Apotheker Francesco Gerini aus Florenz im 13. Jhd?

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Der Feldscherer

Guest
Hallo, ich habe mit großem Interesse den Beitrag über die Pest (Pest Reloaded) auf Pro7 (und natürlich online) geschaut und habe ein Problem. In dem Beitrag wird von einem Apotheker Francesco Gerini aus Florenz im 13. Jhd. gesprochen. Ich wollte mich daraufhin über diesen näher informieren, da ich mich ja intensiv mit der Medizin des Mittelalters beschäftige, hab aber nirgendswo was über ihn gefunden (weder im Internet noch in Büchern etc.) Meine Anfrage bei Galileo ist auch verhallt, da bekomme ich keine Antwort darauf. Nun wende ich mich an das Forum das mir da schon öfters geholfen hat wenn ich nicht mehr weiter wusste. Vielleicht hat ja jemand nähere Informationen zu ihm oder kann mir sogar eine Quellenangabe liefern wo ich selbst recherchieren kann?
 
Irgendwie war mir so, als ob der große Pestausbruch in Europa (und damit auch in Florenz) Mitte des 14. Jahrhunderts gewesen wäre....? Und bist Du Dir mit der Schreibweise sicher? Evtl. schreibt sich der Gute auch Guerini oder Guerrini oder so ähnlich....
 
Katahrina, du hast Recht mit dem 14. Jhdt., das hat der Feldscherer sicher durcheinandergebracht. Den Apotheker Gerini (scheint sich der Aussprache nach tatsächlich so zu schreiben) hab ich noch net gefunden. Wohl aber die im Film auch auftauchende Olivia Cranmer. Jemand hat wohl einen an Fakten angelehnten Roman daraus gemacht: http://books.google.de/books?id=nU-LbA6mYWgC&dq=Olivia+Cranmer&hl=de&source=gbs_navlinks_s Francesco gerini hab ich nicht gefunden (außer einen Fußballspieler), aber die Familie Gerini scheint im 14. Jahrhundert und später in Florenz Rang und Ansehen gehabt zu haben, es gibt Kaufleute, Berater, Maler und Musiker unter ihnen. Da könnte man weiterforschen.
 
Ich habe ihn auch nicht gefunden , zumindest nicht gemäß der o.g. Schreibweise, weder in Toellner`s "Illustrierte Geschichte der Medizin, in 6 Bd." noch in anderen Werken. Auch in Sekundärquellen , wie in Werken des 16. Jhd. habe ich keinen Hinweis auf ihn gefunden. Und es ist richtig, die Pestwelle war Mitte des 14. Jhd. ;) Wo man evtl. noch mal nachschauen könnte wäre in Boccaccio`s "Decamerone", ob dieser Name dort nicht in einer der Novellen auftaucht... :S
 
Zumindest gibt es auch heute noch in Florenz den Palazzo Gerini. Und im 14. Jh. gab es Nicolo die Pietro Gerini - einen Maler in Florenz. http://en.wikipedia.org/wiki/Niccolò_di_Pietro_Gerini Aber zu einem Francesco habe ich auch nichts gefunden. Dann finde ich über google etwas über einen Francesco Gerini:
Francesco I asks Francesco Gerini to inform Sixtus V that a record of the trial of Lamberto Malatesta will be sent to the papal court.
Leider kann man dieses Satz nur lesen, wenn man die google-Suche aufhat. Wenn man draufklickt kommt etwas, wo man sich einloggen muss. Übersetzt heißt das: "Francesco I bittet Francesco Gerini darum, Sixtus V zu informieren, dass eine Aufzeichnung des Prozesses gegen Lamberto Malatesta an den päpstlichen Hof geschickt wird." Die weitere Suche ließ mich aber wieder davon abkommen, dass es sich um ebe jenen Francesc Gerini handelt, da Sixtus V von 1521 bis 1590 lebte. Also wieder Fehlanzeige. Ich vermute mal, der Name ist fiktiv, ansosnten würde man zu dem was finden.
 
