Augenscheinliches

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Altes Problem: Jeder will Häuptling sein, kaum einer Indianer. Interessant ist, dass sich das Problem ab einem gewissen Anspruch an die eigenen Darstellung verkleinert: Sobald es darum geht sowohl Kampf-, als auch Zivilgarnitur auf ein gewisses Level zu bringen wenden sich die meisten einfacheren und oft auch sehr zivilen Rollen zu, weil der Aufwand (in Rüstsachen gerade auch finanziell) sich dann langsam historischen Verhältnissen annähert. Als Student kann ich mich schnell als - man verzeihe mir den Ausdruck - "Marktritter" ausrüsten, aber der Adelige im Naumburger Stil mit Seide, rekonstruiertem Schwert und fehgefüttertem Mantel ist für mich schon finanziell derzeit unerreichbar. Deswegen gehen viele erst auf "Ministerialen" (Synonym für "Ritter, aber halt ganz einfach und trotzdem interessant") und schließlich Handwerker runter. Denn: Bei Belebungen ist in Rüstung rumstehen auch nicht abendfüllend oder produktiv. Rüstung bauen, kochen, Nesteln flechten dagegen schon. Ordensritter sind da eine bequeme Zwischenlösung: finanziell weniger aufwendig und trotzdem adelig, wichtig, ritterlich. Ergänzung zu Torstens Beitrag: Nein, weder Titel noch Charakter machen jemanden zum Ritter/Adeligen: Nur sein Umfeld kann das. Wenn das Umfeld die übergeordnete Rolle nicht anerkennt, dann ist man maximal ein Schreihals oder Schläger. Den König spielst nicht du. Den König spielen die anderen. (Theater-Sprichwort) Im Liverollenspiel verbreitet sich die letzten Jahre immer mehr die Erkenntnis, dass Ritter, Adelige und Heroen nur dann wirken, wenn eine kritische Masse an einfachen Volk vorhanden ist, das sie als Übergeordnete anspielt (http://www.larpwiki.de/Meinung/Hierarchien/KönigSpielen)- und dass gerade dieses "Graswurzelspiel" als Handwerker, Bauer und Bettler unglaublichen Spaß macht. Vielleicht verbreitet sich diese Einstellung ja auch über die Szenegrenzen. Ich fänd's toll.
 
Natürlich möchte viele lieber den Strahlenden Helden darstellen als das einfache Volk. Jeder natürlich nach seinen Finanz. Möglichkeiten. Ordensritter aus Armut? Hm, ich denke doch ehr aus Überzeugung! Doch nicht jeder ist zum 'Häuptling' geboren oder hat das was man Führungsqualitäten nennt. Bei den meisten 'Anführern' beschränke sie sich aufs Met Trinken. Eine Gruppe 'Managen' können meiner Meinung klar die Frauen besser!
 
