So, es gibt ein Update. Im Frühling konnte ich die Ausrüstung 44h intime testen. Ich war auf einen kleinen, privaten Event mit Hintergrundstory (Feier auf einem Gutshof auf einer dän. Insel) eingeladen. Vorgabe war, die volle Zeit intime, ohne Ausrutscher zu verbringen, einzig das Zelt war jedem frei gestellt, was er innen tat. Ich habe mich dann entschieden, ohne Zelt, nur mit Plane anzureisen, was ergo bedeutete, dass ich nahezu eine 0-Toleranz Schwelle hatte für Anachronismen. Zudem wurde es laut Wetterbericht mit 8°c sehr huschig.
Ausrüstung: Am Mann getragen hatte ich
- Wendegenähte Schuhe mit Naalbindingsocken und Beinwickeln
- Leinenhose
- Leinenkittel mit Unterkittel
- Wollkittel
- Naalbindingmütze
- Gürtel mit Messer, scharfen Sax und Gürteltasche
- in der Gürteltasche Würfel, Feuerstahl/Stein/Zunder, Fibel, Nähzeug
- Umhängetasche mit Teller, Schüssel, Becher, Trockenfleisch, etwas Brot, klein Glasflasche mit selbst gekochtem Sirup, Besteck
Im selbst gebauten Kraxen Rucksack aus Weidenästen, Bast und Leinen hatte ich
- Klappenrock
- Wechselkittel, Socken und Hose, sowie ein paar einfache Schuhe
- Kleiner Kochtopf, darin Gemüse, Beutel mit Gewürzen und Kräutern, Fett und Honig
- Speck, Käse und Brot, in Pergament eingeschlagen
- ein Tonbecher Butter
- Obst
- Rechteckmantel und Gugel
- Leineneimer
- meine Werkzeugdose (ehem. Trinkhorn mit Deckel) mit Ahle, Schleifstein, Birkenpech, Zwirn, Lederflicken und Stoffflicken sowie einem kleinen Hobel
- Kerzen mit Kerzenhalter und Erddorn
- Birkendose mit Schmuck/Kleinzeug
- 8x Erdnägel
- auf den Rucksack geschnallt befand sich mein Schlafsack (s.u.), Plane, Seil, ein Beil, eine Tasche mit Zunder, eine weitere Wolldecke
Der Schlafsack Meine Erfahrungen letztes Jahr haben gezeigt, das man abseits des Feuers nur mit Mantel leicht friert. Ich wusste, dass es nur eine Feuerstelle geben wird, daher musste ich eine Lösung finden. ich hatte eine Textquelle, die von Seehundschlafsäcken sprach, was leider ethisch und legal relativ schwer ist. Daher griff ich zur nächsten Lösung: Die Samen nutzen, bis heute, zerfaserte Rinde, trockenes Gras und dünne Ästchen zur Isolation. Das nutzte ich für einen einfachen Deckenschlafsack, dessen Innenfutter dichtes leinen (meiner Allergie geschuldet) war und als Aussenhülle Loden, weil wasserabweisend. So war ich dann gesattelt und trat, vom imaginären Bootssteg aus, den Weg Landeinwärts über ca 1km zum Hof des Gastgebers an. Erste Erkenntniss: Ich bin entweder ein Softi, mein Rucksack überladen oder die Schultergurte waren zu schmal. Egal, ein Guter hälts aus. Auf dem Hinweg wurden noch Champignons für das Mittagessen gesammelt. Dann angekommen, Lagerplatz neben Kamerad ausgesucht, im Wald nach Totholz gesucht und 2 Zeltstangen geschlagen. Als das Schrägdach stand, wurde der Boden vorbereitet, sprich eine alte Wolldecke ausgelegt. Neben dem Effekt, dass es barfuss viel angenehmer ist, verhindert sie dass die Bodenfeuchtigkeit in die Schlafstatt kriecht, vor allem in den Morgenstunden aka Taustunde, sehr wichtig. Der Strohsack musste leider mit einer Isomatte gefüllt werden, da Stroh fehlte. Da mir der Magen knurrte und mich auch fröstelte wurde erstmal der Topf aufgesetzt und Gemüsesuppe mit Speck gemacht. Während das köchelte kam ich mit einigen anderen Anwesenden, ins Gespräch und Speck, Käse, Räucherwurst und Trockenfleisch machte die Runde. Nach dem gemeinsamen Abendessen und Ausklang am Lagerfeuer ging es zum Waschen. Also barfuss in Leinenbüx und Unterkittel zum Waschhaus, sich gewaschen inkl. Haare, schnell geschrubbelt und Mütze wieder auf und dann barfuss zurück durchs nasse Gras, das erledigte die Fuss Hygiene. Die frischen Socken waren eine Wohltat mit keinem Hacksilber Dänemarks aufzuwiegen! Der Gerollte Klappenrock formte das Kopfkissen und das nächste was ich wahrnahm war ein "Thorsaie! Gut geschlafen!" meines Nachbarn! Ja schon, war warm und so, aber Duuurst! Als ich nach meinem Holzbecher griff und mir aus meinem Eimer einen Schluck Wasser holen wollte, stiess ich auf unerwarteten Widerstand, denn das Wasser war gefroren. Das motivierte mich dann, mir etwas dürres Gras zu suchen, Späne zu hacken und das Feuer anzuschüren. Verkohltes Leinen und Birkenrinde ist wunderbar als Zunder, und langsam kamen die Lebensgeister zurück, was mich daran erinnerte, dass der Klappenrock, den ich die ganze Nacht mit meinem Kopf erwärmte, noch ungenutzt unter dem Schlafsack lag! Das sollte sich ändern, dann ging es ans wesentliche: Frühstück. Reste von gestern, Speck, Brot und Butter brachten den Motor auf Betriebstemperatur. Bis das Tagwerk anlief reparierte ich den Rucksack und schliff mein Messer, Axt und Sax, was schlagartig für Folgeaufträge und Wohlgefühle sorgte (denn der fränkische Auftraggeber testete das Messer sogleich an einer leckeren Räucherwurst, als guter Handwerker muss ich natürlich der Endkontrolle beistehen!) Der zwote Tag verlief wie ein jedes Lager, gegen Abend folgte dann wieder die Waschung, diesmal sorgte ich jedoch vor und packte Reissigzweige in den Wassereimer, sodass dieser nicht gefror! Der dritte Tag begann mit Abbau des Lagers, sodass hier schon wieder 21tes und 10tes Jahrhundert Hand in Hand gingen!
Was habe ich gelernt: Es funktioniert, bei mäßigem Wetter, auch ohne moderne Hilfsmittel, aber es ist definitiv herausfordernd. Vieles was als "das geht halt nicht anders" als Kompromiss durchgewunken wird, muss eigentlich nicht sein. Ich habe bei der Verpflegung auf Pfannenbrot, geräucherten Schinken/Speck und Käse gesetzt. dazu Butter in einem Tonfass und es am FR abgepackt. Am SO Abend war alles noch OK! Auch das Schlafen ohne Bundeswehrschlafsack unter dem Mantel funzt prächtig. Wer Allergiker ist oder schlicht den platz nicht hat, wird dennoch auf etwas platzsparenderes ausweichen müssen. Aber für mich schön zu wissen, dass es geht, wenn die Voraussetzungen gegeben sind! Meine wichtigste Erkenntnis war eigentlich, das weniger wirklich mehr ist und das es enorm befreiend sein kann, ohne Hausrat in Kubikmetercharge auf ein Lager zu fahren! Soviel von mir, mal sehen wann sich die nächste Möglichkeit ergibt!