Ich sehe da eher prinzipielle Machtkämpfe dahinter. Der Staat hat sich selbst das alleinige Recht gegeben, das Zeug finden zu dürfen. Und auf diesem Recht besteht er und zwar prinzipiell und überhaupt. Die ganze Diskussion darum ist durchsetzt mit stereotyp wiedergekauten Argumenten und Pseudoargumenten. Es steht irgendwo in irgendeinem Gesetz, es hat einen eigenen Paragraphen, das ist es, was zählt. Hinterfragt wird nicht wirklich. Zuerst einmal würde ich nicht unreflektiert "Sondengänger" mit "Raubgräber" gleichsetzen. Das ist eine unzulässige terminologische Kriminalsierung zum alleinigen Zwecke der öffentlichen Meinungsmache. Genauso, wie die Polizei jeden Geblitzten sofort als "Raser" deklariert, auch wenn er nur knapp zu schnell war. Das ist pure Propaganda. Viele Sondengänger suchen nach oberflächlichen Funden, deren Mitnahme selbst bei oberflächlicher Grabung weder etwas zerstört noch ein unersetzliches Loch in unser archäologisches Erbe reißt. Pflügende Bauern zerstören da viel, viel mehr. Gerade, was Stoffreste oder Keramikscherben betrifft, die, selbst wenn der Bauer es bemerkt, nicht als historisch erkannt werden. Um Längen wahrscheinlicher ist es, dass da moderner Abfall oder Füllmaterial hochgewühlt wurde und das nimmt der Landwirt da spontan auch an und pflügt weiter. Ulf bemerkt zutreffend
Durch Baumaßnahmen werden so viele Funde gemacht, das man hiervon in jedem Dorf ein gut ausgestattetes Museum eröffnen könnte.
, es scheint also nicht das Problem sein, dass es in - oder besser unter - diesem Land zuwenig zu finden gäbe, als das jedes Fundstück von unwiederbringlicher, epochaler Bedeutung wäre. Ein Bekannter von mir hat schon mal mittelalterliche Münzen auf(!) dem Boden neben dem Biergarten eines Burglokals gefunden. (sic! echte! ungelogen!) Dieser Verbrecher! Wenn Du mit einem Korb voller Armbrustbolzenspitzen zum Denkmalamt gehst, dann winken die nur gelangweilt ab. Es gibt genügend Funde, bei denen es weder moralisch (was ist verwerflich daran, in der öffentlichen, freien Wildbahn was zu suchen, ist bei Pilzen ja auch kein Problem), rechtsphilosophisch (wem gehört eigentlich dieses Land und herrenloses Gut darauf?) noch wissenschaftlich bedenklich ist, wenn sie ein Sondengänger findet und behält. Auch das Argument mit dem zerstörten Fundzusammenhang lasse ich nur bedingt gelten. Es ist ja eigentlich ohnehin das einzige wissenschaftliche Argument, das in der ganzen Debatte aufgefahren wird. Ein Archäologe hat mal gesagt, man müsse Schliemann mit seinen heute ständig kritisierten brachialen Grabungsmethoden in Wahrheit dankbar sein. (Der Mann hat in Troja gewütet wie es sebst ein ganzes Rudel Raubgräber nicht besser hinbekäme) Heute, so der Fachmann, würde man das antike Troja niemals finden, weil einen die Behörde beim ersten römischen Fußboden sofort stoppen würde. Und wenn nun ein Sondengänger was findet und es brav anmeldet, dann ist das auch wieder böse, weil nun plötzlich knappe Mittel gebunden werden, die für wichtigeres nicht mehr zur Verfügung stehen? Jetzt wird's aber arg konstruiert! Erstens kann's ja dann so wichtig nicht gewesen sein, wenn es geradezu lästig für das Amt ist, diesem Fund nachzugehen. Zweitens ist die knappe Finanzausstattung unserer Geschichtsforschung ja wohl nicht den Sondengängern anzulasten. Nach der Logik müsste ich auch gefundenen Leichen wieder zuschaufeln, am besten gar nicht erst gesehen haben, oder irgendwelche Straftaten ignorieren, weil die arme Polizei so überlastet ist. Hinter der verhärteten Raubgräberdebatte steht eben genau dies: Viel Behördenprinzip. Das ist verboten weil es verboten ist weil es verboten ist. Basta. Etwas mehr Gelassenheit und gegenseitige Kommunikation und Verständnis wäre angebracht. Die absolute Kriminalisierung ist kontraproduktiv, es müsste vernünftige Grenzen geben, auf die sich beide Seiten einigen.