Also, ich habe mir gerade mal den Pro7 Beitrag angesehen und komme zu dem Schluß, daß dieser gesuchte Apotheker rein fiktiv ist , und er nur stellvertretend für die Mediziner des 14.Jhd. steht. Man muß ja schließlich dem Kind einen Namen geben um so einen Beitrag für das Publikum spannend machen ( ...nicht nur Glockengeläut und entsprechende musikalische Untermalung... :D ).In sofern bin ich bei derartigen Beiträgen immer sehr vorsichtig und skeptisch was historische Fakten angeht. ;( Mit Olivia Cranmer sieht es da schon ganz anders aus, denn hier wurde zumindest in diesem Beitrag ein Urkunden-oder Chronikeintrag gezeigt. Leider alles nur so flüchtig, daß man nicht lesen konnte ob es sich hierbei tatsächlich um die genannte Olivia Cranmer handelte. Im Falle des Francesco Gerini fehlt aber jeder biographische Hinweis und der wäre ja nun mit Sicherheit in Pro7-epischer Breite präsentiert worden. :whistling: Ergo: Gerini scheint nicht existent zu sein, denn ein "großer" Gelehrter des 14.Jhd. hätte mit Sicherheit eine nachverfolgbare Spur im Laufe der Geschichte hinterlassen.
 
Schade...ich hatte es ja schon vermutet...ich kam auch auf den Maler...fand aber nix zum Mediziner...naja..immerhin die Gewandung von ihm ist mal schön.. :)
 
Wenn dich das Apothekerwesen in Wien interessiert, gibts da viele Beiträge in den Jahrbüchern für Geschichte hier im Stadtarchiv bzw. auch ein Buch zu den Apotheken in Wien vom MA an (http://www.wien.gv.at/kultur/abteilung/vorlesungen/termine/2010/apothekengeschichte-23-11.html ) - der Czeike hat da jahrelang dahingehend umfassend die Thematik recherchiert. Kann versuchen dir beim nächsten Stadtarchivbesuch ggf die Ausgaben rauszuschreiben, damit du dann via Titel evtl. per Fernleihe schauen kannst?
 
Die im Link, den ich gepostet hab, genannte Olivia lebte zur genannten Zeit in England; man kann in dem buch lesen. Allerdings habe ich nur flüchtig drübergeschaut, hatte keine zeit.
 
Schade...ich hatte es ja schon vermutet...ich kam auch auf den Maler...fand aber nix zum Mediziner...naja..immerhin die Gewandung von ihm ist mal schön.. :)
Auch wenn es diese Person wohl nicht gegeben hat, gibt es aber noch zahlreiche bekannte Mediziner aus dieser Zeit. :) Solltest Du also da jemanden bestimmten suchen, dann melde Dich einfach und ich schau ob ich da helfen kann, da ich da auch einiges an guter Literatur zur Verfügung stehen habe. :whistling:Abgesehen davon ist die mittelalterliche Medizingeschichte unheimlich spannend. Ich denke da vor allem an die frühen Schulen wie die von Salerno etc.. Also wie gesagt: ich bin da gerne mit im Boot .... ;)
 
@aixlibris: Hmmm...da werde ich dann mal die Tage gerne auf dich zurückgreifen. Salerno ist eine Sache die mir noch fehlt.... :)
 
"You are welcome"... :D Zur Pest und ihre Auswüchse und Folgen für Europa habe ich hier noch eine nette Sekundärquelle aus dem Jahre 1632:
" Bey dieses Caroli IV Zeiten hat sich die wunderbare Sect der Geyßler hin unnd wieder in Teutschland mercken lassen. Im Jahr 1350 regierte die schröckliche Seucht der Pestilenz fast durch ganz Europam. Solche zu stillen und Gott zu versöhnen/ kamen die Geyßler auß Ungarn in teutschland/ wanderten zu einem Ort zu andern mit Processionen, Fahnen und Gesäng. Sie schlugen sich selbst mit Stricken unnd Geysseln bis auffs Blut/ hierdurch Vergebung der Sünden / und Nachlassung der Straffen/ beydes für sich selbst und andere zu verdienen. Es waren fast lauter Idioten und ungelehrte Leuthe/ ausser etlich wenigen/ unnd bestund ihre Gesellschafft auß Männern/ Weibern und Kindern. Sie hielten gewisse Stunden/ wann sie sich geysselten/ zweymal des Tags/ und einmal zu Nacht/ so wol offentlich als heimlich/ unnd hatten deswegen ihre Meister/ ohne deren Vorwissen sie nichts thun dorfften. Ihre Leiber waren uberzogen von blawen todtenmäelern und glieffertem Blut/ wegen des stetigen Schlagens/ dann sie sich mehrertheil mit Stricken/ daran harte Knöpff waren/ geysselten. Sie schalten hefftig auff die Geistlichen/ und bezüchtigten die Römische Kirche vieler Irrthumben/ die sie in 44 Articul verfasst hatten..."
zitiert aus: Gottfried,Johann Ludwig : " Historischer Chronicken sechster/ und Römischer Monarchey dritter Theil...mit geschichtsmäßigen Kupferstücken gezieret.", verlegt durch Matthaeus Merian, Frankfurt a.M. 1632, Tom. II, Fol. 243/244
 
