Eigene Gewandung (Bliuat, 12. Jahrhundert)

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Prosperina

Guest
Hallo, ich hoffe, ich setze mich hier nicht mit unwissenden Fragen in die Nesseln, aber im Bereich Gewandung habe ich bisher relativ wenig Ahnung. Ich würde mir gerne eine eigene Gewandung nähen, die, da sie die erste ist, auch nicht den Anspruch auch wirkliche Authentizität legt (d.h. ich werde sie eher nicht von Hand nähen, etc.). Was mich interessieren würde, wäre ein Bliaud (12. Jahrhundert). Gibt es in dieser Richtung irgendwelche Schnittmuster, da ich mich bisher nicht daran wage, nach Augenmaß etwas zu schneidern, da mir dafür wohl auch die Erfahrung fehlt. Gibt es auch etwas bliaud-ähnliches mit etwas dezenteren Ärmeln? Werden beim Unterkleid die Ärmel generell enger genäht? Wie viel Stoff wird man da etwa brauchen? (Ich bin 1,70 m groß, irgendwas zwischen Kleidergröße 36 und 38 ) Welcher Stoff ist dafür geeignet? Was eventuelles Färben angeht (auch hier habe ich nicht unbedingt den Anspruch, daß es authentisch sein muß), ist es da auch möglich, das ganze in der Badewanne oder einem Eimer zu färben oder ist dafür eine Waschmaschine notwendig? Welche Marken sind empfehlenswert? Fabrlich würde mich ein intensives, dunkles Grün oder Rot interessieren. Wie viel Zeitaufwand ist etwa einzuplanen für eine komplette Gewandung mit Unterkleid? Wie sieht es vom Geldaufwand her aus? Zu teuer sollte es ingesamt nicht werden, da ich noch studiere. Ist ein Gebende bzw. eine Haube notwendig oder kann darauf vorerst auch verzichtet werden? Würd mich sehr über Antworten freuen!
 
Hallo, zum Thema Bilaud empfhle ich dir das Buch "Kleider und Waffen der Früh- und Hochgotik". Wenn du dich für Kleider aus dieser Zeit interessiert, ist das sicherlich eine gute Geldanlage. Dort ist auch soweit ich weiß ein Schnittmuster drin und viele schöne Bilder. Das Buch wird aber wohl nurnoch bei E-bay oder als Restbestand zu bekommen sein. Die Schnittmuster aus der Karfunkel oder "Das Buch der Gewandungen" und co. ist nicht sehr zu empfehlen, da hier grobe Fehler gemacht werden die meisten am ende die Kleidung unförmig aussehen lassen. Wenn es dir nicht einfach um ein Kostüm ohne Bezug zum Mittelalter geht, dann solltest du bei Anbietern die mit Wörtern wie "Gewandung" oder "Mittelalterliche Kostüme" vorsichtig sein. Insgesamt kann ich dir nur davon abraten aufwendige Kleidungstücke wie ein Bilaud nach zu nähen die nur von Adel getragen wurden, da du am Ende für die passenden Arceccoirs ein vermögen ausgeben wirst. Deswegen lieber für kleines Geld ein einfaches Kleid, dass aber insgesamt ein stimmiges Erscheinungsbild gibt. (Ein Kleid macht noch lange keine Prinzessin) Im 12. Jh. heißt das also ein Unterhemd und eine Cotte im einfachen Tunika Schnitt, dazu lange Strümpfe und ein paar wendegenähte Lederschuhe, dazu kommt dann noch ein Gürtel, ein Beutel auf jedenfall eine Haube und zu guter letzt ein Mantel (oder Cappa soweit ich weiß). Die Faustregel bei Stoffen ist im Hochmittelalter, ungefärbtes Leinen für die Unterwäsche und Wole für die Oberbekleidung die Warm hält. Das ist die einfachste Ausführung, die aber trotzdem schon einiges an Arbeit und Geld kostet. Darauf kann man dann vielleicht auch noch langam eine reichere Ausstattung aufbauen, aber dann lieber ganz langsam Schritt für Schritt. Hier noch eine ganz nette Seite: http://www.gewandungen.de/anleitungen.html (Auch das Buch vom selben Autor "Kleidung des Mittelalters selbst herstellen" ist für jeden Anfänger eine gute Sache) Wenn du selbst färben möchtest empfehle ich dir auf jedenfall mit Pflanzen zu färben, das gibt immer tolle leuchtende Farben. Es gibt zwar diese "Weja Färbesets" um mit pflanzlichen Farbstoffen in der Maschine zu färben, von denen ich bis jetzt aber nur schlechtes gehört habe. Bis auf wenige ausnahmen, kann man mit Pflanzen nur heiß färben, das heißt am besten in einem großen Topf mit feuer drunter. Mit chemischen Färbungen kenne ich mich nicht wirklich aus, aber da es ja kaum Preisunterschiede zwischen weißer und andersfarbiger Wolle gibt glaube ich nicht, dass sich der Aufwand lohnt. Dann gibt es noch ein paar Leute die pflanzlich gefärbte Stoffe anbieten. Das kann aber je nach Wolle schon recht teuer sein. Wenn du noch fragen hast... immer raus damit!
 