Die beiden Ordensgruppen, mit denen ich unterwegs bin, gehen streng nach eigenen Regularien vor. Neulinge dürfen schon mal gar nicht als "Selbsternannte Weiße" beginnen, sondern müssen auch ein jahrelanges Knappentum durchlaufen, bzw. beginnen als dienende Brüder. Auch die beiden Komthure der Gruppen haben diesse jahrelange Knappentum durchlaufen und können, da sie die Ziet für die Verfeinerung ihrer Darstellung sowie für die Recherche zur dargestellten Zeit/ Ordensregeln genutz haben, durchaus stolz auf ihr Rittertum sein. Klar sieht es manchmal komisch aus, wenn wir mit 5 Leuten unterwegs sind und 4 davon weiße Mäntel tragen. Ich kann es jedoch nachvollziehen, da der Nachwuchs heutzutage nicht immer die gleiche Intensität in sein Hobby legt, wie die "Anführer". Und damit natürlich auch nicht jeden Termin wahrnimmt (einige der "Schwarzen" sehe ich auch nur 1x/ Jahr :D ). Manche können natürlich aus studien- oder berufstechnische bzw. familiären Gründen nicht mehr Termine wahrnehmen, andere sind halt an einer ernsthafteren Darstellung schlichtweg nicht ganz so interessiert. Ich werde mir über die Anwesenheiten einzelner Brüder sicherlich kein Urteil erlauben, sehe aber schon, dass immer die gleichen - nämlich die, die das Hobby schon seit Jahren sehr intensiv betreiben - die Fahne für die ganze Komthurei hochhalten. Und das sind nun mal die beiden Komthure. Warum sollten sie nach der hart erarbeiteten Schwertleite das Weiß des Ritters wieder ablegen, nur weil auf dem Markt eventuell zu viele "Ritter" unterwegs sind? Ich denke, sie können stolz auf das Erreichte sein. Und in letzter Zeit sind beide sowieso oft in ihren einfachen braunen Hauskutten unterwegs und tragen das Weiß nur, wenn es zur Schlacht geht, oder repräsentiert werden muss. Ich denke, wenn so verfahren wird, ist das völlig o.k. Leider sieht man den Hintergrund der Geschichte dann keinem Lager an. Und eine weiterführende Diskussion in Richtung "Selbsternannt" oder nicht würde hier nur wieder zur großen "A"-Frage führen. Mich persönlich stört es nicht, wenn im Lager mehr "Weiße" sind, als andere. Hilfsbereit sind die Jungs trotzdem und ich habe es noch nie erlebt, dass sie sich nur bedienen ließen. Bei einer anderen befreundeten Ordensgruppe kenne ich das so, dass der Hochmeister dort sogar jemand ist, der am Meisten arbeitet. Immerhin ist es auch seine Aufgabe, für das Prestige der Gruppe zu sorgen, also legt er überall mit Hand an, damit das Lager stimmig ist.
 
Hi Mara, das Thema bleibt ein zweischneidiges Schwert. Ich stell mir gerade jemand vor der vielleicht schon seit Jahren in der Szene aktiv ist. Vielleicht schon gereift an Jahren. Wenn der gerne einen weißen darstellen möchte und seine Klamotte stimmt, dann soll er das tun. Und wenn es eben nur weiße gibt, dann ist das vielleicht nicht historisch, aber es ist eben auch kein Wirkliches Leben sondern nur Hobby. Ich persönlich kann damit leben. Wenn jemand einen längeren Weg gehen möchte, dann ist das ganz genau so ok und eine persönliche Entscheidung. Ich selbst hatte fast 8 Jahre einen "Knappen Azubi". Und er hat sich in dieser Zeit gut im Hobby entwickelt. Das fängt an vom korrekten Feuer machen über Waffentechniken bis hin zu höfischen Benehmen und Literatur. Soll dieser nochmal als Knappe anfangen wenn er einen weißen darstellen möchte? Mh Und mal ganz ehrlich: dieses etwas verklärte Ritterbild was es heute gibt ala ...sein Herz kennt nur die Tugend, sein Mund spricht nur die Wahrheit...usw. Das ich nicht lache. Ich habe denn Film auch gesehen. Die historische Wahrheit sagt da was anderes. In erster Linie waren Ritter berittene Berufskrieger. Und mit Sicherheit keine Moralapostel wie sie heute oft dargestellt werden. Sie standen für christliche Werte mit denen sie selber in Konflikt gerieten. Von daher versteh ich persönlich eh nicht warum eine Ritterdarstellung so anstrebenswert ist.
 
