Bäuerlicher Widerstand im Früh- und Hochmittelalter.

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Xerxes

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Hi Leute, ich hab vor einiger Zeit mal eine Hausarbeit (Fach Geschichte) über bäuerlichen Widerstand in Früh- und Hochmittelalter geschrieben. Eben beim Ausmisten meines Rechners hab ich die Arbeit wiedergefunden und vielleicht interessiert es hier ja den ein oder anderen. Ich geb mal nen kleinen Einblick in das Thema: Die Literatur zum bäuerlichen Widerstand des Früh- und Hochmittelalters ist äußerst spärlich gesäht, erst zum großen Bauernkrieg 1524/25 und dessen Vorgeschichte gibt es dann eine wahre Flut an Quellen und Sekundärliteratur. Bis weit in die 70er Jahre haben die führenden BRD-Historiker den Bauern des Früh- und Hochmittelalters keine wirkliche politische und wirtschaftliche Rolle, geschweige denn Macht, zugesprochen. Bezeichnend ist, dass es bis heute keine Westdeutsche, bzw. nach 1989 herausgegebene, Monografie zu diesem Thema gibt. Auf der anderen Seite wurde das Thema von diversen DDR-Historikern aufgegriffen und ausführlich behandelt. Allerdings ist diese Literatur äußerst kritisch zu betrachten, da sie eindeutig als Erscheinungsform der "marxistischen Geschichtsschreibung" gewertet werden kann, die prinzipiell den Volksmassen jeder Epoche die Rolle als "Schöpfer der Geschichte" zuschreibt und somit in höchsten Maße subjektiv ist. Es ist daher auch heute noch ein relativ selten behandeltes Thema, ob und in welchem Ausmaß es bäuerlichen Widerstand im Früh- und Hochmittelalter gab. Da viele der DDR-Historiker allerdings eine ausgezeichnete Quellenkenntnis besaßen, ist es durchaus hilfreich diese Werke als Ausgangspunkt für eigene Recherchen zu benutzen. Um kurz vorweg zu nehmen, es gab ihn, den bäuerlichen Widerstand. Und zwar nicht zu knapp!!! :D Ungeachtet der sich wandelnden Stellung der Bauern und der Entwicklung der Grundherrschaft, gebe ich mal ein paar Beispiele mit Quellenzitaten: Widerstand gegen den "Kriegsdienst" In einem Bericht, der von Karl dem Großen für den Hoftag 811 in Auftrag gegeben wurde, wird von Bauern berichtet, die sich der Heeresfolge entzogen haben. Die Tatsache, dass dieser Sachverhalt in einem offiziellen Bericht Karls des Großen erwähnung findet, lässt Rückschlüsse auf dessen Umfang zu. Interessant ist, dass von den Bauern nicht der Kriegsdienst an sich kritisiert wird, sondern Ungerechtigkeiten bzw. fehlende Legitimation seitens der Adeligen bei der Einberufung, und dass sie erst Folge leisten, wenn sie mit Waffengewalt dazu gezwungen werden. Es ist bemerkenswert, dass die Kritik der Bauern (über die Gaugenossen und Grafen) direkt bis zum Kaiser gelangt und scheinbar ausführlich auf einem Hoftag diskutiert wird. Leider geben die Quellen keine Auskunft darüber, um welche Bauern es sich gehandelt hat und wie die Reaktion Karls darauf war: [font='Times New Roman, Times, Georgia, serif']„Es sagen auch andere, daß sie jene Ärmeren zwingen und gegen den Feind ziehen lassen und die Besitzenden zum Eigengut entlassen. [...] Es sagen die Grafen selbst, daß einige ihrer Gaugenossen ihnen nicht gehorchen und dem Heerbann des Herrn Kaisers nicht folgen wollen mit der Erklärung, sie seien des Sendboten des Herrn Kaisers für den Heerbann Rechenschaft schuldig, aber nicht dem Grafen; auch wenn der Graf jenem sein Haus unter Bann lege, empfange er von daher kein Gehorsam, wenn er nicht in dessen Haus eindringe und tue, was ihm gutdünkt."[/font] (Franz, Günter (Hg.): Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, 2. Aufl., Darmstadt 1974, S 73.) Morgen gehts weiter, bin jetzt müde...
 