also wenn Du färben willst empfehle ich eine Mischung aus einem Sack Tiefkühlbeeren und einigen Litern Trauben, oder Johannisbeersaft. Das ganze durchmixen bis die Beeren Matsch sind und dann den Stoff reinpacken. Aufpassen, dass überall "Farbe" hinkommt. am besten natürlich erst mal ein kleines Stück probefärben. Für Brauntöne eignet sich hervorragend Kaffee oder Tee.
 
Ui, mit so vielen guten Antworten hätte ich jetzt fast nicht gerechnet! Wunderbar! Ursprünglich hatte ich auch an ein einfacheres Kleidungsstück von niedereren Ständen gedacht, aber bislang nichts gefunden, was mir richtig gefallen hätte. Ein Bliaud gefällt mir halt, obwohl ich ursprünglich vom Adel Abstand nehmen wollte, weswegen die Darstellung von niederem Adel vielleicht doch ganz interessant wäre. Oder trägt der dann nochmal etwas anderes? Bislang habe ich nur irgendwo gelesen, daß an der Ärmelweite mehr oder minder der Reichtum erkennbar gewesen sein soll. Das Buch "Kleidung des Mittelalters selbst herstellen" habe ich sogar. Dadurch bin ich auch auf den Bliaud gekommen (und ich muß zugeben, daß ich mich im höfischen Leben auch mehr auskenne). Aber ich denke, dann werde ich mal sehen, was es für Alternativen gibt und mal schauen, ob ich das Buch "Kleider und Waffen der Früh- und Hochgotik" noch irgendwo herbekomme. Ich glaube, ich bin schon mal im Netz darüber gestolpert, aber das war, meine ich mich zu erinnern, nur eine Rezension. Früh- und Hochgotik ist halt die Zeit, die mich am meisten interessiert. Immerhin darauf kann ich mich schonmal sicher festlegen.
 
Also wenn dir die einfachen Kleider aus dieser Zeit nicht so gut gefallen, dann würde ich dir ans Herz legen dich mal ein bisschen im Spätmittelalter umzusehen. Dort gibt es mehr Variationsmöglichkeiten und viele interessante Schnitte die teilweise auch sehr Körperbetont sein können wie ein Bilaud und das auch bei einfachen Bevölkerungsschichten. Du kannst dir ja mal im Netz ein paar Spätmittelaltergruppen anschauen und mal überlegen ob dir sowas nicht eher gefällt. Folgende Seiten, kann ich dir dazu empfehlen: www.leben-und-handwerk.de (1380 und 1480) www.anno1476.de www.evocatio.de Auf den Linklisten dieser Seiten, kannst du dir dann auch noch mehr Gruppen anschauen, da sollten eigendlich auch noch ein paar nette sachen dabei sein.
 