Naja, ich wollte damit ja keinem Ritter seine Existenzberechtigung absprechen. Mir ist ein stimmiger Ritter, der auch weiß, was er da macht allemal lieber als ein dienender Bruder oder ein Handwerker, der keine Ahnung von der Materie hat. Insofern ist es mir eigentlich egal ob weiß oder schwarz. Ich wollte mit meinem Post eigentlich nur die "in Schutz nehmen", die sich ihre Ritterdarstellung in jahrelanger Recherche erarbeitet haben. Nur weil es auf einigen VA´s mglicherweise ein Überangebot an Rittern gibt, müssen sie ja nun nicht herunterfahren. Insofern stört mich das Überangebot - zumindest in unserem Lager - in keinster Weise. Ich schätze es auch sehr, wenn mal die Rittergewandung abgelegt wird und im einfachen Leinenhemdchen das Holz gehackt oder das Wasser geholt wird. Auch das kommt oft genug vor. Man sollte sich als Gruppe einfach überlegen, wo man Prioritäten setzt und wie man die Aufgaben sinnbringend verteilt. Wenn alle Adel machen, bleibt die Küche kalt! So ist das eben. Ich switche auch mal innerhalb eines WE von Magd zur Adligen. Aber dann nur mit dementsprechenden Tätigkeiten zum Outfit. Als Adel kann ich auch mal flanieren, ggf. Fotos machen. Gehe ich an den Herd, habe ich mich umgezogen. Man muss auch bedenken, dass es möglicherweise einfach Termine gibt, bei denen die ganze Gruppe aufgerödelt repräsentieren muss. Das geht uns häufig so, wenn Umzüge angesagt sind. Da will der Veranstalter natürlich was Buntes für´s Auge, keinen abgerissenen Knecht. Da gibt es in diesem Moment sicherlich ein Überangebot an Rittern. 2 Stunden später sind die alle weg, und im Lager wird fröhlich gekocht, gehandwerkelt oder ähnliches. Ich finde es gut, wenn wir im Hobby flexibel bleiben. :thumbsup:
 
Als Resultat bildete sich eine (für mich) unüberwindbare Kluft, die mich in letzter Konsequenz zum Austritt bewegte. Bei den "Extremisten" handelte es sich ausnahmslos um Personen in diversen existenziellen Schwierigkeite, wobei ich mich hier auf die gesamte Bandbreite (finanziell, sozial, emotional etc.) beziehe. Offensichtlich also ein Kompensationsversuch. Wie in allen Bereichen menschlichen Wirkens, liegt die Gefahr im Verlust der Balance.
Kann ich so nicht unterschreiben. Meiner Meinung nach schlüpfen viele Menschen einfach gern in eine Rolle. Verkleiden sich gern, um einfach mal aus dem grauen Alltag zu entfliehen. Einfach mal jemand Anderer sein als der Bürofuzzi auf Zimmer 507 oder die Lidl-Kasserierin. Und wer würde nicht lieber der strahlende Ritter als der pockenübersähte Bettler sein? Ich meine damit gerade die Leute, die gerade so ein bißchen ins "Mittelalterleben" reinschnuppern. Und schließe mich damit selbst auch nicht aus! Inzwischen sehe ich das auch etwas anders. Mich reizen inzwischen ganz andere Darstellung, weit ab von der Norm. Aber das war bei mir zu Anfang auch nicht der Fall. Von dem her, würde ich das Alles einfach nicht zu eng sehen. Und n Bier trinken, hilft eigentlich immer! :D Prost! Euer Toke! Sklavenhändler, Lügenschmied und wahrer Erfinder der gebrauchten Weltvernichtungsmaschine!
 
@ Toke kurze Anmerkung zu deinem "Zitat" und Kommentar: Was ich angeführt habe, war ein Extremfall und entspricht sicher nicht dem Regelfall. Es war eine interessante Erfahrung, die mir die aktive Mittelalterdarstellung erst einmal vergällt hatte. Es ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, wenn sich Menschen eine mittelalterliche Auszeit gönnen........nur manchmal hat es halt den Anschein einer Faschingsveranstaltung, wenn die personelle Zusammensetzung aus 90% Ritter und Burgfräuleins besteht. Ad deum Mattehes
 
@ Mattehes: Ich gebe zu, ich identifiziere mich auch im Privatleben immer mehr mit meiner mittelalterlichen Rolle. Das geht so weit, dass ich in meiner Freizeit Sachen nähe, Events vorbereite, Recherche betreibe oder Freunde treffe, mit denen ich das Hobby gemeinsam betreibe. Ja, das geht so weit, dass ich in diesen Kreisen - auch wenn wir nicht auf einem Event unterwegs sind - nur noch auf meinen mittelalterlichen Namen höre. Alles andere käme mir komisch vor. D.h. neben dem Mittelalter gibt es bei mir (auße Familie und Job) eigentlich nichts anderes. Na und? Mir geht es gut dabei und ich empfinde dieses wundervolle und erlebnisreiche Hobby als wertvolle Bereicherung zu meinem 50-60 Wochenstunden Arbeitsalltag und dem Job als alleinerziehende Mutter von zwei pubertierenden Teenagern. Wer will mir das verbieten? Du? Die Diskussion, wie "A" manche Veranstaltungen sind, hatten wir hier schon genug. Bitte nicht noch eine. Gönne den Darstellern doch einfach mal ihren Spaß. Und wenn es nicht Deine Sache war, dann hast Du ja das Richtige getan, indem Du Dich zurück gezogen hast. Dann sei aber auch so gut und maße Dir kein Urteil über diejenigen an, die weiter machen. Wie auch immer ist dann deren Sache. Wenn es Dir nicht gefällt, geh einfach nicht hin.
 
