H.v.Tronje
Well-known member
Nach dem Reinfall mit Matuls hatte die wie immer von mir sträflich unterschätzte Spürnase meiner Frau diesen Zeltbauer aus Hannover im Netz gefunden. Vom Entwurf über die Anzahlung bis zur Abholung kaum 4 Wochen. Verarbeitung top, Konstruktion durchdacht, erstaunlich geringes Packmaß (3 Ikea Taschen + Speichen und Mittelmast) und aufgebaut in unter 40 Minuten. Maße: Höhe: 4,70m Höhe des Speichenrads: ca. 2,30m Umfang am Boden: 6m Umfang auf Höhe Speichenrad: 5,10m Material: Baumwolle in Leinwandbindung: Gewicht Tuch: 420g/m² Stofflieferant ist eine italienische Firma, die in Thüringen nach der Wende eine dieser sagenhaften Webereien aus dem Textilkombinat aufgekauft hat. Das Zelt ist in unseren Wappenfarben Blau, Weiß und Gold (Gelb) gehalten. Link zur Homepage: http://www.mittelalter-zeltbau.de/site/ Der Aufbau war etwas ungewöhnlich (aufgrund des relativ starken Windes brauchte ich mit 5 Versuchen etwa 4 Stunden), hat man sich daran aber gewöhnt und den Dreh raus (dann braucht man vielleicht eine halbe Stunde), erkennt man eine äußerst durchdachte Konstruktion darin. Kunststück, denn der Zeltbauer und sein Vater sind Statiker. Er nannte mir eine andere Aufbaumethode, die aber aufgrund des Windes unpraktikabel war, ich hab dann selbst was ausgeknobelt: Zuerst wird ganz normal der Mittelmast mit dem Dach aufgerichtet. Für den Anfang spreizt man das Dach lediglich mit 1-2 Speichen ab, um die korrekte Entfernung für die Bodenbefestigung der Wände festzulegen. Diese werden abwechselnd mit Heringen (in mehrfach vernähte Textilschlaufen) und Zeltnägeln (Messingösen in den Seitenwänden) im Boden verankert. Anschließend werden Seitenwand und Dach mit den Spitzen der Speichen einmal rundherum befestigt/zusammengefügt. Die Speichenenden zum Speichenrad hin bleiben bis zum Schluß am Boden. Jetzt noch kurz die Heringe der Seitenwände korrigieren und dann die Speichen eine nach der anderen ins Speichenrad stecken. Da die Speichen nur der Spreizung dienen und der Mast die Konstruktion trägt, sind sie an sich nur so dünn wie mittlere Besenstiele. Dadurch sind sie aber über ihre Länge sehr elastisch und geben starkem Wind dynamisch nach, wird es zu heftig, springen sie einfach aus dem Speichenrad heraus, was ein Brechen (wir hatten Windböen mit Stärke 6 in der Nacht)verhindert und ein Zerreißen der Plane vermeidet. Im vorliegenden Fall kamen mehrere Faktoren zusammen: 1. Wir mußten (dank unseres Mitlagerers) auf geneigtem Gelände aufbauen, dadurch einseitige Belastung, 2.Da ich zum ersten mal dieses Zelt aufgebaut habe, hatte ich das Zelt in Erwartung von Regen zu locker (nicht die Sturmseile) abgespannt, was dazu führte, daß es im böigen Wind anfing zu atmen, wodurch irgendwann eine Speiche heraussprang und durch Verdrehen des Rades dann alle anderen folgten. Fand ich allerdings nicht schlimm. Denn dadurch weiß ich jetzt, wie ich bei drohender Sturmgefahr alles innerhalb von 30 Sekunden sichern kann. Die Seitenwände senkten sich sanft auf die Ausrüstung und schützten alles vor Regen (Wasser perlt übrigens einfach ab und dringt nicht mal ins Gewebe ein bei kurzen Güssen), die Mitte wurde mit einer Bauplane gesichert. Um 07:00 morgens war dann alles vorbei und dank der neuerrungenen Erfahrung stand das Zelt nach ca. 15 Minuten wieder. Rasch noch etwas Kultur gemacht und um 08:00 konnte ich mich wieder ums Frühstück kümmern. Zum Zelt gehört noch ein Vordach 3X3m im gleichen Dekor, das in der Kürze der Zeit nicht ganz fertig wurde und wohl im Laufe der Woche noch nachgeliefert wird Noch ein kleines Schmankerl: Die Zwiebel an der Spitze, in der die Bahnen zusammengeführt werden, ist so etwas wie das Markenzeichen des Erbauers und wird mit Holzwolle oder Stroh gefüllt. Zudem hat er den Stolz, mit Hilfe des zur Verfügung stehenden Budgets ein jeweils individuelles Zelt anzufertigen. Man nennt ihm also den finanziellen Rahmen und für welche Zeit/Zweck und zurück kommt ein Entwurf mit Auflistung für was das Budget verwendet wird. Er legt auch Wert auf persönlichen Kontakt, um möglichst ein gutes Ergebnis zu erzielen. Der Preis des Zelts waren 2150, Euro und das sind jetzt 250,- mehr als das, was ich für 2 vermurkste Zelte zusammen gezahlt habe. Ich finde im Vergleich mit anderen bekannten Größen des Zeltbaus ist das ein äußerst fairer Preis. Bilder sind in meinem Album zu finden.