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Hallo Xerxes Bin gerade dabei ne Seite über den Bauernstand im HM für meine HP zu erarbeiten. Gerade bezüglich des Kriegsdienstes von Bauern im deutschsprachigen Raum wird durchgehend in der Literatur davon gesprochen das Bauern nicht mehr zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Begründet wird dieser Schritt, das den Bauern eine ausreichende Ausbildung im Kriegshandwerk fehlte. Im Krieg wurden sie allerdings, wenn Pferde vorhanden waren, zu Botendienste eingesetzt. Das bezieht sich nur auf das Hochmittelalter. Im Frühmittelalter waren die Gegebenheiten andere. Zur Begrifflichkeit Wiederstand. Weder bei Goetz noch bei Rösener habe ich von Wiederstand gegen die Herrschafft gelesen. Es wurde allerdings mehrmals darauf hingewiesen das Bauern, Mittel bis Oberschicht, sich der Kleider, - oder Waffenordnung wiedersetzten. Es soll vorgekommen sein das Bauern ein Schwert trugen. Wenn ich mich recht entsinne war es Neidhardt der es in einem seiner Lieder besungen hat (bin auf Arbeit und kann nicht nachsehen). Die Strafen für vergehen sollen sehr hart gewesen sein. Dazu will ich mir aber den Sachsenspiegel genauer ansehen. Wenn du da verläßliche Quellen haben solltest sende sie mir doch bitte per PN zu Jerome, der immer noch wach ist :)
 
Fürs Frümi wirst Du wenig Belege finden, denn der Bauer ist nicht so stark von Adel ( der sich beginnt zu entwickeln) entfernt. Er ist Grundeigentümer und noch nicht oft Vasall. Dem Kriegsdienst aus dem Weg zu gehen, gab es die schöne oft freiwillige Möglichkeit sich in den Schutz der Kirche zu begeben, sein Eigentum (auf dessen die Wehrpflicht beruhte) zu übereignen, damit sich diese Gedanken machte wer in den Krieg ziehen musste. Diese Entwicklung führt dann immer mehr in die Rechtlosigkeit und Abhängigkeit der Bauern und somit irgendwann zu den Aufständen. Gerade die DDR Literatur müsste das so auch rausstellen, deckt sich das doch mit ihrer Ideologie Von der Entfernung der Gleichheit hin zum Kapitalismus.
 
Nun , meine Frage oben erscheint trollig, aber im Frühmi und auch noch im Homi gab es eigentlich nur Bauern , Knechte und Staatsbedienstete. Auch die letzteren bezogen einen goßteil ihres Einkommens aus den überlassenen Landwirtschaften bzw deren Verpachtung. Man könnte auch noch etwas differenzieren: Gutsbesitzer, Bauern und Knechte. Ich weiß, Wiki ist nicht das wahre: http://de.wikipedia.org/wiki/Bauern Es gab vor 810 einen Aufstand in Wigmodien????? wegen Heerfolge, das wird wohl auf dem Hoftag behandelt worden sein
 
Leute, bleibt locker, eure Fragen werden alle beantwortet. Ich war das We bei Cord, heute abend schreib ich ausführlicher dazu... Gruß Jannis
 
