Wenn eine Stadt wie Nürnberg im Burggraben (auf der Burg geht ja nicht, weil die der bayrischen Schlösser- und Seenverwaltung gehört und die in Sachen Mittelaltermärkte ungefähr so spröde sind wie ein Stück Kristallglas) einen "Mittelalter"-Event veranstaltet, dann ist es völlig klar, mit was für Publikum da gerechnet werden muss. Amis, Japaner und sonstige Kameraträger machen da einen signifikanten Prozentsatz aus. An dieser Stelle zu dieser Jahreszeit einen Insider-Markt speziell für die Erwartungen und Bedürfnisse engagierter, vorgebildeter und interessierter Hobbyisten zu veranstalten, wäre wohl schlicht unrealistisch. Dass der Markt trotzdem für eine Stadt wie Nürnberg, die sich auf ihre mittelalterliche Geschichte so viel einbildet (ja, es gab ein Nürnberg vor den Reichsparteitagen...) und mit der Burg, der Stadtmauer, dem Burgviertel und dem Graben auch eine halbwegs ordentliche Kulisse vorweisen kann, enttäuschend flach und klein (für eine solche Stadt) ist, ist leider unbestreitbar. Das war er aber auch schon früher, da hat sich nicht wirklich was verbessert oder verschlechtert. Was mich persönlich richtig gestört hat, waren - die teils hundsmiserable Musik. Ich bin ohnehin kein Freund von Dudelsäcken, aber wenn man die Dinger (es gab im Mittelalter genau drei Instrumente scheint's) schon malträtiert, dann sollte man wenigstens die Töne treffen. Was da über den ganzen Tag immer wieder mal an der unteren Taverne trötete, war schlichtweg Körperverletzung. Wenn man's nicht draufhat, dann hilft auch ein schwarzer Lederrock nichts, pardon. Die Phasen, in denen, wenn dem Dudelterroristen zwischendurch die Luft ausging, immer und immer wieder die gleichen Stücke von Konserve tönten, waren dagegen eine richtige Entspannung, auch wenn die stundenlange Wiederholung ein und desselben Liedes (mehr Thema als Lied) schon auch eher - nennen wir es mal etwas euphemisitisch: "medidativ" wirkte. Generell war sehr viel Musik von CD Teil des "Ambientes". Und hinten, beim Schwertkampfturnier, zu allem Übel auch noch das übliche HDR, Conan oder sonstige Actionfilmgedudel, gemischt mit Nightwish. Ich liebe Nightwish, zumindest in der alten Besetzung, aber bitte nicht unbedingt auf dem Mittelaltermarkt. - das ausgeprägte Nichtvorhandensein jeglichen halbwegs interessanten Kaufangebots für Hobbyisten. Nicht, dass ich da als Karolinger von anderen Märkten verwöhnt wäre, aber da war ja generell so gar nichts zu finden, was halbwegs brauchbar gewesen wäre. Egal welche Zeit. Nur Kinderkram, Fresserey und Romantikklamotten. Apropos Fresserey: Die bestenfalls notdürftig getarnte Eisbude störte die Optik ganz gewaltig, aber das Eis war trotzdem lecker und überlebensnotwendig. Dass die Mehrzahl der Besucher nicht gewandet waren, versteht sich von selbst; Amerikaner, Italiener und Japaner nehmen relativ selten Marktklamotten mit auf die Deutschlandreise. Insofern kann ich den Kritikpunkt von Knuddelhexe nicht ganz mittragen, das war von Vornherein klar, dass da viele Touris in Alltagsklamotte da sein werden. Was ich aber bestätigen kann, ist die enttäuschende Absenz gut Gewandeter, ob als Lagergruppen oder als Besucher. Da war größtenteils halt die klassische Marktbesuchergewandung vertreten. Angeschaut wurde man in der Folge auch weniger "blöd", als vielmehr " scheu interessiert". Ich fühle mich halt immer wieder wie im Zoo bei solchen Gelegenheiten, aber auch das ist ob der Besucherzusammensetzung in einer Touristengegend von Vornherein klar. Ein unbestreitbarer Pluspunkt, das hat Knuddelchen schon erwähnt, ist der Preis. 5 Euro sind ohnehin schon ein Preis, wie man ihn heute kaum noch findet, und Gewandetenrabatt gibt es auch nur noch ganz selten. Ich war schon für mehr Geld auf schlechteren Märkten. Das Ambiente war insofern ok, dass man unten im Graben keine aktiv störenden Elemente hat, von den unvermeidbaren Ecken mit den Dixieklos und vermeidbaren, aber irgendwie üblichen Elementen, wie etwa den Bauzäunen um die Schwertkampfarena mal abgesehen. Moderne Architektur ist weitestgehend ausgeblendet, ebenso Parkplätze oder sonstwas. Das müsste man konsequenter nutzen. Ebenfalls recht gut und umfangreich war das Kinderangebot. Man konnte die Bamsen da ganz gut beschäftigen. Hätte ich noch mehr gewürdigt, wenn ich selber Blagen hätte. Fazit: Für Hobbyisten keinen Besuch wert. Kann keinerlei ernsthafte Erwartungen erfüllen, weder an das materiell zu erwerbende Angebot noch an hilfreiche Kontakte zu hochwertigen Lagergruppen noch an besonderes Ambiente. Theoretisch könnte man da einen tollen Markt hinstellen, wenn man die Vorzüge des Geländes konsequenter und geschickter nutzen würde. Als Tourist zum nebenbei mal drüberschlappen sicherlich ganz ulkig. Aber auch diesbezüglich könnte man da ganz andere Brötchen backen. Wäre es der Markt von Hintertupfersbach oder Großzickendorf, ok. Aber für Nürnberg irgendwie peinlich.