Darstellung des deutschen Ordens - Eine Frage der Verantwortung

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Hallo, Ich für meinen Teil distanziere mich schon seit einiger Zeit von solchen Dingen mit hilfe der Aachener Erklärung für Living History http://www.livehistory.de/aachener_erklaerung/ Ich denke das ist eine gute möglichkeit seinen Standpunkt zu dem Thema klar zu stellen und bei fragen zu diesem Thema verweiße ich auch immer darauf das ich zu dessen Unterzeichnern gehöre. Viele Grüße Jürgen
Original Zitat
[font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Aachener Erklärung für Living History[/font]​
[font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Living History kann uns helfen, das kulturelle Erbe der Vergangenheit zu verstehen und zu bewahren.[/font] [font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Living History nach unserem Verständnis soll der Forschung und Lehre als Helfer und Mittler im Kontakt mit der breiten Öffentlichkeit zur Seite stehen.[/font] [font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Zu diesem Zweck wollen wir Leben und Wirken der Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart getreu dem aktuellen Kenntnisstand der Wissenschaft und ihren Methoden abbilden.[/font] [font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Um dieses Ziel zu erreichen, muß Living History frei sein von jeder politischen, religiösen oder ideologischen Einflußnahme durch die Handelnden selbst oder durch Dritte.[/font]
[font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Deshalb bekennen wir uns ohne Einschränkung zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität, den Werten des [/font][font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Grundgesetzes[/font][font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif'] der Bundesrepublik Deutschland und den Grundsätzen guter [/font][font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']wissenschaftlicher Praxis[/font][font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']. In diesem Geist wollen wir Living History gestalten und stetig verbessern.[/font]​
[font='Verdana,Tahoma,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif']Aachen im Juli 2008[/font]​
Zitat Ende
Das kann ich als Ordensdarsteller so nicht unterschreiben, denn eine gewisse Religionsausübung betreibe ich ja trotzdem, da diese ja zur Ordensdarstellung gehört und vor allem auch zum Mittelalter, Living History muss frei sein von jeder politischen, religiösen oder ideologischen Einflußnahme durch die Handelnden selbst oder durch Dritte, halte ich für eine sehr schwammige Aussage. Ferner sollte es besser heißen "Radikale, statt ideologisch, ein sachlicher Umgang mit der Geschichte ist wesentlich Sinnvoller als mit dem bösen Finger auf einzelne Personen oder einzelne Ereignisse zu zeigen.
 
Ich halte die Aachener Erklärung aus verschiedenen Gründen für nicht optimal formuliert und bemühe mich ihre Wirkung nicht zu überschätzen, aber ihre Grundaussage (Deshalb bekennen wir uns ohne Einschränkung zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität, den Werten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und den Grundsätzen guter wissenschaftler Praxis.) halte ich gerade für Ordensdarsteller für sehr wichtig und erstrebenswert. Das könnte auch ein Grund sein, warum mir manche Äußerungen Heriberts Bauchschmerzen bereiten. Es geht in der Aachener Erklärung explizit nicht um den Gegenstand der Darstellung, sondern um die Einstellung und das Sendungsbewusstsein des Darstellenden und deren Einfluss auf die Darstellung. Wenn dieser Unterschied nicht erkannt wird, ist das in meinen Augen ein Zeichen dafür, dass hier auch in der eigenen Darstellung nicht ausreichend differenziert wird. Und genau dagegen wendet sich die Aachener Erklärung unter anderem. Respektvolle Ordens-, bzw. Religionsdarstellung sollte mit dem (in der Praxis natürlich nie ganz zu erreichenden, aber anzustrebenden) Ziel der Neutralität jederzeit auf persönlichen Glauben (oder Überzeugung) an das Dargestellte verzichten können, nie jedoch auf kritische Betrachtung des Dargestellten, der eigenen Darstellung und der eigenen Einstellung.
 
Als Ordensdarsteller Betreibe ich keine Religion sonders Stelle sie nur dar frei von meinem eigenen Glaube an eine Religion. Es gibt andere Darsteller die ein Thema behandeln wie das Morgenland oder Judentum im Mittelalter, deswegen haben sie noch lange nicht auch den selben Glauben. Und sicher kann jeder gewisse Formulierungen noch genauer von sich geben wen er das möchte, aber speziell diese Formulierung wurde so getroffen um ein breiteres Spektrum abzudecken als nur die Radikale Bevölkerung. Und es gibt bei den unterzeichnern auch eine große Anzahl an Ordensdarstellern. Ich wollte damit jetzt auch keine Werbung machen sondern nur auf die Anfangsfrage eingehen wie wir uns selbst davon distanzieren. Und das ist nun mal meine Möglichkeit. Viele Grüße Jürgen
 
