzt. Je schneller das Geschoss, desto geringer wird dieser.
 
@Tomt24 - Der letzte Satz ist nicht ganz korrekt. Der Zugewinn durch die potentielle Energie bleibt fix, unabhängig von der Geschwindigkeit des Pfeils. Wäre der Turm nicht nur 5, sondern 30m hoch, sind das fast 20 Joule extra, also rund 1/6 mehr. Also eine durchaus nennenswerte Größenordnung. Wie viel das im Endeffekt mehr an Schaden verursacht, kann ich natürlich nicht beurteilen.
 
pure Spekulation - aber manchmal kann es wirkungsvoller sein, die Gegner nur so schwer zu verletzen, dass sie nicht mehr an Kampfhandlungen teilnehmen können statt sie zu töten. Der psychologische Effekt, an vor Schmerz schreienden Kameraden vorbei vorrücken zu müssen ist wahrscheinlich höher als Tote zurücklassen zu müssen. Das könnte bei baltischen Beschuss suf Entfernung mit den Reibungsverlusten durchaus beabsichtigt gewesen sein, dass Durchschlagskraft verlorengeht...
 
Jo, die moderne 'Errungenschaft' der Anti-Personen-Mine... Soll nicht töten, sondern 'nur' verletzen, um dadurch so viele Gegner wie möglich mit der Versorgung der Verwundeten zu binden.
 
@Tomt24 - Der letzte Satz ist nicht ganz korrekt. Der Zugewinn durch die potentielle Energie bleibt fix, unabhängig von der Geschwindigkeit des Pfeils.
Das war relativ auf die Geschossenergie bezogen. Fliegt das Geschoss 10 mal schneller, hast du 100mal mehr kinetische Energie. Die potenzielle Energie bleibt gleich. Im obigen Fall hätten wir dann 11.700 Joul zu weiterhin 3 Joul. 30m sind doch ein gewisser Ausnahmefall, in der offenen Feldschlacht sind mehr wie ein paar Meter Höhenunterschied doch eher selten zu finden.
 
Einmal angenommen die Schützen sind nicht in einer offenen Feldschlacht sondern Verteidiger einer Burg.
 
Wir sollten auch bedenken, dass es in einer Schlacht ja definitiv nicht nur (schwer) gerüstete Teilnehmer gab, von Pferden usw. mal ganz abgesehen, und da ist ein Pfeilbeschuss durchaus verheerend. Gegen Rüstungen natürlich auch, sofern schlechter gepanzerte Stellen getroffen werden. Es ist durchaus anzunehmen, dass bei einem Hagel aus mehreren tausend Pfeilen (große Schlachten im HYW) auch solche Stellen getroffen werden.
 
Hier gibt es eine interessante Besprechung von Agincourt mit einer Diskussion der Rolle der Bogenschützen: [media]https://youtu.be/b1dFzFwgrfE[/media] //M
 
Hier gibt es einen gute Quelle für die Langbogen. Es geht eigentlich um Armbrüsten, aber die Einleitung ist eine gute Überblick des Akademischenstreits um die Langbogen. Es erklärt etwas die Physik und warum man nicht nur Bildquelle benutzen soll. The Technological Development of the Bow and the Crossbow in the Later Middle Ages

Es gibt Langbogen von 5. 6. und 8. Jahrhundert, die waren in Dänemark gefunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und mal zwei ganz doofe Fragen: Ab welchem Zeitrahmen begann man denn überhaupt im frühmittelalterlichen Norden damit Bögen bei der Kriegsführung einzusetzen? Sind auf dem Bildteppich aus Bayeux irgendwo Bogenschützen abgebildet? Das kommt mir grade in den Sinn, weil immer schnell und viel vom ELB geredet wird, wenn es um Bögen geht...
Es gibt Bogenschützen am Teppich. Einen bekannten Stück von der Teppich ist der Tot vom König Harald. Es ist nicht klar ob es wirklich Harald war, oder eine später Änderung aber jemand ist im Auge geschossen.

Aber die Texte sprechen von normannischen Armbrüster, die nicht auf dem Teppich zu finden sind.

Der Begriff englische Langbogen ist ein bisschen umstritten. Deswegen benutzen vielen Leuten verwenden den Begriff Kriegsbogen. Kurz gesagt, früher es war gedacht das die englische Langbogen war ein besonderes Art von Bogen. Langbogen gab es aber in vielen Bereichen und die Länge bestimmt nicht die Stärke des Bogens.

Der englische Langbogen heißt so, weil die Engländer es am meisten benutzt haben, wo as die Europäer haben meistens die Armbrust verwendet. Manchmal sind Recurvebogen türkische Bogen genannt. Obwohl viele andere Länder haben sie benutzt.
 

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