Mir wars bisher vergönnt, die Türckische Cammer (sic) in Dresden zu besuchen. Ich hab allerdings schon seit ner Weile den Ausstellungskatalog der mir schon den einen oder anderen Kubikmeter Sabber entlockt hat. Ich kann daher nur über den im Katalog enthaltenen Kram schreiben. Gezeigt sind Neben Waffen und Alltagsausrüstung eben auch Bögen der Truppen des Osmanischen Reiches. Der älteste Bogen ist laut Signatur um 1100 gebaut worden, und die jüngeren im 17jhd. Unterscheiden kann man diese in 4 Bogentypen: Nordindisch (Mogul): kein Reflex im Griff, gerade breite, flache Wurfarme und sehr stark angewinkelte Siyahs, 1,1m Länge (1 Stk im Katalog), Persisch: Reflex im Griff, leicht deflex, dann stark reflexer Wurfarm mit sehr flachem Querschnittsprofil und fast plattem Rücken, <1,1m (mehrere) typisch osmanisch: kein reflex im Griff, stark reflexe Wurfarme und gewölbtes Querschnittsprofil, <1m Länge (recht viele) Typischerweise zu Pferd wurden ausschließlich die tartarischen Bögen, von tartarischen Söldnern im Dienst der Osmanen geschossen. Die osmanischen Bögen sind dafür eh viel zu nervös. Genau deshalb werd ich das "R-Wort", dass eigentlich nur die Fiberglassprügel für <100€ bei ebucht passt, nicht verwenden. Es ist osmanische Ausrüstung, und nicht die der Xiongnu (Hunnen vor China). Und da kommen wir auch zum Thema, das ist wohl überwiegend Kriegsgerät und keine Sportbögen. Die Bögen sind in der Länge (wie auch immer, ich vermute Abrollmaß) vermessen, und gewogen (ob mit oder ohne Sehne weiß ich nicht, ich vermute mit Sehne, falls sie noch immer gespannt sind ... seit 300 Jahren ... ). Die Bogenmasse liegt mit einem 350 Gramm Ausreißer zwischen 500g und 550g. Beim Zuggewicht will ich mich nicht aus dem Fenster lehnen, weil es zum Abschätzen mehr als diese beiden Daten braucht. Wenn ich allerdings detaillierter vermessene osmanische Bögen mit bekanntem Zuggewicht und ähnlicher Länge (2-3cm Abweichung) und gleichzeitig ähnlicher Bogenmasse (max 15g Abweichung), betrachte, so liegen diese definitiv jenseits der 100lbs@28". Für die tartarischen, persischen und Mogulbögen habe ich leider keine Vergleichswerte. Diesen Sommer werden wohl ein paar Bögen der Cammer genauer betrachtet. Wenn ich mehr weiß, trag ichs vllt nach. Warum also die Dicke Sehne? !!! Achtung Phrasenschwein !!! Jeder Vorteil hat einen Nachteil. - Klar erkannter Nachteil ist natürlich die erhöhte Masse der Sehne, und damit reduzierte Pfeilgeschwindigkeit. + Eine dicke Sehne ist i.d.R. länger haltbar. + Der Ablass mit einer dicken Sehne ist konstanter, runder, weicher. Auch die olympischen Bogenschützen benutzen Sehnen, die dicker als nötig sind. Ich selbst schieße momentan eine ~4mm dicke Sehne, und schieße damit lieber, als mit der 2,5mm Sehne auf anderen meiner Bögen. Gerade bei einer Lösetechnik ("mafruk") ist das doch sehr angenehm. + Eine dicke Sehne dehnt sich weniger, was den Pfeilflug etwas beschleunigt, aber vor allem in seiner Geschwindigkeit stabilisiert, gerade bei stark gemischten Pfeilen, wie Fundpfeilen auf dem Feld ist dies ein riesen Vorteil. + Eine schmale Nocke eines Pfeils kann man mit einer Feile verbreitern, dass sie dann auf die eigene Sehne passt. Eine zu breite Nocke sorgt immer für schlechten Pfeilflug. - Wenn die Sehne dicker ist, als man die Nocke breit machen kann, ist man gekniffen. + Wenn die Sehne aus Seide ist, braucht es beim aufspannen etwas ruhe, um die einzelnen Stränge zu entkutzeln, falls sie durcheinander sind. Wenn man sie komplett umwickelt, spart man sich diesen Stress, und kann den Bogen schneller aufspannen. Dies tritt auch bei anderen Fasern auf, da osmanische sehnen nie eingedreht werden. Bei Sehnen fürs Sportschießen wird sogar ein Strang anders gefärbt, damit man genau das kontrollieren kann. + In orientalischen Bogenschützenhandbüchern wird eine Dicke Sehne für das Kriegsschießen gelobt, weil sie zu mehr Pfeilpenetration führen soll, und leichter zu ziehen ist. Dies findet man mit verweis auf Perser. Deren Bögen sind (siehe oben) länger, und Pfeile schwerer als die der Osmanen. Und klar, je schwerer der Pfeil sowieso schon ist, desto weniger Einfluss hat dann noch die Sehne. Die persischen (und auch tartarischen) Kriegspfeile, die ich mit Gewichtsangabe kenne, sind etwa doppelt so schwer, wie die, die man eher als osmanisch beschreibt. Grob noch zur optimierung der Schießstile: Die Osmanen haben sehr auf Reichweite und Pfeilgeschwindigkeit gesetzt, während die Perser Penetration als höheres Ziel hatten. Grund dafür könnten die besseren(?) türkischen Schilde sein, durch die der Pfeil erstmal durch muss. Ich hoffe das war lesenswert und beantwortet ein paar Fragen. Grüße, ßimon