[font='Arial, Helvetica, sans-serif']So, weiter gehts: Meine Recherchen haben sich in erster Linie auf das fränkische Reich (ohne das heutige Spanien und Italien) und später auf das heilige römische Reich (ohne das heutige Italien) bezogen. Mit Bauern sind erstmal alle gemeint, die "hauptberuflich" Landwirtschaft betreiben. Dabei kann es sich im konkreten Fall, je nach Zeit, Region und Situation um freie Bauern, Hörige und/oder Leibeigene handeln. Im Hochmittelalter kann es sich in den Neusiedlungsgebieten dann noch um gewisse previligierte Bauern handeln. Bezüglich einer Definition von Widerstand findet man bei Rösener doch etwas. Er spricht z.B. von einer Unterteilung in latenten und offenen Widerstand. Allerdings ist diese Definition auch eher schwamig, da dem offenen Widerstand meistens eine Phase des Latenten vorausgeht und man dann wieder das Problem einer genauen Abgrenzung hat. In jedem Fall kommt man nicht umher, sich den jeweiligen Fall genauer anzugucken, um zu bewerten, ob es sich bei einem bäuerlichen Verhalten um einen "Widerstand " handelt. Am sinnvollsten finde ich die folgende Unterteilung: - Bäuerlichen Teilwiderstand: Die individuelle oder kollektive Ablehnung bestimmter Forderungen oder Vorschriften des Grundherrn und die daraus resultierenden Übertretungen erlassener Gebote. Auch Rechtsstreitigkeiten zwischen Bauern und Grundherrn fallen in diese Kategorie. - Die Flucht: Bauern brechen völlig mit den Forderungen der Grundherren und machen sich auf die Suche nach besseren Bedingungen. - Der Aufstand: Bauern wenden öffene Gewalt an, um die bestehenden Verhältnisse grundlegend zu ändern. Der nächste Punkt wäre die Motivation der Bauern für den Widerstand. Hier gibt es im Früh- und Hochmittelalter drei hauptsächliche Gründe, die bei Bauern Widerstand auslösen: 1 - Heeres- und Kriegsdienstpflicht (gilt nur fürs Frühmittelalter) 2 - Abgaben und Frondienste (besonders die Frondienste können als der wichtigste Grund gewertet werden) 3 - Wald-, Weidemark- und Marknutzrechte. Ich geb euch jetzt mal eine Auswahl versch. Quellen, die charakteristisch für die jeweiligen Kategorien sind. Ich werd hier nicht alles posten, das wäre einfach zu viel. Wer mehr haben möchte soll mir einfach ne PN schreiben... Ein Beispiel zur "Kriegsdienstverweigerung findet ihr im ersten Post aus der Zeit Karls. Abgaben und Frondienste: [font='&quot']Im Jahr 579, zur Zeit des Frankenkönigs Chilperich in der Umgebung von Limoges, kam es zum Aufstand. Aufgrund von erhöhten Abgabenforderungen verließen viele Bauern ihre Güter und bedrohten sogar die Steuereintreiber mit dem Tode, bis der Aufstand gewaltsam niedergeschlagen wurde. Nachzulesen bei Rösener, Bauern im Mittelalter S. 245. [/font] [/font][font='Arial, Helvetica, sans-serif']Im Erlass des Zehntgebotes der Synode zu Macon für das Frankenreich aus dem Jahr 585. „Jetzt aber haben sich allmählich alle als Übertreter der Gesetze des christlichen Heiligtums gezeigt, indem sie das was göttlich sanktioniert ist, zu erfüllen vernachlässigen.“ An dieser Stelle beschwert sich der Verfasser über die Vernachlässigung der bereits früher festgelegten Zehntzahlungen, nachdem er zuvor den Zehnt als göttliches Gebot des ganzen „Volkes“ proklamierte. Darauf erneuert der Verfasser schriftlich das Zehntgebot. „Daher setzen und entscheiden wir, daß der alte Gebrauch von den gläubigen wiederhergestellt werde und alles Volk die Zehnten der Diener der kirchlichen Zeremonien darbringe, welche die Priester entweder zu der armen Nutzen oder zur Loskaufung von Gefangenen verteile, wofür sie durch ihre Gebete dem Volk Frieden und Heil erwirken.“ [/font] [font='Arial, Helvetica, sans-serif']Und stellt die Konsequenzen bei Zuwiderhandlung dar. „Wenn jemand aber widerspenstig gegen unsere segenbringenden Satzungen wird, sei er von den Gliedern der Kirche allezeit geschieden.“ Nachzulesen bei Franz: Quellen zum deutschen bauernstand, S. 15. Die Frondienste sind eine Erscheinung des Villikationssystems, welches seine volle Ausprägung erst im Hochmittelalter hatte da gibt es einige Quellen, die sich mit verweigerten Frondiensten befassen: 1117 wandelte der Abt des elsässischen Klosters Maursmünster den bäuerlichen Frondienst von drei Tagen pro Woche in einen Geldzins um. Diese Entscheidung begründete er damit, dass die Bauern ihre Dienste äußerst träge und nachlässig, teilweise sogar widerwillig leisten und so dem Kloster mehr Schaden als Nutzen bringen. Rösener, S. 247. Geht gleich weiter...[/font]
 