Ich würde mich meinen Vorrednern anschliessen was die Art der Kleidung anbelangt. Zusätzlich finde ich dass Chemisch färben für den Anfang schon O.K. ist, wenn man Farbtöne wählt die damals möglich, und dem Stand entsprechend erschwinglich waren. Grün war meines wissens gar nicht so einfach zu machen, da eine Mehrfachfärbung notwendig war. Gefärbt Wolle oder Seide, Leinen natur. Eine Kopfbedeckung ist für Frauen eigendlich Pflicht. Welcher Art sei mal dahingestellt (je nach Stand und Darstellung Gebende, Haube, Haarnetz, kopftuch etc.) die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Zu den Kosten würde ich mal als absolutes Minimum 150-200 EUR in den Raum stellen. Je nachdem wieviel du selbst machst, und wie günstig du an die Stoffe kommst. Ein recht großer Posten sind die Schuhe. Dann gehts natürlich je nach Ausstattung teilweise rapide nach oben :rolleyes:
 
Dann werde ich mich mal weiter umschauen, was geeignet wäre. Da es das erste Stück dieser Art ist, was ich nähe, soll es natürlich möglichst gut wirken, aber die Details (grad Färbungen, Naht) müssen da nicht hundertprozentig stimmen, da ich auch gar nicht weiß, ob und wie ich dabei bleibe, da ich auch keine Gruppe habe und keine Bekannten, die sich damit ebenfalls beschäftigen. Das spielt dann alles auch noch mit in die Planung hinein, da es gar nicht so einfach ist, das alles auf die Beine zu stellen und sich zu motivieren. Immerhin trage ich mich bereits seit mehreren Jahren damit, mir endlich mal ein Kleid zu nähen. Aber jetzt werde ich erstmal schauen, was es in späteren Epochen alles an Kleidung gibt und hier dann nochmals nachfragen. Falls jemand trotzdem irgendwelche Tips hat, auf was ich achten sollte, bin ich natürlich trotzdem dankbar dafür! :) Achja, wegen der Färberei: Das mit den Beeren und dem Saft funktioniert? Kommt da dann ein intensives Rot raus oder eher etwas Richtung Rosa? Ich bin da ziemlich unbedarft und stelle mir da ein relativ helles Rot als Ergebnis vor? Geht das beim Waschen dann nicht wieder raus oder färbt man da dann einfach immer mal wieder nach? Und bei Färben mit Kaffee und Tee: Mit welchen Mengen rechnet man denn da?
 
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Also ich hab gerade 2 Tuniken genäht und war selbst sehr überrascht wieviel echter und besser handgenähte Nähte aussehen. Abends vor dem Fernseher hat das fast schon was meditatives. Also mir hats Spaß gemacht. Leinen, wenn auch nicht in Fischgratwebung, bekommt man recht günstig bei IKEA ... ich glaub 6,50 den Meter
 
also genaue Mengenangaben kann ich Dir da auch nicht machen. Würde bei Kaffee sagen, mach dreifachen Esspresso :D Das Färben mit den Beeren geht recht gut. Meistens kommt sowas in Richtung lila bei raus. Bei "pflanzengefärbten" Stoffen muss man immer mal wieder nachfärben.
 
Leinen in besserer Qualität als bei IKEA gibt es bei http://www.stoffamstueck.de/. Die haben auch ungefärbte Wollstoffe. Farbige Wollstoff kaufe ich im Großhandel oder bei Ebay (kosten ca. 10 €/m). Wenn man die Farben sorgfältig auswählt, ist der Unterschied zu pflanzengefärbten Stoffen kaum zu erkennen. Selberfärben mit Simblicol o.ä. kann ich nicht empfehlen, die Farben sehen doch sehr künstlich aus.. Da müsste man schon sehr geschickt die Farben mischen, um eine Ähnlichkeit mit Pflanzenfarben zu errichen. Kurz: ich würde keinen Wollstoff mit Chemie färben, die Mühe lohnt sich nicht. dann kaufe lieber gleich farbigen Wollstoff. Zu den Beerenfarben: Färbungen mit Beeren sind nicht lichtecht, sehen nach kurzer Zeit bestenfalls noch leicht schmutzigrosa aus. Statt Kaffee oder Tee nimm lieber Walnussschalen (gibt es in getrockneter Form diversen Shops)m, das ist dann auch "echt mittelalterlich" im Gegensatz zu Tee/Kaffee. Mit Walnussschalen kannst du sogar kalt färben. .
 
