Gambeson

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Elerus de Westerbeke

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Guten Abend, ich möchte mir einen neuen Gambeson nähen, da mein jetziger a) nicht a ist und b) nach und nach den Geist aufgibt. Darstellungszeit 1214, Darstellung Sergeant bei den Templern und 1185 bis 1230 Ministerialer bei Bremen; ich möchte ihn korrekt, aber nicht zur Zierde, sondern für den härteren Freikampf verwenden (Friesenregeln). Hat jemand von Euch eine Anleitung dafür bzw. Tipps (z. bei den und den Körpermaßen gib x cm für die Steppung drauf)? Vielen Dank im Voraus. LG der Elerus :danke
 
Ein paar Infos und Bilder von der Entstehung meines Gambesons findest Du hier: Gambeson Mit der Leinenfüllung "schrumpft" der Gambeson beim Absteppen praktisch nicht ein. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
Die Zeit ist mit Primärquellen etwas schwierig, wenns aber auch etwas später sein darf, meinen Gambeson rekonstruiere ich gerade aus Malereien um 1250 rum, Handwerkerverordnungen ab 1298 und Originalen Mitte 13. bis Ende 14., wenn du Interesse an meiner Rekontruktion und etwas Geduld hast lade ich am Wochenende meinen aktuellen Stand hoch. Auffällig bei den Originalen ist, dass eine Kombination aus mehreren Lagen Leinen und Rohbaumwolle abgesteppt ist, in verschiedensten Schichtungen, ganz im Gegensatz zu den käuflich erwerbbaren Rekonstruktionen bei denen du egal wie gut sie sind für gewöhnlich nur eins von beidem hast. Das Ergebnis ist, nach aktuellem Stand, gelinde gesagt der Wahnsinn, aber einzeln nicht vollkontakttauglich, mit Kettenhemd drüber würde ich das allerdings behaupten. Aber man merkt jetzt schon warum die Dinger früher einzeln getragen wurden. Für den beliebten Füllstoff Rosshaar habe ich keine Belege finden können. Bei der Außenschicht habe ich keinerlei Belege für Wolle gefunden, weiße Gambesons sind mit Leinen, bunte mit Seide bezogen. Plausibilität für Wolle ist aber gegeben. Allerdings wurden Leinengambesons durchaus bemalt. Aus praktischen Gründen habe ich jetzt gefärbtes Leinen genommen, nicht ganz korrekt, aber Leinen und bunt schließt sich in diesem Fall nicht aus. Leder als Bezug ist wahrscheinlich nicht besonders praktisch und ich habe auch keine klaren Belege dafür finden können außer die frühmittelalterlichen magischen Lederhemden die gleichzeitig als Gambeson und als Lederlamellen gedeutet werden. Aber in jedem Fall Vorsicht, so ein Teil frisst deine gesamte Freizeit! und bis du fertig bist kannst du die Wohnung nicht saugen, weil sonst dein Füllstoff schnell weniger wird.
 
Nur als kleine Ergänzung: Rosshaar ist meines Wissens der Füllstoff des Beckenhauben- Inlays von der Churburg. Der Helm ist aber spätes 14tes.
 
Zugegeben, Helminlays habe ich mir nicht genauer angesehen, nur entsprechende Körperpanzerung. Ich denke der Aufbau könnte sich stark unterscheiden, wo ein Helminlay doch wirklich nur polstern soll, ein Gambeson aber eine vollwertige Rüstung darstellt. Allerdings könnte das für Polsterhauben interessant sein, ich denke ich gehe dem doch mal nach. Eine Hirnhaube wollte ich mir ja auch irgendwann noch zulegen. Danke für den Hinweis.
 