In einem Urbar des ostsächsischen Klosters Helmstedt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts wird die Nachlässigkeit der Bauern bei der Frondienstleistung beschrieben. Aufgrund der drastischen Strafen kann man darauf schließen, dass Frondienstverweigerungen hier häufiger vorkamen und die Grundherren dadurch einen tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden genommen haben. Bei versäumten oder nachlässig ausgeführten Diensten drohten den Bauern eine tracht Prügel in Form von dreißig Rutenschlägen oder ersatzweise eine hohe Geldbuße. Rösener, S. 247.
 
Bäuerlicher Teilwiderstand: Häufig trifft man im Früh- und Hochmittelalter auf Quellen, in denen sich Grundherren darüber beklagen, dass Frondienste nur widerwillig und schlecht ausgeführt werden. Rösener geht sogar davon aus, dass der bäuerliche Widerstand nicht unwesentlich am Wechsel vom Fronhofsystem zu späteren Herrschaftsformen mit Geld- Produktionsrente beigetragen habe. Rösener, S. 247. Der Abt von Fulda schreibt in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts, dass niemand die Messe hören oder die heiligen Sakramente empfangen dürfe, der nicht vorher den zehnt abgeliefert habe. Epperlein, Herrschaft und Volk im karolingischen Imperium, S. 23. Es kam auch vor, dass sich Bauern direkt bei König/Kaiser über ihre ungerechte Behandlung beschwerten, so z.B. 1040 in Wohlen: "Jener [der ungerechte Grundherr] verlegte sich übermütig und voller Arglist sogleich darauf, diese Leute [die Bauern] zu unterdrücken, begann zunächst, sie mit bittweisen Forderungen anzugehen, machte dann von seiner unbeschränkten Machtfülle gebrauch und befahl ihnen, fast als wären sie seine Grundholden, ihm Dienst zu leisten, und zwar in seiner Landwirtschaft, beim Schneiden und Einbringen des Heues, und bedrückte sie bei jeder Gelegenheit, wo es ihm passte. [...] Unterdessen kam der König zur Burg Solothurn, da zogen die Bauern dorthin und begannen ihrer ungerechten bedrückung Klage zu erheben." Franz, S. 135ff. Im Jahr 828 beschweren sich vier hörige Bauern (coloni) direkt bei Pippin von Aquitanien in ihrem und im Namen ihrer Gefährten über die übermäßigen Abgaben an das Kloster Cormery. Die Abgaben wurden jedoch unter Einbeziehung einer Urkunde als rechtens anerkannt und das Anliegen der Bauern abgewiesen. Epperlein, S. 23f. Beschwerden mussten zwar nich immer direkt beim König vorgetragen werden, es gehörte jedoch zum Alltag, dass sich Bauern bei Edlen persönlich beschwerten.
 
