Beinlinge aus Leinen um 1400?

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Das mit dem Färben interessiert mich. Ich habe auch schon von "schwarzem Leinen in Haithabu" undso in anderen Threads gelesen und von einigen Darstellern gehört, aber bisher eigentlich keine haltbare Quelle gefunden. Wenn solch kräftigen Farbtöne möglich gewissen sind, halte ich das dann aber für garnicht so abwegig, was für mich als Ordensdarsteller nicht unwichtig wäre. Habt ihr da weiterführende Literaturhinweise oder Links?
 
Hallo Hermann, zunächst kann ich Dir halt die oben genannten Bücher empfehlen. Ansonsten gibt es vor allem zum blaugefärbeten Leinen nicht nur immer wieder Erwähnungen und Abrechnungen, sondern auch einzelne erhaltene Kleidungsstücke aus dem klerikalen Bereich, also in Schätzen von Kirchen und Klöstern. Da ich die nächsten Wochen leider nicht zu Hause bin, komm ich im Moment weder an meine Bücher, noch an die Aufzeichnungen. Und Dank der grorttenschlechten Netzverbindung hier, macht das Nachschauen im Netz auch nicht viel Spass. Wenn Du warten kannst und mir vielleicht nochmal schreibst, das Alter macht leider vergesslich, kann ich Dir dann gerne noch mehr dazu berichten. LG Martina
 
Garkein Ding, das hat Zeit und bevor ich es vergesse vielen Dank ;)! Ich versuche nur gerade nachzuvollziehen, in wie weit die besagten Berichte realistisch sind und was machbar ist.
 
Wie Amici schon schrieb, wird Leinen gefärbt wahrscheinlcih eher für den wohlhabenderen Teil der Bervölkerung zugänglich gewesen sein. Was die Dehnbarkeit angeht, für Leinen in Köperbindung gibt es laut Katrin Kania nur sehr wenige Belege, die meist auf Diamantköper hinweisen und woghl eher in Form von Tischwäsche zu finden waren. Aber da ich neugierig geworden bin und gerne experimentiere, werde ich mal aus altem Leinen einen Beinling nähen, um zu sehen, wie eng man den hinbekommt. Bericht folgt dann. LG Martina
 
Die Posts hier sprechen eine recht deutliche Sprache: Niemanden hier sind Belege oder auch nur Hinweise für leinerne Beinlinge um 1400 bekannt. Beinlinge um 1400 sind eng und farbig. Selbst wenn es sich bei den Abbildungen um Idealisierungen handelt, so sind sie nach Abzug künstlerischer Übertreibung immernoch enger und farbiger, als es mit Leinen unseres derzeitigen Wissenstandes nach möglich gewesen wäre (ich freue mich über anderslautende Versuche und Erfahrungsberichte). Dies eventuell entkräftende Überlegungen stützen sich bisher hauptsächlich auf Belege, die mühsam aus dem ganzen Mittelalter und ganz Europa zusammen gekratzt werden müssen. Denkbar ist vieles. Aber man sollte sich auch die Frage stellen: Warum? Warum sollte man mit viel Mühe leinerne Beinlinge herstellen und tragen, wenn Wolle den Job über Jahrhunderte hervorragend erledigt hat? Nicht vergessen: Es gibt auch dünne Wolle. Und ab einer gewissen Temperatur/Aktivität schwitzt der nicht akklimatisierte Mensch nun mal, egal ob er Leinen oder Wolle trägt. Leinerne Beinlinge wären (so es sie gab) nach aktuellem Wissensstand auf jeden Fall eine Ausnahme. Und eine historische Ausnahme aus moderner Bequemlichkeit zu nutzen empfinde ich als "schlachten Stil". ;)
 