Hallo Prosperina, nur kurz zum Wollstoff, hier bei Naturtuche.de gibt es chemisch gefärbten Wollstoff, der von der Farbe her möglichst nah an Pflanzenfarben ran kommen soll. Ist recht schwerer Stoff, aber auf jeden Fall von guter Qualität, kommt natürlich mit 18 € nicht ganz an die von Beate genannten Preise ran. Gruß und viel Erfolg Ollie
 
Noch ein Tipp zum färben. Einfach mal mit dem färben, was man damals auch als Droge genommen hat. Dann spielt der Kopf auch mit, wie würde ich mich den fühlen handgenähte Klamotte und eine Kaffeefärbung. Musst dann auch nicht so oft nachfärben wie bei Kaffee und du hast ein tolles Erfolgserlebnis, dazu stimmig. Was richtig ist, was Ollibert geschrieben hat. Bei einigen Stoffen, kannst du die Naturfärbung von chemisch gefärbten Stoffen nicht unterscheiden. Ich färbe jeden Stoff..weil es halt Spass macht und ich einfach denke, das wenn ich mir die Arbeit an so einer Ausrüstung mache, dann sollte es nicht an der Stofffärbung hängen. Aber das ist Geschmacksache.
 
Bissschen OT: Beate, was bedeutet denn bei Stoffamstueck "Leinen, Leinwand ecru"? Und ist dieser Stoff für Untergewänder geeignet? 360g/m scheint mir IMHO etwas zu schwer, ich würde <300g bevorzugen. Der Rest der Leinenstoffe sind leider entweder gefärbt, oder mit Baumwolle :(
 
Ecru ist, soweit ich weiß, eine Farbe, etwas in Richtung grau gehend. Oder ist das in diesem Zusammenhang etwas anderes? Und interessant, daß Beate meine Vermutung, wie eine Beerenfärbung rauskommt, bestätigt. Ich konnte mir da beim besten Willen nicht vorstellen, wie das ein intensives Rot, das nicht eher eine helles Rose ist, als Ergebnis haben soll. Dafür hab ich einfach schon zu oft Kirschsaft irgendwo hingeläppert. Da hab ich mich über die Flecken zwar, da ungewollt, geärgert, aber mehr als ein seltsames Rosa kam dabei halt auch nie raus.
 
ist ein himmelweiter Unterschied, ob Du ein bissel Saft verlepperst oder das Tuch ein paar Stunden in eine fast schwarze Fruchtmatsche quetschst, aber war ja auch nur ein Tip :D
 
Original von hellobello Bissschen OT: Beate, was bedeutet denn bei Stoffamstueck "Leinen, Leinwand ecru"?
Ist aus dem Text zu entnehmen: der Stoff wurde gebleicht, aber eben nicht zu ganz weiß. Im Prinzip also das, was passeirt, wenn du naturfarbenen Leinenstoff sehr oft gewaschen hast.
Original von hellobello Und ist dieser Stoff für Untergewänder geeignet? 360g/m scheint mir IMHO etwas zu schwer, ich würde quote] 360g/m ist nicht zu schwer. Oder magst du es lieber tranparent? ;) Es gibt dort noch einen weiteren Leinestoff in weiß, der ist etwas schwerer. Tipp: Lass dir von beiden Stoffproben schicken.. Alternativ kannst du bei Ebay unter Möbel & Wohnen > Hobby & Künstlerbedarf > Stoffe > Leinen mit dem Suchbegriff "natur" suchen. Die meisten Ebay-Anbieter schicken auch Stoffproben (da es sich um Großhändeler handelt).
 
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Original von Areus ist ein himmelweiter Unterschied, ob Du ein bissel Saft verlepperst oder das Tuch ein paar Stunden in eine fast schwarze Fruchtmatsche quetschst, aber war ja auch nur ein Tip :D
Ich glaub, ich muß das mal mit einem Probestück ausprobieren, was dabei rauskommt. Die Ungläubigkeit ist da grad einfach ein bißchen größer, daß das halt auch dauerhaft hält. :)
 
mit moderner Textilfarbe oder richtiger Pflanzenfarbe ist das sicherlich nicht zu vergleichen, aber es geht
 

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