Flucht und Abwanderung: Durch den Aufschwund der Städte und den intensiven Landesausbau im Hochmittelalter gewann eine weiter Möglichkeit des Widerstandes zunehmend an Bedeutung. Den Bauern boten sich nun günstige Ausweichbewegungen um den vielfältigen Spannungen und Konflikten mit den Feudalherren zu entgehen. Unzufriedene Bauern konnten ggf. in Städte oder in die Neusielunsgebiete/Rodungsgebiete abwandern, wo sie in der Regel diverse Vergünstigungen sowie bessere wirtschaftliche, soziale und politische Rechte genossen. Durch die bäuerliche Abwanderung konnten sich mit der Zeit auch die Bauern in den Altsiedlungsgebieten ihre Stellung verbessern. Im 13. jahrhunder verschärte sich die Abwanderung in dem Maße, dass adelige und kirchliche Grundherren diverse Verbote erließen, um die Abwanderungen zu verhindern. Das war jedoch mit relativ wenig Erfolg gekrönt. Das Problem der Abwanderung war aber schon im Frühmittelalter bekannt. Schon zur Merowingerzeit berichten viele Quellen von der Flucht unfreier Bauern. Schon um 700 wird dieses Phänomen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Leibeigenen benannt. Urkundenformular (Formblatt) in Westfranken um 700: "Es steht fest, daß ich euch verkauft habe und so verkaufe einen mir gehörigen Unfreien (oder eine unfreie) namens soundso, der kein Dieb, kein Flüchtling noch fallsüchtig ist." Franz, S. 17. 1141 wird in einer Urkunde des Klosters St. Pantaleon von Hörigen berichtet, die aufgrund zu starker Bedrückungen ihre Äcker und Hofstellen verließen und abwanderten. Rösener, S. 248. 1158 erlässt der Erzbischof von Köln eine Verordnung, in der, aufgrund der hohen Fluchtbewegung, die Belastungen der Leibeigenen und Hörigen gemildert werden. "Denn die zu den Höfen gehörenden Eigenleute - Männer wie Frauen -, die den vollen Kopfzins von je 10 Denaren jährlich entrichten mußten, gingen einer so hohen Zinsbelastung wegen in die Fremde und gerieten so sehr in Armut und Dürftigkeit, daß die Abgaben für das Kloster weder bei den Höfen selbst noch bei dem Hörigenverband eingetrieben werden konnten. Da die Zahl der Eigenleute auf beiden Höfen zu gering war, entschlossen sich die Hufner, die dort die Hufen bebauten, als sie vom Vogt und der Äbtissin, wie es rechtens war, gezwungen wurden, über ihren Zins die geschuldeten Abgaben an die Kirche in voller Höhe zu entrichten, zur Flucht und verließen die Hufen. In Anbetracht eines so schweren und schändlichen Übels hat die Magd Gottes, die Äbtissin Adelheid, [...] die genannten Höfe dadurch in ihren früheren Zustand und ihren alten Ertrag versetzt, daß die Zinser wären und jährlich für alle Zeit nur 2 Pfennige pro Kopf zahlen sollten." Franz, S. 227. Ein gutes Beispiel, wie die Abwanderung so starken wirtschaftlichen Druck auf die Grundherren ausübte, dass sie gezwungen waren, die Bedingungen der "Heimgebliebenen" zu verbessern. Bald mehr...
 
Hallo Xerxes Arbeite mich gerade durch das Buch "Thüringen im Hohen Mittelalter" von Werner Mägdefrau. Im 1. Kapitel, Aufruhr des Adels und der Bauern in Thüringen und Sachsen steht dazu : .....Wie stark dieser Wiederstand war, zeigt ein Brief des Erzbischofs von 1069 an den Papst, in dem um weiteren Beistand gegen die "rebellischen und wiederspenstigen Thüringer" nachsuchte. Der Mönch und Geschichtsschreiber Lampert von Hersfeld berichtet in seinen Annalen für das Jahr 1069 von "Zusammenrottungen der Bauern und von Überfällen auf die milites, die Dienstmannen des Erzbischofs". Jerome :)
 
Hallo Xeres, danke für den spannenden Tread !
 