Es geht in der Aachener Erklärung explizit nicht um den Gegenstand der Darstellung, sondern um die Einstellung und das Sendungsbewusstsein des Darstellenden und deren Einfluss auf die Darstellung. Wenn dieser Unterschied nicht erkannt wird, ist das in meinen Augen ein Zeichen dafür, dass hier auch in der eigenen Darstellung nicht ausreichend differenziert wird. Und genau dagegen wendet sich die Aachener Erklärung unter anderem.
Genau so sehe ich das auch, denn das Schlüsselwort lautet : " Einflußnahme :!: "! Spezifiziert wird es durch die Attribute "politisch", "religiös" und "ideologisch". Weitere Schlüsselworte sind " religiöse und weltanschauliche Neutralität". Und ich denke, so muß man es einfach verstehen...und letztendlich umsetzen... ;) Deshalb halte ich eine respektvolle und historisch korrekte Ordensdarstellung für keinen Widerspruch zur Erklärung Wie Heidensohn schon geschrieben hat könnte man es evtl. noch etwas treffender und unmißverständlicher formulieren. Dies einmal ein Statement eines "Nicht-Darstellenden", der damit völlig frei von einer evtl. vorgegebenen Richtung ist... :whistling:
 
ich persönlich würde NIEMALS auf die Idee kommen, irgendjemanden zu bekehren oder den Glauben aufzuschwazten. Wozu auch? Ebensowenig würde ich auf die Idee kommen mit meiner Mittelaltergewandung zu Nichtmittelalterleuten zu gehen und diese bekehren oder Seelsorge anbieten (hab ich in der Arbeit in zivil genügend davon) Man muss einfach unterscheiden zwischen Darstellung und Realität und dass hat meines Erachtens auch ein wenig mit Verantwortung zu tun. Gut dass ich mich in Gewandung auch Darstellungsgemäß benehme, finde ich als ein kleines muss, sonst verliert man seine eigene Glaubwürdigkeit. Bsp. Mit meinem Freund rumknutschen oder besoffen übern Markt torkeln, solang ich den Schleier auf hab ein no go. Wenn manche Templer oder wlecher Orden auch immer händchenhaltend und dauerknutschend über den Markt laufen muss ich mich schon immer sehr wundern. Wenn ich das bedürfniss hab mein Freund zu knutschen geh ich halt kurz ins Zelt.... Abens wenn der ofizielle Teil vorbei is, tu ich mein Schleier runter und trink auch mal gern ein Glas Met mit, so is es auch nicht. ;)
 
Man muss einfach unterscheiden zwischen Darstellung und Realität und dass hat meines Erachtens auch ein wenig mit Verantwortung zu tun. Gut dass ich mich in Gewandung auch Darstellungsgemäß benehme, finde ich als ein kleines muss, sonst verliert man seine eigene Glaubwürdigkeit. Bsp. Mit meinem Freund rumknutschen oder besoffen übern Markt torkeln, solang ich den Schleier auf hab ein no go. Wenn manche Templer oder wlecher Orden auch immer händchenhaltend und dauerknutschend über den Markt laufen muss ich mich schon immer sehr wundern. Wenn ich das bedürfniss hab mein Freund zu knutschen geh ich halt kurz ins Zelt.... Abens wenn der ofizielle Teil vorbei is, tu ich mein Schleier runter und trink auch mal gern ein Glas Met mit, so is es auch nicht.
Genau so wollte ich das auch verstanden wissen und von daher brauche ich diese unsinnige Aachener Erklärung nicht. Das was Schwester Amalia geschrieben hatte, bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung und sollte sich als Selbstverständlich verstehen.
 
Genau so wollte ich das auch verstanden wissen und von daher brauche ich diese unsinnige Aachener Erklärung nicht. Das was Schwester Amalia geschrieben hatte, bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung und sollte sich als Selbstverständlich verstehen.
Sorry, aber ich denke so einfach ist das nicht. Und so unsinnig ist die Erklärung ja nicht, da sie scheinbar gerne mißverstanden wird. Also gibt es zu dieser Thematik durchaus Diskussionsbedarf. ^^ Ich befürchte allerdings auch, daß Schwester Amalia etwas ganz anderes ausdrücken wollte... :whistling:
 