Also, zunächst einmal sehe ich es auch so, dass man mit Beinlingen aus Wolle auf jeden Fall richtig liegt und der Hauptteil der mittelaterlichen Kleidung aus Wolle bestand. Trotzdem drängen sich mir ein paar Fragen auf, die ich hoffe im weiteren Verlauf meiner Recherchen über Leinen beantwortet zu bekommen. Ob die Abrechnungen von Jan van Blois ein Beleg sind, würde mich zum Beispiel interessieren. Bisher habe ich nur gehört, dass dort braune Hosen/Beinlinge? aus Leinen erwähnt sein sollen. Falls mir jemand sagen kann, wo man mehr darüber nachlesen kann, wäre das super. Geht man eigentlich nur anhand der Abbildungen davon aus, dass die Beinlinge sehr eng gesessen haben, oder gibt es auch schriftliches darüber? Und noch eine Überlegung, die mir gerade in den Sinn kam. Gab es eigentlich genügend Schafe/Wolle, um den europäischen Bedarf zu decken, wenn wir von der Annahme ausgehen, dass der Großteil der Kleidung aus Wolle bestand? Gerade im 13/14. Jhdt. bis zur ersten Pestwelle hat die Bevölkerung sich ja vervielfacht. LG Martina
 
Und noch eine Überlegung, die mir gerade in den Sinn kam. Gab es eigentlich genügend Schafe/Wolle, um den europäischen Bedarf zu decken, wenn wir von der Annahme ausgehen, dass der Großteil der Kleidung aus Wolle bestand? Gerade im 13/14. Jhdt. bis zur ersten Pestwelle hat die Bevölkerung sich ja vervielfacht.
Deiner Überlegung folgend würde ich sagen: Dann erst recht! Für den Flachsanbau würde Ackerland, der der Ernährung dient, zweckentfremdet während die Schafe einen wertvollen Anteil hatten den Bewuchs auf den brachliegenden Feldern kurz zu halten und ihn zu düngen. Für mich bedeutet mehr Menschen = mehr Felder = mehr Brachfläche = Platz für Weidetiere (Schafe?). Muss nicht stimmen :) .
 
Hallo Matthias, danke, das klingt auf jeden Fall einleuchtend. Zumal man ja auch bei Flachs das Problem hat, dass er in der Regel nur alle sieben Jahre auf dem selben Boden gut gedeit. Allerdings geht aus den Quellen leider oft nicht hervor, welcher Rohstoff (Flachs, Hanf, Nessel) sich unter dem Begriff Leinen verbirgt. Ich bin jetzt aber des öfteren schon auf Belege für Hanf gestoßen, der etwas schwerer zu verarbeiten ist, als Flachs, aber dafür wesentlich genügsamer im Anbau ist. Nochmal zurück zu den Beinlingen, mich würde da wirklich interessieren, ob man jetzt nur anhand der Abbildungen davon ausgeht, dass sie extrem eng anlagen, oder ob es darüber auch schriftliche Berichte gab. Und wie ist es mit den Farben? Oft sind ja kräftige und leuchtende Farben abgebildet. Hatten auch einfache Handwerker und Bauern die Möglichkeit, zum Beispiel an leuchtendes Blau und Rot zu kommen? Oder ist das in der Buchmalerei übertrieben dargestellt? LG Martina
 
@Heidensohn: Für die einstweilige Reko ist das sicher die bessere Lösung, aber ich muss Martina schon recht geben, wenn sie sagt, auf Dauer sollte man auch mal die anderen Möglichkeiten ausloten. Mir kommen in letzter Zeit immer häufiger solche Überlegungen, die durchaus nicht jeder Grundlage entbehren entgegen von allen Seiten. Es lohnt sich sicher, mal ein Auge auf die Leinen-Möglichkeiten zu werfen. Ich habe hier schon ein paar Überlegungen aufgezeichnet: http://wh1350.at/kleidung/wolle-und-leinen-oder-hilfe-welcher-stoff-denn-nun/ Sorry, ist ein bisschen OT hier, gibts eigentlich schon einen Leinen oder Wolle Thread, der etwas allgemeiner ist? Vielleicht wär es ja mal eine Überlegung wert, einen aufzumachen.
 