Was ich vergessen hab' zu schreiben: Mein Gambi wird unter meinem Ringpanzerhemd getragen, nicht als alleinige Körperrüstung. Deshalb sollte er nicht zu dick sein. Freundliche Grüsse Gerald von Ameningen
 
Dann fang ich beim Vikings schauen doch mal an, vielleicht werd ich ja doch fertig... Basis meiner Rekonstruktion ist im Besonderen der Gambesonärmel aus Bussy St Martin, dieser stammt aus der gleichen Zeit in der auch die Maciejowski Bibel entstanden ist. die innerste Schicht besteht mehreren Lagen aus Leinen, am Handgelenk eine Lage, an der Schulter 6. Da die anderen mir bekannten Originale auch 6 Schichten Leinen plus Bezugstoff haben, habe ich auch 6 Lagen verarbeitet. Um die Verarbeitung zu erleichtern habe ich die Lagen mit Leim aus Leinsamen aufeinandergeleimt, wie das mit dem antik griechischen Linothorax gemacht wurde. Der Stoff wird dadurch steifer und verrutscht auch weniger beim Absteppen. Beim Torso sieht das dann so aus: http://s7.directupload.net/images/140509/xmkx79az.jpg Als Zusätzlichen Schutz habe ich an Brust und Rücken zusätzlich Teile von Psalm 91 eingearbeitet, geschrieben in Gotischer Majuskelschrift. "Fürchte nicht das Finster der Nacht, noch des Tages fliegenden Pfeil, noch den Schrecken der im Finstern lauert. Tausende werden an deiner Seite fallen und zehntausende zu deiner Rechten, doch nichts wird dir nahe kommen" Sowas kenne ich von späteren Plattenrüstungen, aber als gläubiger Christ ist mir göttlicher Schutz in einem Kampfsport wichtig, man wird das damals sicher ähnlich gesehen haben. http://s7.directupload.net/images/140509/j5j28749.jpg Der am Körper anliegende Stoff ist bei mir weiß, der Deckstoff rot, die Steppnähte habe ich in etwa 3,5cm Abstand mit Kreide vorgezeichnet, in der Erwartung dass die Nähte hinterher wie beim Original 3,5cm Abstand haben. Zuerst habe ich dann also Leinen, dann Baumwollflocken, dann die Panzerschicht, dann wieder Baumwollflocken und wieder Leinen gelegt. Dann das Sandwich Naht für Naht zusammengesteppt. Dabei habe ich erst immer eine Naht übersprungen, dann die ausgelassenen nachgeholt. Das hat den Grund dass das Material so erst von 6 auf 4 und dann von 4 auf 2cm komprimiert wird. Tipp hierbei: Wenn man von außen nach innen steppt wie ich drückt man den Panzerstoff immer weiter nach innen bis er sich in der innersten Röhre faltet, lieber von innen nach außen steppen oder von einer auf die andere Seite. http://s14.directupload.net/images/140509/mgxptifm.jpg http://s14.directupload.net/images/140509/77asf3my.jpg http://s1.directupload.net/images/140509/u2xpdkic.jpg Den Halsausschnitt habe ich ohne Schlitz gemacht, so eng wie möglich, so weit wie nötig. Das ist der Tatsache geschuldet, dass auf Abbildungen von Schlupfgambesons niemals eine Schnürung am Hals zu sehen ist. Der geknöpfte Kragen scheint dabei aber ein separates Rüstungsteil zu sein, da man ihn auch einzeln oder über dem Kettenhemd tragen konnte, daher wäre eine deutlich weitere Öffnung auch unpraktisch. Schneiden musste ich den Halsausschnitt mit einem Keramikmesser und es war wirklich nicht einfach, spricht für die Schutzwirkung. http://s14.directupload.net/images/140509/vjgszck4.jpg Der Bussy Gambesonärmel hat eine Armkugel, also habe ich den Gambeson an der Schulter eingeschnitten. Seitlich zusammengenäht, vorn geschlitzt lässt der Gambeson sich jetzt schon anziehen und mein Kettenhemd passt auch noch drüber. http://s7.directupload.net/images/140509/m62hdxtu.jpg Jetzt gerade bin ich wieder bei Schritt 1, für die Ärmel und ich muss den Gambeson noch auf knapp überm Knie kürzen. Wird also langsam. Damit die Arme beweglich bleiben werde ich hier etwas weniger Baumwollflocken verwenden, die Brust ist schon sehr fest, darf sie aber auch sein. Die Steppnähte sind im Rückstich angefertigt, auf der Außenseite erscheinen dabei nur kleine Punkte. Das geht relativ flott, sehr empfehlenswert. http://s1.directupload.net/images/140509/5z2fe72d.jpg Ansonsten brauchst du nur noch den Überwendlingstich, musst aber drauf achten weit genug nach innen zu stechen wenn du den Stoff nicht nach innen umklappen kannst, damit er nicht ausfranst. http://s14.directupload.net/images/140509/tn3224gj.jpg Die typische Achselhöhlenfalte würde ich gerne mit einer eingesetzten Raute unter dem Arm erreichen http://s14.directupload.net/images/140509/t563boyy.gif Allerdings scheint beim Bussy Gambeson die Naht nicht auf der Arm Innenseite zu verlaufen http://s14.directupload.net/images/140509/26rcl3bl.jpg Aus der Armkeule werde ich auch noch nicht ganz schlau, es scheint fast als würde die Handfläche nach oben weisen http://s7.directupload.net/images/140509/cnalszzz.jpg Ich denke ich belasse es also bei der Naht in der Achsel, jetzt muss ich allerdings erstmal weitersteppen. Ich hoffe das hilft dir weiter, wenn du noch Fragen hast, immer raus damit.
 
