LotlBotl
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Wie versprochen hier mein Erfahrungsbericht mit den Lederflaschen: Neulich wurden in meinem Mittelalterverein finnische Ledertrinkschläuche für einen Festumzug angeschafft. Da der Shop für die "A"-Fraktion auch Trinkflaschen aus Leder im Angebot hatte, habe ich mich mal schlau gemacht, wie historisch korrekt die eigentlich sind. Ergebnis war, dass Trinkgefäßealler Art aus Leder ab spätestens dem 14. Jahrhundert in England so beliebt waren, dass der Gebrauch als Messkelch vom König verboten wurde. Erhaltene Originale sind im Gegensatz zu modernen Rekonstruktionen allerdings alle punziert und mit Pech statt mit Wachs abgedichtet. Da ich diese Flaschen sehr spannend fand und gerade sowieso die Darstellung eines leibeigenen Universalhandwerkers aufbaue, wollte ich mich unbedingt an einer versuchen und bestellte noch am gleichen Tag etwas 2mm Blankleder und Fasspech(gebrauchtes, da es auf 200 Grad erhitzt wird ist es hygienisch rein, wenn auch nicht mehr lebensmittelrechtlich zugelassen). Der erste Versuch sollte eine Feldflasche in Fassform, genannt Costrel, werden. Ich habe also alle Nähte doppelt zusammen genäht, das Leder ordentlich nass gemacht und mit Vogelsand gestopft bis sich die Fassböden nach außen wölbten und auch mit Gewalt nicht mehr rein ging. Das nasse Leder habe ich dann mit einem Ton-Modellierwerkzeug verziert, wie bei einem original aus der Mary Rose. Das ganze kam nun mehrere Stunden bei 70 Grad in den Backofen. Nachdem ich den Sand wieder entfernt hatte, schmolz ich das Fasspech auf dem Herd in einer alten Bleckdose und erhitzte es, bis es zischte und brodelte wenn ich Wasser darauf tropfen ließ, ein Indikator dafür dass das Fasspech die Temperatur von 180-200 Grad erreicht hat(Das Pech muss zurückspucken). Als ich es dann in die Flasche goss zischte es laut, Dampf stieg aus der Öffnung auf, die Flasche hatte sich im Bodenbereich total zusammengezogen. http://fs2.directupload.net/images/150726/c4ortj3y.jpg Durch den Dampf und die Tatsache dass die Flasche nun außen feucht war, vermutete ich, dass das Leder nicht trocken genug war. Also weiter im Internet recherchiert, englische Reenactor stellen ihre Blackjack genannten Lederkrüge grundsätzlich mit Fasspech her und fragen sich, ob Wachs denn auch ginge, also genau die umgekehrte Ausgangssituation wie bei uns. Also habe ich Versuche mit feuchten und trockenen Verschnittstücken angestellt, das trockene verzog sich nicht, also startete ich einen neuen Versuch. Damit es mir nicht langweilig wird, sollte es diesmal kein Costrel werden, sondern eine Bottel, also eine Flasche aus zwei gleichen aufeinanderliegenden Lederstücken. Die genaue Form ist nicht belegt, da aber alle mir bekannten Originale mit Wappen verziert sind, habe ich meine Flasche in Wappenschildform angefertigt und mit meinem Familienwappen punziert. Anschließend konnte ich sie auf etwa 800ml dehnen und trocknete sie wieder im Backofen. Diesmal stand die Flasche nach dem leeren einen vollen Tag in der Sonne, danach kam sie wieder in den Ofen. Als sie definitiv trocken war, strich ich sie noch mit flüssigem Wachs ein, um sie auch von außen vor Feuchtigkeit zu schützen, den Überschuss polierte ich mit einem Tuch weg. Nun goss ich das 200 grad heiße Fasspech in die vorgeheizte, gewachste Flasche, es zischte wieder. Die Flasche hatte sich allerdings nicht verformt! Ich goss nun den Überschuss an Fasspech wieder aus und wiederholte den Vorgang dreimal um jede Ecke zu erreichen. Es blieben noch etwa 740ml Fassungsvermögen übrig. Den Geschnitzten Holzstopfen passte ich ein, indem ich noch leicht weiches und mit der Hand verformbares Fasspech in den Flaschenhals knetete, im Ofen erhitzte und den eingeölten Stopfen einsteckte. Lederbändel dran, fertig. http://fs1.directupload.net/images/150727/kadj2tfc.jpg Die Flasche hatte ich dann so heute beim Umzug mit dabei um unterwegs nicht zu verdursten. Die Länge des Umhängebandes war so eingestellt, dass ich unterwegs trinken konnte, damit bin ich aber noch nicht ganz zufrieden, rechts behindert sie den Schwertarm, links das Schwert beim Ziehen, aber in der Schlacht sollte die sowieso der Knappe halten. http://fs2.directupload.net/images/150727/3fp5gpgl.jpg Hier nochmal im heimischen Garten fotografiert: http://fs2.directupload.net/images/150727/nhfxigwm.jpg Ich habe gehört dass sich mit Wachs abgedichtete Flaschen nur zum Transport von Wasser eignen weil alles andere den Geschmack von Wachs annimmt. Ich hatte heute selbst gebrauten Pfefferminz-Eistee dabei und er hat geschmeckt wie er sollte, das Fasspech ist, obwohl es bei der Verarbeitung stark nach Harz riecht und in der Hand klebt, vollkommen geschmacksneutral. Die Oberfläche des Pechs ist sehr glatt und leicht zu reinigen, warmes Wasser aus der Leitung ist zum Reinigen auf jeden Fall geeignet. Da das Pech klebrig ist, bleibt der Stopfen gerne fest im Hals kleben, wenn die Flasche nicht gefüllt ist, beim Umzug ließ sich die Flasche aber jederzeit gut öffnen und verschloss dicht. Nachteil ist, Fasspech ist hart und zerbrechlich, die Flasche ist zwar sehr stabil, sollte aber wie Glas behandelt und nicht gedrückt werden, wenn das Fasspech splittert muss sie neu gepicht werden. Alles in Allem bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden und merke dass mir die Arbeit mit Leder liegt und Spaß macht, ich befürchte allerdings, dass niemand bereit wäre einen fairen Preis für die Arbeit die da drin steckt zu zahlen, einen Flaschengroßhandel mache ich also wohl nicht auf. Vielleicht Einzelstücke für Leute die es zu schätzen wissen. Für die Darstellung aber sicher ein schönes Handwerk das ich weiter verfolgen werde.
Frage...: Was genau versteht man jetzt unter Faßpech, oder ist Birkenteer / pech damit gemeint / bzw. wäre ebenfalls dafür verwendbar...? LG Halfdan Horntrinker
