Nebenbei, für die handeslüblichen Waren eines durchschnittlichen Mittelaltermarktes habe ich zur Zeit keinen Begriff parat
Abgesehen von den vielen Angeboten, die rein der Phantasie des Herstellers entsprungen sind und für die es vielfältige Bezeichnungen gäbe, wie etwa "ambientig", "stimmungsvoll", "romantisch", "phantastisch", "historisierend" etcetera, würde ich für viele seriösere Angebote, die zwar keine explizite Einzelvorlage haben, aber sehr wohl nach realen Grundprinzipien und Stilrichtungen gearbeitet sind ( karolingische Tunika aus Wolle mit Clavis und Randbesatz), den von Dir genannten Begriff der Annäherung als angebracht sehen. Falls für die erstgenannte Angebotsreihe Substantive erwünscht sind: "romantisches Märchenkleid", "Ballkleid im historischen Stil", "Kriegerrüstung", "Waldläufermantel" usw. [Was ich nicht möchte ist, diese Angebote a priori mit abfälligen bis hämischen Bezeichnungen zu versehen, nur weil
ich sie
für mich nicht haben will. Ich besitze, nur weil ich ein Interesse daran habe, manche Dinge historisch etwas genauer zu betrachten, kein Exklusivrecht an der Nutzung von Mittelaltermärkten.]
also ich denke das ist jetzt schon (nichts für ungut) Haarspalterei.
Natürlich ist es das. Aber
ich habe Begriffe wie 100% oder 1:1 nicht verwendet
Ich wollte damit aufzeigen, dass eben diese Begriffe in Wahrheit hohl sind und ihre Verwendung die Dinge keinesfalls klarer macht.
1. Bei Repliken würde ich mich streng an Funde halten. d.H. ist bei dem Fund die Korrosion für die Ausstellung entfernt worden, hat die Replik auch keine Korrosion.
Dann replizierst Du aber eben nicht den Fund, sondern den
restaurierten Fund. Du sagst selbst:
Zeige ich das Schwert so, wie es gefunden wurde, ist es eine Replik.
und das Schwert wurde eben nicht in restauriertem Zustand gefunden. Verzeih' mir die erneute Haarspalterei, aber je präziser wir an einer Stelle vermeinen zu werden, um so mehr Schwächen weist unsere Definition an anderer Stelle auf. Das ist wie mit einer Badekappe, die nicht passt: Zeiht man sie an einer Stelle tiefer, rutscht sie dafür an anderer Stelle ein Stückchen hoch. Ich vermeine, eine Hauptdifferenz zwischen unserer beider Sicht zu erkennen: Was für Dich eine Replik ist, ist für mich eine Kopie. Meine Replik scheint das zu sein, was für Dich eine sehr detailgenaue Rekonstruktion ist. So gesehen ist es nur eine unterschiedliche Benamung für den an sich gleichen Gedanken. Ich habe kein Problem damit, im Rahmen dieser Diskussion von meinen Termini abzurücken. Versuchen wir es weiter? Nicht, dass ich das für letztendlich erfolgversprechend hielte, aber es macht Spaß. Vorschlag:
Replik = möglichst detailgenaue Kopie eines Fundes, egal ob im Original-Fundzustand oder im restaurierten Zustand. (dann wird's sehr dünn mit Repliken in dieser Welt)
Rekonstruktion = möglichst detailgenaue Nachbildung eines Fundes in einem früheren als dem Fundzustand, bei der für Gesamterscheinung oder Gesamtfunktion unwesentliche, verlorengegangene Details bei ausreichend zuverlässiger Informationslage ergänzt werden dürfen.
Annäherung = Objekt, bei dem durch Beachtung grundlegender historischer Fakten ein Werkstück entsteht, welches zwar kein explizites, reales historisches Pendant hat, aber nach allen bekannten Informationen so hätte existieren können.
Sichtreplik = wie Replik, wobei die Wahl der verwendeten Materialien unkritisch ist.
Sichtrekonstruktion = wie Rekonstruktion, wobei die Wahl der verwendeten Materialien unkritisch ist.
Sichtannäherung = wie Annäherung, wobei die Wahl der verwendeten Materialien unkritisch ist. Ich lade ausdrücklich dazu ein, diesen Definitionsversuch auf seine Schwächen hin zu zerpflücken