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AvK
Guest
Hallo liebe Leute, ich habe mir mal erlaubt einen eigenen Thread zum Thema "mittelhochdeutscher" Lieder und Spruchdichtung zu eröffnen, da in einenem anderen Beitrag ( Ancient Maps of Jerusalem )zum Thema "Jerusalemkarten" kommentarlos und ohne jeglichen, nachvollziehbaren Bezug zum Thema, eine Strophe des Palästinaliedes auftauchte. Wie wir gesehen haben ist die These die geäußert wurde, daß dieses Lied quasi zum literarisches Allgemeinwissen zählt, durch die vielen Kommentare von Usern, die es bis dato nicht kannten bzw. als solches nicht wahrgenommen haben, eindeutig wiederlegt. Eine weitere These ist, daß es sich bei diesem Lied um ein Pilgerlied handelt. Dies kann ebenfalls nicht unwidersprochen bleiben, da es sich definitiv zunächst einmal um ein politisch- religiös geprägtes Propagandalied handelt. Die Lieder und die v.a. die Spruchdichtung Walthers von der Vogelweide sind mit besonderem Augenmerk zu betrachten, da Walther ein eher außergewöhnlicher Dichter seiner Zeit war, und sich von den anderen Vertretern seiner Zunft deutlich unterschied. Man muß, wenn man an seine Texte herangeht, immer "zwischen den Zeilen" lesen, da er seine Botschaften in "unschuldige" Verse zu verpacken verstand. Auch die "Ich"-Form die Walther bei vielen seiner Texte gebrauchte ist eher im Sinne eines lyrisches"Ich" zu verstehen, und bedarf daher einer besonderen Betrachtung. Desweiteren, war Walther, um es mal etwas moderner auszudrücken, ein "Wendehals", der, als armer Ministrale aufgewachsen, sich immer an dem orientierte, der die Macht hatte, und das nötige Kleingeld um ihn zu unterhalten. Und wer Walther nicht korrekt bezahlte, wurde von ihm mit Schmähversen bedacht wie z.b Kaiser Otto IV , der Markgraf Dietrich von Meißen und der Herzog Bernhard von Kärnten. Ein weiterer Punkt ist die Religiosität. Ja, Walther schrieb Kreuzugslieder und -texte, aber nicht im Sinne eines tiefgläubigen Pilgers, sondern als Vertreter eines Ritterideals. Wir finden in Walthers Dichtung eher eine "literarische Kampfansage" an den Papst, aber auch hier alles im Sinne seiner "Auftraggeber" die ihn entsprechend entlohnten. Walthers Intention, war bei allem was er schrieb : Geld, Aufwertung seines eigen Standes und ein sicherer "Arbeitsplatz". So kommt es das viele Stücke Walthers patriotisch gefärbt sind, wie z.B. die literarische Wettstreite mit den provencalischen Troubadours oder die "antiklerikalen" Texte. Damit erhoffte er sich eine langjährige Anstellung an den entsprechenden Höfen. Hierzu schreibt H.S. Räkel:
Wir sehen also, wir müssen Walthers Werke kritisch betrachten, und das geht nur mit der wissenschaftlichen Analyse der Sprach-und Literaturwissenschaft sowie der Politik- und Geschichtswissenschaft. So ein "Bauchgefühl" das es ein Pilgerlied sei weil es so schön christlich ist, die Passion beinhaltet und es ja gerne von spätereren Generationen im Sinne eines Pilgerliedes gesungen wurde reicht da leider nicht aus. Die politische Botschaft steht aber klar im Vordergrund, wenn man sich u.a. die Strophe: "Kristen, juden unde heiden..." ansieht... Hier der Link zum Lied : http://turba-delirantium.skyrocket.de/bibliotheca/walther_vogelweide_palaestinalied.htm Quellen- und Literaturnagaben:H.S. Räkel: "Der deutsche Minnesang" , Beck`sche Elementarbücher 1986; W.Höver und E. Kiepe: "Epochen der deutschen Lyrik", Bd. 1, DTV Wissenschaftliche Reihe 1978; H.Mettke: "Altdeutsche Texte"VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1987; Propyläen: "Geschichte der Literatur" Bd. II,Berlin 1988; H.Pleticha: " Deutsche Geschichte" Bd. 3, Lexikothek Verlag 1983; GEO-Themenlexikon Bd. 30 "Literatur"Gruner +Jahr, 2008"...Entscheidend ist aber auch hier wieder, daß Walther seinen privaten Wunsch, in dem "gelobten" Land eine sichere Existenz zu finden, als Summe seines Preises (Anm.: das sog. "Preislied") wirkungsvoll in der Schlußzeile unterstreicht: "lange müeze ich leben dar inne " ! Es ist also nichts mit der "Deutschen Nationalhymne um 1200". Auch dürfen wir Walther kein patriotisches Empfinden unterstellen. Unser Dichter war in erster Linie ein Anwalt der eigenen Sache, und wenn der Dienst für eine gesellschaftliche Konvention ihm selbst nicht zu gute kam, so nahm er keinen Anstand, dieser Konvention abzuschwören und seinen Dienst aufzukündigen. Das ist, vielleicht ein wenig verkürzt, der Hintergrund für Walthers Abwendung vom "hôhen sanc", zu seiner gegenhöfischen Wendung...." zitiert aus: H.S. Räkel: "Der deutsche Minnesang" S. 205, Beck`sche Elementarbücher 1986
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