Einhandschwert, Oakeshott Typ XII

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Thomas W.

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"Das" mittelalterliche Schwert überhaupt? Mhhh... gut möglich, obwohl es sicher auch noch andere tolle Schwerttypen für diese Zeit gibt. Eward Oakeshott sagt über den Typ XII, dass es der wahrscheinlich am häufigsten verwendete Schwerttyp des Hochmittelalters war und ein typisches Ritterschwert gewesen sei. Die Haupteinsatzzeit für diesen Typ war von ca. 1170 bis 1400 in ganz Europa. Im Schnitt waren diese Schwerter gesamt ca. einen Meter lang und konnten mit etlichen Parier- und Knauftypen kombiniert gewesen sein. Der längere Suptyp XIIa (der neben dem XIIIa zu den frühen Langschwertern zählt) konnte deutlich länger ausfallen (bis ca. 140cm Gesamtlänge). Die Klinge war im Querschnitt immer (!) linsenförmig und verjüngte sich zum Ort hin. Die Holhkehle erreichte oft eine Länge, die ca. 2/3 der Klingenlänge entsprach. Der Ort war in den meisten Fällen rund ausgeformt. Wie die linsenförmige Klinge ist dies ein weiters wichtiges Merkmal des hochmittelalterlichen Ritterschwertes, dass im Kampf mehrheitlich noch "schneidend" eingesetzt wurde. Spätere Typ XII konnten dann bereits spitzere Orte haben, die Klinge behielt allerdings ihr linsenförmiges Profil bei. Dies änderte sich erst (zumindest in einigen Beispielen belegt) mit dem Typ XIV (ab ca. 1275, bei denen der vordere Klingenteil, zwischen Ort und Hohlkehle, bereits rautenförmig geformt sein konnte) und für die komplette Klinge mit dem Typ XV (ab ca. 1290) und XVI (ab ca. 1300), die dann bereits ein komplett rautenförmiges Klingenprofil hatten, mit dem man perfekt stechen konnte. Aber nun zurück zum Typ XII. Diesen Typ XII möchte ich zum einen für meine Adelsdarstellung (um ca. 1270) und zum anderen eventuell noch für meine Ordensritterdarstellung (die irgendwann auch noch bis ca. 1300 erweitert werden soll) nutzen. "Das beisst sich doch", könnte man jetzt denken... und ja, dieser Kompromiss aus "etwas edel und trotzdem schlicht" ist nicht leicht hinzubekommen gewesen. Ich bin allerdings überzeugt, dass er gelingen wird. Denn nicht jedes gräfliche Schwert war unbedingt immer "goldgeschwängert" und auch in den Orden wurde nicht immer nur mit den "aller einfachsten Kassengestellen" gekämpft.
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(Bildquellen: Damian Sulowski) Mein Schwert hat einen Knauf "Typ J" (hier in diesem Fall aus Bronze, aber nicht vergoldet) erhalten, der in dieser Form bereits in der ersten Hälfte des 13. Jhd. auftaucht und in der zweiten Hälfte des 13. Jhd. dann bereits häufiger vorzufinden ist. Um 1300 sieht man den Knauf dann sehr häufig. Die Parierstange "Typ 2" ist achteckig ausgeschmiedet und ebenfalls typisch für diese Zeit (wie man auf dem unteren Bild gut erkennen kann).
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(Bildquellen: pinterest.com) Das Leder der Scheide wird die selbe Färbung wie die Hilze erhalten. ich finde diesen Braunton sehr ansehnlich. Er verbindet für mich etwas "edles und zugleich schlichtes". Das Scheidenleder wird punziert. Als Vorlage wird sich an dem Rankenmotiv orientiert, dass man auf der "Schwertscheide des heiligen Hadrian" (Diözesemuseum Bamberg) aus dem 13. Jhd. vorfindet. Das Ortblech wird relativ einfach gehalten und "U-förmig" ausfallen. Es hatten längst nicht alle Schwertscheiden ein Ortblech. Auch an den Schwertscheiden höher gestellter Persönlichkeiten war nicht immer ein Ortblech zu finden. Ich wollte unbedingt ein Ortblech und habe mich für ein einfaches, dass von der Form her für diese Zeit belegbar ist, entschieden.
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(Bildquelle: facebook, Seite von DIMICATOR) Dies wäre es mal für's erste zu diesem Schwert. Wie es mit der Scheide weitergeht, seht ihr hier in den nächsten Tagen. :bye01
 
Sehr cool, aber wer hätte Anderes erwartet . . . :thumbsup: Grade dieser Spagat zwischen Edel und Schlicht (und Maß halten ist ja eine DER ritterlichen Tugenden) ist immer schwierig, scheint hier aber für mein Auge ganz gut zu gelingen. Bin sehr gespannt auf gas Endergebnis mit Gürtel, Scheide und Allem. :heupf1
 
Die Scheide ist der Hammer! [...] Also wenn Deine dann auch so wird - mal was außergewöhnliches.
Danke Wilfried. Bei mir wird nur das Muster für die Punzierung übernommen. Die Scheide selbst wird komplett braun.
Sehr cool, aber wer hätte Anderes erwartet . . . Bin sehr gespannt auf gas Endergebnis mit Gürtel, Scheide und Allem.
Danke Michael. :) Ich auch... Der Gurt wird übrigens weiss. Die Wicklung wird die "Naumburger Variante" werden.
 