Ups, den hatte ich ganz vergessen :whistling: Weiter gehts Aufstand: Bauernaufstände und Revolten treten vermehrt ab dem späten Hochmittelalter auf. Bedingt durch eine Festigung der Dorfgemeinschaft und fortschreitende Vereinheitlichung versch. Bauerngruppen stiegen der Zusammenhalt und das Selbstbewusstsein der Bauern in dieser Zeit massiv an. Dennoch berichten die Quellen schon aus dem Frühmittelalter von versch. Bauernaufständen. Zum größten Bauernaufstand im Karolingerreich kam es bei der sog. Stellinga-Bewegung. Erst relativ spät, im 9. Jahrhundert, wurde die altsächsische Sozialstruktur (Adelige, Freie und Halbfreie) von fränkischen Herrschaftsformen durchdrungen und abgelöst, was eine Verschlechterung der Stellung der Freien (Frilinge) und Halbfreien (Liten) mit sich führte. Begünstigt durch Uneinigkeiten zwischen den Söhnen König Ludwigs des Frommen kam es in den Jahren 841 bis 843 zu großen Erhebungen der Freien und Halbfreien. Erst nach einigen Anläufen gelang es König Ludwig und dem Adel den Aufstand gewaltsam niederzuschlagen.[1] Um 1198 verwüsteten die Bauern des Dorfes Oberzell den Wirtschaftshof des Klosters in Adelsreute und wurden mit strengen Kirchenstrafen belegt. Der Konflikt, der ursprünglich aus einem Streit um Waldnutzungsrechte entstand, wurde erst 1210 beigelegt. Im Jahr 1228 wurde ein Konflikt um Waldnutzungsrechte zwischen der Abtei Himmerode und mehreren Dorfgemeinden beigelegt. In den Jahren zuvor haben Bauern, die sich um ihre hergebrachten Rechte betrogen sahen, das Vieh des Klosters geklaut und die Laienbrüder mit Steinen beworfen. Erst die Verhängung der Exkommunikation der beteiligten Bauerngemeinden konnte einen Kompromiss herbeiführen.[font='&quot'][2][/font] Immer wieder kam es zu Konflikten, wenn Territorialfürsten im Zuge ihrer Territorialpolitik versuchten ihre Machtbereiche auf Gegenden auszuweiten, in denen relativ unabhängige und genossenschaftlich organisierte Bauerngemeinden vorherrschten. So gab es z.B. im 13. Jahrhundert Bauernerhebungen und langjährige gewalttätige Auseinandersetzungen in Drente, Westfriesland, Ostfriesland und in Dithmarschen. [1] Vgl. Rösener: Bauern im Mittelalte: S. 245f.; Epperlein 1969: S. 50-66. [2] Vgl. Rösener, Bauern im Mittelalter: S. 248f. Gruß Jannis
 