@ Werte Mara: Weder maße ich mir irgend etwas an, noch verurteile irgend jemanden, dies wurde von mir ausdrücklich betont "Suum cuique". Ich habe persönliche Eindrücke und Sichtweisen wiedergegeben, ohne sie zu dogmatisieren. Es erscheint mir unverständlich, warum Du dich derart vehement rechtfertigst. Eine Diskussion lebt von dem Für und Wider ihrer Argumentationen. "Polemik" erachte ich grundsätzlich als unangebracht. Um weiteren Mißverständnissen vorzubeugen und Spekulationen entgegenzutreten - Nein, es liegt nicht in meiner Absicht die Rolle eines Querulanten zu übernehmen. Es sollte jedoch möglich sein "Augenscheinliches" anzusprechen und ohne emotionalen Überhang zur Diskussion stellen zu können. Ad deum Mattehes
 
hi, also wenn dich ritter und Burgdamen stören, dann liegt das problem eindeutig bei dir. Deine sichtweise ist richtig. Klar, objektiv gibt es zu viel adel. Und auch zuviel hobby krieger. Aber das ist nunmal so. Wer will es denn leuten verbieten? Mach es doch persönlich anders wenn du es magst. Und vor allem sei gut in dem was du tust.
 
@ Mattehes: Vielleicht kam es etwas scharf rüber, aber die Diskussionen, wer wann, wo und wie gewandet auf den Märkten rumläuft, hatten wir hier schon sooooo oft, dass mir vielleicht im Eifer des Gefechts ein wenig die Hutschnur hochging. Nur - ich habe oft das Gefühl, dass sich hier sowohl GroMi-Darsteller als auch A-Päpste ständig für ihre Darstellung rechtfertigen müssen. Warum? Langsam nervt mich die ständige Analyse von Veranstaltungen und deren Teilnehmern. Ich hatte eigentlich mal gedacht, dieses Forum ist dazu da, dass man sich über Fundfragen austauscht, eventuell sich die Meinung anderer zu eigenen handwerklich erstellten Sachen einholt, nach Quellen fragt, sich gemeinsam weiter entwickelt. Statt dessen kommt immer wieder jemand mit: 1. Warum sind alle Ritter? 2. Wieso gibt es ein Überangebot an Templern? 3. Warum sind so wenig im christlichen Mittelalter unterwegs? (Wobei sich Frage 2 uns 3 ja schon wieder ad absurdum führen) Weils Spaß macht! Und das ist doch wichtig. :thumbsup:
 
Nur - ich habe oft das Gefühl, dass sich hier sowohl GroMi-Darsteller als auch A-Päpste ständig für ihre Darstellung rechtfertigen müssen.
:danke ich bin nicht allein...
 
Die hier dargelegten Beweggründe für ein überproportionales "Adeligen-Aufgebot" auf Märkten und Veranstaltungen sind für mich durchaus nachvollziehbar. Intention der gewählten Thematik war es einen zwanglosen Gedankenaustausch zu initiieren, nicht irgend jemanden zu kompromitieren. Es erscheint mir daher sinnvoll den vorliegenden Faden hier enden zu lassen. Ad deum Mattehes
 