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Bildquelle: Damian Sulowski) Hier noch die Daten, die ich bisher weiss: Full functional, made with high quality steel 51CrV4, Hardened 54HRC, Total lenght: 98,8cm, Blade lenght: 83cm, Blade width at the base: 4,7cm, Balance: 12cm, Grip lenght: 9,5cm Weight 1120g Edge is sharp
 
Darf ich mal blöd fragen, bis wann die nauenburger Gürtung noch in Mode war? Die späteste Abbildung, die ich bisher finden konnte ist ca um 1300-1326 datiert - würde mir aber für meinen Typ XII für 70 Jahre später aber auch noch gefallen.
 
Darf ich mal blöd fragen, bis wann die nauenburger Gürtung noch in Mode war? Die späteste Abbildung, die ich bisher finden konnte ist ca um 1300-1326 datiert - würde mir aber für meinen Typ XII für 70 Jahre später aber auch noch gefallen.
Das ist grundsätzlich ein eigenes Thema Wert. Hier möchte ich das nicht diskutieren. Nur kurz ein schnelles Zitat von Lehnart für dich dazu: "Die Befestigung der Scheide am Schwertgurt erfolgte nicht mit Ringen und Haken, sondern durch die geteilten Enden des Scheidenriemens, kreuzförmig (oder Z-förmig) um die Scheide geschlungen wurden. Der Gurt selbst wurde in Deutschland bis um 1250 stets verknotet. Ab der zweiten Hälfte des 13. Jhd. wurde es unter französischem Einfluss üblich, nicht nur den Leibgürtel, sondern auch den Schwertgurt mit einer Schnalle und den dazugehörigen Beschlägen zu versehen (es findend sich allerdings bis in die 1280er so gut wie nix dazu). Trotzdem findet sich der traditionelle Bindegurt auf Abbildungen bis zum Beginn des 14. jhd. (er verweist hier zur Manessischen Liederhandschrift mit ihren Abbildungen)." [Lehnart,2013,S. 108] Deckt sich also ungefähr mit deinen Rechercheergebnissen. Aber wie gesagt, bitte dazu ein eigenes Thema eröffnen und dann schauen wir wer evtl. mehr dazu weiss. [Quelle: Kleidung & Waffen der Früh- und Hochgotik 1150-1320, Ulrich Lehnart, 2013, Karfunkel Verlag, ISBN: 978-935616-54-6]
 
Das Schwert ist wirklich ein Traum! Sehr gut verarbeitet und optisch ein kleiner "Leckerbissen"! Die kurze Hilze und der dadurch entstehende "Einbezug des Knaufes" (ein Teil des Handballens liegt/stützt sich am Knauf) sorgen für sehr gutes handling. Die Waffe ist so gut zu kontrollieren. Das geringe Gewicht trägt dazu sicherlich ebenfalls seinen Teil bei.
Nun überlege ich noch, später den Gurt durch einen sämisch gegerbten ersetzen zu lassen. Mal schauen...
Das "mal schauen" kann jetzt durch ein "ganz klar" ersetzt werden. Definitiv kommt der Gurt neu. Er wird dem Schwert und der ansonsten tadellos verarbeiteten (und wunderschön gestalteten) Scheide nicht gerecht. Wenn der Gurt ersetzt ist, fehlt (für meinen Geschmack) nicht mehr viel und ich würde diese Kombination als nahezu "Perfekt" beschreiben. :love:
 
Frage zum Ortband: hast du bewusst eine schlichte Variante genommen?
Ja, hier die Antwort:
Das Ortblech wird relativ einfach gehalten und "U-förmig" ausfallen. Es hatten längst nicht alle Schwertscheiden ein Ortblech. Auch an den Schwertscheiden höher gestellter Persönlichkeiten war nicht immer ein Ortblech zu finden. Ich wollte unbedingt ein Ortblech und habe mich für ein einfaches, dass von der Form her für diese Zeit belegbar ist, entschieden. [...] Diesen Typ XII möchte ich zum einen für meine Adelsdarstellung (um ca. 1270) und zum anderen eventuell noch für meine Ordensritterdarstellung (die irgendwann auch noch bis ca. 1300 erweitert werden soll) nutzen. "Das beisst sich doch", könnte man jetzt denken... und ja, dieser Kompromiss aus "etwas edel und trotzdem schlicht" ist nicht leicht hinzubekommen gewesen. Ich bin allerdings überzeugt, dass er gelingen wird. Denn nicht jedes gräfliche Schwert war unbedingt immer "goldgeschwängert" und auch in den Orden wurde nicht immer nur mit den "aller einfachsten Kassengestellen" gekämpft.
 