Ich habe bisher still mitgelesen, weil das Spämi nicht meine Baustelle ist, aber beim Lesen ging mir folgendes im Kopf herum: es gibt aus dem Kloster Alpirsbach diesen Fund einer Schamlatzhose aus Leinen, siehe hier: Kloster Alpirsbach Beim ersten Suchen kam auch die HP einer Gruppe hoch, die diese Hose nachgenäht hat, das Teil sitzt knackeng. Leider mag mir Tante Google diesen Link nicht mehr anzeigen. X( Wenn man mal vom Oberteil dieser Hose absieht und nur die Hosenbeine anschaut, entspricht das vom Schnitt doch einigermaßen denen von Beinlingen, oder sieht das nur so aus? Die Naht ist ebenfalls hinten, der Schnitt scheint mir gleich zu sein, usw. Gut möglich, dass ich mich komplett auf dem Holzweg befinde. Vielleicht aber auch nicht.
 
@Rotschopf Danke, was ihr auf Eurer Seite stehen habt, sehe ich auch so und bin halt jetzt immer wieder auf vereinzelte Erwähnungen von Leinen in der Übergewandung gestoßen, wobei sich der größte Teil auf kirchliche Kleidung bezieht, da es dort einfach mehr erhaltene Stücke gibt. @Susanna Super! Wieder ein Beleg mehr. Ich sammle im Moment nämlich alles, was mir unter die Finger kommt :heupf1 Übrigends bin ich eben in dem Buch von Katrin Kania "Kleidung im Mittelalter" über Beinlinge für den Erzbischof von Bremen, 1. Hälfte 13. Jahrhundert gestoßen, die möglicher Weise mit leinen gefüttert waren, Seite 391, außerdem erwähnt sie zwei Funde von Wollbeinlingen, die in Tuchbindung waren. :eek:ff2 Oft habe ich das Gefühl, das die Dinge einfach zu absolut angenommen werden. In einem anderen Threat erwähnte ich einmal, dass ich mir uniformiert vorkomme, da ich wie alle das Gleiche trage. Ich befürchte einfach, dass wir so das Bild vom Mittelalter genauso verfälschen, da wir nur den Bruchteil machen, den wir für belegbar halten und diesen Beleg muss es dann auch in rauhen Mengen geben. Daher frage ich mich, wenn zwischen fünfhundert Darstellern zum Beispiel EINER Beinlinge aus Leinen tragen würde, (falls es Belege für diese Ausnahme gibt!), käme das dem eigentlichen Bild vom Mittelalter dann nicht vielleicht sogar näher, oder ist das wirklich so abwägig? DAS IST NUR EINE ÜBERLEGUNG!!! :back LG Martina
 
OT: @Martina ein Gedanke, den ich auch schon öfter hatte und der wohl sehr legetim ist. Gültig ist, was sich belegen lässt, sowie schlüssig und stringent argumentiert wird. Wie gesagt steht in verschiedenen, an diversen Stellen zitierten "Ordensregeln" (wie bei der Quelle, die Mara kritisiert hat) explizit was von Leinenhosen / Beinlingen. Mein Problem ist jedoch, dass sich zum Teil wirklich schlecht nachvollziehen lässt welcher Teil der Regeln wirklich für die entsprechende Zeit und Region üblich wäre und vielleicht sogar, ob da nicht öfter der der Wunsch der Vater des Gedanken war, sodass es zu modernen Fehlinterpretationen kam bzw. es sich eigentlich eher um moderne Darstellungen handelt (welche als historische Quelle verkauft werden...), die wir nun als als Ordensdarsteller zum Teil sehr konsequent weitertragen. Ich persönlich jedenfalls habe (während eines "Lagers") immer ein paar Leinenbeinlinge und ein paar Wollbeinlinge, sodass ich auf beide Situationen reagieren und ggf. die Unterschiede erläutern kann. Es ist ja auch nicht das Problem dem interessierten Besucher oder anderen Darsteller zu erklären, warum man das so macht und was das Für und Wider darstelt. Achja: Meine Leinenbeinlinge (auch 45° afaik) sitzen nicht so eng wie die Wollbeinlinge, aber schlappern auch nicht zu sehr rum (spircht das nun für meine Beinling oder gegen meine Beine*g*?). Mit nem kleinen Gürtel oder Band unterm Knie passt das dann auch und es gibt ggf. nur nen geringen Faltenwurf. Das ist wohl auch sehr stark davon abhängig, wie genau man diese zuschneidet bzw. welche Schnitte man benutzt. Grundsätzlich finde ich aber hier auch die Argumente wichtig, dass es nicht nur super schwere, dichte Wollkörper gibt, sondern auch leichtere und dass Wolle nicht gleich automatisch den Hitzetod bedeuten (auch wenns A wäre *g*...), wie viele von uns ja empirisch belegen können. Mit Wolle ist man im Zweifel auf der "sicheren Seite" und das ist für den Einzelnen wohl ausschlaggebend. Bis auf einige Ausnahmen sind die meisten Darsteller ja eh nicht im größeren Stile einheitlich und zentral organisiert, sodass die Geschichte mit dem "glaubhaften Bild" m.E. dann meist nicht mehr als Wunschdenken bleibt - falls man bei so einer Organisation überhaupt zu Qualitätsteigerungen kommt. Das Problem fängt ja schon beim Märkte-Kompromiss an (... Ich will auch so ne Burg...) ;)! Ob das nun gut oder schlecht ist soll sich jeder selbst überlegen. Für mich ist das wie gesagt ein Kompromiss und das erkläre ich jeder interessierten Person auch so. Und ich bin deshalb trotzdem näher an der historischen Realität und leiste mehr als der gewandsaufende Profeßritter, dessen Großmeister Leonardo Carbone heißt (das geht nicht gegen GrobMis generell, sondern nur gegen die "üblichen Idioten"). /OT Ansonsten kann ich,außer euch mal wieder vom Thread abzuelnken - ich weiß ich pöser pursche-, nicht soviel beitragen, weil 1400 selbst außerhalb meiner neuen Darstellung liegt und ich da mit der Quellenlage nicht gut befasst bin.
 