Mara, Panzerreiter, ich bin bei euch!
Die hier dargelegten Beweggründe für ein überproportionales "Adeligen-Aufgebot" auf Märkten und Veranstaltungen sind für mich durchaus nachvollziehbar. Intention der gewählten Thematik war es einen zwanglosen Gedankenaustausch zu initiieren, nicht irgend jemanden zu kompromitieren. Es erscheint mir daher sinnvoll den vorliegenden Faden hier enden zu lassen. Ad deum Mattehes
Mattehes, ich glaube, du solltest das nicht als persönlichen Vorwurf sehen, was Mara schreibt. Grundsätzlich hast du ja recht mit deiner Feststellung und hast ja auch zustimmende und auch erklärende (oder Erklärungsversuche) Antworten bekommen. Nur ist das ja auch nicht der erste Beitrag zum Thema. Diese Fragestellung taucht in vielen aufkommenden A-Diskussionen irgendwann auch auf. Zudem denke ich, hier ist ein ausreichender Gedankenaustausch zustande gekommen. Was Mara, Panzerreiter, mich und bestimmt auch andere halt ein wenig (manchmal auch mehr) stört, ist, dass zu solchen Fragen und Themenkomplexen so viel erzählt wird, dass man den Eindruck bekommt, dass sowas wesentlich häufiger und lieber diskutiert wird, als irgendwelche Fragen nach Funden, Fundlagen, Rekonstruktionen oder handwerklichen Dingen. Und das ist einfach schade. Nix für ungut, lieben Gruß Ollie
 
@ Ollibert: Danke für die Zusammenfassung. Ich weise gern noch einmal darauf hin, dass dieses Forum eine Suchunktion hat. Oder einfach erst einmal die Unterforen durchforsten, ab und zu wird dort schon die eine oder andere Frage beantwortet. @ Mattehes:
Es sollte jedoch möglich sein "Augenscheinliches" anzusprechen und ohne emotionalen Überhang zur Diskussion stellen zu können.
Eine Diskussion wird sich aus solchen Beobachtungen zwangsläufig immer ergeben. Da kann der Fragesteller noch so harmlos fragen. Oder was meinst Du, was passieren würde, wenn ich mich mitten in Berlin-Kreuzberg auf die Straße stelle und laut kund tue, dass hier aber viele Ausländer unterwegs sind? Harmlos gemeint und eine reine Tatsache. Aber ich wette, mindestens jeder Zweite würde mich für einen Rassisten halten. Gerade bei der (den) Vorschichte(n) in diesem Forum wird schon allein aus der reinen Fragestellung eine kleine Provokation, ohne dass Du es vielleicht beabsichtigt hast. Also, wenn ich Dir auf den Schlips getreten habe, tut es mir leid. Aber ich hoffe, Du kannst meine Intention ein wenig nachvollziehen. Wenn dann nichts brauchbares mehr an Antworten kommt, würde ich demnächst hier auch dicht machen. Wenn ich das jetzt gleich mache, könnte uns Moderatoren wieder mal Zensur vorgeworfen werden, und das wollen wir doch nicht. :whistling: PS: Die Meinung die ich oben vertrete ist übrigens nur meine persönliche als Mara, nicht als Mod. Ich betone das hier ausdrücklich!
 
@ Mara, Ollibert: Ich darf Euch versichern weder gekränkt noch beleidigt zu sein. Mein Vorschlag die Thematik enden zu lassen beruht auf der Erkenntnis, daß sie sich offensichtlich erschöpft hat, also eine rein rationale Überlegung. Auch ich würde wahrscheinlich ein wenig "indigniert" (ja, dieses Wort gönne ich mir als kleines Schmankerl) reagieren, wenn ein ausgiebig diskutierter Themenbereich stets aufs Neue aufgewärmt würde. Ad deum Mattehes
 