Danke für die Informationen und die Anleitungen. Habe noch einen Tipp bekommen, den ich Euch nicht vorenthalten möchte: http://blog.mittelalter-manufaktur.de/?tag=gambeson Den Leinenstoff (handgewebtes Bauernleinen) habe ich schon. Jetzt muss ich mir Gedanken über den Füllstoff machen. Bei dem vorgenannten Link wurde Wollvlies verwendet. Auch ich müsste dann zwei Lagen verwenden. So oder so. Das wird ein längeres Projekt. :D
 
Wollvlies sollte historisch gesehen gehen, die Handwerkerverordnungen sprechen zwar allesamt von "cotton", das muss sich im Altfranzösischen und Altenglischen aber nicht zwangsläufig auf Baumwolle beziehen. Die netten Herrschaften die sich um den Gambeson von Edward dem Schwarzen Prinzen kümmern geben nämlich an, da wäre flauschige Wolle drin. Ob der jetzt gestopft wurde oder ein Vlies mit abgesteppt wurde kann man aus der Angabe nicht entnehmen. Wolle hat natürlich in beiden Varianten den Vorteil, dass die Polsterung nach der ersten Wäsche nicht mehr verrutschen kann. Baumwolle gibt es übrigens auch als Vliese, die sind für Steppdecken gedacht. Aufbau des Gambeson des Black Prince von innen: Seidensatin, Leinen(unbekannt ob mehrere Lagen oder nur sehr dick), Wolle, Leinen(dito), Seidenbrokat. Aufbau des Jupon von Karl dem Wahnsinnigen von innen: 2xLeinen, Baumwollflocken, 2xLeinen, Baumwollflocken, 2xLeinen, Seidenbrokat Aufbau des Bussy Ärmel von innen: Seidentaft, Baumwollflocken, 1-6xLeinen, Baumwollflocken, Seidentaft. Nach 800 Jahren ist er nun an der dicksten Stelle 8mm dick, das entspricht vermutlich vollständig komprimierten neuen Material. Außerdem ist das nur der Ärmel, im Brustbereich kann das auch durchaus mehr sein. Wenn ich mit meinem fertig bin habe ich dann übrigens etwa 15 Meter Leinenstoff mit 140cm Breite verarbeitet. Billig ist historisch korrekt also mal wieder nicht...
 

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