Xerxes
Well-known member
Hi Leute, ich hab vor einiger Zeit mal eine Hausarbeit (Fach Geschichte) über bäuerlichen Widerstand in Früh- und Hochmittelalter geschrieben. Eben beim Ausmisten meines Rechners hab ich die Arbeit wiedergefunden und vielleicht interessiert es hier ja den ein oder anderen. Ich geb mal nen kleinen Einblick in das Thema: Die Literatur zum bäuerlichen Widerstand des Früh- und Hochmittelalters ist äußerst spärlich gesäht, erst zum großen Bauernkrieg 1524/25 und dessen Vorgeschichte gibt es dann eine wahre Flut an Quellen und Sekundärliteratur. Bis weit in die 70er Jahre haben die führenden BRD-Historiker den Bauern des Früh- und Hochmittelalters keine wirkliche politische und wirtschaftliche Rolle, geschweige denn Macht, zugesprochen. Bezeichnend ist, dass es bis heute keine Westdeutsche, bzw. nach 1989 herausgegebene, Monografie zu diesem Thema gibt. Auf der anderen Seite wurde das Thema von diversen DDR-Historikern aufgegriffen und ausführlich behandelt. Allerdings ist diese Literatur äußerst kritisch zu betrachten, da sie eindeutig als Erscheinungsform der "marxistischen Geschichtsschreibung" gewertet werden kann, die prinzipiell den Volksmassen jeder Epoche die Rolle als "Schöpfer der Geschichte" zuschreibt und somit in höchsten Maße subjektiv ist. Es ist daher auch heute noch ein relativ selten behandeltes Thema, ob und in welchem Ausmaß es bäuerlichen Widerstand im Früh- und Hochmittelalter gab. Da viele der DDR-Historiker allerdings eine ausgezeichnete Quellenkenntnis besaßen, ist es durchaus hilfreich diese Werke als Ausgangspunkt für eigene Recherchen zu benutzen. Um kurz vorweg zu nehmen, es gab ihn, den bäuerlichen Widerstand. Und zwar nicht zu knapp!!! Ungeachtet der sich wandelnden Stellung der Bauern und der Entwicklung der Grundherrschaft, gebe ich mal ein paar Beispiele mit Quellenzitaten: Widerstand gegen den "Kriegsdienst" In einem Bericht, der von Karl dem Großen für den Hoftag 811 in Auftrag gegeben wurde, wird von Bauern berichtet, die sich der Heeresfolge entzogen haben. Die Tatsache, dass dieser Sachverhalt in einem offiziellen Bericht Karls des Großen erwähnung findet, lässt Rückschlüsse auf dessen Umfang zu. Interessant ist, dass von den Bauern nicht der Kriegsdienst an sich kritisiert wird, sondern Ungerechtigkeiten bzw. fehlende Legitimation seitens der Adeligen bei der Einberufung, und dass sie erst Folge leisten, wenn sie mit Waffengewalt dazu gezwungen werden. Es ist bemerkenswert, dass die Kritik der Bauern (über die Gaugenossen und Grafen) direkt bis zum Kaiser gelangt und scheinbar ausführlich auf einem Hoftag diskutiert wird. Leider geben die Quellen keine Auskunft darüber, um welche Bauern es sich gehandelt hat und wie die Reaktion Karls darauf war: [font='Times New Roman, Times, Georgia, serif']„Es sagen auch andere, daß sie jene Ärmeren zwingen und gegen den Feind ziehen lassen und die Besitzenden zum Eigengut entlassen. [...] Es sagen die Grafen selbst, daß einige ihrer Gaugenossen ihnen nicht gehorchen und dem Heerbann des Herrn Kaisers nicht folgen wollen mit der Erklärung, sie seien des Sendboten des Herrn Kaisers für den Heerbann Rechenschaft schuldig, aber nicht dem Grafen; auch wenn der Graf jenem sein Haus unter Bann lege, empfange er von daher kein Gehorsam, wenn er nicht in dessen Haus eindringe und tue, was ihm gutdünkt."[/font] (Franz, Günter (Hg.): Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, 2. Aufl., Darmstadt 1974, S 73.) Morgen gehts weiter, bin jetzt müde...
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