Keine Sorge Mattehes, provoziert oder befremdet oder emotional außergewöhnlich belastet fühle - zumindest - ich mich keineswegs. Du hast ja schlichtweg recht. Deine Beobachtung teile ich. Allein, ich kann's nicht ändern und, ehrlich gesagt, ich finde den Umstand auch so dramatisch nicht. Es gibt Gründe dafür, ob nun real oder nur vermutet, und viele dieser (potentiellen) Gründe wurden hier ja auch genannt. Die meisten davon kann ich auch nachvollziehen. Einen möchte ich noch ergänzen, ein Phänomen, das sich generell durch die gesamte Geschichtsbetrachtung, -bewertung und -vermitlung wie ein roter Faden zieht: Die Personifizierung von Geschichte. Wir sagen etwa, Cheops habe eine Pyramide erbaut. Das ist natürlich Blödsinn. Er hat sie weder geplant (das haben seine Baumeister), noch gebaut (das haben seine Untertanen), noch erfunden (das waren seine Vorfahren), noch bezahlt (das waren ebenfalls seine Untertanen), ja, er liegt offenbar noch nicht mal drin! Oder Caesar habe Gallien erobert. Ganz allein, wie Aragorn, mit dem Schwert in der Hand kämpfte er gegen Tausende von Galliern und unterwarf sie. Klar... Und wenn ich höre, dass Adolf Hitler Russland überfiel, dann stelle ich mir auch einen kleinen Mann mit Oberlippenbärtchen, Rambostirnband und MG-Gurten über der Brust vor, der russische Grenzschlagbäume eintritt und die rote Flut mit einem kräftigen janovschen Urschrei vor sich her jagt. Wenn wir an Geschichte denken, dann denken wir automatisch an herausragende Einzelpersonen, die wir symbolisch für ganze Epochen stellen. Woher kommt's? Zum Einen, weil das für unser Denken ganz normal ist. Unser Hirn braucht Kristallisationskeime, um Dinge zu verknüpfen und Gedankenkette entstehen zu lassen. Als einzelnes Individuum können wir uns leichter mit anderen einzelnen Individuen identifizieren. Wir sind in der Regel außerstande, uns mit Massen von Individuen zu identifizieren, weil wir nicht in der Lage sind, parallel viele Gedanken, Meinungen und individuell differierende Veranlagungen zu verarbeiten. Wir haben keinen multiple-core-Prozessor, der dafür nötig wäre. (Ein reales und unterschätztes Problem in der heutigen Gesellschaft übrigens, da jeder meint, die Gesellschaft solle an seinem Wesen genesen und er habe die einzig wahre Meinung. Wenn andere da was anders sehen als ich, dann haben sie höchstwahrscheinlich unrecht. Das macht unsere gesellschaftlichen Parameter wie etwa Gesetze und Politik hochgradig subjektiv, man könnte auch sagen, auf Stammtischniveau, statt der gebotenen, gesamtgesellschaftlichen Objektivität, selbst wenn diese mal als unangenehm empfunden wird. Wegen dieser Unfähigkeit zu rationaler Vernunft haben wir einen ganzen Haufen von blödsinnigen Gesetzen, die mehr schaden als nützen. Aber ich schweife ab...) In der Geschichtsdidaktik ist das Phänomen der Personifizierung ein alter Hut. Historische Abhandlungen über längsschnittliche oder querschnittliche archäologische Befunde ermüden, die Geschichte von Urgh, dem Steinzeitjäger dagegen vermag Kinder zu fesseln. Das ist bei Erwachsenen micht anders, wie auch die Macher von Geschichtsdokus im Fernsehen verstärkt gemerkt zu haben scheinen. Immer öfter erwachen inzwischen die Knochen irgendeines Asservats nachts zum Leben, reisen in der Zeit zurück und zeigen uns, wie das Leben von Harro, dem Sachsen (aus: "Mit Schwert und Kreuz", die Sachsenmission Karls des Großen) ausgesehen haben könnte. Jetzt könnte man einwenden, Person sei doch Person und warum nun finde man - Beispiel-Harro ist doch schließlich auch ein einfacher Mann - bei dieser Personifizierung keinen anteilskorrekten gesellschaftlichen Querschnitt? Genau das ist ja auch mehr oder weniger die Eingangsfrage, speziell auf den Bereich der Personifizierung im Rahmen der LH (denn genau das machen wir: wir personifizieren) bezogen. Die Antwort ist ganz einfach: Weil die Überlieferungen aus der Geschichte, wie oben erwähnt, eben auch keinen repräsentativen, gesellschaftlichen Querschnitt wiederspiegeln. Wir kennen die Vita Karls, nicht die von Harro. Kalle wurde überliefert, weil er wichtig war. Harro nicht. Wir kennen nur die Großkopfeten. Wir sind nur an sie gewöhnt, daran, dass sie unser Geschichtsbild beherrschen. Woran denkst Du bei 800 AD? Klar: Kaiserkrönung in Rom. Nicht aber daran, dass irgendwo in Europa Tausende Namenlose geboren wurden, glücklich waren, traurig waren, starben. Das hat noch nicht einmal was mit Absicht zu tun, wir sind schlicht geistig so gepolt, das liegt in unserer Natur. Caesar war in toller Hecht. Von wem wissen wir das? Richtig: Caesar. Ramses war ein toller Hecht. Von wem wissen wir das? Richtig: Ramses. Dass er mit Ach und Krach lebend aus einer verkorksten Schlacht rauskam, hat er geschickt vertuscht und sich zum strahlenden Soeger dieser Schlacht stilisiert. Wir wissen das und trotzdem sind wir überzeugt, er war ein toller Hecht. Wir wollen uns geradezu bescheißen lassen, soweit geht unser Personifizierungsdrang. Wir wollen strahlende Helden, schillernde Persönlichkeiten. Entweder Schwarz oder weiß, Gut oder Böse. Hitler war ein Dämon, Napoleon eine Lichtgestalt. Wir brauchen das. Die Farbe Grau ist in unserem Denken unterentwickelt. Und grau ist nun mal die breite, namenlose Masse. Die interessiert uns nicht wirklich. Tragisch, wie Maria Stuart starb. Sie war in diesem Jahr aber nicht die Einzige in England. Stalin hat einmal gesagt: "Ein Tod ist eine Tragödie. Eine Million Tote sind Statistik." Der Mann war Profi. Wir ticken so. Wir kennen nur die, die überliefert sind und das sind nun mal die oben auf der Leiter. Von den anderen nehmen wir beiläufig zur Kenntnis, dass es da auch noch welche gab. Bestenfalls. Das reicht. Und jetzt eben mein Fazit: Warum sollte das ausgerechnet auf Mittelaltermärkten anders sein?
 