Oh, ah, da haben wir's wieder... Respektvoller Umgang mit dem eigenen Darstellungsfeld (wie von Amalia beschrieben) sollte tatsächlich selbstverständlich sein. Aber er bedeutet noch lange nicht automatisch, dass man eine neutrale Distanz zu seinem Darstellungsobjekt hat. Nur weil man nicht aktiv missioniert, heißt das nicht, dass die eigene Darstellung nicht doch massiv von persönlichen Überzeugungen, die nicht der wissenschaftlichen Praxis entsprechen durchdrungen ist. Um ein völlig übertriebenes Beispiel zu bringen mit dem ich mir wohl wenig Freunde mache: Man muss nicht lautstark auf einer Veranstaltung zum Einmarsch nach Polen aufrufen, um einen Ritter des OT deutschnational und antislawisch mit Vermischungen von "heute", "damals" und "zu Opas Zeiten" so darzustellen, dass es für den Besucher und Zuschauer nicht mehr möglich ist zwischen der Darstellung und den persönlichen Ansichten des Darstellers zu unterscheiden. Dazu gibt es viel mehr und subtilere Mittel. Der Auslöser für die Aachener Erklärung war ja nicht offensichtlich rechtes Gerede von Germanen-Darstellern, sondern eine eindeutige Tätowierung eines solchen Darstellers, die bisher kaum beachtet einfließende Dinge erst im Kontext erkennbar machte. Man muss nicht aktiv die Gäste zum Christentum bekehren wollen und kann trotzdem seine eigene Patchwork-Christentum-Begeisterung so unreflektiert in der Darstellung ausleben, dass für den Besucher nicht klar ist, was gespielte - aber dafür recherchierte und belegte - mittelalterliche Religiosität und was persönliche postmoderne Spiritualität des Darstellers. Auch davor warnt die Aachener Erklärung meiner Meinung nach, wenn man zwischen ihren Zeilen liest. Und das richtete sich jetzt nicht gegen Amalia.
 
Hm, schwieriges, wichtiges Thema... In einem anderen Thread hier haben ja manche dargelegt, warum sie zB von einer Darstellung Abstand nehmen, die im "Wilden Westen" oder im 2. Weltkrieg angesiedelt ist. Vielleicht ist es einfach das Wichtigste, innerhalb und außerhalb der "Szene" ganz deutlich klar zu machen, dass man ein Stück Geschichte nach- oder darstellt und keineswegs eine persöliche Einstellung zu den Geschehnissen transportieren möchte. Diese lange Periode ohne spürbare kriegerische Auseinandersetzungen, die wir derzeit in Europa erleben, ist eher untypisch für die Geschichte und es gab eigentlich dauernd irgendwo ein Scharmützel, einen Heerzug oder andere kriegerische Auseinandersetzungen. Da sah sich natürlich jede Seite als "die Guten", auch wenn wir das vom heutigen Standpunkt aus natürlich differenzierter sehen. Aber genau dieser "heutige Standpunkt" hat den Menschen von damals natürlich genauso gefehlt wie wir nicht wissen können, wie man in 3000 Jahren die ständige Einmischung der USA in die angelegenheiten anderer Völker sehen wird - Hilfe und Deeskalation oder selbstherrlicher Ein- und Übergriff. Der Deutsche Orden hatte unter anderem die Aufgabe, die "Heiden" zu missionieren. Nach damaliger Auffassung hatte dies mit allen Mitteln zu geschehen und es gab kaum jemanden, der diese Auffassung nicht teilte. Mit einer naturgegebenen Minderwertigkeit anderer Völker hatte das nichts zu tun (sonst hätte man sie der Missionierung und damit der "Rettung ihrer Seele" nicht für würdig gehalten) und niemand konnte damals ahnen, dass der DO irgendwann einmal würde zu Propagandazwecken würde herhalten müssen (und vermutlich würden die Gebeine von Arminius und seinen Mannen in ihren Gräbern rotieren, wüssten sie, wofür sie herhalten mussten). Deswegen halte ich es für wichtig, nicht nur Darsteller darauf aufmerksam zu machen, dass sie ihre Rolle nicht aus ideologischen Gründen und damit mit der Sicht und dem Wissen von heute wählen und ausfüllen sollen. Sondern auch Gästen, Zuschauern, Besuchern eben klar zu machen, dass die Darstellung im Prinzip eine Zeitreise ist und also nichts mit heute geltenden Grundsätzen zu tun haben kann und nicht etwa als Beispiel dafür herhalten soll, dass die Menschen schon damals gewisse Einstellungen hatten (Frauen müssen keusch sein; Verbrecher sind nach dem Auge-um-Auge-Prinzip zu betrafen; Angehörige anderen Glaubens sind schlecht und müssen bekämpft werden,...) und diese deshalb heute noch, quasi als ewig gültge moralische Grundprinzipien, richtig seien.
 

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