also das Quellenmaterial zur Pest ist bereits im 14. sehr eindrucksvoll. auch wennst da immer in der Quellenkritik vorsichtig sein musst, da ja bei Zahlen gerne übertrieben wurde. Trotzdem spürt man sehr gut die Erschütterung der Menschen im Zuge der Pest. Zudem muss man bei den Folgen (ist alles noch in Arbeit leider für diesen Artikel!) aber auch die allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Krisen des 14. Jh. berücksichtigen, die zwar nicht überall gleich waren, aber zum Teil doch regional gesehen jeweils die Lage nach der Pest zusätzlich wohl verschärft haben. Hab mir vor Weihnachten mal die Mühe gemacht die österr. Quellen zu dem Thema abzuklopfen: http://wh1350.at/alltag-um-1350/die-pest-in-wien-13481349/ Unter "Verwendete Literatur" bei dem Punkt gäbs auch einige Literaturhinweise zu Originalquellen! Interessant btw. bei der Thematik Pest und Ärzte der ewige Streit zwischen studierten Ärzten und Wundärzten/Badnern über die Zuständigkeit bei der Behandlung bzw. der Methodik. Aber auch die häufige Flucht aus der Stadt seitens der Ärzte, wie sie besonders bei späteren Pestzügen mehrmals nachgewiesen ist. LG
 
Firiel, ich bin begeistert ! :thumbsup: das ist ja phantastisch recherchiert und es sind hervorragende Quellen. Gerade der erste Text über die Flagellanten und das Massensterben ist echt bezeichnend für diese Epoche ! von mir daher nicht nur ein "Like it ! " , sondern auch ein großes "Merci"... :danke
 
Interessant ist, wie die Pest in den ersten gedruckten Büchern gewürdigt wird: Im "Buch der Croniken" des Nürnberger Arztes Hartmann Schedel aus dem Jahre 1493 findet sich lediglich ein Artikel über die Geißler und ihre "ketzerische" Haltung zur Römischen Kirche. http://dfg-viewer.de/show/?set[mets]=http%3A%2F%2Fdaten.digitale-sammlungen.de%2F~db%2Fmets%2Fbsb00034024_mets.xml Quelle : BSB Und in der " Cronica van der hilliger Stat van Coellen" , der sog. Koelhoff`schen Chronik aus dem Jahre 1499 findet sich dazu lediglich 1 Zeile, während der kalte Winter eher interessant war:
Anno dni. MCCCLXV
  • Anno domini . MCCCLXV . Do was eyn so kalt wynter dat der Rijn eyn gantz veirdel jairs bestanden was. Dat men up seint Pauwels dach tzo Riell over den Rijn ginck ind tzo allen iiii wechen wais groiss marck up dem ijss.
  • In dem selven jair was eyn groiss sterffde.
zitiert aus "Cronica van der hilliger Stat van Coellen" Fol. CCLXVIII, Köln 1499 Quelle:Nachdruck der Chronik im Robert Steimel Verlag, Köln, 1972, Exemplar 471/500 Interessant in diesem Zusammenhang auch der Heidelberger Totentanz , Heidelberg: Heinrich Knoblochtzer, nicht nach 1488: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/totentanz1488/0001?sid=08518337866ab545803d39b36342e499 Quelle: UB Heidelberg, http://www.ub.uni-heidelberg.de/
 

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