Lieber Panzerreiter - ein langes, aber wie ich finde - gutes Schlusswort. Wenn ich darf, würde ich Dich bei Gelegenheit gern zitieren.
 
Darüber hat schon Bert Brecht gereimt: Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht und man siehet die im Lichte die im Dunkeln sieht man nicht. (Dreigroschenoper, Mackie-Messer-Lied). Aber nicht nur wir sind darauf gepolt, nur die "Großen" zu beachten. Das gleiche Problem trat bei der Entwicklung von Expertensystemen in der Informatik auf. Eines der ersten Ergebnisse der Auswertung von Lexika war: Alle Menschen sind berühmt. Man hat den Computer mit ein paar tausend Telefonbüchern füttern müssen, um eine halbwegs brauchbare Einschätzung zu bekommen. Abgesehen davon, dass Ritter und Burgfräulleins viel mehr Glamour haben, als Magd und Knecht. Auch wenn Magd und Knecht viel mehr machen können, als nur dekorativ in den Kulissen zu sitzen. Von daher: Soll doch jeder nach seiner Facon selig werden. Das halten wir auch im Verein so. Niemand hat die Pflicht, mit einer bestimmten Rolle anzufangen oder sich gar hochdienen zu müssen, sondern kann sich seine Darstellung frei aussuchen. Wir raten allerdings dazu, sich zunächst eine einfache Ausstattung zuzulegen. Dieser Rat hat ganz praktische Gründe. Ein Hochadelsgewand kostet nun mal. Ganz abgesehen davon, dass die Herstellung auch mit deutlich mehr Aufwand verbunden ist, als die eines Magdkleides. Und dann bedeutet in Seide zu laufen bei uns auch kein höheres Ansehen. Man bekommt zwar während der Veranstaltung vielleicht Wasser und Essen gebracht, muss nachher aber trotzdem mit abspülen. Oder Feuerholz hacken. Wenn dann auch noch das Wetter schlecht ist, ist man gleich doppelt gea***t. Deshalb, und weil wir sowieso Rollenhopping betreiben, hat bei uns jeder mindestens eine schlichte Ausstattung. Fotografiert werden allerdings meist die Adelsgewänder - und da schließt sich der Kreis :D
 
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