Ich muss zugeben: Die Hose von Alpirsbach war mir nicht bekannt. Damit wäre zumindest der Beleg für die konstruktive Möglichkeit gegeben. Da muss ich mein Geschichtsbild mal wieder etwas anpassen, aber dafür bin ich ja bei solchen Diskussionen dabei. :thumbup: Leinen als Oberkleidung schließe ich selbst inzwischen nicht mehr aus, aber gerade bei Beinlingen hatte ich bisher konstruktive Bedenken. Bei der Interpretation von Übersetzungen von Ordensregeln möchte ich um Vorsicht bitten: Die Übersetzer scheitern meist an Kleidungsbezeichnungen. Wer nicht, weiß, was Bruche Beinlinge, usw. waren, der kann diese Dinge in ihrer lateinischen Form auch nicht unterscheiden und übersetzt meist wild als "Hosen" oder "Strümpfe". Könnte jemand Berufenes (ich bin gerade mitten im Umzug) mal die entsprechende "Leinenbeinlingsstelle" der Ordensregeln nennen, oder vielleicht sogar in Quellensprache zitieren? Fände ich interessant, da ich mich erinnere, dass bei einer Gewohnheit der Cluniazensern die pedules (identifiziere ich mal als kniehohe Beinlinge) zu den mutatoria (also mit Hemden und Bruchen zur "Wechselwäsche") gehörten, was ebenfalls ein Hinweis auf Leinen wäre. Explizit wird das Material aber nicht genannt. P.S.: Kennt ihr jemanden, der mich dafür bezahlen würde eine Datenbank (Quellentexte und Abbildungen) zur mittelalterlichen Ordenskleidung anzulegen? ;)
 
@Hermann da hast du wohl mit deinem Einspruch Recht, aber soweit ich Suanna verstanden habe, geht es ihr eher um die Verarbeitung und Optik dieses Stückes. Sprich darum das Argument zu entkräften, dass man Leinenbekleidung nicht entsprechend "eng" schneidern kann. Mal die ganze Ikonographie-Kiste außen vor gelassen.
 
@Hermann: genau das ist der Link der Gruppe, den ich nicht mehr gefunden habe! Über "Referenzen" kommt man auf eine Seite, in der sie ihre Rekonstruktion genauer beschreiben. @Hermann von Eykstern.: Ja, ich meinte die Verarbeitung des Stoffs. Dass das Teil nicht mehr mittelalterlich ist, war mir klar.
 

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