Der Aufstand der Stedinger: Seit Beginn des 12. Jahrhunderts haben die Bremer Erzbischöfe die Ansiedlung von Bauern in den sumpfigen Marschgebieten entlang der Unterweser gefördert. Als Anreiz wurden den Siedlern eine Reihe wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Vergünstigungen zugesprochen.[1] In Folge der aufwändigen Kanal- und Deichbauarbeiten wuchs der genossenschaftliche Zusammenhalt aller beteiligten Siedler und es entwickelten sich straff organisierte Deichgenossenschaften. Um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert begannen die Bremer Erzbischöfe sowie die Grafen von Oldenburg mit dem Bau von Burgen und dem Einsatz von Dienstmannen, um das Land der Stedinger stärker ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Parallel dazu wuchsen die Gemeinden und genossenschaftlichen Einrichtungen der Stedinger. Sie bezeichneten sich fortan als „Communitas terre Stedingorum“, als „Landesgemeinde aller Stedinger“ und begannen auch ein eigenes Siegel zu führen. Es begann eine Phase andauernder gewalttätiger Konflikte zwischen den vorrückenden Territorialgewalten und der Stedinger Landesgemeinde, deren Genossenschaften bewaffnete Verbände organisierten. Die Stedinger zerstörten Burgen, vertrieben die ritterlichen Dienstmannen und sicherten ihre Dörfer mit Wall- und Grabenanlagen. Nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen (1207 und 1229) des Bremer Erzbischofs, die Aufsässigkeit der Stedinger zu brechen und höhere Abgaben zu erzwingen verbreitete sich die Kunde von dem Erfolgreichen Widerstand der Stedinger in den Nachbargebieten und schürte auch dort die Bereitschaft zum Widerstand und zur Hilfe der Stedinger. 1231 wurden die Stedinger auf einer Bremer Kirchensynode zu Ketzern erklärt und 1233 ruft Papst Gregor IX. sogar zu einem Kreuzzug gegen die Stedinger auf und verspricht allen Gläubigen, die gegen die Stedinger kämpfen, den Ablass. „Aus eurem Schreiben an uns vernahmen wir, was unlängst laut geklagt worden war, daß der Teufel im Bremer Sprengel eine Gruppe von gewalttätigen und gottlosen Menschen, die man Stedinger nennt, angestachelt hat. […] Wir haben überlegt, daß bei solchem verbrecherischen Beginnen von jedem, der kann, schnell mit der Rechten entgegengetreten werden muß. […] Wir gaben daher euch durch unseren Brief den Auftrag und verbanden es mit der Vergebung der Sünden, da euch das Amt der heiligen Predigt übertragen ist, dass ihr Chrisgläubige in den Bistümern Paderborn, Hildesheim, Verden, Münster, Osnabrück, Minden und Bremen euch bestrebt, diesen verworfenen Stamm sorgsam und wirksam auszumerzen. Wie in unserem Briefe ausdrücklich gesagt ist, haben wir dafür den Gläubigen einen Ablass verheißen.“[2] Und weiter heißt es: „Deshalb wurden die vorerwähnten gottlosen Menschen unverschämter, als selbst bei unverschämten zu erwarten ist. […] Wilder erhoben sie den Fuß gegen den katholischen Glauben, griffen die Stadt Bremen feindlich an und zerstörten Kirchen, Klöster und Orte ringsherum und selbst eine Stark befestigte Burg (Schlutter) des Bremer Bistums von Grund aus.“[3] Besagter Kreuzzug wurde allerdings von der massiven Gegenwehr der Stedinger geschlagen. Auf beiden Seiten gab es hohe Verluste. Ein Jahr später wurde ein weit größeres Kreuzfahrerheer aufgestellt, welches die Stedinger am 27. Mai 1234 in der Schlacht bei Altenesch besiegte. Die Unabhängigkeit der Stedinger wurde damit beendet, das Gebiet und die völlige Herrschaft der Bremer Erzbischöfe und der Grafen von Oldenburg gestellt und die Stellung der Bauern in der Region verschlechterte sich dramatisch. „Und so stark kam die Hand des Herrn über sie, daß in kurzer Zeit 6000 derselben zugrunde gingen. Die Mehrzahl von ihnen ging, als sie ihr Heil in der Flucht suchten, in einer nahen Grube und in der Weser zugrunde. Diejenigen, welche etwa entkamen, wurden in alle vier Winde zerstreut. So wurde ihre Hartnäckigkeit bei ihnen zu einem Fallstrick, zur Wiedervergeltung und zur Schande.“[4] Die Erhebung der Stedinger war auch für das Hochmittelalter eine äußerst große bäuerliche Erhebung. Freilich haben nicht alle Widerstände dieser Zeit ein solches Ausmaß angenommen. Dennoch Kann man an dem Beispiel der Stedinger allgemeine Erkenntnisse zur Entwicklung des Bauernstandes und des bäuerlichen Widerstandes im Hochmittelalter ableiten. Es wird deutlich, dass die Organisationsformen und Genossenschaftlichen Verbände der Bauern im Laufe des Mittelalters immer komplexer wurden und so die Grundlage für immer aufwändigere und effektivere Formen des bäuerlichen Widerstandes legten. Das bäuerliche Selbstbewusstsein wuchs enorm in jener Epoche. Wie man an diesem Beispiel sehen kann, schafften es bäuerliche Verbände sogar starken militärischen Aufgeboten über Jahre hinweg Widerstand zu leisten. Die Widerstandskraft war letztlich sogar so groß, dass sogar der Papst direkt in das Geschehen eingriff und keine Andere Möglichkeit sah, als die Widerständler zu Ketzern zu erklären und zum heiligen Kreuzzug gegen sie aufzurufen. [1] Vgl. Z.B. Vertrag zwischen Bremer Erzbischof und Holländischen Siedlern von 1206, Franz: S. 169-173. [2] Franz: S. 311f. [3] Ebd.: S. 315. [4] Ebd.: S. 319f.
 