Ups, das habe ich überlesen X/ Ortbleche sind für diese Zeit wirklich ein spezielles Thema. Aber sehr praktisch, ich würde meiner Scheide (die ich trage) es nicht ohne antun... Aber nicht alles was praktisch war aus heutiger Sicht...
 
Bei meinen Hochmittelalterwaffen habe ich kürzlich ein paar Stücke (zugunsten eines weiteren Typ XII) an andere Darstellerkollegen verkauft. Was soll ich sagen... absolut keine leichte, aber letztenendes doch eine gute Entscheidung! Diese Waffe ist :love: :knutsch01 /oi67.tinypic.com/2m5bimd.jpg[/img] (Bildquelle: ich) Ich stelle das Schwert in den nächsten Tagen gerne etwas genauer vor. Die Scheide wird (wie auch die des anderen Typ XII) ebenfalls einen neuen Gurt aus sämisch gegerbtem Leder erhalten. Sie sind beide schon wieder "auf Reisen"...
 
Ich stelle das Schwert in den nächsten Tagen gerne etwas genauer vor. Die Scheide wird (wie auch die des anderen Typ XII) ebenfalls einen neuen Gurt aus sämisch gegerbtem Leder erhalten. Sie sind beide schon wieder "auf Reisen"...
Dieser Typ XII ist von der Zusammenstellung seiner Komponenten vom späten 12. Jhd. bis ins 14. Jhd. hinein verwendbar. Die Klingenform selbst ist ab den 1170ern (neben dem X, dem XI inkl. ihrer Subtypen und vereinzelt dem XIII) eine "der" Formen, die Schwerter dieser Zeit auszeichnen. Diese Klinge ist klar zu definieren und hat wunderschöne "Typ XII-typische" Linien.
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(Bildquellen: Damian Sulowski) Der Scheibenknauf "Typ H" (mit seinen gerade abgeschrägten Kanten) ist vermutlich die am meisten verwendete Knaufform des ganzen Mittelalters. Es existieren bereits Funde dieser Knaufform (und seiner Subtypen) aus dem 10. Jhd. und auch im 15. Jhd. findet man diese Form noch. Im Hochmittelalter ist der Typ H neben dem Typ G, I und J (vereinzelt auch K, Q & W) und ihre Subtypen immer wieder zu finden. Hier mal eine Übersicht der Knäufe zur besseren grafischen Übersicht für euch. Bis hin zum Typ S sind es eher HoMi-Knäufe, danach sind sie eher SpäMi.
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(Bildquelle: pinterest.com) Das Parier "Style 1" ist in dieser Form in einer Zeitspanne von der "viking era" bis hin ins 17. Jhd. belegbar und ist sehr häufig im Hochmittelalter anzutreffen.
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(Bildquellen: Damian Sulowski) Hier noch ein paar Daten: "Full functional, made with high quality steel 6150, Hardened 54HRC, Total lenght: 99,2cm, Blade lenght: 83,3cm, Blade width at the base: 5cm, Balance: 12,5cm, Grip lenght: 9,8cm Weight 1240g Edge is sharp" Die Scheide (bzw. ihr "Design") kennt ihr bereits vom ersten Typ XII. Sie ist bis auf die Farbe identisch und hat die gleichen Stärken bzw. Schwächen wie die andere Scheide. Dieses Schwert werde ich für meine Ordensdarstellung (um 1200 herum) verwenden und es wird (dann auch mit neuem sämisch gegerbten Gurt in weiss ohne Schnalle) im März/April 2018 gemeinsam mit allen anderen "Udates", die aktuell an dieser Darstellung vorgenommen werden, "am Mann" zu sehen sein.
 
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Nun überlege ich noch, später den Gurt durch einen sämisch gegerbten ersetzen zu lassen. Mal schauen...
Das "mal schauen" kann jetzt durch ein "ganz klar" ersetzt werden. Definitiv kommt der Gurt neu. Er wird dem Schwert und der ansonsten tadellos verarbeiteten (und wunderschön gestalteten) Scheide nicht gerecht. Wenn der Gurt ersetzt ist, fehlt (für meinen Geschmack) nicht mehr viel und ich würde diese Kombination als nahezu "Perfekt" beschreiben. :love:
Der Gurt wurde mittlerweile ausgetauscht und ist meiner Meinung nach optisch wie auch haptisch ein Gewinn für diese Schwert-Scheidenkombination!
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(Bildquelle: Damian Sulowski und ich)
 
Wieder mal ein Träumchen, und der mattierte Knauf erst 8o
 

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