thorsten
Well-known member
Ich habe öfter mal im Gespräch über "Rapiere" im 15. Jahrhundert und früher gehört und habe mich jetzt mal durch meine Literatur gewühlt, weil ich das nicht so recht glauben konnte. In meinen Büchern von der Staatlichen Kunstsammlung Dresden und vom Wiener bürgerlichen Zeughaus werden alle entsprechenden Waffen frühestens ins beginnende 17. Jahrhundert datiert. In "Das Schwert" von Thomas Laible habe ich den ersten Hinweis gefunden. Zuerst einmal die Unterscheidung Degen militärisch, Rapier zivil und ein Grenzwert bei ca. 3 cm Klingenbreite außerdem der Hinweis auf die fließende Entwickung. In "Handbuch der Waffenkunde" von Wendelin Boeheim aus dem Jahre 1890 Kapitel II. Die Angriffswaffen Unterkapitel 3. Der Degen. "Die ersten Griffformen im 15. Jahrhundert Stellen sich als Spangengriffe dar, mit langen geraden Parierstangen anfänglich mit nur aussen liegenden, später mit beiderseits angeordnetem Parierringe Später kamen Faustschutzbügel hinzu (...) Mit diesen in Verbindung treten die Spangenkörbe auf (...). Erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts und anfänglich nur bei italienischen Hofdegen erscheinen die Griffbügel, die mit diesen zugleich die sogenannten Stichblätter (...)." In Fig. 321 ist dann etwas abgebildet, das ich bisher eher als Rapier bezeichnet hätte mit der Beschriftung "Degen Karls V, aus geschnittenem Eisen (...) Die flache Klinge ist in Hochätzung ausgestattet und enthält den Kalender des Jahres 1530 (...)" Weiter heißt es im Text "Der Degen erscheint am Beginne des 15. Jahrhunderts zuerst an spanischen und einigen italienischen Fürstenhöfen, wo er überhaupt den Dolch ersetzte (...)" Am Anfang des Degen Kapitels wird die Wortherkunft von spanisch dague für Dolch hergeleitet. Später heißt es "Sind die Klingen sehr schmal, pfriemenartig und nicht sehr oder gar nicht federkräftig, dann nannte man sie Stecherklingen, besonders biegsame aber Rappierklingen, besonders dann, wenn sie in breite Körbe gefasst waren." Auch interessant wird später erwähnt "Um 1560 wird das Tragen von Degen auch im Fußvolke Sitte. Im ganzen südlichen Europa wird nun der Degen zur Kavalierswaffe, (...)." Außerdem wird erwähnt, dass die Trageweise über die Schulter erst ab dem 17. Jahrhundert üblich war. Nicht selten wird ja gesagt, dass in Italien und Spanien die Rennaisance schon im 16. Jahrhundert begann. Gehört der Degen damit noch zum ausgehenden südeuropäischen Mittelalter? In Katalogen von Waffensammlungen aus Deutschland nach den Frühformen zu suchen war wohl nicht besonders sinnvoll im Buch von Boeheim ist eine Sammlung interessanter Waffensammlungen, darunter in den relevanten Gebieten "Die Armeria Real zu Madrid", "Die Armeria Reale zu Turin", "Die Sammlung des Arsenals zu Venedig" außerdem private Sammlungen wie "Museo Filangieri im Palazzo Como zu Neapel" weitere in Mailand, Rom und Madrid. Man könnte mal nachsehen ob die Sammlungen innerhalb der letzten 124 Jahre an Ort und Stelle geblieben, ob die privaten evtl öffentlich geworden sind und ob es Kataloge/Bücher darüber gibt. Weiß da jemand näheres zu? Als Vater der Idee zum Degen wird der "pratspiess" (als Quelle zu dem Begriff wird die Herrausforderung des Hans Degenfeld 1464 genannt) ein "Pörschwert" (Bohrschwert?), eine Waffe im Harnischkampf, genannt, was, denke ich, die militärischen Idee des ursprünglichen Degens unterstreicht.