naja, Dithmarschen müßte man da wohl rausnehmen, denn die Gegend gehört nicht zum HRRDN, jedenfalls nach dem Selbstverständnis der Dithmarscher. Auch in vielen anderen Widerständen geht es um die Rechte der "Altfreien". Und das sind nun mal andere "Bauern " als in Gegenden, in denen sich die fränkische Grafschaftsordnung voll durchgesetzt hat. Dithmarschen kam erst in der Neuzeit ins Reich und gehörte nie zum Frankenreich. Denn KdG und seine Nachfolger haben die Uitlande nie erobert. Es war ein selbstständiger Staat mit dem Erzbischof von Bremen als nominelles Staatsoberhaupt
 
Auch die Kämpfe in Friesland sind ja kein "bäuerlicher Widerstand", sondern schlicht Gegenwehr gegen Eroberung. Ein friesischer "Häuptling" ist kein "Bauer". Ironie ein Ich denke mal, wenn Großbritannien in Hannover Garnisonen einrichten würde und niedersächsische Bundeswehrverbände würden die gewaltsam festnehmen, würde man das kaum als "Sachsenaufstand" bezeichenen. Übergriffe anderer aber werden immer so dargestellt, als wenn sich die Bewohner gegen die Einführung von Zivilisation gewehrt hätten. Ironie aus
 
Ich denke mal, wenn Großbritannien in Hannover Garnisonen einrichten würde und niedersächsische Bundeswehrverbände würden die gewaltsam festnehmen, würde man das kaum als "Sachsenaufstand" bezeichenen. Übergriffe anderer aber werden immer so dargestellt, als wenn sich die Bewohner gegen die Einführung von Zivilisation gewehrt hätten.
Da hast du wohl recht. Aber wenn sich statt der Bundeswehrverbände Gruppen von Bauern mit Traktor und Mistforke gegen die Invasoren stellen würden, sähe die Sache wohl anders aus. Ob man dann jedoch von einem "Sachsenaufstand" sprechen würde, sei mal dahingestellt.. Gruß Jannis
 
Okay, nur bei den Kämpfen mit den Dithmarschern und Stedingern sowie den Friesen handelte es sich um "reguläre" Verbände( recht gut ausgerüstete Milizen heißt das heute). Nix mit Mistforke, die Dithmarscher gewannen die eine Schlacht deshalb, weil sie "längere Spieße" hatten (schon in der Neuzeit). Also mit den Bauernaufständen zu Beginn der Neuzeit nicht zu vergleichen, von wegen Dreschflegel und Sense. Das waren zum Teil zu mindest auch gefürchtete Strand und Seeräuber, die auch schon mal im HRR mit dem Schwert einkaufen gingen. Also nix arme , friedliche Bauern, die einem kargen Boden die nächste Buchweizengrütze abrangen.
 

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